von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Erni, Juice Technology wächst weiterhin stark. Im Rahmen einer Umstrukturierung wird nun die Forschungs- und Entwicklungsabteilung als Juice Engineering ausgekoppelt. Was versprechen Sie sich von diesem Schritt?
Christoph Erni: Durch die Umstrukturierung wird unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung als Juice Engineering zur autonomen Unternehmenseinheit mit mehr Handlungsfreiheit und Verantwortung. Wir generieren dadurch eine höhere Sichtbarkeit, die zum einen das Selbstbewusstsein des Teams stärkt und zum anderen eine bei Kunden und Partnern eine stärkere und bessere Wahrnehmung bewirkt. Die Branche entwickelt sich rasant weiter und wir haben uns beim Rennen um die besten Ladestationen und -lösungen vorne platziert. Damit wir diese Position auch weiterhin halten können, gehen wir nun diesen wichtigen Schritt.
Weshalb erfolgt die Ausgliederung gerade zum aktuellen Zeitpunkt?
Dieser Schritt war bereits geplant und wäre so oder so jetzt gekommen. Unsere Unternehmensstrategie ist langfristig ausgelegt und ich freue mich sagen zu können, dass wir trotz der Umstände ideal im Plan liegen. Die Entscheidung, die F&E-Abteilung als Juice Engineering auszubauen, hat nichts mit der aktuellen Coronapandemie zu tun.
Welche Dienstleistungen bietet Juice Engineering an?
Neben der Forschungsarbeit und Weiterentwicklung des eigenen Portfolios bekommen wir immer mehr Anfragen für individuelle Lösungen oder Anpassungen unserer Produkte. Das geht von kosmetischen Veränderungen, wie wir es jetzt mit dem Universal Charger beispielsweise für Opel gemacht haben, über Anpassungen am Lastmanagementsystem bis hin zur Entwicklung einzelner Komponenten, die dann auch in anderen Ladelösungen weiterverwendet werden.
«Die Branche entwickelt sich rasant weiter und wir haben uns beim Rennen um die besten Ladestationen und -lösungen vorne platziert. Damit wir diese Position auch weiterhin halten können, gehen wir mit der Auskopplung der Forschungs- und Entwicklungsabteilung als Juice Engineering diesen wichtigen Schritt.»
Christoph Erni, CEO Juice Technology
Im Rahmen der Ausgliederung ist auch die «Juice Academy» geplant. Was sieht die Akademie vor, welche Ziele verfolgen Sie mit ihr?
Über die Juice Academy wollen wir Jung-Ingenieure, die dann bei Juice Engineering arbeiten werden, bestmöglich aus- und weiterbilden. Unser F&E-Team ist aktuell eines der besten auf dem Markt und wir möchten es weiter ausbauen und stärken. Genaueres werden wir in den nächsten Wochen bekannt geben.
Erst im letzten November wurde die Juice Services AG gegründet, um die Ladelösungen von Juice Technology im Rahmen von Miet- und Leasingmodellen zur Verfügung zu stellen. Wie hat sich die Nachfrage in diesem Bereich entwickelt?
Sehr gut. Gerade im Immobilienbereich werden diese Modelle oft und gerne genutzt. Wenn Tiefgaragen oder Parkplätze mit Lademöglichkeiten ausgestattet werden sollen, ist es den Immobilienverwaltungen und Eigentümern grundsätzlich erst einmal sympathischer, wenn sie ein System sozusagen langfristig «testen» können – die finanzielle Hürde ist dadurch nicht mehr so gross. Es müssen also nicht auf einmal alle Stationen und das dazugehörige Last- und Lademanagementsystem gekauft, sondern können über Miete oder Leasing gegen eine monatliche Gebühr genutzt werden, bevor dann der Schritt zum vollständigen Erwerb kommt. Grosse Unternehmen schätzen das Modell, weil mit der Miete langwierige Investitionsanträge obsolet sind. Ausserdem ist im Mietmodell eine unendliche Garantie und eine All-Risk-Versicherung inbegriffen, ein Total-Sorglos-Modell quasi.
Juice Technology hat im 1. Quartal einen Absatz verbucht, der demjenigen des Gesamtjahres 2019 entsprach. Wieso die exponentiell steigende Nachfrage gerade zum jetzigen Zeitpunkt?
Allein dieses Jahr bringen die Autohersteller über 40 neue E-Automodelle auf den Markt und machen dank vieler günstiger Modelle die Elektromobilität so für die breite Masse zugänglich. Entsprechend steigt die Nachfrage beim Endkonsumenten, aber auch im öffentlichen Bereich und bei den Herstellern selbst, die ihren Kunden natürlich eine passende Lademöglichkeit anbieten wollen – wie zum Beispiel beim Opel Corsa.
Mit Opel konnte ein wichtiger Deal abgeschlossen werden. Beim Corsa-e bietet Opel anstelle eines normalen Typ-2-Ladekabels einen „Universal Charger“ an, einen von Opel umgebrandeten Juice Booster. Sind Sie mit weiteren Automobilherstellern in Verhandlungen?
