von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Salzmann, die Luzerner Kantonalbank AG weist nach neun Monaten des Jahres 2024 einen Konzerngewinn von 216.0 Millionen Franken aus und übertrifft das Vorjahresresultat um über 9 Prozent. Welches waren in den letzten Monaten die Erfolgsfaktoren?
Daniel Salzmann: Es ist uns gelungen, die Erträge weiter zu diversifizieren und massgeblich zu steigern. Auch haben wir unser Kostenwachstum unter Kontrolle. Unsere Cost-Income-Ratio beträgt aktuell 46.1% und liegt damit seit Jahren unter unserer eigenen strategischen Vorgabe von maximal 50%.
Der Nettoerfolg aus dem Zinsengeschäft legte um 4,7 Prozent auf 328 Mio. Franken zu. Was zeichnet Ihre Zinsstrategie aus? Andere Kantonalbanken haben ja mit rückläufigen Gewinnen zu kämpfen.
Die LUKB hat im Anschluss an die Leitzinserhöhungen der SNB im Gegensatz zu den meisten der anderen (Kantonal-)Banken schnell die Zinsen auf Sparkonten angehoben und ist in der Folge im Zinsengeschäft nicht ganz so rapide gewachsen wie andere Bankinstitute. Mit unserem aktiven Zinsmanagement im laufenden Jahr konnten wir ausserdem die drei Leitzinssenkungen der SNB gut abfedern. Diese vorausschauende Zinsstrategie führte mit Blick auf die Vergleichsperiode 2023 zum sehr erfreulichen Wachstum im Zinsengeschäft.
«Die LUKB hat im Anschluss an die Leitzinserhöhungen der SNB im Gegensatz zu den meisten der anderen (Kantonal-)Banken schnell die Zinsen auf Sparkonten angehoben und ist in der Folge im Zinsengeschäft nicht ganz so rapide gewachsen wie andere Bankinstitute.»
Daniel Salzmann, CEO Luzerner Kantonalbank
Die SNB dürfte im Dezember den Leitzins noch einmal senken. Wie sehen Sie die Entwicklung im kommenden Jahr?
Unsere Analysten halten es für wahrscheinlich, dass die SNB den Leitzins auf bis zu 0.5% senken wird. Diese Zinssenkungen sind am Markt bereits eingepreist. Bis im Frühling 2025 dürfte der Zinssenkungszyklus vorläufig wohl abgeschlossen sein.
Die Hypothekarforderungen stiegen im Jahresverlauf um 2,4 Prozent. Was prägt den Immobilienmarkt im Kanton?
Der Kanton Luzern ist eine sehr attraktive Wohn- und Arbeitsregion. Entsprechend viele Menschen möchten hier auch wohnen und suchen nach Eigentum oder Mietwohnungen. Auch die aktuell wieder tieferen Hypothekarzinsen verstärken den Wunsch nach Wohneigentum. Die hohe Nachfrage steht einem limitierten Angebot gegenüber. Gleichzeitig kommt die Bautätigkeit nicht voran. Das verschärft den Druck im Immobilienmarkt sowohl im Eigentums- als auch im Mietsegment. Kurzfristig ist daher keine Entspannung in Sicht, und es ist auch mit weiter steigenden Preisen zu rechnen.
Das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft legt nach neuen Monaten um 8,5 Prozent auf 95,8 Mio. Franken zu. Die Erträge aus dem zinsfremden Geschäft erreichen mittlerweile über 32 Prozent. Wie werden die Diversifikations-Bemühungen weiterentwickelt?
Wir forcieren das mandatierte Anlagegeschäft weiter. Hier haben wir uns zum Ziel gesetzt, bis Ende 2025 – also bis zum Abschluss der laufenden Strategieperiode – um mehr als eine Milliarde Franken zu wachsen. Erträge generieren wir aber auch im Geschäft mit Strukturierten Produkten und mit unseren ausgebauten Dienstleistungen im Handelsgeschäft. Wir sind die einzige Bank in der Zentralschweiz mit einem eigenen Handelszentrum und gehören zu den Top 10 Schweizer Banken in diesem Geschäftsfeld.
«Wir forcieren das mandatierte Anlagegeschäft weiter. Hier haben wir uns zum Ziel gesetzt, bis Ende 2025 – also bis zum Abschluss der laufenden Strategieperiode – um mehr als eine Milliarde Franken zu wachsen.»
Im März wurde im Rahmen des Ausbaus des Private Banking-Angebots das Dienstleistungsangebot für Unternehmerinnen und Unternehmer in einem eigenen Marktbereich Entrepreneurs & Executives (E&E) gebündelt. Wie hat sich der Bereich entwickelt?
