Dani Stüssi, CEO RealUnit, im Interview
von Sandra Willmeroth
Moneycab.com: RealUnit ist die einzige börsenkotierte Schweizer Gesellschaft, die ihre Aktien seit Mitte letzten Jahres auch als digitale Token herausgibt. Wie hat sich die Nachfrage entwickelt?
Dani Stüssi. Erfreulich positiv. Besonders gross war die Nachfrage im Q1 2023 während der Krise der Credit Suisse. Wir hatten dazumal erstmals ein höheres Handelsvolumen unserer Token als an der klassischen Börse. Unser Aktientoken ist dank der Realwertdeckung und hohen Stabilität das ideale Einsteigerprodukt in die Blockchain-Welt.
Bislang mussten Käufer den RealUnit-Token in ihrer privaten Wallet speichern. Jetzt offeriert die Hypothekarbank Lenzburg die Möglichkeit, die Token der RealUnit für die Kunden zu verwahren. Warum sind Sie diese Kooperation eingegangen?
Die Selbstverwahrung bringt hohe Eigenverantwortung durch die sichere Aufbewahrung des Privatkeys mit sich. Wir hatten Anfragen von unseren Aktionären, welche zwar unseren Aktientoken möchten, aber ihn nicht selbst verwahren wollen. Dank der Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg (HBL) übernimmt diese die sichere und professionelle Verwahrung. Zudem kann man wie bei einem normalen Wertschriftendepot auch bei Digital Asset-Wallet seine Vollmachten regeln.
Sind weitere Kooperationen mit anderen Banken geplant?
Zuerst schauen wir, wie sich das neue Angebot bei der HBL entwickeln wird. Aus der Finanzbranche habe ich in den letzten Tagen viele positive Rückmeldungen zur Partnerschaft erhalten. Immer mehr Banken sind überzeugt, dass sich in Zukunft eine offene Blockchain als Datenbasis für Finanztransaktionen durchsetzen wird. Es freut mich, dass wir die erste börsenkotierte Gesellschaft sind, deren Aktientoken von einer regulierten Schweizer Bank auf einer öffentlichen Blockchain verwahrt werden können.
«Immer mehr Banken sind überzeugt, dass sich in Zukunft eine offene Blockchain als Datenbasis für Finanztransaktionen durchsetzen wird.»
Dani Stüssi, CEO RealUnit
Allgemein gilt es als einer der grossen Vorteile in der Welt der digitalen Assets, dass es eben genau KEINE Intermediäre wie Banken oder Verwalter mehr braucht. Warum nun doch?
Hier muss man zwischen Kryptowährungen und Aktien-Token unterscheiden. Bitcoin und Ethereum sind dezentral und benötigen keine Banken. Unser Aktientoken nutzt als Medium ebenfalls die Blockchain, wird jedoch von uns als Emittent zentral herausgegeben. Weiter unterscheidet sich der RealUnit-Token, indem er mit verschiedenen Realwerten gedeckt ist und dadurch im Wert grundsätzlich viel stabiler ist als Kryptos. Trotzdem kann er weiterhin rund um die Uhr und unabhängig von Banken auf unserer Homepage gekauft und im eigenen Wallet verwahrt werden.
Die HBL erhebt für die Token-Verwahrung sowohl für Sie als Emittenten als auch für die Kunden Gebühren. Warum nehmen Sie diese in Kauf?
Wir haben die Partnerschaft mit der HBL aufgrund einiger Rückmeldungen unserer Investoren lanciert. Die Bank bietet eine professionelle Verwaltung der digitalen Vermögenswerte, eine Einbindung der Wallets in das Onlinebanking. Weiter können wie bei einem Konto Vollmachten geregelt werden und optional ein Steuerauszug bestellt werden. Auch bei einer traditionellen Aktie bezahlt man ähnlich hohe Depotgebühren. Schön ist es, dass unsere Aktionäre die Wahlfreiheit haben; kostenlos, unabhängig von einer Bank selber zu verwahren, oder die Token professionell verwahren zu lassen und für diese Dienstleistung zu bezahlen.
