Egon Gsponer, CEO BVZ Holding, im Interview

Egon Gsponer, CEO BVZ Holding, im Interview
BVZ-CEO Egon Gsponer. (Foto: BVZ)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Gsponer, Sie haben im Oktober 2024 die Leitung der BVZ-Gruppe und der Matterhorn Gotthard Bahn übernommen. Wie blicken Sie auf die ersten Monate im Amt zurück?

Egon Gsponer: Ich blicke zufrieden auf das erste halbe Jahr zurück. Es war und ist eine sehr intensive Zeit. Mein grosser Vorteil war, dass ich bei einem sehr gut aufgestellten Unternehmen die CEO-Position übernehmen durfte. Da ich selbst schon lange Bestandteil davon bin, ist mir zudem natürlich vieles sehr vertraut. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, zu Beginn vor allem erst einmal eines zu tun – zuhören. Zuhören, was die Mitarbeitenden beschäftigt, wo Veränderungen gewünscht und sinnvoll sind oder was genau so bleiben soll, wie es ist. Daneben war es wichtig, die für uns zentralen Gremien und Partner kennenzulernen, bei denen ich unser Unternehmen in meiner neuen Funktion vertreten und repräsentieren darf.

Gleichzeitig habe ich schon erste eigene Akzente setzen können. Mir ist die Nähe zu den Mitarbeitenden sehr wichtig. Ich wünsche mir einen konstruktiv-kritischen und vertrauensvollen Austausch auf Augenhöhe. Ein kleines, jedoch für mich durchaus bedeutendes Element ist dabei das «Du», weshalb ich direkt ganz offizielle die «Du»-Kultur eingeführt habe. Das kann helfen, Hemmschwellen abzubauen.

Ihr Büro ist in Brig, Ihre Mitarbeitenden sind an vielen Standorten im Wallis, im Kanton Uri oder in Graubünden unterwegs. Wie stellen Sie die Nähe zu den Mitarbeitenden sicher?

Der Austausch mit den Mitarbeitenden vor Ort ist ein wichtiges Element meiner Führungstätigkeit, macht Freude, erzeugt Vertrauen und Nähe und ist unglaublich wertvoll für die eigenen Arbeit. Darum habe ich gleich am ersten Tag als CEO eine Live-Schaltung mit den Mitarbeitenden gehabt, in denen ich zwar kurz meine Vorstellungen skizziert und mich vorgestellt habe, der grösste Teil der Zeit aber damit verbracht habe, Fragen zu beantworten – sowohl zur Arbeit als auch zu mir und über mich als Privatmensch.

Und natürlich werde ich auch in der Fläche präsent sein. Dafür habe mir zum Ziel gesetzt, mindestens einen Tag pro Monat in den Regionen zu verbringen, mich mit den Menschen vor Ort auszutauschen und zu schauen, was funktioniert und wo der Schuh drückt. Bislang habe ich das gut hinbekommen.

Ihr Amtsantritt erfolgte nur wenige Monate nach den schweren Unwettern im Wallis. Welche Spuren haben diese im Jahresergebnissen 2024 hinterlassen?

Hier gilt es zu differenzieren – der abgeltungsberechtige, von der öffentlichen Hand beauftragte öV-Bereich der Matterhorn Gotthard Bahn wurde durch die Unwetter stark belastet. Dies insbesondere aufgrund des mehrwöchigen Ausfalls der Bahnstrecke zwischen Visp und Zermatt, welche stark beschädigt wurde. Allein der Bahnersatz mit Bussen hat mehrere Millionen Franken gekostet. Alles in allem hat sich das Ergebnis in diesem Bereich um CHF 8.3 Mio. gegenüber dem Vorjahr verschlechtert und wir mussten für das Jahr 2024 einen Verlust von einer Million Franken ausweisen.

In den privatwirtschaftlichen Segmenten mit der Gornergrat Bahn, dem Glacier Express, den Immobilien und Beteiligungen konnten wir hingegen Rekordwerte erzielen. Allein aus diesen Geschäftsfeldern resultiert die Dividende, die wir an die Aktionärinnen und Aktionäre ausschütten. Aufgrund des Erfolges in den privaten Teilen hat der Verwaltungsrat der Generalversammlung daher auch eine Erhöhung der Dividende um 2 auf 18 Franken vorgeschlagen.

