Claus Dangel, VR-Präsident Bächler Top Track AG. (Foto: zvg)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Dangel, ohne die Möglichkeit zur Herstellung von Kunstschnee hätte den meisten Schweizer Wintersport-Destinationen zu Saisonbeginn ein Totalausfall gedroht. Schneearme Winter werden zunehmend zum Problem – wie wirkt sich dies auf Ihre Auftragsbücher aus?
Claus Dangel: Auf der einen Seite kann es sich direkt auswirken, in dem die Bauvorhaben von Beschneiungsanlagen verschoben werden, auf der anderen Seite kann es sich aber auch positiv auswirken, da die Skigebiete die absolute Notwendigkeit erkennen, den Schnee in kürzester Zeit zu produzieren. Sie wollen noch so kleine Kältefenster ausnutzen, um in den Weihnachtsferien öffnen zu können, da die Weihnachtsferien einen grossen Umsatzanteil des Wintergeschäfts ausmachen. Dies gilt vor allem für kleine und mittlere Skidestinationen sowie für finanziell schwächere Unternehmen. Die finanziell starken Destinationen ziehen ihre budgetierten Bauvorhaben in der Regel unabhängig vom Geschäftsverlauf und Winterstart durch.
Viele Destinationen haben in den letzten Jahren aufgerüstet. Wie gross ist das Potenzial von einerseits noch nicht realisierten Projekten und andererseits von Erneuerungen und Modernisierungen?
Beschneiungsanlagen haben in der Schweiz noch immer ein riesiges Potential, wenn wir die Anzahl beschneiter Pistenkilometer im Vergleich zum benachbarten Ausland anschauen. Beispielsweise sind im Südtirol bereits über 90% der Pisten beschneit, was darauf zurückzuführen ist, dass die Skigebiete bei den Investitionsvorhaben vom Staat/Bezirk mit 60% Investitionszuschuss gefördert werden. Diese Zuschüsse fehlen in der Schweiz und machen die Bauvorhaben bedeutend schwieriger.
Die immer kürzer werdenden Kälteperioden vor Weihnachten haben die Skigebiete erkennen lassen, dass ein kleinerer Abstand zwischen den Schneekanonen bzw. Schneilanzen ebenfalls notwendig ist, da es nicht reicht, alle 80 Meter ein Schneehaufen zu produzieren. Dies macht es speziell für unsere energieeffizienten Schneeerzeuger leicht, da die installierte Leistung auf der Strecke – Stromkabel und oder Luftleitungen – nicht für zusätzliche Schneeerzeuger ausgelegt sind. Weiter haben die installierten Travostationen nur minime Reserven. In diesen Fällen profitieren wir mit unseren 0-Energie Schneeerzeugern, da es den Skigebieten ermöglicht, energietechnisch ausgereizte Strecken noch mit Schneeerzeugern zu ergänzen.
Durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses steht die Tourismusbranche unter starkem Druck. Gehen Sie davon aus, dass angedachte Projekte oder Erneuerungen nun vorderhand nicht realisiert werden?
Über das möchten wir jetzt noch nicht spekulieren, da der CHF/Euro-Kurs sich jetzt erst einmal einpendeln muss und bisher gebuchte Skiferien seit der Aufhebung des Mindestkurses wohl meistens nicht mehr storniert werden konnten. Sollte es aber bei diesem Kurs bleiben, ist auch in den Skigebieten mit Stornierungen zu rechnen und infolge dessen auch mit der Verschiebung von Bauvorhaben. Wir haben im Export auch grosse Probleme mit dem derzeitigen Euro/Frankenkurs und mussten die Preise entsprechend anpassen. Zusätzlich haben wir eine weitere 10% Preisreduktion vorgenommen, um über die Stückzahlensteigerung wieder auf das mindestens selbe Ergebnis zu kommen. Bleibt zu hoffen, dass der Schweizer Tourismus auch auf die Idee kommt, dass der Euro mehr als 1 Franken wert ist und entsprechend die Preise senkt um mehr Konsumenten in Schweiz bekommen. Jetzt sind die Unternehmer gefragt…
«Zudem haben die beiden italienischen Unternehmen sich zum Ziel gesetzt alle Mitbewerber zu eliminieren, um danach im Oligopol die Preise wieder anzuheben.»
Claus Dangel, VR-Präsident Bächler Top Track AG
In der Regel sind an den Verkauf auch Service und Wartungsverträge gebunden. Wie serviceintensiv ist die Branche und welchen Umsatzanteil haben Service und Wartung bei Bächler Top Track?
Bei unseren Mitbewerbern mit den herkömmlichen Schneekanone, die aussehen wie überdimensionierte Haarföhns, gibt es Wartungsverträge und viel Wartungsaufwand vor und nach jeder Saison. Unsere Schneeerzeuger sind leider wartungsfrei und somit können wir keine Serviceumsätze generieren.
Wie stark umkämpft ist der Markt in der Schweiz? Welchen Marktanteil erreichen Sie mit Ihren Anlagen hierzulande?
Der Schweizer Markt ist stark umkämpft von unseren europäischen Mitbewerbern, die natürlich von der Frankenstärke profitieren. Zudem haben die beiden italienischen Unternehmen sich zum Ziel gesetzt alle Mitbewerber zu eliminieren, um danach im Oligopol die Preise wieder anzuheben. Dies trifft unsere Unternehmung in Skigebieten, die sich ökonomisch nur mit dem Anschaffungspreis beschäftigen und Betriebs- und Wartungskosten ausser Acht lassen. Ausserdem trifft es uns auch in Skigebieten, die nebst dem Ökonomischen auch das Ökologische ausser Acht lassen.
Aber es gibt immer noch sehr viele Skigebiete, die rechnen müssen und können, und die den ökologischen Standpunkt als Entscheidungskriterium mit einbeziehen. So wie Schweizer Skigebiete an Schweizer Skifahrer appellieren, in der Schweiz die Ferien zu verbringen, appellieren wir an die Skigebiete, in der Schweiz einzukaufen. Zumal wir unseren Mitbewerbern technisch weit voraus sind. Den genauen Marktanteil in der Schweiz kennen wir nicht, schätzen ihn aber auf ca. 45%-55%.
Seit drei Jahren exportiert Bächler Top Track AG seine Beschneiungslanzen nach China. Sehen Sie die Chancen künftig eher im Ausland und welche Märkte würden dabei neben China in den Fokus rücken?
China ist für uns sicher einer der interessantesten Märkte, da immer mehr Chinesen reisen und immer mehr sich auch Freizeit und Hobbies leisten können. Derzeit werden in China die Skigebiete nur so aus dem Boden gestampft und in den Grossstädten werden Skihallen gebaut, damit die Menschen das Skifahren lernen können, bevor sie das erste Mal ins Skigebiet zum Skifahren reisen. In den letzten drei Jahren haben wir in China die Verkaufszahlen jeweils verdoppeln können. Die zukünftigen Chancen sehen wir im In- und Ausland gleichermassen. Ist das Potential von neu zu errichtenden Schneianlagen gesättigt, können wir damit beginnen bzw. fortfahren, die energievernichtenden Schneeerzeuger unserer Mitbewerber gegen energieeffiziente zu ersetzen.
«In den letzten drei Jahren haben wir in China die Verkaufszahlen jeweils verdoppeln können.»
Zum Verständnis: Was sind die idealen Voraussetzungen, um Kunstschnee erzeugen zu können?
Die Voraussetzungen sind
- Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.
- Je niedriger die Luftfeuchtigkeit, desto früher kann Schnee produziert werden.
- Vorzugsweise kaltes Wasser, je näher bei 0°C desto besser.
- Ein Speichersee, der möglichst hoch im Skigebiet liegt, um den natürlichen Gravitationsdruck nutzen zu können. Denn zur Erzeugung technischen Schnees benötigt es Wasser mit mindestens 15 bar Druck, das entspricht 150 Höhenmetern Differenz vom Speichsee zum Schneeerzeuger.
- Und es benötigt Druckluft zur Produktion von winzigen Schneekristallen, die das versprühte Wasser animpfen, um sie gefrieren zu lassen.
Bächler Top Track AG entwickelt seit 15 Jahren eigene Schneilanzen. Welches sind die grundlegenden Unterschiede zwischen Schneilanzen und Schneekanonen?
