Dominique Kasper, Leiter Gesundheitsvorsorge AXA Winterthur, im Interview

Dominique Kasper, Leiter Gesundheitsvorsorge AXA. (Bild: zVg)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Kasper, zehn Jahre nach dem Verkauf von Wincare an die Sanitas will die AXA Winterthur wieder zurück in den Gesundheitsmarkt. Was hat den Strategiewechsel ausgelöst?

Dominique Kasper: Wir sehen das nicht als einen Wiedereinstieg. Man muss sich vor Augen führen, wie sich das ganze Umfeld in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Dank den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten kann die AXA neue Produkte und Services auf den Markt bringen, die damals unmöglich gewesen wären. Zudem hat auch seitens AXA Gruppe ein Strategiewechsel stattgefunden, bei der das Thema Gesundheit an Bedeutung gewinnt.

Wie wollen Sie in diesem umkämpften Markt erfolgreich sein?

Mit unserer langjährigen Erfahrung im Versicherungsgeschäft, dem grössten Beratungsnetz der Schweiz sowie dem umfangreichen Know-how im Krankenversicherungsgeschäft der AXA Gruppe sind wir gut aufgestellt. Konkret werden wir uns aber darin unterscheiden, dass wir einen unkomplizierten Service bieten und unseren Kunden einen grossen Teil des administrativen Aufwands abnehmen.

«Nebst unserem konkurrenzfähigen Angebot an Zusatzversicherungen übernehmen wir für unsere Versicherten jährlich den unabhängigen Vergleich und Wechsel in der Grundversicherung.» Dominique Kasper, Leiter Gesundheitsvorsorge AXA Winterthur

Nebst unserem konkurrenzfähigen Angebot an Zusatzversicherungen übernehmen wir für unsere Versicherten jährlich den unabhängigen Vergleich und Wechsel in der Grundversicherung. Dadurch können sie jedes Jahr viel Kosten einsparen, ohne administrative Nachteile zu befürchten. Denn sämtliche Arztrechnungen können sie digital bei uns einreichen – wir kümmern uns anschliessend um die Aufteilung zwischen Grund- und Zusatzversicherung.

Welche konkreten Ziele haben Sie bezüglich Umsatz, Marktanteil und Wachstum mit dem neuen Geschäftsbereich?

Vorerst wollen wir in erster Linie Fuss fassen im Gesundheitsmarkt. Unser Ziel bis 2020 ist es, rund 100’000 Kundinnen und Kunden zu versichern und innerhalb von 10 Jahren einen Marktanteil von über 5% zu erreichen im Bereich der Kranken-Zusatzversicherungen.

In anderen Ländern ist die AXA schon als Krankenkassen-Anbieterin tätig. In welcher Form können Sie davon profitieren?

Die AXA zählt weltweit zu den grössten Anbietern im Gesundheitsmarkt. Natürlich können wir als Teil dieser Gruppe vom Know-how und den Erfahrungen anderer AXA Ländereinheiten profitieren und darauf aufbauen. Das Geschäft ist aber auch durch nationale Gesundheitssysteme und Gesetzgebungen geprägt. Wir können also nicht einfach Anwendungen übernehmen, sondern müssen vor allem die lokalen Begebenheiten berücksichtigen.

«Unser Ziel bis 2020 ist es, rund 100’000 Kundinnen und Kunden zu versichern.»

Sie wollen mit den Zusatzversicherungen vor allem junge Berufstätige und Familien ansprechen. Welche Produkte stehen dazu im Vordergrund, was werden Sie nicht anbieten?

Im Bereich der Zusatzversicherungen stehen die gängigen Produkte im stationären und ambulanten Bereich wie Alternativmedizin, Spitalversicherungen und Zahnversicherungen im Vordergrund. Eine Grundversicherung bieten wir nicht an, unterstützen unsere Kunden aber wie bereits erwähnt beim Wechsel der Grundversicherung und der Abwicklung ihrer Rechnungen. Um unabhängig beraten zu können, nehmen wir im Bereich der Grundversicherung keinen Provisionen entgegen.

Social Media und die Meinung von Freunden, Kolleginnen und Peers spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Entscheidungsfindung, gerade bei Ihrem Zielpublikum, den Jungen. Was heisst das für den neuen Markteintritt der AXA Winterthur, wie beeinflusst das die Marketingstrategie?

Für die Entwicklung unseres Gesundheitsangebots haben wir ein Setup gewählt, das ähnlich ist wie bei einem Startup. Innerhalb nur eines Jahres haben wir in einem dedizierten Team komplett agil und weitgehend unabhängig von der restlichen AXA entwickelt.

«An erster Stelle stehen aber unsere Beraterinnen und Berater, die in unserem bestehenden Kundennetz auf das neue Angebot aufmerksam machen.»

Das Feedback der Kunden ist dabei laufend eingeflossen. Alleine für unsere Online-Beratungs- und Verkaufsplattform haben wir rund 350 potenzielle Kunden befragt. Auch bei der Vermarktung wollen wir nahe bei unseren Kunden bleiben, was die Präsenz auf Social Media selbstverständlich einschliesst. An erster Stelle stehen aber unsere Beraterinnen und Berater, die in unserem bestehenden Kundennetz auf das neue Angebot aufmerksam machen und so stets Feedback unserer Kunden erhalten. Dieses wird entscheidend sein für die Weiterentwicklung unserer Produkte und Services.

So genannte InsurTechs, Startups, die vor allem mit digitalen Angeboten Versicherungskunden gewinnen wollen, machen momentan vor allem den Brokern das Leben schwer. AXA fördert Startups unter anderem mit einem eigenen Fonds. Sind Startups aus Ihrer Sicht eher eine Bedrohung oder Chance für traditionelle Versicherer?