«In den privatwirtschaftlichen Segmenten mit der Gornergrat Bahn, dem Glacier Express, den Immobilien und Beteiligungen konnten wir Rekordwerte erzielen.»
Egon Gsponer, CEO BVZ Holding

808‘682 Menschen reisten 2024 von Zermatt aus auf den Gornergrat. (Foto: BVZ Holding)

Die Strecke der Matterhorn Gotthard Bahn zwischen Visp und Täsch war über zwei Monate lang gesperrt. Wie stark war das Unternehmen gefordert, Ersatz bereitzustellen und gleichzeitig die Schäden zu beheben?

Zunächst waren wir froh, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind. Als nächstes lag unsere Aufmerksamkeit darauf, einerseits schnellstmöglich den Bahnersatz einzurichten und andererseits einen Überblick über das Ausmass der Schäden zu erhalten. Und das Ausmass war enorm – sowohl mit Blick auf die Schäden als auch auf deren örtliche Ausbreitung. Nach der Bestandsaufnahme wurde dann unmittelbar mit der Instandsetzung begonnen. Dem Einsatz unserer Mitarbeitenden und Partner ist es zu verdanken, dass Zermatt durchgehend per Bahnersatz erreichbar blieb und die Bahnstrecke in Anbetracht des Schadensausmasses relativ schnell wieder verfügbar war. Und ja, das hat uns alle und über alle Bereiche hinweg sehr stark gefordert.

Dennoch konnte im vergangenen Jahr ein Umsatzrekord erzielt werden und wie im Vorjahr wurden auf dem Streckennetz der MGBahn, des Gornergrats und mit dem Glacier Express über 10 Millionen Reisende befördert. Bei welchen Touristengruppen waren die Hotspots besonders beliebt?

Neben dem weiterhin sehr soliden Heimmarkt Schweiz mit einem Gästeanteil von knapp 40 Prozent setzte sich 2024 insbesondere der Reiseboom bei den US-Amerikanerinnen und Amerikaner fort. Diese sind mittlerweile noch vor den Deutschen mit einem Anteil von mehr als 10 Prozent die wichtigste ausländische Gruppe. In Europa bleiben Deutschland und Grossbritannien unsere wichtigsten Quellmärkte, trotz einer teilweise schwierigen wirtschaftlichen Situation in diesen Ländern. Aus den asiatischen Märkten verzeichneten – nach der Pandemie – nun auch Japan sowie China und hier massgeblich Taiwan erfreuliche Zuwächse.

«Neben dem weiterhin sehr soliden Heimmarkt Schweiz mit einem Gästeanteil von knapp 40 Prozent setzte sich 2024 insbesondere der Reiseboom bei den US-Amerikanerinnen und Amerikaner fort.»

Fürchten Sie die geopolitischen Spannungen und möglichen wirtschaftlichen Verwerfungen Einbussen?

Die Aussichten für den Tourismus in der Schweiz bleiben auch für das kommende Jahr positiv. Zwar präsentiert sich das Bild bei den im Sommer wichtigen Fernmärkten wie den USA und Asien nicht mehr ganz so optimistisch wie in früheren Jahren, dafür gehen verschiedene Prognosen davon aus, dass die Inlandnachfrage und auch die europäische Nachfrage im 2025 wieder leicht steigen werden.

Was natürlich nur sehr eingeschränkt vorhergesagt werden kann, sind mögliche negative Effekte infolge von Wetterkariolen, ungünstigen Wechselkursen, plötzlichen Finanz- und Wirtschaftskrisen oder Kriegen. Hier gilt es, die Lage immer genau im Auge zu behalten und flexibel reagieren zu können. Ein grosser Vorteil in solchen Situationen ist für uns sicher unsere Diversifizierung über vier strategische Geschäftsfelder und unsere sehr solide Finanzkraft.

Im Immobiliengeschäft konnten die Mieterträge um 5 Prozent auf 5,6 Millionen Franken gesteigert werden. Welche Bedeutung hat das Geschäft für BVZ?

