Dominique Locher, CEO LeShop.ch, im Interview.

Dominique Locher, CEO LeShop.ch, im Interview.
Der ehemalige LeShop.ch-CEO Dominique Locher investiert in Farmy.ch.

Dominique Locher, CEO LeShop.ch. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Locher, LeShop.ch hat 2015 den Umsatz das dritte Jahr in Folge steigern können – um 6,6 % auf 176 Mio Franken. Gerade in Anbetracht der verhaltenen Stimmung im Schweizer Detailhandel, der Frankenstärke und dem erneut massiven Anstieg des Einkaufstourismus dürften Sie zufrieden sein.

Dominique Locher: Zufriedenheit ist in einem Entwicklungsmarkt ein gefährliches Terrain. Es freut mich aber, dass wir zum dritten Mal in Folge deutlich gewachsen sind. Die Decke ist aber bei weitem noch nicht erreicht, wir können und werden weiter wachsen. Die Credit Suisse prognostizierte eine Verdoppelung des Online-Anteils am Schweizer Lebensmittelhandel von heute 1,7 auf 3,5 Prozent. Und wir sehen eine stark wachsende Nachfrage nach Convenience, wie sie nach Hause oder in den Kofferraum gelieferte Einkäufe bieten oder eine Abholung an einem pickMup.

Das Wachstum war unter anderem angetrieben von Bestellungen über Smartphone oder Tablets. Welchen Anteil haben die Bestellungen ab mobilen Geräten mittlerweile?

Mehr als 40 Prozent der LeShop.ch-Einkäufe kommen von mobilen Geräten. Wir beobachten, dass viele Kunden mehrere Geräte nutzen: Mit dem Smartphone oder Tablet bestellen sie vor dem Kühlschrank, und von unterwegs fügen sie spontan Artikel hinzu und komplettieren mit dem PC-getätigte Bestellungen, die z.B. am Arbeitsplatz vorgenommen werden. Diese Rundum-Verfügbarkeit bzw. der 24/24h, 7/7Tage geöffnete Supermarkt treibt die Verkäufe an.

Das Wachstum im Mobile-Bereich dürfte sich fortsetzen. Wie gedenken Sie das Nutzererlebnis von LeShop.ch weiterzuentwickeln – gerade für die Zugriffe ab Smartphones und Tablets?

Es geht um Tempo und Verfügbarkeit. Die Anwendung muss nutzerzentriert sein, das heisst: Unsere Kunden sollen in ihrer eigenen Umgebung – unabhängig von Zeit, Ort, Gerät oder Netzabdeckung – Informationen und Inspirationen finden und Kaufentscheidungen treffen können.

Verzichten Sie absichtlich auf eine Personalisierung im Sinne von Hinweisen auf Alternativ- oder Zusatzprodukte, Rezepten zu den bestellten Produkten oder auch eine personalisierte Kommunikation über die mobilen Geräte, oder kämpfen Sie da noch mit den Tücken der Technik?

Lassen Sie sich überraschen. (lacht)

«Unsere Kunden sollen in ihrer eigenen Umgebung – unabhängig von Zeit, Ort, Gerät oder Netzabdeckung – Informationen und Inspirationen finden und Kaufentscheidungen treffen können.»
Dominique Locher, CEO LeShop.ch

LeShop.ch hat 2015 die Servicedienstleistungen ausgebaut und ein neues Abholkonzept getestet. Wie funktioniert PickMup und wie hat sich der Service entwickelt?

Die Kunden bestellen ihre Einkäufe wie gewohnt im Internet und holen sie fertig verpackt bei einer PickMup-Stelle ab: Im Pilotbetrieb sind dies elf Standorte in migrolinos, MM und MMM-Einkaufszentren oder sogar in einem Fitnesscenter. Wir sammeln zurzeit Erfahrungen mit den Piloten. Der Service hat ein riesiges Potenzial: Das Netz aus migrolinos, MM und MMM-Einkaufszentren ist weit verzweigt.

Welche weiteren Cross Channel-Initiativen mit der Migros sind angedacht?

Die Migros-Gruppe als Ganze macht heute einen Online-Umsatz von weit über einer Milliarde Franken und ist damit Schweizer Marktführerin. Aber unsere Mitbewerber im In- und Ausland arbeiten gut, denn auch sie haben die Wichtigkeit und Relevanz dieses Zukunftskanales erkannt. Wir haben uns eine konsequente Vernetzung der Kanäle vom Verkaufspunkt über die Online-Bestellung bis zur Lieferung bzw. Abholung auf die Fahnen geschrieben.

In Ihrer Medienmitteilung äussern Sie sich relativ verhalten zum Geschäftsverlauf bei LeShop.ch DRIVE mit den Abholzentren in Studen (BE) und Staufen (AG). Wie wird das Konzept weiterentwickelt?

Die DRIVEs sind im Pilotbetrieb – und die Resultate entwickeln sich gut: Die beiden DRIVEs haben ebenfalls zum Umsatzwachstum beigetragen. Das 2. Abholcenter in Staufen liegt gemessen am Umsatz im ersten Betriebsjahr sogar rund einen Drittel über jenem in Studen bei Biel in derselben Periode. Der 1. Standort hat sich im 3. Betriebsjahr deutlich zweistellig entwickelt.

» Je nahtloser wir Online- und Offline-Angebote verknüpfen, desto treuer die Kunden.»

