Erik Neumann, CEO Richmond Events AG, im Interview

Erik Neumann, CEO Richmond Events. (Bild: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Anfang Oktober organisiert Richmond Events einen Finance Summit in Lausanne. Besteht Hoffnung, dass ich als Finanzjournalistin eine Einladung bekomme?

Erik Neumann: Ich muss Sie leider enttäuschen, an unseren Foren sind grundsätzlich keine Medienvertreter zugelassen. Dies weil wir den Wunsch unserer Kunden und Teilnehmer respektieren, in einem geschlossenen und geschützten Rahmen offen zu diskutieren und den Austausch zu suchen – ohne ‘Gefahr zu laufen’ gegebenenfalls über noch in einem frühen Stadium diskutierte Themen und Herausforderungen in den Medien zu lesen. Der Respekt und die Vertrauensebene bezüglich des Formats wie auch der Umgang mit den Daten ist ein Grundwert unserer Arbeit, auf dem u.a. unser Erfolg und starkes Netzwerk beruht!

Wie wählen Sie die Personen aus, die eingeladen werden?

Wir zielen exklusiv auf die Entscheider-Ebene der jeweiligen Industrie beziehungsweise der Unternehmen dieser Industrien ab – kurz genannt aufs «C-Level». Dabei folgen wir einer bestimmten Segments-Strategie, welche durchaus von Forum zu Forum auch variiert.

Dazu kommt, dass bei vereinzelten Foren die angesprochenen und eingeladenen Repräsentanten auch noch ein «Bewerbungsformular» ausfüllen müssen, aus dem wir erkennen können, wie hoch denn die Bedeutung für die anderen Teilnehmer sein kann, dass diese Person auch teilnimmt respektive wie ‘relevant’ es denn für die Lösungsanbieter ist, mit dieser Person ein Meeting zu arrangieren.

«Mund-zu-Mund Propaganda ist ein wichtiges Thema für uns und fast das einzige ‘Marketing’, das wir betreiben.»

Erik Neumann, CEO Richmond Events AG

Wie verifizieren Sie die Informationen?

Wir verfügen nicht nur über ein sehr umfangreiches und sehr aktuelles Datenarchiv, sondern verfolgen auch intensivst die kommunizierten Stellenwechsel in den Medien und nutzen eben auch unser weitreichendes Netzwerk für den Austausch und Informationen, wie auch Kontaktvermittlung oder Empfehlungen. Mund-zu-Mund Propaganda ist ein wichtiges Thema für uns und fast das einzige ‘Marketing’, das wir betreiben.

Wie viel zahlen die eingeladenen Personen für die Teilnahme?

Wir sind da nicht anders finanziert als (fast) jede andere Veranstaltung von Messe bis klassischer Konferenz, auch wenn wir uns im Format deutlich davon unterscheiden. Die Finanzierung läuft auch dort über die Lösungsanbieter; der Verkauf von Eintritts-Tickets macht auch dort den allerkleinsten Teil aus.

Bei uns können die eingeladenen Delegates kostenlos teilnehmen. Sie investieren ihre Zeit und ihr Interesse. Die Lösungsanbieter hingegen bilden die Finanzierungsbasis unserer exklusiven Dienstleistung.

Wie viele Namen haben Sie in Ihrer geheimnisvollen Matching-Software gespeichert?

Wie Sie richtig sagen, bleibt die genaue Zahl «geheimnisvoll»! Aber gehen Sie davon aus, dass wir in den Ländern, in denen wir präsent sind, alles zusammen über einen Datenpool von weit über 350’000 Namen verfügen. Wir haben bis Ende 2021 ja bereits über 120’000 teilnehmende Delegates an unseren Foren begrüssen dürfen.

Wie viele davon sind weiblich? Haben Sie Frauen bereits als Zielgruppe entdeckt?

Mittlerweile ist es – je nach Forum natürlich unterschiedlich – ein immer stärker zunehmender Anteil an Frauen, was wir sehr begrüssen und was den Foren im Laufe der Jahre auch durchaus neue Akzente verliehen hat! Vor 30 Jahren war das natürlich noch anders und Gott sei Dank hat sich da eine positive Entwicklung ergeben! Aber dennoch ist es natürlich auch hier so, dass wir nach Titel beziehungsweise Funktion einladen und nicht nach Gender. Es gibt durchaus Foren, bei denen die Anzahl weiblicher Teilnehmer überdurchschnittlich vertreten ist, wie z.B. an den HR-Foren oder wo sie zumindest im Gleichgewicht ist, wie bei den Marketing- oder sogar den Energy Foren!

