Daniel Dalle Carbonare, VP Central Region Hitachi Vantara, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Dalle Carbonare, aus den Hitachi Einheiten Hitachi Data Systems (Speicherlösungen), Pentaho (Analyse, Business Intelligence) und Hitachi Insight Group (Internet der Dinge) wurde Ende September Hitachi Vantara. Was wird neu?
Daniel Dalle Carbonare: Daten sind heute das wichtigste Gut eines Unternehmens – zumindest dann, wenn man es schafft, aus diesen Daten Erkenntnisse zu gewinnen und damit das Business voranzutreiben. Bisher gab es aber kaum Angebote, die Kenntnisse aus den Bereichen IT und Operational Technology (OT) so kombinierten, dass Kunden das volle Potential ihrer Daten nutzen konnten.
«Zwar ist die Schweiz ein relativ kleines Land, aber in Relation zu anderen Märkten stehen wir sehr stark da.» Daniel Dalle Carbonare, VP Central Region Hitachi Vantara
Hitachi Vantara wird das nun ändern, denn hier können Unternehmen auf das Know-how und die Lösungen von drei etablierten Playern zurückgreifen. Hitachi Data Systems bringt umfassendes Know-how aus dem Bereich Operational Technology mit und gehört mit seinen Storage-Produkten und IT-Anwendungen sowie seinen Analyse-, Content-, Cloud- und Infrastrukturlösungen zu den Schwergewichten der IT-Branche. Der Business Intelligence (BI) Spezialist Pentaho deckt im neuen Unternehmen die Themen Big Data, Datenintegration, ETL und Business Analytics ab. Abgerundet wird das Ganze durch das IoT-Portfolio der Hitachi Insight Group, die mit Lumada über eine offene, adaptierbare Software-Architektur zur beschleunigten Entwicklung von IoT-Produkten verfügt und auch Themen wie Machine Learning oder Predictive Analytics abdeckt.
Wo steht die Schweizer Niederlassung im internationalen Vergleich und welche besonderen Herausforderungen haben Sie bei der Neuausrichtung zu bewältigen?
Die Schweiz wird oft mit Qualität und Innovation gleichgesetzt – für diese Eigenschaften steht auch unsere Niederlassung. Und das mit großem Erfolg: Zwar ist die Schweiz ein relativ kleines Land, aber in Relation zu anderen Märkten stehen wir sehr stark da. Die Schweizer Kunden sind für innovative Projekte mit Hitachi-Lösungen im gesamten Konzern bekannt. In Zukunft können wir sie noch besser dabei unterstützen, mit IT eine Brücke in die Zukunft zu schlagen. Unser Ziel ist es vor allem, langjährige Bestandskunden, insbesondere aus dem Highend-Storage-Bereich, von den Vorteilen der neuen Lösungen zu überzeugen.
«Hitachi Vantara spart auch nicht, sondern investiert in die Zukunft. Speziell in der Schweiz wollen wir personell deutlich aufstocken, wir suchen aktuell zahlreiche qualifizierte Mitarbeiter.»
Oft dienen Neuausrichtungen vor allem der Einsparung von Kosten und Arbeitsplätzen. Wie sieht das im Fall von Hitachi Vantara aus?
Anders! Als Hitachi Data Systems waren wir in der Schweiz vor allem mit unseren Storage-Systemen sehr erfolgreich. Die Innovationen in diesem Bereich gehen überwiegend in die Richtung, Speichersysteme performanter, preiswerter und wartungsärmer zu machen. Hier sind wir einer der Marktführer, rechnen aber nur noch mit geringem Wachstum. Die neu hinzugekommenen Bereiche hingegen decken Zukunftsmärkte mit enormem Potential ab. Hitachi Vantara spart auch nicht, sondern investiert in die Zukunft. Speziell in der Schweiz wollen wir personell deutlich aufstocken, wir suchen aktuell zahlreiche qualifizierte Mitarbeiter.
Während Hitachi in der Schweiz als Anbieter von IT-Diensten und Lösungen bekannt ist, werden die historisch bedeutenderen Leistungen bei Industrielösungen (Kraftwerke, Spitäler, Bahnen) kaum wahrgenommen. Wie wird sich das durch die Neuausrichtung ändern?
Wenn wir uns als Hitachi-Konzern auf unseren historischen Lorbeeren ausruhen würden, wären wir ziemlich schnell selbst Geschichte. Unsere Neuausrichtung ist eine Reaktion auf aktuelle und erwartete Entwicklungen in der Wirtschaft. Die Trennung zwischen Alt und Neu ist heute ja nicht mehr aufrecht zu erhalten, bei den erwähnten Industrielösungen beispielsweise spielen Daten eine immer größere Rolle: Sensoren steuern Maschinen, Algorithmen lernen selbst hinzu, Analysen helfen bei der Optimierung der Auslastung etc.. Der Hitachi-Konzern produziert Industrieanlagen und Sensoren, wir als Hitachi Vantara liefern die Systeme, um Daten in den Fokus zu rücken. Wir kennen uns mit Daten aus wie niemand sonst.
Das Internet der Dinge bietet die Möglichkeit, isolierte Industriekomponenten zu vernetzen und mit eigener Intelligenz zu versehen. Wie will Hitachi hier seine beiden großen Bereiche OT (Operationelle Technologie) und IT (Informations-Technologie) zusammenbringen?