LeShop.ch hat seine Lieferzeiten angepasst. Was ist für die Kunden wichtiger: Eine schnellstmögliche Lieferung oder ein möglichst enges Zeitfenster?

Die Kombination von beidem. Es kommt auf den Typ des Einkaufs und die individuelle Kundensituation an: Steht ein schwerer Wocheneinkauf an oder ein spontaner Einkauf für das Nachtessen am nächsten Tag? Der Clue ist, dass der Kunde wählen kann. Wenn er die verschiedenen Kanäle kombiniert – nicht nur online und offline, sondern auch in er virtuellen Welt (mobile-pc-heimlieferung-abholung), wird er uns treuer und kauft bei uns dadurch mehr ein. Das zeigen unsere Erhebungen. Je nahtloser wir Online- und Offline-Angebote verknüpfen, desto treuer die Kunden. Wer den Einkauf im Laden, die Heimlieferung und Abholservices kombiniert nutzt, kauft mehr als doppelt so viel ein wie der klassische Ladenkunde.

Im europäischen Vergleich ist der Schweizer Online-Handel mit einem 1,7-%-Anteil an den gesamten Lebensmitteleinkäufen zwar relativ erfolgreich, im Vergleich zum stationären Handel ist aber noch viel Potenzial vorhanden. Würden Sie die Schweizer beim Online-Lebensmittelkauf nun als eher fortschrittlich oder doch eher zurückhaltend bezeichnen?

Mit Service und Angebot sind wir vorne mit dabei. Beim Volumen gibt es noch viel Luft nach oben – in den nächsten Jahren wird sich viel tun. Weil Tablets und Smartphones mittlerweile in der ganzen Bevölkerung und allen Altersklassen verbreitet sind und weil die Logistik immer feiner wird, wächst auch der E-Commerce. E-Commerce von Lebensmitteln wird zum Alltag und wird zukünftig so selbstverständlich nach Hause geliefert, wie heute das fliessende Wasser im Wasserhahn.

«Je grösser Grundsätzlich das Angebot aber ist, desto schneller wird diese einfache Art des Einkaufens demokratisiert.»

Sie haben es angesprochen: Die Credit Suisse erwartet einen Verdoppelung des Online-Anteils auf 3,5 % bis 2020. Gleichzeitig drängen immer mehr Anbieter in den Markt. Wie wollen Sie die führende Stellung von LeShop.ch im Schweizer Lebensmittel-Onlinehandel verteidigen?

Je mehr Anbieter in den Markt treten, desto besser für uns – es hat bei 98% „Offline-Anteil“ noch genügend Platz. Je grösser Grundsätzlich das Angebot aber ist, desto schneller wird diese einfache Art des Einkaufens demokratisiert. Wir arbeiten aber ständig an neuen Services und Ideen – von Bestellung bis Auslieferung. Als Online-Tochter der Migros haben wir zudem zwei Vorteile: Wir sind schnell und flexibel bei unseren Neuentwicklungen und haben dank des Migros-Genossenschafts-Bundes eine solides Fundament. Nicht zuletzt haben wir als Online-Supermarkt-Pioniere mehr als 15 Jahre Erfahrung gesammelt. Wir sind also bestens gewappnet.

Die Investitionen in den Online-Handel in der Schweiz sind hoch, das Marktvolumen jedoch ist begrenzt. Wie lässt sich dieser Nachteil gegenüber ausländischer Konkurrenz, für die die Schweiz ein Markt von vielen ist, ausgleichen?

Wir haben einige Trümpfe: Ein riesiges Sortiment mit beliebten Migros-Produkten, ergänzt durch Markenartikeln, Wein und Genussmittel. Indem wir On- und Offline weiter vernetzen, können wir Nähe und Service bieten – mit einem riesigen Netz aus Migros-Filialen.

Herr Locher, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Seit Oktober 2013 ist Dominique Locher (1969) CEO von LeShop.ch. Vorher war er als Marketing- und Verkaufsdirektor für die Kundengewinnung und –bindung, die PR und Kundenkommunikation, die Sortiments- und Preisgestaltung sowie die Kontakte zu den Herstellern von Markenartikeln verantwortlich. Vorübergehend zeichnete er in Doppelfunktion für die gesamte Logistik verantwortlich, wobei er den Aufbau des Logistikzentrums Bremgarten organisierte und leitete. Zusätzlich zu seiner Position als CEO nimmt Dominique Locher weiterhin seine bisherigen Aufgaben als Marketing- & Verkaufschef wahr und leitetdie Firma zusammen mit Herrn Sacha Herrmann als COO (der zusätzlich zu seinem bisherigen Aufgabenbereich als Finanzdirektor und Personalleiter neu die Bereiche Logistik und IT leitet) als Führungsduo.

Bevor er im August 2000 zu LeShop.ch kam war Dominique Locher als Nestlé Group Brand Manager für die Marken Nescafé, Milo, Perrier und Vittel in Sri Lanka tätig. Als National Key Account Manager bei Nestlé Schweiz betreute er Grosskunden wie Coop, Spar usw. Locher verfügt über einen Master in BWL (Lic. Oec. HSG) der Universität St. Gallen. Er spricht Deutsch, Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch. Er ist verheiratet und stolzer Vater zweier Kinder.

LeShop.ch

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