Daniel Gutenberg, Business Angel und Investor, im Interview

Daniel Gutenberg, Business Angel und Investor (Bild: zVg)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Gutenberg, Sie waren einer der Seed-Investoren von Mobileye. Jetzt wurde das Unternehmen für 15,3 Milliarden Dollar von Intel übernommen. Was hat Sie zu Beginn überzeugt, in diese Firma zu investieren?

Daniel Gutenberg: Ich war schon immer einer der nicht gerne Auto gefahren ist. Als ich die Gründer kennenlernen durfte im Jahr 2000, hatte ich soeben meine Firma Gutenberg Communication Systems verkauft. Amnon und Ziv, die beiden Gründer, haben mir erzählt, wie sie die autonom fahrenden Autos mit Software ausrüsten werden. Was mich an den beiden beeindruckte, war, dass sie ein so kompliziertes Software-Unterfangen sehr einfach erklären konnten und von Anfang an wussten, dass sie ein Milliarden-Unternehmen starteten.

«Eigentlich ging erstaunlicherweise alles genau nach Plan, ausser, dass es 13 Jahre länger als geplant gedauert hat, um dort zu sein, wo wir jetzt sind.» Daniel Gutenberg, Business Angel und Investor

Oft ergeben sich für Startups durch neue Marktentwicklungen unvorhergesehene Perspektiven. Was von den für die Übernahme entscheidenden Produkten von Mobileye war schon bei der Gründung vorhanden, wo haben sich auf dem Weg völlig neue Ideen ergeben?

Eigentlich ging erstaunlicherweise alles genau nach Plan, ausser, dass es 13 Jahre länger als geplant gedauert hat, um dort zu sein, wo wir jetzt sind. Keine Umwege oder neuen Produkte, keinerlei Ablenkungen auf diesem Weg wurden von Ziv zugelassen, obwohl es dutzende von verführerischen Möglichkeiten gab.

Sie haben eine bemerkenswert hohe Erfolgsrate bei der Investition in so genannte “Einhörner”. So waren Sie nebst Mobileye schon bei Facebook früh dabei, Netscape oder auch Intershop. Was sind die wichtigsten Entscheidungsfaktoren für ein Investment, wann steigen Sie wieder aus?

Ich investiere immer in die Personen und versuche einzuschätzen, wie gross die Chance ist, dass der Gründer Erfolg haben wird. Dazu bewerte ich vor allem seine Charaktereigenschaften.

Israel hat eine sehr aktive und erfolgreiche Gründerszene und zieht zwischenzeitlich mehr Wagniskapital an als ganz Europa. Was kann die Schweiz von Israel lernen, wo können wir mithalten, wo müssen wir zulegen?

Wo wir mithalten können ist auf jeden Fall in der Forschung. In der Schweiz wird sehr viel erfunden und patentiert. Auch haben wir mittlerweile genügend Inkubatoren und auch genügend finanzielle Anschubförderung. Wir könnten uns noch in der Kategorie “think big“ verbessern und anstatt 50 Millionen-Exits Milliarden-Exits anpeilen. Häufig werden unsere Firmen viel zu früh ins Ausland verkauft.

Startups benötigen nebst dem Geld oft auch Unterstützung von erfahrenen Investoren, Marktzugang, Kontakte zu potentiellen Kunden. Wie aktiv bringen Sie sich selbst ein bei Ihren Investments, an wie vielen neuen Projekten beteiligen Sie sich jährlich?

Ich beteilige mich jährlich an circa 5 Startups mit Venture Incubator in der Schweiz, oder auch im Ausland. Ich bringe mich sehr aktiv ein bei den Firmen. Dies häufig in der Start-Phase und dann wieder in der Exit-Phase, dazwischen gibt es aber auch häufig Jahre, wo es mich nicht braucht.

«Ich investiere immer in die Personen und versuche einzuschätzen, wie gross die Chance ist, dass der Gründer Erfolg haben wird.»

Der Finanzplatz Schweiz muss sich nach dem Fall des Bankkunden-Geheimnisses, der Einführung des automatischen Informationsaustausches und dem Druck auf Steueroasen neu erfinden. Das Crypto Valley in Zug und die entstehenden Outsourcing-Zentren für Bankenlösungen zeigen Alternativen. Wie würden Sie den Finanzplatz gestalten, damit er auch in Zukunft weltweit führend sein kann?

Die Schweiz hat hier eine einmalige Sonderstellung und enorme Chancen mit dem Crypto Valley. Ich würde mir wünschen, dass diese Chancen intensiv von Politik und Wirtschaft unterstützt und wahrgenommen würden.

Mit einem Null- oder Minuszinsumfeld wären Investitionen in Startups eine Möglichkeit, sowohl die Wirtschaft zu beleben, als auch interessante Renditen zu erzielen. Was halten Sie von einem staatlichen Startup-Fonds?

Ich glaube, man muss aufpassen, dass der Staat nicht zum Konkurrenten der privaten Fonds wird, ansonsten ist natürlich jede Unterstützung willkommen.

Schweizer Startups fehlt oft die Wachstumsperspektive. Mit ein Grund ist das fehlende Wachstumskapital, wenn es um Grössenordnungen im zweistelligen Millionenbereich geht. Weshalb sind Investoren nicht aktiver in der Schweiz, was müsste sich ändern, damit mehr grosse Deals in der Schweiz finanziert würden?

Unser Land braucht vor allem mehr selbstbewusste CEOs, die solche Firmen auch führen können.

«Ich wünsche mir ein Schulsystem, das Helden, unkonventionelle Denker und im positiven Sinne Verrückte fördert, anstatt alle zu normalisieren.»

Mit digitalswitzerland ist eine Plattform entstanden, die sich politisch und wirtschaftlich um die Förderung der Startups bemüht. Was läuft gut, wo braucht es noch zusätzlichen Effort und wie aktiv sind Sie selbst innerhalb von digitalswitzerland?

Obwohl ich anfangs skeptisch war, bin ich heute ein richtiger Fan dieser Institution geworden. Ich bin aktives Mitglied und tausche mich regelmässig mit Marc Walder und den weiteren Mitgliedern der Organisation aus.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Ich wünsche mir ein paar Unicorn-Exits in der Schweiz, damit die Erlöse wieder in das Ecosystem Schweiz investiert werden können. Dann wünsche ich mir ein Schulsystem, das Helden, unkonventionelle Denker und im positiven Sinne Verrückte fördert, anstatt alle zu normalisieren.

Der Gesprächspartner:
Daniel Gutenberg ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Business Angels in Europa und seit 2003 General Partner beim Schweizer VC Investor VI Partners. Nach seinem Abschluss in Hochfrequenz-Ingenieurswesen an der CPLN in Neuchâtel ging er nach Hawaii und arbeitete dort unter anderem als Surflehrer. Im Anschluss liess er sich von der Firma Dataset für einen kurzen beruflichen Ausflug ins Silicon Valley locken und fand so sein Interesse an der digitalen Welt. Nach einer Zwischenstation bei einem existierenden IT-Distributor, gründete er im Jahr 1991 die Gutenberg Communication Systems AG, einen IT-Distributor, den er im Jahr 2000 an die TelinDus verkaufte. Zu seinen erfolgreichsten Investments gehören Firmen wie facebook, Mobileye, Netscape und Intershop.

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