Kann jemand, der eine eigene Hardware-Wallet oder eine gängige private Wallet hat, die Token nach wie vor direkt erwerben?
Ja, selbstverständlich. Für die Selbstverwahrung bieten wir verschieden Wallets wie auch eine Anbindung an die Hardwarewallet „Ledger“ und den Schweizer Hersteller „Bitbox“ an. Auf unserer Homepage sind alle Wallet-Typen aufgelistet, welche unseren RealUnit Token unterstützen.
Kommt es für Anleger günstiger, die Aktie der RealUnit, die an der Berner Börse gehandelt wird, zu kaufen?
Nein, wer unsere traditionelle RealUnit Aktie bequem über sein Onlinebanking an der Börse kauft, zahlt seiner Bank eine Courtage-Gebühr. Der Kauf unserer Aktientoken auf unserer Homepage hingegen kostet die Investoren keine Gebühr. Ausserdem handelt es sich bei der klassischen Aktie eben gerade nicht um einen Aktientoken.
Wer tritt als Käufer auf, wenn ich meinen RealUnit Token wieder verkaufen möchte?
Die HBL handelt unseren Aktientoken nicht, sondern konzentriert sich auf die sichere Verwahrung. Wir als Gesellschaft sind bei unserem Onlinemarktplatz die Gegenpartei. Möchte man die Token wieder verkaufen, nimmt man mit uns Kontakt auf und gibt anschliessend der Bank den Auftrag für den Transfer an uns als Gesellschaft. Wir bezahlen den an der BX Swiss gehandelten Geld-Kurs. Unsere Aktie ist aufgrund des stabilen Kurses jedoch nicht eignet für einen aktiven Handel. Unsere Investoren suchen den langfristigen Werterhalt anstelle eines kurzfristigen Gewinns.
«Unsere Investoren suchen den langfristigen Werterhalt anstelle eines kurzfristigen Gewinns.»
RealUnit steht vor allem für die Vermögensanlage in inflationsgeschützte Sachwerte. Wie verhält sich die Nachfrage nach RealUnit Aktien und Token in Relation zur Inflationsrate? Hatten Investoren in den letzten 1,5 Jahren mehr Interesse an RealUnit?
Die hohe Inflation hat uns sicher Rückenwind gegeben. Die Nachfrage nach einem Schutz vor dem Kaufkraftverlust bleibt in der jetzigen Zeit hoch. Hier bieten wir mit unserer Aktie eine einfach Art für den langfristen Werterhalt des Vermögens – ohne Mindestinvestitionssumme – für alle Personen, welche sich nicht ständig mit den Finanzmärkten auseinandersetzen möchten.
Nun sinken die Inflationsraten wieder. Wirkt sich das RealUnit aus?
Die Inflation hat keine direkte Auswirkung auf unseren Börsenkurs. Dieser orientiert sich am inneren Wert (NAV) der von uns gehaltenen Vermögenswerte. Unsere Realwert-Strategie hat in der Vergangenheit auch einen Schutz vor Krisen geboten. Zur Inflation möchte ich noch betonen, dass diese noch nicht vorbei ist. Dies merkt jeder beim täglichen Einkauf: Alles ist teurer als noch vor zwei Jahren. Die offiziellen Teuerungszahlen des Bundesamtes für Statistik widerspiegeln nicht die ganze Realität. Die effektive Inflation liegt in der Schweiz bei mind. 5-7 %! Im Warenkorb sind zum Beispiel weder die Krankenkassenprämien noch Kosten für die Hypothek oder Versicherungen einberechnet.
Wie konjunktursensitiv reagiert der Kurs der RealUnit? Eher antizyklisch oder zyklisch? Oder mehr oder weniger autark von der realen Konjunkturentwicklung?
