David Sarasin, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth. (Foto: Bank Linth LLB)
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Sarasin, das erste Halbjahr verlief mit einer Steigerung des Bruttogewinns um 37% und einer Aufwandsreduktion um 5.5% sehr erfreulich. Wie sieht es für das zweite Halbjahr aus?
David Sarasin: Wir sind zufrieden, das zweite Halbjahr entwickelt sich nach unseren Erwartungen. Die bisherigen Anstrengungen für mehr Geschäftsertrag und geringeren Geschäftsaufwand führen wir auch im zweiten Semester 2014 konsequent weiter.
«Winterthur ist für uns ein echter Glücksfall. Das Team und der Standort sind ideal. Inzwischen erzielen wir einen wirklich beachtlichen Anteil unseres Wachstums in dieser Region.» David Sarasin, CEO Bank Linth
Die Übernahme der Bank Linth durch die Liechtensteinische Landesbank im 2007, nach einem harten Ringen gegen die Glarner Kantonalbank, und die anschliessende Finanz- und Wirtschaftskrise haben auch bei der Bank Linth Spuren hinterlassen. Wie würden Sie heute den Zustand der Bank beschreiben, was ist von der “alten Bank Linth” geblieben, welche neuen Entwicklungen sehen Sie?
Die Bank Linth und die LLB ergänzen sich optimal. Beide Banken bieten in ihren Marktgebieten jeweils vergleichbare Produktpalette an und sind im Kreditgeschäft etwa gleich gross. Wir als Bank Linth haben die Erfahrung von 166 Jahren im Privat- und Firmenkundengeschäft in einem hart umkämpften Gebiet und wir erhalten durch die Stärke der LLB im Anlagegeschäft einen mächtigen Motor, der uns in diesem Bereich kraftvoll voranbringt. Ich glaube also, dass wir gegenüber der Kundschaft die Bank Linth stärker profilieren konnten, während im Abwicklungsbereich die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe vertieft wurde.
Bei der Übernahme der Bank Linth durch die LLB gab es zahlreiche Befürchtungen, dass damit die Unabhängigkeit der Bank Linth verloren sei. Inzwischen wurden zahlreiche Funktionen sowie die IT zentralisiert bei der LLB. Wie unabhängig ist die Bank Linth heute?
Bereits vor langem hat sich die Bank Linth als «Vertriebsbank» aufgestellt, die gerade im Anlagebereich mit verschiedenen Anbietern arbeitet. Mit der LLB konnten wir diesen Weg weiterführen und haben gemeinsame Abwicklungszentren eingerichtet. Es ist klar, dass eine theoretische Loslösung von der LLB nicht von einem Tag auf den andern möglich wäre. Denn viele Bereiche im Back-Office beziehen wir von der Gruppe, am Markt aber können wir eigenständig operieren. Dass das bestens funktioniert, zeigt auch die Tatsache, dass wir schon im einen oder anderen Fall Anstösse geben konnten, dass die ganze LLB-Gruppe eine bei uns erprobte und bewährte Lösung übernimmt.
Wie andere Banken auch verzichtet die Bank Linth auf Retrozessionen, was die Unabhängigkeit der Berater fördert. Gleichzeitig ist die Vermögensverwaltung aber stark an die LLB gebunden, die auch ihre eigenen Produkte einbringt. Wie unabhängig sind Ihre Berater?
Es gibt keine Verpflichtung für uns, die Produkte der LLB besonders zu behandeln und wir haben auch keine finanziellen Anreize dazu. Wir sind aber sehr glücklich, dass LLB-Produkte zu den besten im Markt gehören.
«Einfachheit interpretieren wir ganz bewusst als Versprechen an unsere Kunden.»
Auf die Eröffnung der Niederlassung Winterthur im 2011 folgte die Schliessung einiger Standorte. Was bleibt von der ursprünglichen Wachstumsstrategie (“Crescendo”) und inwieweit hat sich die Expansion nach Winterthur bezahlt gemacht?
Winterthur ist für uns ein echter Glücksfall. Das Team und der Standort sind ideal. Inzwischen erzielen wir einen wirklich beachtlichen Anteil unseres Wachstums in dieser Region. Unsere Wachstumsstrategie mussten wir anpassen. Sie entstand in einer Zeit, als die Ertragsprognosen weit positiver waren, als sie sich dann tatsächlich entwickelt haben. Man muss aber sehen: Gerade dank der Region Winterthur können wir Volumen erzielen, um damit die Erträge zu halten oder gar leicht zu steigern. Einfach mit einem neuen Standort aber zu versuchen, den Erfolg von Winterthur zu kopieren, wäre töricht. Wachstum muss auch verkraftbar bleiben. Wir sind offen und prüfen Gelegenheiten. Wir sind nach wie vor an geografischem Wachstum interessiert, aber wir verfolgen das derzeit nicht aktiv. Wir haben keinen Druck.
