Daniel Binzegger, CEO cablex, im Interview

Daniel Binzegger, CEO cablex, im Interview
Daniel Binzegger, CEO cablex

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Binzegger, Digitalisierung heisst auch, dass Bandbreiten erweitert, bestehende Netze erneuert und neue Glasfaser-Leitungen gelegt werden müssen. Von welchem Investitionsvolumen sprechen wir hier in den kommenden Jahren und welche Rolle wird Cablex dabei spielen?

Wir wollen beim weiteren Ausbau der Netze eine sehr gewichtige Rolle spielen. Als grösster Netzbauer der Schweiz, mit der längsten Erfahrung in Glas-, Koax- und Kupfernetzen, wollen wir unsere Kunden beim Ausbau begleiten. Dabei entlasten wir diese so, dass sie sich auf deren Kerngeschäft konzentrieren können. Wir gehen davon aus, dass auch in Zukunft jährlich bis zu einer Milliarde Franken in die Netze investiert werden. Davon profitieren die Schweizerinnen und Schweizer, denn je verlässlicher und schneller die Netze, je grösser sind die Möglichkeiten, die sich dadurch bieten.

«Einkaufen, Mobilität, Gesundheit und andere Themen werden von Daten dominiert und bedingen eine gut funktionierende Netzstruktur.» Daniel Binzegger, CEO cablex

Welche Möglichkeiten meinen Sie?

Die ganze Geschichte um IoT und Big Data wird unser Leben in mancher Hinsicht revolutionieren. Einkaufen, Mobilität, Gesundheit und andere Themen werden von Daten dominiert und bedingen eine gut funktionierende Netzstruktur. Ich sehe auch klar einen Trend zu mobileren Mitarbeitenden. Von Zuhause oder unterwegs arbeiten – heute kein Problem mehr. Immer vorausgesetzt, man steht in guter Verbindung mit dem Arbeitgeber. Dafür sorgen wir.

Wie präsentiert sich der Zustand der Schweizer Netz-Infrastruktur im Vergleich zum Ausland, wo besteht Nachholbedarf, wo hat die Schweiz Wettbewerbsvorteile?

Die Schweiz kann stolz sein, auf die heute schon vorhandene Infrastruktur. Diese sichert uns einen Wettbewerbsvorteil, denn unsere Energie- und Kommunikationsversorgung sind sehr verlässlich. Das wissen Firmen in allen Branchen zu schätzen, sei es in der Produktion als auch im Dienstleistungssektor. Wir dürfen uns jedoch nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Die Wirtschaft ist heute global. Andere Länder oder auch einzelne Städte haben aufgerüstet. So hat Indonesien in 2015 entschieden, in den kommenden Jahren 436 Mrd. US Dollar in Infrastrukturprojekte zu investieren. Ziel dabei ganz klar, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

«Im 2017 schlossen erstmal 25 Lernende ihre Ausbildung als Netzelektriker/in EFZ mit Schwerpunkt Telekommunikation ab. Für uns als Unternehmen, welches über 80 Lernende ausbildet, ein wichtiger Schritt.»

Unsere Netze müssen weiter ausgebaut, modernisiert und erneuert werden. Dafür setzen wir uns ein. Stillstand wäre ein Rückschritt, zumal sich die Technologien stetig verbessern. Denken wir nur an G.fast Technologie, welche ermöglicht, hohe Bandbreitenübertragungen in bestehenden Kupfernetzen erlaubt und somit einem schnelleren und kostengünstigeren Rollout die Haltbarkeit des Netzes verlängert.

Vor allem der Bedarf an leistungsstarken Mobilnetzen nimmt stetig zu, jedoch möchte niemand mehr Funkantennen. Wie kann der Widerspruch gelöst werden, welche technischen Fortschritte könnten Abhilfe schaffen?

Mit dem kommenden 5G-Netz werden neben grossen Antennenstandorte, viele kleine Zellen eingesetzt. Diese sogenannten Small-Cells werden in den kommenden Jahren installiert werden. Es besteht dabei auch die Möglichkeit, diese unsichtbar an Fassaden, Kandelaber oder in den Boden zu installieren. Die neue Technologie wird strahlungsärmer, trotzdem soll durch das eng gespannte Netz die Abdeckung besser werden.

Hackerangriffe auf Unternehmen, Spitäler oder militärische Einrichtungen zeigen die Verwundbarkeit der digitalen Welt. Welche Lösungen bieten Sie ihren Kunden, um die Netzsicherheit zu erhöhen?

In diesem Bereich unterstützen wir vor allem die physische Zuverlässigkeit der Netze. Auch haben wir eine schweizweite Interventionsorganisation die bei Unterbrüchen, bei Schäden oder Sabotage reagieren kann. Auch sind wir fähig temporäre Lösungen anzubieten um zerstörte Netze zu substituieren. Den Softbereich überlassen wir aber den Spezialisten der IT-Dienste.

