Daniel Bärtschi, Geschäftsführer Bio Suisse
Daniel Bärtschi, Geschäftsführer Bio Suisse.
Von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Bärtschi, Sie sind seit Beginn dieses Jahres Geschäftsführer von Bio Suisse, dem Dachverband der Schweizer Biolandbau-Organisationen. Mit welcher Zielsetzung haben Sie Ihr Amt angetreten?
Daniel Bärtschi: Ich will Bio Suisse zielgerichtet zusammen mit dem Vorstand führen und den Biolandbau weiterentwickeln. Zudem soll der Einfluss von Bio Suisse entlang der Wertschöpfungskette und im gesellschaftlichen sowie politischen Umfeld verstärkt werden. Für mich ist deshalb Vernetzung wichtig.
Die Zahlen für 2010, die Sie Ende März kommunizieren konnten, waren erfreulich. So hat sich die Zahl der Neuanmeldungen von Landwirtschaftsbetrieben im Vorjahres-Vergleich verdoppelt und erstmals seit 2004 gab es wieder mehr Neuanmeldungen als Aussteiger. Wie viele Neuanmeldungen waren zu verzeichnen und wie viele Betriebe arbeiten in der Schweiz mittlerweile nach Bio-Verordnung?
Es freut uns sehr, dass sich 173 Bauernfamilien zur Umstellung entschlossen haben. Wir haben nun 5‘521 Betriebe, die nach den Bio Suisse-Richtlinien arbeiten
Was bewegt Betriebe zum Ausstieg aus der biologischen Landwirtschaft?
Heute sind das hauptsächlich Betriebe deren Betriebsleiter das Rentenalter erreicht haben. Einige Betriebe steigen aus der Biolandwirtschaft aus, weil sie ihren Hof zum Beispiel durch eine Betriebsgemeinschaft mit einem konventionellen Landwirt neu ausrichten. Schliesslich gibt es auch Betriebe, denen wir den Vertrag künden müssen, weil sie sich nicht an die Richtlinien halten – da ist Bio Suisse konsequent.
Ist das Wachstum einzig auf die im Vorjahr lancierte Bio-Offensive zurückzuführen?
Es ist sicherlich ein wichtiger Faktor. Viele Landwirte möchten durch Innovation und Qualität die Zukunft des Betriebes langfristig sichern. Wir gehen davon aus, dass die Bio-Offensive in Zukunft noch mehr greift. Entscheidend war auch, dass die Wertschöpfungskette – inklusive Detailhandel – klare Signale für mehr Bioprodukte gesetzt hat.
«Durch verstärkte Forschung und Beratung wollen wir Möglichkeiten aufzeigen, wie man erfolgreich Bio-Landbau betreiben kann.»
Daniel Bärtschi, Geschäftsführer Bio Suisse
Die schweizerische Bio-Landwirtschaft vermag den wachsenden Bedarf an Bio-Produkten derzeit nicht zu decken. Welche Strategie verfolgen Sie, mehr Landwirtschaftsbetriebe zum Umstieg zu bewegen?
Da gibt es verschiedene Massnahmen: Durch verstärkte Forschung und Beratung wollen wir Möglichkeiten aufzeigen, wie man erfolgreich Bio-Landbau betreiben kann. Wir werden die Markttransparenz und -information verbessern und auch weiterhin aktiv Marketing betreiben. Zudem kommunizieren wir verstärkt in den Landwirtschaftsmedien und haben mit unserem Branchenmagazin Bioaktuell eine gute Plattform. Nicht zuletzt wollen wir unsere Richtlinien besser verständlich machen.
Wie schätzen Sie das Marktpotenzial ein?
Wir gehen davon aus, dass das Wachstum anhält. Bis 2025 wollen wir 20% Marktanteil erreichen.
Kritische Stimmen warnen davor, dass bei einem zu starken Wachstum der Zahl von Bio-Produzenten das Angebot die Nachfrage übersteigen könnte und so die Preise unter Druck geraten würden. Teilen Sie die Befürchtungen?
Die Konsumenten schätzen und kaufen sehr gerne Knospe-Produkte. Das Vertrauen in die Knospe ist erwiesenermassen hoch. Immer mehr KonsumentInnen sind bereit, dafür einen Mehrpreis zu bezahlen, denn sie erhalten ein für Mensch, Tier und Umwelt besseres Produkt.
