Interview von Robert Jakob
Moneycab: Herr Dean, mit der Übernahme von Arnold Industries wird der Anteil des US-Geschäfts am Gruppenumsatz auf rund 30% steigen. Im Moment hat die USA zwar konjunkturellen Rückenwind. Was aber wenn dieser bald einmal dreht?
David Dean: Nun wir freuen uns, wenn der von Ihnen erwähnte Rückenwind tatsächlich eintrifft. Derzeit ist in der Tat viel Optimismus verbunden mit dem Präsidentenwechsel zu spüren – und das macht Freude. Wieweit sich dies in einer nachhaltig anziehenden Konjunktur materialisiert, wird sich zeigen.
Wie geht es weiter mit Ihrem Vorzeigekunden Tesla?
Wir haben unsere Kooperation mit Tesla vertraglich bis 2020 verlängert und werden damit das Geschäft weiter ausdehnen können, insbesondere, wenn nach den Modellen S und X dann in der zweiten Jahreshälfte auch das neue Modell 3 mit der Produktion startet.
In den letzten Jahren hat Bossard Dutzende von Akquisitionen getätigt. Die Integration verlief immer spielend. Was war denn überhaupt da bisher die grösste Herausforderung?
Die Akquisitionen, die wir tätigten, waren interessante Ergänzungen und Erweiterungen unserer Geschäftsfelder und liessen sich deshalb nahtlos in unsere Gruppe integrieren. Der Fokus der Integration liegt auf der Ausnutzung von zusätzlichen Chancen im Markt. Die grösste Herausforderung ist, das zusätzliche Know-how, welches wir mit den akquirierten Firmen gewonnen haben, in unserer Gruppe global einfliessen zu lassen.
«Unsere Systeme und Lösungen sollen die Produktivität und Effektivität unserer Kunden nachhaltig und messbar verbessern.»
David Dean, CEO Bossard Gruppe
Mit SmartBin, einem Lagersystem mit Gewichtssensoren und automatisiertem Nachbestellen, falls Schrauben oder andere Verbindungsteile der Neige entgegengehen, hat Bossard die Supply Chain seiner Kunden optimiert. Sehen Sie in den nächsten Jahren ein weiteres Kernprodukt den Logistikmarkt aufmischen?
Wir haben unsere verschiedenen Systeme über die Jahre immer weiter durch neue Innovationen erweitert und ergänzt, um den sich verändernden Bedürfnissen der Industrie gerecht zu werden, und dies werden wir weiter tun. Das Ziel ist dabei immer dasselbe geblieben: Unsere Systeme und Lösungen sollen die Produktivität und Effektivität unserer Kunden nachhaltig und messbar verbessern. Der Trend hin zu Industrie 4.0 führt zu neuen Bedürfnissen und Anforderungen, und da haben wir innovative Lösungen, welche unsere Kunden in Sachen Transparenz, Bedarfsoptimierung etc. mit entsprechenden Cloud-Lösungen unterstützen.
Wie nahe muss die Produktion von Verbindungsteilen am Kundensitz liegen?
Wir arbeiten mit Produktionspartner in der ganzen Welt zusammen. Die Distanz zwischen Produktion und unseren Kunden ist dabei kein Thema. Wir haben Systeme und Lösungen, mit denen wir den teilweise sehr erratischen Bedarf unserer Kunden ermitteln. Wir haben ein flexibles Beschaffungs¬netzwerk, das uns erlaubt, auf diese Schwankungen zu reagieren, sodass der Kunde zu jeder Zeit sicher sein kann, dass die Versorgung sichergestellt ist.
Wie viel Prozent des Bossard-Umsatzes entfallen denn auf Beratungs- und Service-Dienstleistungen?