Im Marktbereich E&E betreuen wir unsere Kundinnen und Kunden bereichsübergreifend gezielt mit Fachexpertinnen und -experten aus der Unternehmer- und Immobilienbank sowie der Spezialberatung und dem Asset Management. Dahinter steckt die Idee, dass wir die komplexen und vielfältigen Bedürfnisse von Entrepreneurs & Executives mit optimalen und individuell ausgestalteten Lösungen bedienen und bei der Umsetzung von Massnahmen begleiten wollen. Die Zusammenarbeit zwischen den Kundinnen und Kunden sowie unseren internen und externen Netzwerkpartnern ermöglicht rasche und Mehrwert bringende Lösungen. Der neue Marktbereich unter der Leitung von Mathias Röthlin wächst und wird per Anfang 2025 ein Team aus 12 interdisziplinären Mitarbeitenden beschäftigen. Wir sehen im erweiterten Luzerner Wirtschaftsraum mit den zahlreichen, erfolgreichen KMU viel Potenzial und spannende Wachstumschancen.
Die LUKB hat im Jahresverlauf mit einem Kryptoanlageplan und anschliessend der Möglichkeit der Ein- und Auslieferung für Bitcoin und Ethereum das Kryptoangebot ausgebaut. Wie ist die Resonanz?
Sehr positiv! Wir merken es deutlich am kontinuierlichen Anstieg von Kundinnen und Kunden, denen die sichere Verwahrung und der Handel mit Kryptowährungen ein grosses Bedürfnis sind.
Welche Rolle spielen Kryptowährungen in der langfristigen Strategie der Luzerner Kantonalbank?
Kryptowährungen sind ein ergänzendes Element in unserem indifferenten Geschäft und dienen der Diversifizierung unserer Erträge. Seit 2016 analysieren wir den Markt mit Kryptowährungen intensiv und haben seit 2020 unsere eigenen Fachexpertise und Infrastruktur rund um digitale Vermögenswerte aufgebaut. Damit sind wir unter den führenden Kantonalbanken in diesem Geschäftsfeld. Wir werden die Technologie langfristig ausbauen, um künftige Marktbedürfnisse früh und umfassend bedienen zu können.
«Seit 2016 analysieren wir den Markt mit Kryptowährungen intensiv und haben seit 2020 unsere eigenen Fachexpertise und Infrastruktur rund um digitale Vermögenswerte aufgebaut.»
Welche Wachstumsziele haben Sie sich trotz sinkender Zinsen für das kommende Jahr gesteckt?
Wie bereits gesagt, wollen wir bis zum Ende unserer Strategieperiode im Jahr 2025 beim Neugeld im mandatierten Anlagegeschäft um mehr als 1 Milliarde Franken wachsen. Weiter streben wir zinsfremde Erträge von mindestens 215 Millionen Franken an und wollen bei der Kreditvergabe zwischen 2.00 % und 3.75 % wachsen. Für die gesamte Strategieperiode von 2021 – 2025 haben wir uns drei strategische Finanzziele gesetzt: Beim kumulierten Unternehmensgewinn liegt unser Zielwert zwischen 1260 und 1330 Millionen Franken. Die Gesamtkapitalquote soll zwischen 16 – 20% liegen und die Cost-Income-Ratio maximal 50% betragen. Ich darf sagen – wir sind bei all unseren Zielwerten hervorragend auf Kurs.
Trotz des ausgezeichneten Laufs der LUKB ist der Aktienkurs tief, auch wenn er sich die letzten Wochen etwas erholen konnte. Welche Erklärung haben Sie – wird die Ertragskraft der Kantonalbanken generell unterschätzt?
Unser Aktienkurs wurde in den letzten Jahren durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Betrachten wir zuerst die Branche: Ich stelle fest, dass aktuell die Titel von inlandorientierten Banken generell unter Druck stehen. Wegen der sinkenden Leitzinsen der SNB befürchten gewisse Investoren, dass inlandorientierte Banken tiefere Zinsergebnisse ausweisen werden. Wir beweisen mit unseren Zinsergebnissen in den ersten neun Monaten 2024 das Gegenteil.
Ein weiterer Faktor war unsere Kapitalerhöhung. Wir haben die Kapitalerhöhung wegen des politischen Entscheidfindungsprozesses sehr früh angekündigt (Dezember 2021). Die Zeit ab der Ankündigung bis zur eigentlichen Kapitalerhöhung dauerte schliesslich 18 Monate, was bei den Investoren zu einer gewissen Zurückhaltung führte. Nach der erfolgten Kapitalerhöhung im Mai 2023 unterlag die LUKN dem logisch nachvollziehbaren Verwässerungseffekt (tieferer Unternehmensgewinn pro Aktie, «Earnings per Share» [EPS]). Diesen Effekt haben wir mit unserem sehr guten Q3-Ergebnis 2024 jedoch bereits wieder aufgeholt.