Neue Technologien fordern auch neue Fähigkeiten. Wie steht es um die Zukunft von Netztechniker- und Elektriker, welche Perspektiven sehen Sie für Jugendliche in diesem Bereich und wie kommen Sie zu genügend Spezialisten?

Im 2017 schlossen erstmal 25 Lernende ihre Ausbildung als Netzelektriker/in EFZ mit Schwerpunkt Telekommunikation ab. Für uns als Unternehmen, welches über 80 Lernende ausbildet, ein wichtiger Schritt, denn wir brauchen in Zukunft diese jungen Berufsleute, um die Netze zu planen, bauen und unterhalten. Netzelektriker Telekommunikation bringen dabei die Fähigkeiten mit, verschiedene Technologien (Kupferkabel, Glasfaser und natürlich Funktechnologien) zu kombinieren und so sicherzustellen, dass der Schweiz weiterhin eine top Infrastruktur zur Verfügung steht. Wir müssen in der Schweiz sicherstellen, dass die Berufe rund um die Infrastruktur attraktiv bleiben und Karrierechancen bieten – dafür setzen wir uns ein. Im Moment sind wir daran mit Hochschulen die höhere Berufsausbildung zu definieren.

Ein weiterer Treiber der Digitalisierung ist das Internet der Dinge (IoT), bei dem fast alle denkbaren Komponenten vernetzt werden und so neue, intelligentere Lösungen eröffnen. Wie wirkt sich das auf den Netzbedarf aus, wo sehen Sie aktuell die spannendsten IoT-Projekte?

Wenn alles mit allem kommuniziert, dann ist klar, dass hier eine grosse Menge Daten zusammenkommt. Unsere Muttergesellschaft Swisscom bietet heute schon das LowPowerNetwork (LORA/LPN) an, welches ausschliesslich solche IoT Daten transportiert. Dabei ist den Anwendungsbereichen keine Grenze gesetzt, egal ob Fahrzeuge mit Fahrzeugen, der Briefkasten mit dem Handy oder die Heizung mit einem Servicecenter kommuniziert. Am spannendsten finde ich aktuell die Entwicklungen im Mobilitätsbereich. Selbstfahrende Autos und Busse werden sicherlich bald keine Science Fiction mehr sein und die Entwicklungen der IoT-Anwendungen beflügeln. Damit sich diese sicher bewegen, braucht es eine erstklassige und sichere Infrastruktur.

«Selbstfahrenden Fahrzeug, Roboter als Dienstleister, intuitive Systeme die die Gefühlslage des Menschen erkennen und viele andere Lösungen, sind heute schon Realität und werden in den nächsten 5 Jahren unser tägliches Leben und Verhalten verändern.»

Vor allem die autonome Mobilität steht mit vernetzter Intelligenz vor dem Durchbruch (selbstfahrende Autos). Hier wird Netzsicherheit überlebenswichtig. Welche speziellen Anforderungen kommen hier auf Cablex zu, welche neuen Lösungen zeichnen sich ab?

Die höchstmögliche Verfügbarkeit, auf allen Stufen wird zur grossen Herausforderung. Während man Software aus der Ferne warten und optimieren kann, ist dies bei den physischen Netzen nicht möglich. cablex mit 22 Standorten in der ganzen Schweiz stellt sich daher bereits heute so auf, dass wir für unsere Kunden in kürzester Zeit vor Ort Arbeiten übernehmen. Schnelligkeit, Verlässlichkeit und technisches Know-how sind für uns Schlüsselkompetenzen. Unsere Servicekräfte arbeiten dabei mit modernsten Hilfsmitteln. So sind bei uns die Auftragsvergabe, das Dispatching, Materialbestellungen, Kundendossiers und vieles mehr bereits in digitale Prozesse eingebettet. Unser Mitarbeitenden im Service arbeiten ohne Medienbrüche und damit papierlos für unsere Kunden. Dies macht uns schneller, flexibler und «ready for the future».

Die Elektromobilität wird aktuell noch gebremst durch zu hohe Anschaffungspreise, zu kurze Reichweiten und zu wenige Tankstellen, die oft auch noch mit inkompatiblen Ladesystemen aufwarten. Wird sich hier in naher Zukunft etwas ändern?

Die Kompatibilität was die Ladedosen angeht, ist tatsächlich ein Problem. Elektromobilität leidet noch immer an der «Huhn-Ei-Problematik» will heissen, je besser die Ladeninfrastruktur, je enger dieses Netz gespannt ist, desto attraktiver wird es, ein solches Fahrzeug zu fahren. Umgekehrt ist es nur attraktiv ein Ladenetz zu betreiben, wenn genügend Fahrzeuge verkauft werden. Wir arbeiten hier mit dem Schweizer Anbieter Green Motion zusammen. Das Unternehmen gehört zu den Pionieren auf dem Markt der Ladeinfrastruktur und betreibt das evpass Netz sehr erfolgreich.

