Clemens Hunziker, Direktor Schweizerhof Luzern. (Foto: zvg)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Hunziker, für das Projekt «Wo Luzern Geschichte(n) schreibt» sind Sie, Ihr Team und die Besitzerfamilie Hauser mit dem MILESTONE-Tourismuspreis ausgezeichnet worden. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
Clemens Hunziker: Stolz, Anerkennung und vor allem Freude für alle Mitarbeitende, welche das Projekt/die Idee mittragen.
Die 101 Zimmer und Suiten erzählen Geschichten aus fast 170 Jahren Schweizerhof Luzern. Wie begegnen Ihre Gäste dieser langen und reichhaltigen Geschichte heute?
Offen und interessiert, zuweilen gar begeistert. Das tolle am Konzept ist, dass jeder Gast selber entscheiden kann, wie viel oder was er von seiner Zimmergeschichte erleben will. Einzig beim Betreten des Zimmers hört man eine individualisierte Sounddatei zur Persönlichkeit. Natürlich gibt es weitere Punkte wie z.B. die Vitrine, das Wandtattoo oder der Gästebucheintrag auf der Badezimmerwand, welche vorhanden sind – jedoch völlig unaufdringlich. Im Buch, welches in jedem Zimmer aufliegt, kann man dann noch weiter auf Entdeckungsreise gehen und die anderen 100 Geschichten studieren.
Würden Sie uns einige Beispiele nennen und welche Geschichte ist Ihr ganz persönlicher Favorit?
Einen persönlichen Favoriten habe ich wirklich nicht, jede Geschichte berührt oder zumindest fasziniert mich immer wieder von neuem. Egal ob Richard Wagner beim Komponieren, B.B. King mit seiner spontanen Blues-Session oder der unbekannte Karl Frey als Wettersoldat während dem 2. Weltkrieg. Super waren Reaktionen von „Zimmerbesitzern“ wie zum Beispiel Candy Dulfer, die uns ein Saxophon schenkte, oder die Band Gotthard eine Mundharmonika von Steve Lee und Viktor Röthlin seine Originalschule von der Weltmeisterschaft in Osaka, um nur drei von fast 100 Beispielen zu nennen.
«Man bekommt kein eigenes Zimmer resp. eigene Geschichte nur weil man ein Promi ist/war, sondern weil es etwas zu erzählen gibt.»
Clemens Hunziker, Direktor Schweizerhof Luzern
Gibt es bei der Umsetzung über die verschiedenen Zimmer und Geschichten hinweg gemeinsame Erkennungsmerkmale?
Man muss etwas Besonderes im Hotel Schweizerhof Luzern erlebt haben. Man bekommt kein eigenes Zimmer resp. eigene Geschichte nur weil man ein Promi ist/war, sondern weil es etwas zu erzählen gibt. Es haben auch einige „normale“ Gäste ein Zimmer erhalten. Die persönliche Verbindung zum Hotel ist sicher ein gemeinsames Erkennungsmerkmal.
Lässt sich die Geschichte des Hauses auch für Besucher erleben, die nicht im Hotel übernachten?
Ja, wir haben 14 öffentliche Geschichten, welche teilweise zugänglich sind und auch Tagesgäste mit auf die Reise in die Vergangenheit nehmen. Beispielsweise in der Lobby, Bar, in den Sälen auf den Etagen, im Wellness oder in den Restaurants wo z.B. Lewis Hamilton oder Hazy Osterwald „zu Wort“ kommen.
170 Jahre sind eine lange Zeit – wie aufwändig waren die Recherchen?
Dank dem, dass die Familie Hauser in der 5. Generation die Geschichte lebt und mitprägt, war bereits einiges vorhanden. Auch sind viele wichtige historische Ereignisse bereits gut dokumentiert, wie Richard Wagners Aufenthalt oder der Besuch von Kaiser Wilhelm II und vieler anderer gekrönter Häupter in Luzern. Natürlich haben wir auch im Stadtarchiv gesucht und dort zum Beispiel Hans Christian Andersen gefunden. Da ich persönlich die letzten 15 Jahre im Festivalhotel tätig war, sind mir die Geschichten dieses Jahrhunderts natürlich auch noch präsent.
«Sicher gibt es Gäste mit speziellen Wünschen (…) Grundsätzlich bin ich jedoch überzeugt, dass unsere Gäste nicht anspruchsvoller sind als andere Gäste.
Das Hotelbusiness hat gerade im Luxussegment schon fast jedes Konzept ausprobiert, um den Gästen immer wieder etwas Neues bieten zu können. Aus Ihrer langjährigen Tätigkeit im Schweizerhof Luzern: Was ist den Gästen denn am wichtigsten?
Authentizität! Und Ehrlichkeit sowie ein sympathisches Auftreten!
Sind prominente und wohlhabende Gäste grundsätzlich anspruchsvolle Gäste?
Sicher gibt es Gäste mit speziellen Wünschen, wie man zum Beispiel in den Geschichten von Anastacia, Nathalie Cole und bei den Staatsbesuchen von Giorgio Napolitano oder Zhu Zi Qing erfahren kann. Grundsätzlich bin ich jedoch überzeugt, dass unsere Gäste nicht anspruchsvoller sind als andere Gäste.
An welche Begegnungen erinnern Sie sich besonders gern zurück?
Begegnungen mit Zimmerbesitzern sind immer etwas Besonderes. Egal ob Gianna Nannini wissen will, wo ihr Zimmer entsteht oder wenn Francesco de Gregori sein Zimmer auf der Baustelle begutachtet. Emotional ist es auch oft, wenn Zimmerbesitzer wie zum Beispiel James Blunt, Emil oder Samu von Sunrise Avenue und Bobby Kimball von Toto in ihren Zimmer übernachten. Auch wurden Freundschaften wie mit Jan Dettwyler (Seven), Rainer Maria Salzgeber, René Rindlisbacher und Philipp Fankhauser durch dieses Projekt vertieft.
Was macht aus Ihrer Sicht generell ein Luxushotel aus?
Neben dem erwarteten materiellen Luxus auf dem Zimmer das bereits erwähnte: Authentizität! Sympathisch! Ehrlich!
«Man muss gerne Gastgeber sein und dies auch mit Herzblut und Leidenschaft leben.»
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Luxushotellerie in der Schweiz?
Nicht mit dem Strom mitschwimmen sondern sich klar positionieren.
Wie sehen sie das Hotel Schweizerhof heute positioniert?
Als sympathisches, offenes und innovatives Hotel: das Festivalhotel!
Letzte Frage: Welches sind für Sie die drei wichtigsten Eigenschaften, die man als Hoteldirektor mitbringen muss?
Da kommt mir spontan nur eine in den Sinn: Man muss gerne Gastgeber sein und dies auch mit Herzblut und Leidenschaft leben.
Herr Hunziker, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Clemens Hunziker (Geb.: 15.02.1970)
Verheiratet, 3 Kinder
Berufserfahrung / Kaderpositionen
1999 bis heute Hotel Schweizerhof Luzern, Vizedirektor und seit 2002 Direktor
1996 bis 1999 Seehotel Kastanienbaum, Luzern, Restaurationsleiter
1995/1996 Hotel Les Troi Rois Basel, Oberkellner – 1. Maître d‘hôtel
Aus- und Weiterbildungen
2006/2007 Fachhochschule Zentralschweiz HSW, Hochschule für Wirtschaft, Executive MBA-General Management-Leadership
2003/2004 SAQ, Swiss Association for Quality, Neosys AG, QM System Organisator Tourismus
2002/2004 GSBA Zürich, Graduate School of Business Administration Zürich, Betriebsökonom dipl. oek. GSBA Zürich
2000/2001 hotelleriesuisse, Unternehmerseminar des Schweizerischen Hotelier Verein (US SHV)
1993/1996 Schweizerische Hotelfachschule Luzern (SHL), Eidg. Dipl. Hotelier-Restaurateur HF