Nicht nur beim Corsa-e ist der Universal Charger erhältlich. Auch beim Opel Grandland X kann man ihn bereits dazu bestellen und bei weiteren Modellen der PSA Group ist das ebenfalls geplant. Wir sind auch mit weiteren OEMs in Verhandlungen – bei einigen bereits in den letzten Zügen – aber auch Projekte mit Energieversorgern machen mittlerweile einen grossen Teil aus.
«Engpässe konnten wir bisher gut vermeiden und sind nach wie vor uneingeschränkt lieferfähig.»
Wir kommen um das Thema Corona nicht herum: Die Automobilbranche ist von der Pandemie enorm betroffen. Haben Sie nicht mit gestörten Lieferketten zu kämpfen?
Dank unserer genauen Planung und der Verteilung auf mehrere Bezugsquellen (Second und Third Source) konnten wir Engpässe bisher gut vermeiden und sind nach wie vor uneingeschränkt lieferfähig.
Für die Juice Technology AG arbeiten derzeit 86 Personen an fünf Standorten in der Schweiz, Deutschland und China. Welche Sicherheitsmassnahmen wurden für sie getroffen?
Wir befolgen an allen Standorten die staatlichen Vorgaben und Regularien zu Hygiene- und Abstandsregelungen, es gibt regelmässige Updates zur Situation und Verhaltensempfehlungen für die Freizeit durch das Management und wir haben gerade jetzt in dieser Zeit ein offenes Ohr für unser Mitarbeiter. Die Gesundheit unseres Teams steht bei uns zu jeder Zeit an oberster Stelle. Als Unternehmen haben wir jedoch auch eine wirtschaftliche Verantwortung und müssen unser Geschäft entsprechend bestmöglich am Laufen halten.
Die erste mobile 22-kW-Ladestation «Juice Booster 2» ist im März vom TÜV SÜD zertifiziert worden. Wie wichtig ist diese Zertifizierung und was beinhaltet sie?
Wie uns der TÜV SÜD bestätigt hat, ist unser Juice Booster 2 aktuell die einzige mobile 22-kW-Ladestation, die nach den aktuellen Vorgaben der Norm IEC 62752 erfolgreich geprüft wurde. Für uns steht die Qualität und Sicherheit neben Nutzerfreundlichkeit und einfacher Bedienung bei der Entwicklung unserer Produkte an oberster Stelle. Die Zeit war reif, den Juice Booster 2 durch eine neutrale und in der E-Mobilität erfahrene Stelle wie dem TÜV SÜD testen und dadurch bestätigen zu lassen, dass er alle Richtlinien erfüllt. Die Prüfung nahm insgesamt mehrere Monate in Anspruch und beinhaltet umfassende elektrische und mechanische Tests sowie Dichtigkeits-, Stabilitäts- und Erschütterungsprüfungen. Die Anforderungen sind so komplex, dass der TÜV dafür sogar neue Testeinrichtungen aufbauen musste. Die TÜV-SÜD-Zertifizierung unterscheidet sich übrigens grundlegend von der von anderen Prüforganisationen durchgeführten Gebrauchswertprüfung, die lediglich bestätigt, dass das Gerät für die beworbenen Funktionen eingesetzt werden kann, nicht aber die Gerätesicherheit überprüft.
«Es zeigt deutlich welchen positiven Einfluss allein die durch die Ausgangsbeschränkungen eingesparten CO2-Emissionen auf die Umwelt haben und welche langfristigen Verbesserungen ein Umstieg auf Elektromobilität für das Klima bringen könnte.»
Als Anbieter von Ladelösungen wirken sich Verkaufszahlen von Elektroautos relativ direkt auf Ihr Unternehmen aus. Wie sehen Sie die Geschäftsentwicklung der E-Auto-Hersteller in den kommenden Monaten?
Neben dem zunehmenden Angebot an E-Automodellen – wie bereits angesprochen – haben die Endverbraucher momentan mehr Zeit für private Projekte und um über Neuanschaffungen wie beispielsweise ein Elektroauto nachzudenken. Obwohl das Thema «Corona» aktuell alles andere zu überschatten scheint, sind doch auch die Auswirkungen, die der verringerte Verkehr beispielsweise in kurzer Zeit auf die Umwelt hat, ein unglaublich anschaubares Beispiel. Es zeigt deutlich welchen positiven Einfluss allein die durch die Ausgangsbeschränkungen eingesparten CO2-Emissionen auf die Umwelt haben und welche langfristigen Verbesserungen ein Umstieg auf Elektromobilität für das Klima bringen könnte. Das ist natürlich nichts Neues, doch jetzt sehen wir was es wirklich ausmacht, wenn alle die, die jetzt nicht fahren, auf ein E-Auto umsteigen würden. Ich bin froh, dass auch dieses Thema medial immer wieder aufgegriffen wird und bin davon überzeugt, dass das viele Personen zum Umdenken anregt.