Gibt es reine C-Level Frauen Events?

Reine, also 100%ige C-Level Frauen Events haben wir nicht, denn dann wären wir ja nicht nur diskriminierend gegenüber dem männlichen Geschlecht, sondern wir wären auch unserem Format-Prinzip untreu, dass wir nach Funktionen einladen und Meeting-Partner basierend auf den gegenseitigen Interessen zusammenbringen.

Warum investieren die Eingeladenen zwei Tage ihrer kostbaren Zeit und reisen zu den von Ihnen organisierten Events?

Da kann ich nur auf einige Feedbacks verweisen, die zusammenfassend immer wieder und seit Jahren bestätigen, dass unser Format Effizienz, Networking und organisatorische Exzellenz perfekt miteinander verbinden. Die Teilnehmer empfinden es als wertvoll oder gar als ‘Muss’, diese jährlichen Foren zu besuchen und zu nutzen. Auf dem C-Level ist Zeit sehr kostbar – und hier ist diese Zeit einfach gut investiert.

«Die Qualität und der Nutzen unseres Formats wurde uns gerade in den letzten zwei Jahren immer wieder bestätigt.»

Haben solche physischen Präsenz-Meetings in Zeiten der Videotelefonie nicht ausgedient?

Die letzten zwei Jahre haben uns genau vor diese Herausforderung gestellt, und es lag nahe zu vermuten, dass «Live-Events» keine Relevanz mehr haben oder gewinnen werden. Aber es ist genau das Gegenteil eingetreten. Ja, im täglichen Geschäft hat sich Einschneidendes getan (wenn auch das eine oder andere gerade wieder zurückgenommen wird), und Kurztrips für Meetings und zu fragwürdigen Events sind passé. Aber die Qualität und der Nutzen unseres Formats wurde uns gerade in den letzten zwei Jahren immer wieder bestätigt und wir sind sogar mit einer steigenden Nachfrage konfrontiert. Aber auch wir haben uns weiterentwickelt und einen Schritt weiter in der Digitalisierung des Service getan wie auch hin und wieder virtuelle Angebote innerhalb der Foren einzubauen. Dies, indem wir teilweise darauf verzichten, Speaker aus dem fernen Ausland «einzufliegen» oder auch vereinzelt internationale Lösungsanbieter teilweise virtuell zugeschaltet sind.

Wie hat das Unternehmen die Corona-Lockdowns überstanden?

Da hat jedes Land seine eigenen Erfahrungen gemacht, denn auch die Massnahmen und Einschränkungen von offizieller Seite waren in jedem der Länder unterschiedlich – und damit auch die Auswirkungen auf Richmond Events.

Schon weit vor der Pandemie haben wir Versuche mit virtuellen Produkten gemacht. Diese waren etwas in den Hintergrund gerückt, aber dann im Frühjahr 2020 direkt wieder präsent. Sie wurden verfeinert, ausgebaut und angepasst. Damit haben wir 2020 und einen Grossteil des Jahres 2021 sehr gut arbeiten und auf dem Radarschirm der Stakeholder bleiben können; auch wenn viele darauf gewartet haben, bis wir wieder unsere gewohnten «Live-Events» anbieten, denn die Natur des Menschen, Geschäfte und Kontakte persönlich zu anzubahnen und zu pflegen, hat sich ja nicht geändert! Wir mussten uns natürlich sehr flexibel und ideenreich zeigen, mit unseren Partnern (Teilnehmer wie auch Hotels etc.) gemeinsam nach Lösungen suchen. Psychologisch war die Herausforderung wesentlich grösser aufgrund einer gewissen Ungewissheit, oft nicht abschätzbaren Entwicklung und natürlich mangelnder Erfahrung mit solchen Ausnahmesituationen. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass aufgrund der wirtschaftlich vorausschauenden Planung und Achtsamkeit wir diese für alle schwierige Phase gut gemeistert haben und heute auf einer soliden Basis stehen.

Richmond Events gibt es seit 30 Jahren, wer hatte die Idee dazu?