Nicht nur junge Kunden setzen vermehrt auf Online Banking und benutzen ein Smartphone weitgehend als Filial-Ersatz. Ist das für eine kleinere Bank eher eine Chance, oder vernichten die Investitionen in die Technologie die Einsparungen im Filialnetz gleich wieder?
Die Frage Filiale oder Smartphone ist eigentlich falsch. Es heisst nämlich schon lange Filiale UND Smartphone. Nicht nur die Jungen haben sich für Standardbankgeschäfte an Technologie gewohnt. In der ganzen Branche stellt man fest, dass die Barbezüge am Schalter seit Jahren abnehmen. Das hat auch mit der 24/7-Erreichbarkeit zu tun. Ähnliches gilt fürs Mobile Banking: Kontoabfragen, Börsenaufträge oder Rechnungen mit der Scanfunktion bezahlen, können Bankkunden unabhängig von Zeit und Ort bequem per Handy erledigen. Geschäftsstellen bleiben aber wichtig. Zum einen nur schon für die Wahrnehmung der Marke. Zum andern aber für Beratungsgespräche bei anspruchsvolleren Themen. Obwohl auch diese Bastion bröckelt – wir bieten schon seit Jahren offiziell an, dass der Kunde die Beratung auch bei sich zu Hause machen kann, auch ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten.
«Wir haben inzwischen fast die Hälfte unserer Standorte modernisiert, stecken also mitten im Erneuerungsprozess.»
Bei den Investitionen zahlt es sich für uns sehr aus, dass wir zur LLB-Gruppe gehören. Zum Beispiel wäre die Entwicklung einer eigenen Mobile-Banking-Applikation für uns allein schwierig zu stemmen gewesen. Hier zeigt sich ganz konkret einer der grossen Verbundvorteile für eine Bank unserer Grösse.
Der Hauptsitz in Uznach ist architektonisch noch stark geprägt von einer “Schalterkultur” der Vergangenheit. Wie soll die Zukunft der Bank Linth aussehen, wo investieren Sie, wo wird abgebaut?
Wie bereits erwähnt, ist es immer mehr der Kunde, der entscheidet, ob, wann und wo er mit seiner Bank in Kontakt tritt. Es ist ein Fakt, dass Bargeldtransaktionen am Schalter an Bedeutung verlieren. Wir sind derzeit daran, auf diese Veränderungen einzugehen und werden dies in künftigen baulichen Erneuerungen berücksichtigen. Unser Hauptsitz muss zugegebenermassen noch mit seinem Retro-Charme punkten. Aber wir haben inzwischen fast die Hälfte unserer Standorte modernisiert, stecken also mitten im Erneuerungsprozess. Dieser geht weiter, speziell in Sargans, wo wir im nächsten Jahr eine «neue» Generation von Bank-Linth-Geschäftsstellen einläuten werden. Abgebaut haben wir hingegen bereits vor mehr als einem Jahr, als wir vier Standorte und das Schaltergeschäft in Erlenbach geschlossen haben.
Ihr Internet-Auftritt und das neue Mobile Banking strahlen eine frische Einfachheit aus. Wie weit ist diese Einfachheit auch schon in den Prozessen und der Kommunikation mit den Kunden umgesetzt?
Einfachheit interpretieren wir ganz bewusst als Versprechen an unsere Kunden. Das kann sogar bedeuten, dass wir bewusst interne Prozesse erweitern oder verkomplizieren, um damit das Kundenerlebnis schneller, bequemer oder verständlicher zu gestalten. Das zeigt sich zum Beispiel bei Beziehungseröffnungen. In 5 Minuten kann man Kunde der Bank Linth werden – das ist nur möglich, wenn intern die Prozesse entsprechend aufbereitet sind. Die Vereinfachung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen war aber ein rein externes Thema. Ausserdem optimieren wir natürlich auch interne Prozessen laufend, zum Beispiel im Kreditgeschäft. Dort profitiert der Kunde dann von kürzeren Wegen und schnellen Entscheidungen.
Im Steuerstreit mit den USA hat sich die Bank Linth in die Kategorie 2 eingeordnet. Eher erstaunlich für eine Regionalbank. Wie kam es dazu und welches weitere Vorgehen erwarten Sie?
Wir haben alle Aspekte sorgfältig geprüft und die Diskussion um die Auslegung des US-Steuer-Programms eingehend verfolgt. Wir haben uns dann im Einklang der Empfehlung der FINMA und nach dem Vorsichtsprinzip entschieden, am Programm teilzunehmen, und zwar in der Kategorie 2. Wir setzen nach wie vor auf einen Dialog mit den amerikanischen Behörden und auf eine definitive und abschliessende Regelung der Angelegenheit. Allerdings hatte das Auslandsgeschäft für uns als regional orientierte Bank Linth ja nie eine strategische Bedeutung. Wir sind mit den US-Behörden derzeit in Kontakt, zu diesem laufenden Prozess kann ich derzeit keine weiteren Details bekannt geben.