Persönlich bin ich auch überzeugt, dass es für die Mikro-Mobilität Lösungen braucht. cablex hat mit IBION eine eigene Produktelinie entwickelt, die sich dem Thema annimmt.

Welche Lösungen sind das?

Die IBION Powerstation löst zum Beispiel für Lieferdienste ein grosses Problem: die Verfügbarkeit und das kontrollierte und sichere Laden von Batterien für Elektroroller und Kleinmotorfahrzeuge. Damit erhöhen unsere Kunden zusätzlich die Reichweite ihrer Roller-Flotte, denn es sind immer geladene Akkus verfügbar, die Standzeit der Roller wird durch ein einfaches Batteriewechselsystem optimiert. Unsere Kunden kennen zusätzlich alle Parameter der eingesetzten Batterien: Ladezyklen, Kapazität, Strom, Spannung, Temperatur etc. Wir gehen aber noch viel weiter, über die Vernetzung können wir zusätzliche Dienste anbieten. Sollte dem Fahrer zum Beispiel etwas zustossen oder hat das Fahrzeug ein Problem, erfolgt ein automatischer Serviceruf an unsere Servicezentrale und wir können einen Techniker oder Rettungsdienst aufbieten.

International hat die Schweiz einen guten Ruf als sicherer Standort für Daten und Informationen, was zu einem regelrechten Rechenzentren-Boom geführt hat. Was braucht es, um hier nachhaltig erfolgreich zu sein, wie wird sich die Schweiz international entwickeln können?

Die Rechtssicherheit und gut ausgebildeten Fachkräfte in der Schweiz garantieren auch zukünftig, dass wir uns in diesem Bereich dem internationalen Wettbewerb stellen können. Die Netzinfrastruktur, die für den Betrieb eines Rechenzentrums notwendig ist, muss höchsten Ansprüchen genügen. Dabei spielen Faktoren wie Bandbreite, Latenz und Netzwerkqualität die wesentlichen Rollen. Wir als einer der grössten Netzbauer der Schweiz, können hier unseren Kunden Mehrwert bei der Planung, Ausführung und Wartung bieten, weil wir grosse Erfahrung mitbringen und über bestens ausgebildete Fachkräfte verfügen.^

Welches sind aus Ihrer Sicht in den kommenden fünf Jahren die Entwicklungen, welche unser Leben entscheidend verändern können?

Ich gehe davon aus, dass die Vernetzung der Systeme enorm zunehmen wird. Multianbieter- und Multiuser-Plattformen werden für alle einen Mehrwert generieren. Die Technik kann heute schon mehr, als wir bereit sind zu nutzen. Selbstfahrenden Fahrzeug, Roboter als Dienstleister, intuitive Systeme die die Gefühlslage des Menschen erkennen und viele andere Lösungen, sind heute schon Realität und werden in den nächsten 5 Jahren unser tägliches Leben und Verhalten verändern. Dadurch werden wir viele Vereinfachungen erfahren und unsere Ressourcen optimaler nutzen können, damit wir der zunehmenden Bevölkerung unseren hohen Lebensstandard erhalten können. Anderseits werden wir abhängiger von den Systemen werden und uns gut überlegen müssen, inwieweit wir unsere Entscheidungskompetenz noch bewahren können.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Die gut funktionierende Schweizer Infrastruktur ist Teil unseres Erfolges und Garant für unseren Wohlstand. Es ist wichtig, diese weiter auszubauen. Gesetze und Rechte dürfen nicht missbraucht werden, den Fortschritt oder den Ausbau zu bremsen. Der Gesetzgeber muss viel schneller die Rahmenbedingungen den technischen Möglichkeiten anpassen.

Der Technologiestandort Schweiz muss weiter ausgebaut werden. Das erreichen wir nur durch gute Ausbildungen und einer visionären Politik. Nachhaltige Arbeitgeber und Firmen die in der Schweiz Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und in Technik investieren müssen unterstützt werden.

Der Gesprächspartner:
Daniel Binzegger verfügt über grosse Fach- und Führungskenntnisse und beste Kontakte in den Zukunftsmärkten von cablex, unter anderem dem Transport- und dem Energiemarkt. Daniel Binzegger ist diplomierter Elektroingenieur HTL und Militärwissenschaftler ETHZ. Vor seiner Tätigkeit bei cablex war er in leitenden Positionen beim Eidgenössischen Militärdepartement, Siemens, Motorola, Arthur Flury AG und Kummler + Matter AG tätig

cablex AG – vernetzt in die Zukunft
cablex ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Swisscom und spezialisiert auf den Bau, den Unterhalt und den Betrieb von hochleistungsfähigen ICT- und Netzinfrastruktur-Lösungen. Dank seiner breiten Aufstellung und der effizienten Organisation ist das Unternehmen in der Lage, komplexe Infrastrukturprojekte in der gesamten Schweiz zu realisieren. Das Unternehmen beschäftigt gegen 1400 Mitarbeitende in der Schweiz.

 

Schreibe einen Kommentar