Mark Rayner hatte die Idee. Er war damals im klassischen Messegeschäft im Verkauf tätig und seine Erfahrungen anhand der Feedbacks der Aussteller zeigten einfach deutliche Defizite auf und die ersten Schwächen dieses Formats auf, was sich bis heute in vielen Branchenmessen weiter zugespitzt hat. Das lässt sich auf nationaler Ebene ja allenthalben in der Presse verfolgen. Marks Rayners Ziel war es, die negativen Effekte und Mängel des Konzeptes umzudrehen und die eigentlichen Wünsche nach gezieltem Networking, basierend auf vorgängigem Wissen und tatsächlichem Interesse, in Reinform anzubieten. Das Ergebnis ist Richmond Events.

Sie sind in vier Ländern vertreten, in der Schweiz, UK, USA und Italien. Sind weitere Standorte geplant?

Wir sind immer offen, wir schauen immer, wo es sich lohnen könnte. Wichtig für uns ist es, in allen Ländern, in denen wir aktiv sind, Protagonisten zu haben, Persönlichkeiten mit einem exzellenten Netzwerk, die langfristig orientiert und «committed» sind, die mit hohem persönlichem Einsatz dafür einstehen. Dies zu finden ist sehr schwer und «Dampfplauderer» in anderen Ländern hatten wir schon zur Genüge, bei denen am Ende die heisse Luft überwiegt hat. Aber wir halten unsere Augen offen und sind aktuell auch in Gesprächen.

«Wir bleiben auch bei diesen Themen eher diskret und sprechen nicht über Namen oder Finanzierungsformen.»

Wie finanziert sich das Unternehmen Richmond Events? Wem gehört das Unternehmen?

Wir sind in Privatbesitz. Jedes Land, jedes Office ist rechtlich und finanziell unabhängig. Wir bleiben auch bei diesen Themen eher diskret und sprechen nicht über Namen oder Finanzierungsformen.

Wie gestaltet sich das Wachstum, die Entwicklung des Unternehmens weltweit und in der Schweiz?

Die Entwicklung in den aktuell existierenden Ländern hat immer zwei Richtungen: die vertikale Ebene, die also eine Ausweitung (mehr Teilnehmer und Lösungsanbieter) oder auch Wiederholung eines erfolgreichen und stark nachgefragten Forums beschreibt – hier gilt es Skalierungseffekte zu nutzen. Daneben steht das horizontale Wachstum, also die Planung, Entwicklung und Umsetzung neuer Foren, kurz: der Eintritt in neue Industrien. Hier starten wir immer auf kleinem Niveau, lernen sehr viel und schnell, bauen dann sukzessive aus und entwickeln uns weiter am Markt. Aktuell gibt es in einigen Ländern Pläne, welche auf eine Verdoppelung des Geschäfts in 3-5 Jahren abzielen. Die Schweiz bildet da die Speerspitze dieser Entwicklung, nicht zuletzt dank einem aussergewöhnlichen Team, auf welches wir hier zählen können.

Was würden Sie als das grösste Asset des Unternehmens und des Formats erachten?

Das mit Abstand Wichtigste ist das Herzstück unseres Systems: Die eigens entwickelte und aussergewöhnliche Software, die so gut und präzise arbeitet, dass die Ergebnisse immer wieder beeindrucken. Dies stellt sicher, dass wir unser Format 1:1 realisieren, die Versprechen halten und ausnahmslos gute Matchings anbieten können, also individuelle Bedürfnisse in Form von individuellen Agenden produzieren. Aber an fast gleicher Stelle würde ich das Engagement und kompromisslose Committment zu unseren Werten – beispielsweise dem respektvollen Umgang mit Menschen – nennen. Ohne die Menschen, die dieser Werte hochhalten und ohne Teamarbeit würde auch das beste technische System nichts nützen!

Reicht das, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern?

Kurz und bündig: Ja.

Was sind die mittel- und langfristigen Ziele von Richmond Events?

Wir wollen uns in den jeweiligen Ländern als die besten Foren und Organisatoren weiter etablieren und uns den Platz an der Spitze sichern. Dies über stetes Wachstum wie auch exzellente Umsetzung und Relevanz der Themen. Langfristig bieten sich innerhalb der Formate unseres Geschäftsmodells viele Optionen, die wir auch immer wieder anschauen und diskutieren, wie etwa in neue Bereiche vorzustossen. Aber dann werden wir doch oft eingeholt von den vielen näherliegenden Optionen und Möglichkeiten, welche unsere Organisation ebenso voll auslasten.

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