Die Zeit für akquisitorisches Wachstum könnte gerade in der noch anhaltenden Krisensituation und mit dem wachsenden Regulierungsaufwand interessant sein. Dank Ihrem börsenkotierten Mutterhaus haben Sie die Möglichkeit auch sehr schnell Kapital zu beschaffen. Wie sehen Ihre Pläne bezüglich Akquisitionen aus?
Ich habe es vorhin bereits angetönt: Wir halten die Augen für Akquisitionen offen. Hier ist unsere eigene Börsenkotierung sicher von Vorteil. Und es ist richtig, dass wir eine kapitalstarke Mehrheitsaktionärin haben. Aber die Gelegenheit muss «stimmen». Wenn sich etwas ergibt und die Bedingungen für alle Beteiligten in Ordnung gehen, würden wir uns sicher nicht verschliessen.
Teilzeit arbeitende Frauen und Arbeitende über 50 Jahre finden in der Schweiz, bei einem oft beklagten Fachkräftemangel, oft nur mit grossen Schwierigkeiten erfüllende Aufgaben. Wie beurteilen Sie die Dringlichkeit, hier etwas zu tun und gibt es bei der Bank Linth spezielle Möglichkeiten für diese beiden Gruppen?
Es ist wohl leider eine Tatsache, dass die Chancen auf eine angemessene Stelle ab Alter 50 sinken. Ich kann hier jedoch nur für unsere Bank sprechen und vielleicht als Beispiel die Geschäftsstelle Winterthur nennen. Von den damals rekrutierten drei Personen im «Kernteam» waren zwei älter als 50 Jahre. Erfahrung und Kompetenz sind uns wichtig, nicht unbedingt das Alter. Gerade in unserem Service Center und im Privatkundenbereich beschäftigen wir relativ viele Wiedereinsteigerinnen ins Berufsleben. Auch ohne Vollpensum übrigens. Für Teilzeitarbeitende bieten wir zwar keine besonderen Programme an, dennoch haben wir auch auf Führungsstufe Mitarbeitende mit Teilzeitpensum. Das ist nichts Aussergewöhnliches für uns.
Sie sind seit 2002 bei der Bank Linth, seit Mitte 2012 der CEO. Bezüglich Karriere haben Sie bei der Bank Linth die Spitze erreicht. Was sind Ihre nächsten Ziele?
Es stimmt, es sind inzwischen über 12 Jahre, seit ich hier angefangen habe. Aber im Banking ist in den vergangenen 12 Jahren so viel passiert, dass mir nie langweilig wurde. Ausserdem bin ich erst seit etwas mehr als zwei Jahren als Vorsitzender der Geschäftsleitung für die Geschicke der Bank Linth verantwortlich. Ich habe diese Funktion in der Absicht angetreten, die Bank zu bewegen und meine «Footprints» zu hinterlassen. Ich habe hoffentlich noch einige Zeit zur Verfügung, meine Ziele zu verwirklichen und die Bank Linth in die Zukunft zu führen. An spannenden Herausforderungen mangelt es der Bankenbranche ja bekanntlich nicht!
«Wir halten die Augen für Akquisitionen offen. Hier ist unsere eigene Börsenkotierung sicher von Vorteil.»
Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Mein erster Wunsch wäre, dass ich weiterhin mit Elan und Tatkraft die spannenden Herausforderungen der Zukunft anpacken und erfolgreich umsetzen kann. Gemeinsam mit meinem Team, das mich jetzt schon täglich motiviert und inspiriert.
Den zweiten Wunsch würde ich für die Schweiz einsetzen. Dass wir alle uns wieder auf unsere Stärken besinnen könnten und politisch wieder mehr eine Miteinander-Kultur herrschen würde.
Der Gesprächspartner:
Dr. David B. Sarasin, CEO Bank Linth, Schweizer, Jahrgang 1967. Er studierte Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen HSG. Nach dem Lizentiat arbeitete er drei Jahre als Assistent von Prof. Dr. Bruno Gehrig am Institut für Bankwirtschaft an der Universität St. Gallen HSG und promovierte während dieser Zeit zum Dr. oec. HSG. Anschliessend folgten drei Jahre im Firmenkundengeschäft einer Schweizer Grossbank. Weitere vier Jahre war David Sarasin in der Unternehmensberatung mit Schwergewicht Finanzinstitute tätig, bevor er auf den 1. April 2002 in die Geschäftsleitung der Bank Linth berufen wurde. Seither zeichnete er für das Ressort Privat- und Firmenkunden verantwortlich. Auf den 01. Juli 2012 ernannte ihn der Verwaltungsrat der Bank zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung. David Sarasin ist Absolvent des Advanced Executive Programs der Swiss Banking School sowie des Stanford Executive Programs (SEP) an der Stanford Graduate School of Business.
Das Unternehmen:
Die Bank Linth bietet ihren Privat- und Firmenkunden das umfassende Angebot einer modernen Universalbank. Die Bank Linth betreut ihre Kunden an insgesamt 19 Standorten zwischen Winterthur und Bad Ragaz. www.banklinth.ch