Wir als Investmentgesellschaft produzieren ja keine Produkte, sondern verwalten die von uns gehaltenen Realwerte gemäss unserer bewährten Anlagestrategie. Daher sind wir wenig abhängig von der Wirtschaftsleistung. Im Gegenteil: wir haben ca. 30% investiert in börsenkotierte Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das auch in einer Rezession nachgefragt wird. Dies sind zum Beispiel Emmi oder Bell aus der Lebensmittelindustrie oder WWZ aus dem Energiesektort. Weitere Selektionskriterien sind eine langjährige stabile Dividendenausschüttung und eine gesunde Bilanz mit wenig Schulden. Zudem schliessen wir Banken, Versicherungen und die grössten Umweltverschmutzer aus.
«Wir haben ca. 30% in börsenkotierte Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das auch in einer Rezession nachgefragt wird, investiert.»
Das aktuelle Investmentportfolio der RealUnit hält mehr als 10% Cash – und zwar gemäss eigenen Angaben „physisch ausserhalb des Bankensystems“ in der Schweiz. Ist es nicht gefährlich, so viel Bargeld zu horten?
Das Bargeld haben wir natürlich nicht im Büro. Die professionelle Lagerstätte liegt in der Deutschschweiz und ist rund um die Uhr sehr gut bewacht. Gemäss dem Betreiber ist sie das sicherste Gebäude in ganz Europa. Zudem ist das Geld voll versichert. Ich war schon mehrmals persönlich dort mit unserem Revisor, um den Bestand zu überprüfen, und kann diese Aussage nur bestätigen.
Der grösste Teil des Portfolios bestreiten Metalle, hauptsächlich Gold und Silber, die ebenfalls physisch gehortet werden. Der Goldpreis hat im Zuge des Nahost-Konflikts mehr als 8% zugelegt. Rechnen Sie mit weiteren Kurssteigerungen?
Die Entwicklung des Goldpreises hängt einerseits vom US-Dollar, den US-Zinsen sowie von Konflikten ab. Weitet sich der Nahostkonflikt auf weitere Länder aus, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Goldpreis als sicherer Hafen weiter steigt. Mittelfristig bin ich positiv gestimmt für den Wertzuwachs des Goldes, da die Fiat-Währungen laufend an Kaufkraft verlieren und die geopolitischen Machtkämpfe nicht so schnell vorbei sein werden. Unser hoher Gold- und Silberbestand lässt unsere Aktionäre auch in diesen verrückten Zeiten ruhig schlafen.
«Unser hoher Gold- und Silberbestand lässt unsere Aktionäre auch in diesen verrückten Zeiten ruhig schlafen.»
Wen wollen Sie mit ihrem Investmentangebot ansprechen, was ist ihre primäre Zielgruppe?
Alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die ihr Erspartes, welches Sie in den nächsten fünf Jahren nicht benötigen, vor möglichen Krisen und der Kaufkraftentwertung langfristig schützen möchten. Wir haben einfache Handwerker aber auch Unternehmer, Ärzte oder Pensionierte als Investoren. Unsere RealUnit-Aktie eignet sich besser für das langfristige Sparen als das Sparkonto auf der Bank, beispielsweise für das Kind, den Enkel- oder das Patenkind.
Wie breit ist das Aktionariat / wie viele Token-Inhaber gibt es?
Wir haben unterdessen gegen 900 Aktionäre, was mich sehr freut. Sind wir vor zwei Jahren doch mit rund. 30 Aktionären an die Börse gegangen. Seit der Lancierung des Tokenhandels im Juni 2023 hat sich der Anteil der Tokeninhaber auf ca. 10% des gesamten Aktienkapitals erhöht.
Was sind die nächsten Meilensteine für RealUnit?
Wir haben eine grosse Nachfrage aus Deutschland und Österreich aufgrund des Wertzerfalls des Euro. Diese Leute haben den RealUnit noch nötiger als wir Schweizer. Wir prüfen daher aktuell eine Expansion nach Deutschland.