Der Hauptunterschied zwischen Schneekanonen und Schneilanzen liegt darin, dass Schneekanonen das Wasser am Boden zerstäuben und mittels eines Propellers das Wasser nach oben blasen um genügend Weg zu machen um durchfrieren zu können. Bei Schneilanzen hingegen wird das Wasser in einer Höhe von 8 – 10 Metern zerstäubt und hat mit der Luftbewegung genügend Zeit, um durchfrieren zu können. Schneekanonen haben einen Energiebedarf zwischen 18 und 25 kW. Unsere Schneilanzen haben dagegen einen Energiebedarf von nur 0-1,5 kW, die Lanzen der Mitbewerber von 3,5-4,5 kW.
«Unsere Erfindung NESSy ZeroE kommt dann völlig ohne Energie aus, da die benötigte Energie für Druckluft aus dem Wasserdruck erzeugt wird. In diesem Fall sind die Diskussionen über Ressourcenverbrauch völlig unnötig, da keine verbraucht werden.»
Sie haben mehrfach den ökologischen Aspekt angesprochen: Zusammen mit drei Partnern haben sie in intensiver Entwicklungs- und Forschungsarbeit die Schneilanzen «NESSy» und neu «NESSy ZeroE» entwickelt, die ohne Strom auskommen. Wie funktioniert dieses System?
Wie bereits erwähnt, hat eine optimal geplante Beschneiunganlage einen Speichersee, der möglichst weit oben im Skigebiet gebaut wird. Mittels des Gravitationsdrucks kann somit Pumpleistung ersetzt werden. Unsere Erfindung NESSy ZeroE kommt dann völlig ohne Energie aus, da die benötigte Energie für Druckluft aus dem Wasserdruck erzeugt wird. In diesem Fall sind die Diskussionen über Ressourcenverbrauch völlig unnötig, da keine verbraucht werden. Denn auch das verbrauchte Wasser ist lediglich zwischengespeichert in Form von Schnee. Und es gibt noch einen weiteren Aspekt: Würde man wie in der Vergangenheit nur auf Naturschnee Skifahren, wären die Bauern im Frühjahr wegen der geschundenen Grasnaben ebenso wenig glücklich wie Skifahrer über ihre zerkratzten Skier.
Welche Einsparungen sind damit möglich?
Die gesamte Energie, die heute leider immer noch für die Erzeugung von technischem Schnee aufgewendet wird.
Neben den Beschneiungsanlagen entwickelt Bächler Top Track AG effiziente Schnee- und Eisbearbeitungsgeräte und ist Vertriebspartner von Snow Tubes und Rails. Ausserdem sind Sie im Maschinen- und Metallbau tätig. Wie wichtig ist diese Diversifizierung für das Unternehmen?
Leider immer noch sehr, da die zwei grössten Mitbewerber in der Beschneiungsbranche versuchen, über den Preis, den Markt zu beherrschen und zu bereinigen. Es gibt aber erfreulicherweise immer mehr Skigebiete, die ökologische Nachhaltigkeit nebst ökonomischem Nutzen zu schätzen wissen. Die Diversifizierung hat uns in schlechten Jahren schon mehrmals über die Runden geholfen. Man steht besser auf zwei Beinen. Zudem handelt es sich auch um unsere Kernkompetenz in Sachen maschinelle Pisten- und Loipenpräparierung die, Anton R.Bächler vor genau 45 Jahren erfunden hat. Ihm an dieser Stelle von mir herzliche Gratulation und Danke.
Herr Dangel, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
«Meine Person ist nur ein kleines Teil im Puzzle und der Erfolgsgeschichte der Bächler Top Track AG. Die Hauptperson war wohl die des Gründers Anton R. Bächler für den Start der Unternehmung. Für die Fortführung und das Fortbestehen ist natürlich immer das Team verantwortlich. Dazu zählen mein 50%-Partner Bruno Koch dessen technische Genialität uns immer neue Lösungen und Fortschritte garantiert. Unseren COO Mario Koch der in allen Bereichen zuhause ist, egal ob Technik, Finanzen, Organisation uvm. Sowie dessen Frau Karin Koch in Finanzen, Buchhaltung, Marketing und Werbung. Und der ganze Rest vom Team der mit voller Kraft am gleichen Strick in die gleiche Richtung zieht.»