Das Geschäftsfeld Immobilien ist zwar ein recht kleines, aber gleichwohl immer wichtiger werdendes stabiles Standbein neben dem volatilen Tourismusgeschäft. Die Aussichten für die zukünftige Entwicklung des Immobiliengeschäfts sind vielversprechend. Unsere Strategie ist es, das Geschäft entlang unserer Bahnstrecke weiterzuentwickeln, mit einem besonderen Blick darauf, in Bahnhofsnähe bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig eine gute Rendite zu erzielen.

Welche neuen Immobilienprojekte haben Sie in der Pipeline?

Besonders hervorzuheben sind die neuen Projekte in Zermatt und Andermatt, die sich in attraktiven Lagen befinden und eine hohe Nachfrage versprechen. In Zermatt sollen in den kommenden Jahren 70, in Andermatt 48 neue Mietwohnungen in verschiedenen Grössen zu marktgerechten Mietpreisen entstehen.

Als Infrastrukturchef haben Sie das nächste Generationenprojekt der MGBahn aufgegleist, den Mattertal Tunnel. Welche Bedeutung hat das Projekt für das Unternehmen?

Der Mattertal Tunnel ist nicht nur für uns, sondern für die gesamte Region rund um die Tourismusdestination Zermatt von enormer Bedeutung. Zermatt wird 365 Tage sicher mit dem ÖV erschlossen, da die Strecke durch den Tunnel vor Naturgefahren geschützt sein wird. Und der Tunnel ermöglicht uns den Ausbau des Angebots, da wir zwischen Täsch und Zermatt künftig einen Viertelstundentakt fahren können. Mit einem Volumen von rund 460 Millionen Franken +/- 20 Prozent ist es das grösste Infrastrukturvorhaben in der Geschichte der Matterhorn Gotthard Bahn. Finanziert wird der Tunnel durch das Bundesamt für Verkehr.

«Zermatt wird 365 Tage sicher mit dem ÖV erschlossen, da die Strecke durch den Mattertal Tunnel vor Naturgefahren geschützt sein wird. Und der Tunnel ermöglicht uns den Ausbau des Angebots, da wir zwischen Täsch und Zermatt künftig einen Viertelstundentakt fahren können.»

Wie sieht der Zeitplan aus?

Aktuell wird das Auflageprojekt erarbeitet und das Dossier soll anfangs 2026 beim Bundesamt für Verkehr eingereicht, und das Plangenehmigungsverfahren damit gestartet werden. Der Baustart ist für 2028 vorgesehen und die Inbetriebnahme des Mattertal Tunnels soll im Jahr 2035 erfolgen.

Der Mattertal Tunnel bringt eine sichere, 365 Tage im Jahr verfügbare Bahnstrecke. Dennoch – die Unwetter 2024 haben gezeigt, dass die Natur nicht beherrschbar ist. Der Klimawandel und der zurückgehende Permafrost verschärfen die Situation zusätzlich. Für die BVZ-Gruppe ist der sorgsame Umgang mit der alpinen Bergwelt Verpflichtung. Wie schlägt sich das in der neuen Strategieperiode 2025-2028 nieder?

Die Unwägbarkeiten der Natur und das aktive Management der Naturgefahren sind eine stete Herausforderung für eine Gebirgsbahn. Die intakte Natur in der imposanten und einzigartigen alpinen Bergwelt ist gleichzeitig unser stärkstes Verkaufsargument. Insofern liegt ein sorgsamer Umgang mit Natur und Umwelt in unserem Eigeninteresse. Wir gehen jedoch noch weiter. Wir wollen die «werthaltige Unternehmenskultur» zu einem Teil unserer DNA entwickeln. Daher haben wir ein sogenanntes ESG-Konzept – ESG steht für Environmental, Social und Governance – erarbeitet, in dem die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung gleichwertig nebeneinanderstehen und zusammenwirken.

Diese werthaltige Unternehmenskultur haben wir in unsere Strategie als eine von fünf zu fokussierenden Ambitionen integriert, aus der sich wiederum drei strategische Zielsetzungen ableiten: Wir erzielen messbare Fortschritte entlang aller drei Dimensionen des ESG-Modells – unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses – und kommunizieren diese proaktiv. Wir bieten moderne Arbeitsbedingungen sowie ein flexibles und sicheres Arbeitsumfeld und werden als verantwortungsbewusste und attraktive Arbeitgeberin wahrgenommen. Wir fördern und festigen die interne Zusammenarbeit und strategiebezogene Innovationen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert