Conrad von Grebel, Mitgründer und Teilhaber Seervision, im Interview

Conrad von Grebel, Mitgründer und Teilhaber, Seervision (Foto: zvg)

Von Karin Bosshard

Moneycab.com: Was genau macht Ihr Start-Up und was ist das Besondere an Ihrer Geschäftsidee?

Conrad von Grebel: Wir entwickeln Automatisierungssoftware um die die Wertschöpfungskette jeder Videoproduktion zu erhöhen. Mit Hilfe von Computer Vision und DeepLearning ermöglicht unsere Software jeder Kamera, autonom zu filmen. Unsere Kunden übernehmen, was Computer nicht können: Teamführung, Einfühlungsvermögen, Ethik und Kreativität. Unsere KI hilft ihnen dabei, komplexe Probleme mit konstanter Qualität am effektivsten zu lösen und dabei ihre tägliche Arbeit kreativer zu gestalten.

«Vereinfacht erklärt, bringen wir jeder x-beliebigen Kamera das Sehen und Denken bei.»
Conrad von Grebel, Mitgründer und Teilhaber, Seervision

Sie sind zu Dritt vor vier Jahren gestartet. Wie sind Sie ursprünglich auf diese Idee gekommen?

Nikos und Reto haben an der ETH eine Lecture Capturing Kamera gebaut, während ich an der ZHdK unterrichtet habe. Da ich mit meinem damaligen Geschäft „dreicast gmbh“ bereits mit der ETH arbeitete und die wussten, dass es mit dreicast unser Ziel ist, die Produktionskosten mit innovativen Ansätzen so stark wie möglich zu senken, haben sie eine Introduction gemacht. Es hat sofort geklickt zwischen uns.

Nikos und Reto haben einen sehr spannenden technischen Hintergrund in einer speziellen Art der Kontrolltechnologie – Modell Predictive Control – und Sie wussten zwar, wie man eine Kamera baut, hatten jedoch keine Ahnung, wie man eine Kamera einsetzt und was Bildgestaltung ist und bei mir war es genau umgekehrt. Wir haben uns also perfekt ergänzt und hatten alle den Willen, um frischen Wind in die Industrie zu bringen. Dank Innosuisse, ehemals KTI, konnten wir einen ersten MVP bauen und merkten schnell, dass wir an etwas dran sind, das Potential hat

«Wir selber machen keine Kameras, unsere Software ist hardwareagnostisch, was zentral am Ganzen ist, denn somit erlauben wir unseren Kunden, ihre eigene Hardware weiterhin zu benutzen.»

Wie funktioniert adaptive Bewegungssteuerung?

Vereinfacht erklärt, bringen wir jeder x-beliebigen Kamera das Sehen und Denken bei. Wir nehmen das Livebild einer Kamera und verbinden es mit unserer Software, dem Gehirn des Ganzen. Die Software analysiert jedes einzelne Bild der Kamera auf zuvor trainierte Objekte und segmentiert das Bild. Das praktische daran ist, je mehr die Software eingesetzt wird, desto besser wird sie.

Einfache Produktionen kann die Software autonom erledigen, bei komplexeren Produktion befehligt ein Operateur mehrere Kameras und gibt High-level Inputs wie bswp. „Kamera 1 filme Person A mit Einstellungsgrösse XY“. Die Kombination dieser Informationen wird in Echtzeit zurück an einen Kameraroboter geschickt, worauf dieser autonom seine Arbeit erledigt. Wir selber machen keine Kameras, unsere Software ist hardwareagnostisch, was zentral am Ganzen ist, denn somit erlauben wir unseren Kunden, ihre eigene Hardware weiterhin zu benutzen.

Was waren die grössten Schwierigkeiten, die Sie auf dem Gründungsweg überwinden mussten?

Die Herausforderungen kommen in Wellen und sind vielfältig. Mal ist es Zeit, mal ist es Geld; aber das wohl schwierigste war die Wachstumsphase, wo wir innerhalb sehr kurzer Zeit von sechs Mitarbeitern auf über 20 angewachsen sind. Man weiss ja, dass dies schwierig sein soll, aber man kann es wohl erst richtig beurteilen, wenn man es selber durchgemacht hat. Viele Sachen kommen da zusammen, neue Prozesse, neue Tools, neue Büros, alles wird erst mal ineffizient und die grosse Herausforderung besteht darin, Effizienz in die neue Situation zu bringen und dabei das zwischenmenschliche nicht zu ignorieren.

«Unser Erfolg basiert auf drei Komponenten: Teamexpertise, Markt und Zeitpunkt.»

Heute, nach 4 Jahren, sind Sie bereits mit 24 Mitarbeitenden unterwegs und können auf namhafte Kunden blicken. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?

Unser Erfolg basiert auf drei Komponenten: Teamexpertise, Markt und Zeitpunkt. Bei uns hat alles gestimmt. Beim richtigen Zeitpunkt für ein Produkt in einem gewissen Markt muss man ein wenig Glück haben, aber es ist eben auch wichtig, das brachliegende Potential zu sehen. Da kommt dann die Teamexpertise ins Spiel. Ohne die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt nützt auch der beste Markt nichts.

Sie sind Teil des Netzwerks Wyss Zurich, was können Sie uns dazu sagen?

Als ETH SpinOff hat man die Chance, sich für das Wyss Zurich zu bewerben. Nach einem längeren und intensiven Assessment wird man entweder aufgenommen oder abgelehnt. Die Aufnahmebedingungen sind hart, aber der Aufwand lohnt sich. Wir haben alles richtig gemacht, denn Ende 2018 wurden wir aufgenommen. Die ETH ist finanziell als institutioneller Co-Founder an unserer Firma beteiligt, im Gegenzug bekamen wir zusätzlich vollen Zugang zur Infrastruktur, dem Know-How und den Services von Wyss. Wyss Zurich ist eine grosse Hilfe und hat uns im letzten Jahr sehr geholfen und wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit bis Ende 2021.

Sie sind gewachsen, haben Kunden gewonnen und Ihre Software weiterentwickelt. Welche Tipps und Learnings haben Sie für andere Startups?

Meine Tipps lauten:

Und meine drei Learnings sind: Preis, Kosten und Wert sind nicht dasselbe! Gib nicht auf! Fokus!

Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in fünf Jahren?

In fünf Jahren werden wir die Art und Weise wie Video produziert wird nachhaltig verändert haben. Vor allem im Sport ist die Nachfrage und das Potential riesig. Wir haben bereits jetzt Anfragen und Projekte von sehr grossen internationalen Playern. Wenn sie mich also fragen wo unser Unternehmen in fünf Jahren sein wird, dann sehe ich uns in jedem Corporate Meetingroom, in jedem TV-Studio und an jedem Live-Event, von der Generalversammlung bis zur Fussballweltmeisterschaft und dem Superbowl. Und wer weiss, vielleicht gibt es irgendwann einen Emmy.

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