Welchen Einfluss hat eine vermehrte Grenzöffnung auf den Bio-Markt?
Da gibt es Chancen und Risiken, und die Schweizer Landwirtschaft kann hier mit einer Qualitätsstrategie Erfolg haben, Exporte – in beschränktem Umfang – wären da eine Chance.
Bio Suisse fordert mehr Unterstützung vom Bund. Was stellen Sie sich konkret vor?
Wir erwarten, dass der Bund einen Aktionsplan Bio unterstützt und damit Beratung, Forschung, Bildung und Innovation fördert. Zudem sollen die Systemleistungen des Biolandbaus gerechter abgegolten werden.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei den einzelnen Rohstoffen? Gerade beim Bio-Fleisch zum Beispiel ist der Anteil noch sehr klein.
Ja, hier besteht Handlungsbedarf, und wir wollen hier verstärkt wirken. Gleichzeitig ist zu beachten, dass der typische Bio-Käufer wenig Fleisch isst. Es gibt bereits viele Betriebe, die Fleisch erfolgreich direkt vermarkten.
«Durch den zunehmenden Markt steigen die Absatzmöglichkeiten, und die KonsumentInnen schätzen die einzigartige Qualität der Knospe, die für Genuss und Geschmack steht.»
Die Beliebtheit von Bio-Produkten zeigt sich auch im starken Wachstum des Biomarkts im vergangenen Jahr (6,1 % auf 1,639 Mrd. Franken). Wie stark konnten neben Grossverteilern und Detailhandelsketten die Direktvermarkter profitieren?
Die Direktvermarkter haben sich sehr erfreulich entwickelt. Wir gehen von einem Wachstum von 10% aus.
Worauf führen Sie die Umsatzeinbusse von 13 % im Biofachhandel zurück?
Da sind viele Faktoren beteiligt, es hat sicherlich auch mit einem zunehmenden Verdrängungswettbewerb im Biobereich zu tun. Der Biofachhandel ist jedoch sehr wichtig und ich sehe als Mehrwert wie Beratungsqualität und Professionalität für ihn durchaus Chancen.
Wo sehen Sie in den kommenden Jahren die grössten Chancen und Herausforderungen für die Biolandwirtschaft?
Ich sehe vor allem Chancen: Durch den zunehmenden Markt steigen die Absatzmöglichkeiten, und die Konsumentinnen schätzen die einzigartige Qualität der Knospe, die für Genuss und Geschmack steht.
Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?
Diese ist hoch, denn v.a. auf der Stufe der Fachhochschulen hat der Führungsnachwuchs durch den Praxisbezug auf die Arbeitswelt früh eine sehr nutzbringende Erfahrung. Auch die Mehrsprachigkeit ist aus meiner Erfahrung sehr wichtig. Einziger Wermutstropfen sind die z.T. nicht vergleichbaren Abschlüsse: ein Schweizer FH-Bachelor ist viel höher zu werten als ein US-Uni-Bachelor, deshalb sollte der Bund hier Verbesserungen bewirken.
Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?
Dies ist sehr wichtig. Wir verfügen über eine guten Generationenmix und ein breites Angebot an Teilzeitstellen, damit auch Mütter berufstätig bleiben können. Wir wollen unsere Führungskräfte vermehrt für dieses Thema sensibilisieren, denn ein buntes Team ist ein innovativeres und ein besseres Team, stellt aber auch höhere Anforderungen an die Führung.
Herr Bärtschi, besten Dank für das Interview.
Zur Person
Daniel Bärtschi ist seit Anfang 2011 Geschäftsführer von Bio Suisse. Er verfügt über eine Ausbildung als Landwirt mit eidg. Fähigkeitszeugnis und hat Agronomie an der Schweizer Hochschule für Landwirtschaft (SHL) in Zollikofen studiert. In den USA absolvierte er den Master of Arts in Organisationsführung. Daniel Bärtschi verfügt über Erfahrungen als landwirtschaftlicher Berater in der Schweiz, Deutschland, Nordkorea, Russland und Rumänien. Auf dem elterlichen Hof im Emmental hat Daniel Bärtschi als Bub schon früh erleben können, was Umstellung auf Bio bedeutete, und dies in einer Zeit, als Bio noch nicht die heutige Anerkennung genoss.