Hitachi bringt das Zusammenspiel von IT und OT und die Rolle des Internets der Dinge in der Formel „IT + OT = IOT” sehr schön auf den Punkt – wenn es auch zugegeben mathematisch nicht ganz sauber ist. Ein schönes Beispiel ist Hitachi Rail mit dem Projekt „Train as a Service” in Großbritannien. In einem Teil des britischen Streckennetzes betreibt Hitachi den Zugverkehr „as a Service”, das heißt die Züge gehören Hitachi und die Wartung obliegt uns. In alle Züge werden RFID-Sensoren eingebaut, die Echtzeit-Überwachung, -Analyse, -Steuerung und -Wartung ermöglichen. Pro Zug sind mehrere Tausend RFID-Chips eingebaut, die ununterbrochen Informationen und damit Big Data übermitteln. Das finanzielle Risiko wird dadurch reduziert, dass die Einsatzzeiten der Züge durch „Predictive Maintenance” enorm hoch und die Wartungskosten gering sind.
«In einem Teil des britischen Streckennetzes betreibt Hitachi den Zugverkehr „as a Service”, das heißt die Züge gehören Hitachi und die Wartung obliegt uns.»
Die Geschwindigkeit der Digitalisierung ist stark verbunden mit der Entwicklung von “as a Service”- und Cloud-Angeboten. Welchen Weg schlägt Hitachi hier ein, welchen Umsatzanteil haben heute “as a Service”-Angebote schon?
Als Hitachi Vantara machen wir keine Angaben zu absoluten oder relativen Umsatzzahlen. Was wir aber sagen können ist, dass dieser Bereich ständig wächst und von unseren Kunden immer stärker angefragt wird. Im Bereich Cloud bieten wir mit unseren Storage-Systemen auch die Möglichkeit, die Funktionalität der bekannten Public Clouds aus dem eigenenen Rechenzentrum anbieten zu können. Mit HCP und HCP Anywhere können Mitarbeiter beispielsweise ganz einfach Dateien zwischen verschiedenen Plattformen synchronisieren und mit anderen teilen. Im Unterschied zu Dropbox und Co. aber unter voller Kontrolle der eigenen IT-Abteilung. Auch hybride Formen sind problemlos abbildbar. Besonders vor dem Hintergrund aktueller Compliance-Vorgaben wie DSGVO oder GDPR wird die Kontrolle und Nachvollziehbarkeit immer wichtiger.
In Umfragen zeigt sich immer wieder, dass Themen wie Digitalisierung und Internet der Dinge in der Geschäftsleitung der Unternehmen zwar intensiv diskutiert werden, das Tagesgeschäft jedoch eher von Kosten, fehlendem Fachpersonal oder Sicherheitsfragen dominiert wird. Wie ist Ihre Wahrnehmung, welche Themen werden das kommende Jahr prägen?
Sind wir über diesen Punkt nicht schon hinaus? Heute erzielen Unternehmen durch digitale Initiativen substanzielle Einsparungen, verbessern die internen Abläufe und entwickeln neue, datenbasierte Geschäftsmodelle. Andersherum betrachtet werden Kostenreduzierung, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und mehr Sicherheit ohne Investitionen in IT nicht mehr möglich sein. Wer hier den Zug verpasst, wird im Wettbewerb handfeste Probleme bekommen. Hierbei sind eine Konzentration auf das Wesentliche und ein gesunder Pragmatismus gefragt: KI, Machine Learning, IoT und Analytics werden im kommenden Jahr sicher die Medien weiter beschäftigen – in der Wirtschaft werden diese Buzz-Themen aber eher als Werkzeuge betrachtet: Nur wenn sie Mehrwert bringen, werden sie auch eingesetzt.
Wer wissen will, was die Zukunft bringt, gestaltet sie am besten gleich selbst. Wie viel investiert das neue Unternehmen Hitachi Vantara in Forschung und Entwicklung und welches sind dabei die wichtigsten Forschungsgebiete?
Den ersten Satz unterschreibe ich sofort! Wir sorgen dafür, dass die technische Basis für die digitale Transformation steht und helfen über einen „Co-Creation”-Ansatz bei der Entwicklung moderner Geschäftsmodelle. Der Hitachi-Konzern hält weltweit die meisten Patente für Flash-Speicher- und IoT-Technologie und investiert jedes Jahr mehr als 3 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung. Wir sind in zahlreichen Bereichen Technologieführer und möchten das auch bleiben.
«Der Hitachi-Konzern hält weltweit die meisten Patente für Flash-Speicher- und IoT-Technologie und investiert jedes Jahr mehr als 3 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung.»
Gibt es Schweizer Projekte von Hitachi, die auch international für Aufsehen sorgen und als Referenz dienen?
Innerhalb des Hitachi-Konzerns hat die SFS Group, ein weltweit führendes Unternehmen für mechanische Befestigungssysteme und Präzisionsformteile, mit ihrer Private Cloud auf Basis unserer Converged Infrastructure für Furore gesorgt. Die neue Plattform ist nicht nur deutlich effizienter und flexibler als die abgelöste, sie spart darüber hinaus auch noch etwa 20% Kosten.
Zum Schluss des Interview haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?
Als Formel 1 Fan wünsche ich mir Ferrari wieder on Top! Es würde mich sehr freuen, wenn die Scuderia Ferrari endlich wieder einmal Weltmeister wird. Und das Rennen auf dem Shanghai International Circuit würde ich am liebsten live vor Ort ansehen.
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Über Hitachi Vantara
Hitachi Vantara, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Hitachi Ltd., hilft datenorientierten Marktführern, den Wert ihrer Daten herauszufinden und zu nutzen, um intelligente Innovationen hervorzubringen und Ergebnisse zu erzielen, die für Wirtschaft und Gesellschaft von Bedeutung sind. Hitachi Vantara kombiniert Technologie, geistiges Eigentum und Branchenwissen, um Lösungen zum Datenmanagement zu liefern, mit denen Unternehmen das Kundenerlebnis verbessern, sich neue Erlösquellen erschliessen und die Betriebskosten senken können.