Wir sehen Startups klar als Chance. Natürlich müssen wir den Markt beobachten, doch Startups bieten viele Möglichkeiten – auch für uns Versicherer. Sie können schneller arbeiten, etwas ausprobieren, vielleicht auch mal scheitern und daraus Lehren ziehen. Aus diesem Grund suchen wir auch die Zusammenarbeit mit ihnen. Bei der Entwicklung unseres Gesundheitsangebots hat sich gezeigt, dass wir von der Arbeitsweise vieler Startups lernen können.

«Wir sehen Startups klar als Chance.»

Die Digitalisierung verschont auch die Versicherungsunternehmen nicht, auch wenn man von aussen noch keine gesteigerte Hektik wahrnimmt. Für Kunden ist es noch immer nicht möglich, alle Policen selbst in einer App digital zu managen. Wie weit ist die AXA bei der digitalen Transformation und wann profitieren die Kunden davon?

Ich kann nur für den Bereich Gesundheitsvorsorge der AXA sprechen. Hier sind wir per Markteintritt schon sehr weit. Die gesamte Auswahl der Produkte, die Erfassung der Kundendaten und der Abschluss erfolgen digital durch unsere AXA Berater auf unserer Online-Plattform. Im Verlaufe des dritten Quartals 2017 können Kunden die Produkte auch online selbst abschliessen. Die Korrespondenz erfolgt praktisch ausschliesslich elektronisch, um es den Kunden einfacher zu machen und den Papierverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. Selbstverständlich ist auch nach Markteintritt diesen Sommer noch viel Weiterentwicklung möglich – wir wollen uns ständig verbessern und einfacher werden für unsere Kunden.

Ein grosses Thema der digitalen Transformation ist nebst der disruptiven Kraft die Innovation. Nach aussen ist das Versicherungsgeschäft seit Jahrzehnten im Kern unverändert. Wie gross ist das Innovationspotential der Versicherungsindustrie, wo orten Sie Entwicklungen, welche das Geschäft fundamental verändern werden?

Ich persönlich bin der Ansicht, dass sich der Kern des Versicherungsgeschäfts nicht verändern wird. Der Kunde versichert sich oder einen Wert gegen einen Schaden oder ein Risiko. Für mich stellt sich vielmehr die Frage, wie der Kunde das in Zukunft macht. Als AXA wollen wir den Kunden Mehrwert bieten über die reine Versicherungsdeckung hinaus.

Im Gesundheitsbereich im Spezifischen sehe ich grosse Chancen in der Digitalisierung. Apps, die mich begleiten, Konsultation via Video und Foto, neue Techniken in der Behandlung – die Möglichkeiten sind fast unbeschränkt. Letztlich bleibt das Bedürfnis unverändert. Menschen werden krank und wollen wieder gesund werden. Dafür brauchen sie einen Partner, der sie unterstützt, begleitet und versichert.

Wenn Sie morgen mit unbeschränkten Mitteln ein Start-up gründen könnten, was würde dieses anbieten, welches Problem würden Sie lösen?

Eine schwierige Frage, denn für mich gehört zu einem Startup immer auch eine zündende Idee, eine Vision. Und wenn ich diese bereits gehabt hätte, wäre ich vielleicht nicht mehr bei der AXA tätig (lacht). Ich beschäftige mich nun seit einem Jahr intensiv mit dem Gesundheitswesen und sehe sehr viele spannende Aspekte in diesem Bereich.

«Im Gesundheitsbereich im Spezifischen sehe ich grosse Chancen in der Digitalisierung.»

So ist es beispielsweise für meine Frau und mich immer eine grosse Herausforderung, wenn eines unserer drei Kinder krank ist. Dann müssen wir Arzttermine koordinieren, Medikamente in der Apotheke beschaffen und die Betreuung der Geschwister sicherstellen. Es wäre sicherlich spannend, sich mit einem Startup als eine Art «Gesundheitsbutler» der Lösung dieses Problems zu widmen, das viele Familien umtreibt.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Beruflich wünsche ich mir, dass wir mit der Gesundheitsvorsorge der AXA erfolgreich starten und über die nächsten Monate und Jahre hinweg unsere Kunden laufend mit einfachen Services bedienen können.

Und persönlich wünsche ich mir, dass meine Familie und ich gesund bleiben und, sollten wir mal krank werden, möglichst schnell wieder gesund werden.

Der Gesprächspartner:
Dominique Kasper, Jahrgang 1971, verheiratet und Vater von 3 Kindern.

Berufserfahrung:

Aus- und Weiterbildung:

Das Unternehmen:
Rund zwei Millionen Kunden vertrauen der AXA Winterthur. Sie setzen auf ihre Erfahrung und Beratung in der Personen-, Sach-, Haftpflicht- und Lebensversicherung sowie der beruflichen Vorsorge. Der führende Schweizer Versicherer ist ein dynamisches Unternehmen mit einer ambitionierten Vision: den Kunden Freiräume über die finanzielle Sicherheit hinaus schaffen und so ein unbeschwertes Leben ermöglichen – mit einfachen, digitalen Prozessen und innovativen Produkten und Dienstleistungen rund um wichtige Lebensbereiche wie Mobilität, Wohnen oder Unternehmertum. Dafür setzen sich die rund 4000 Mitarbeitenden sowie die 2500 Kolleginnen und Kollegen in den 276 Generalagenturen und Agenturen Tag für Tag ein. Die AXA Winterthur gehört zur AXA Gruppe und erzielte 2016 ein Geschäftsvolumen von CHF 11 Mia.

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