Und schliesslich beeinflusst auch die quartalsweise Index-Anpassung der SIX unseren Kurs. In den letzten Jahren erhielten Aktien von grösseren Firmen eine höhere Gewichtung im Index, kleinere Firmen verloren tendenziell an Gewicht. Dies führt zu einem Verkaufsdruck seitens der indexorientierten Anleger (meist Institutionelle) auf Aktien von tiefer kapitalisierten Unternehmen. Der Grund für die Verkäufe hat einen rein technischen Hintergrund und straft unsere Aktie ab, obschon die LUKB hervorragend positioniert ist.
Letzte Frage: Sie sind mittlerweile 10 Jahren CEO der LUKB. Haben Sie zwischendurch Zeit, zurückzublicken? Und wenn ja, welche persönliche Bilanz ziehen Sie?
Ich will nicht von einer stichtagbezogenen Bilanz sprechen, sondern vielmehr von den gesellschaftlichen, technologischen, regulatorischen und ökologischen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Bankenbranche und damit auch auf die LUKB im Lauf der letzten zehn Jahre.
Gerne…
Als erstes vorneweg: die LUKB hat ihr Geschäftsmodell in der letzten Dekade stark weiterentwickelt und ist sehr profitabel gewachsen. Wir sind für über 300’000 Kundinnen und Kunden die bevorzugte Bank, für 2/3 davon sogar die Hauptbank. Die Veränderungszyklen wurden in den letzten Jahren immer kürzer – und damit verbunden auch die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden. Ich gebe gerne zwei Beispiele:
Unsere Bevölkerung wird insgesamt älter, beschäftigt sich mit Fragen zur Altersvorsorge, zu Nachfolgeregelungen und Vermögenstransfer an jüngere Generationen. Diese Themen greifen wir mit unseren individuellen Spezialberatungen auf und stossen auf ein sehr grosses Echo bei unserer Kundschaft.
Auch die digitale Transformation unserer Bank ist die Antwort auf ein verändertes Kundenverhalten. Die Nachfrage nach digitalen Banking-Dienstleistungen und individualisierten Services ist in den letzten Jahren stark gestiegen und hat mit der Pandemie einen zusätzlichen Schub erhalten. Wir haben hier sehr viel investiert und werden es auch in Zukunft tun. Dass wir diesbezüglich auf dem richtigen Weg sind, belegen verschiedenste Awards, welche uns zu den digital führenden Banken in der Schweiz zählen.
Welches sind weitere Themen?
Wir setzen uns seit geraumer Zeit mit Themen wie Open Banking, Big Data, Cybersecurity und Datenschutz auseinander. Um diese Herausforderungen anzupacken, benötigen wir ausgezeichnete Fachkräfte, um die sich viele Arbeitgeber im Arbeitsmarkt bemühen. Dem Fachkräftemangel begegnen wir, indem wir konsequent interne Arbeits- und Führungskräfte aus- und weiterbilden, die Ressourcen richtig einsetzen und vor allem auch auf die veränderte Erwartungshaltung an «New Work» eingehen.
Grosse Auswirkungen auf unsere Branche hatte auch die globale Finanzkrise 2008, die bis heute nachhallt: Die regulatorischen Auflagen nehmen seither laufend zu und verschärfen die Anforderungen an unsere Kapitalisierung, die Liquiditätshaltung und die Compliance. Auch das Niedrigzinsumfeld war eine Folge der Finanzkrise und hat über ein Jahrzehnt bis im Jahr 2022 angehalten. Das hat den Druck auf die Margen erhöht und es galt, neue Ertragsquellen zu erschliessen. Unsere Antwort darauf waren der Auf- und Ausbau des Anlagegeschäfts und unserer Beratungsdienstleistungen und wie bereits erwähnt, grosse Efforts bei der Entwicklung des Handels, des Geschäftszweiges mit den Strukturierten Produkten und den Einstieg in Digital Assets.
«Die regulatorischen Auflagen nehmen seit der Finanzkrise 2008 laufend zu und verschärfen die Anforderungen an unsere Kapitalisierung, die Liquiditätshaltung und die Compliance.»
Seit ich der Geschäftsleitung vorsitze, haben auch das Interesse und Bewusstsein der Kundinnen und Kunden an nachhaltigen Investitionen stark zugenommen. Die LUKB hat in der Folge in den letzten Jahren ihr ganzes Anlageuniversum entsprechend nachhaltig ausgerichtet.
Meine Erfahrung bei der LUKB zeigt – die Bank hat in ihrer 175-jährigen Geschichte immer einen Weg gefunden, die Herausforderungen ihrer jeweiligen Zeit zu meistern. Seit der Gründung im Jahr 1850 ist die Bank Nummer 1 im Kanton Luzern. Damit das so bleibt, entwickeln wir unsere Bank weiter: Die zukünftige LUKB ist dezentral, digital und diversifiziert aufgestellt und setzt den Fokus stark auf die Vorsorge und das VV-Geschäft.