Das sind Daten, die wir so nicht veröffentlichen. Aber unser Geschäftsmodell ist klar darauf ausgelegt, dass wir unseren Kunden nicht nur Produkte verkaufen, sondern sie beraten, wie sie ihre Produkte effizienter produzieren können, die Durchlaufzeiten reduzieren können und zu guter Letzt die ganzen Prozesskosten in der Ablauforganisation im Zusammenhang mit der Beschaffung und Logistik verringern können – und damit Einsparungen von 30% und mehr erreichen können.
Werden sich die wiedergewonnenen Wachstumsimpulse in Europa verstetigen?
Ich hoffe doch sehr, dass der Schwung im neuen Jahr anhält.
«China als Land hatte keinen Einbruch, sondern unterlag einer Wachstumsverlangsamung – allerdings, absolut gesehen, auf hohem Niveau.»
Ist der Einbruch in China auch Schnee von gestern?
China als Land hatte keinen Einbruch, sondern unterlag einer Wachstumsverlangsamung – allerdings, absolut gesehen, auf hohem Niveau. Für uns war China im Jahr 2016 ebenfalls davon geprägt. Wir hatten etliche Kunden, welche mit massgeblichen Umsatzrückgängen konfrontiert waren, welche wir aber glücklicherweise mit Neugeschäft kompensieren konnten; sodass wir per Saldo das Jahr mit einem kleinen Wachstum abschliessen konnten.
Man kann in der Bossard-Aktie auch einen Konjunkturindikator sehen. Lässt sich das 8,2%ige Umsatzwachstum in Europa im vierten Quartal so deuten, dass die europäische Wirtschaft bald wieder richtig rund läuft?
Die europäische Wirtschaft ist insgesamt nicht schlecht gelaufen und dies insbesondere in der zweiten Jahreshälfte. Die PMIs (Purchasing Manager Index) in den meisten Ländern zeigen Wachstum an. Dies sind gute Indikatoren, dass der Start ins neue Jahr positiv verläuft.
Ich nehme an, eine Einheitsaktie ist bei Bossard weiterhin kein Thema, zumal ja die die kleinen Publikumsaktionäre nicht schlechter als die Stimmrechtsaktionäre gestellt werden können?
Es bleibt bei der bestehenden Aktienstruktur und ja, Sie haben Recht, ein Fall Sika kann es bei Bossard nicht geben, denn die Familien Bossard-Grob haben seit jeher bewusst auf ein Opting-out verzichtet und damit eine Ungleichbehandlung für die Publikumsaktionäre ausgeschlossen.
Würde ein Nein zur Unternehmenssteuerreform III Bossard weh tun?
Wir würden die Attraktivität des Werkplatzes Schweiz vermindern, und es würden zwangsläufig Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Das schädigt unser Geschäft in der Schweiz. Dies gilt es zu verhindern. Ich denke, die Reform wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Denk- und Werkplatzes langfristig sichern. Die Angstmacherei, dass wir Milliarden an Steuerausfällen kreieren, welche der Mittelstand tragen müsste, ist verfehlt. Ich persönlich bin überzeugt, dass wir im Gegenteil das Steuersubstrat der juristischen Personen durch diese umsichtige Steuerpolitik wie in den vergangenen Jahren langfristig weiter steigern können.
Zum Gesprächspartner:
David Dean, geboren 1959, Schweizer Staatsbürger, ist seit 2005 CEO der Bossard Gruppe. Von 1998 bis 2004 war er deren CFO. Von 1992 bis 1997 war er Corporate Controller. Davor war er Controller und Geschäftsleitungsmitglied eines Logistikunternehmens. Von 1980 bis 1990 amtete David Dean als Wirtschaftsprüfer und –Berater bei PWC. Zudem ist er Mitglied des Verwaltungsrats der Komax AG in Dierikon, Agta Record AG in Fehraltorf, Trumpf AG in Baar und Mitglied des «Industry Executive Advisory Board» des «Executive MBA Supply Chain Management» an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. Dean hat einen Abschluss der Harvard University und des IMD/Lausanne.