von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Burgener, nach dem ersten Halbjahr 2023 lässt sich feststellen: Die Valiant-Strategie 2020-2024 ist weiter auf Kurs. Einverstanden?
Ewald Burgener: Absolut. Valiant setzt ihre Strategie konsequent um. So ist beispielsweise die geografische Expansion vom Genfersee bis zum Bodensee weit fortgeschritten. Wir sind aber auch beim Programm zur Steigerung der Rentabilität gut unterwegs. Weiter arbeiten wir kontinuierlich an der Vereinfachung unserer internen Prozesse sowie an der Weiterentwicklung unseres Angebots.
Das starke Zinsengeschäft und das erfolgreiche Handelsgeschäft haben zum starken Ergebnis beigetragen. Was hat Sie darüber hinaus besonders gefreut?
Der Grundstein einer guten Kundenbeziehung ist das Vertrauen. Und das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden spüren wir. Mich freut auch das Engagement unserer Mitarbeitenden, die sich täglich dafür einsetzen, um unsere Kundschaft umfassend und persönlich zu beraten.
Wird die SNB am Donnerstag einen weiteren Zinsschritt tätigen? Und von welcher Entwicklung gehen Sie längerfristig aus?
Für die Notenbanken wird es immer schwieriger, die Balance zwischen Wachstum und Inflation zu halten. Wir sehen den Zinsgipfel mehr oder weniger erreicht. Entscheidender als ein mögliches zusätzliches Viertelprozent der SNB ist die Dauer der höheren Zinsen, und hier erwartet der Markt über die nächsten Quartale keine grösseren Veränderungen mehr.
«Für die Notenbanken wird es immer schwieriger, die Balance zwischen Wachstum und Inflation zu halten. Wir sehen den Zinsgipfel mehr oder weniger erreicht.»
Ewald Burgener, CEO Valiant
Valiant hat die Zinsen im Sparsortiment seit dem Ende der Negativzinsen fünfmal erhöht. Wie läuft die Promotion mit dem Sparkonto Plus, auf dem Kunden 1,5 Prozent Zins erhalten, wenn garantiert auch nur für ein Jahr?
Wir haben einen erfreulichen Zufluss an Neugeldern, dazu trägt das Sparkonto Plus natürlich ebenfalls bei. Hier ist zu erwähnen, dass der Vorzugszins zwar für eine gewisse Dauer gilt, unsere Kundschaft jedoch danach weiterhin von Zinsvorzügen profitieren kann. So wird der Betrag auf ein Lila Sparkonto mit der höchsten Zinsstufe überwiesen.
Die Inflation in der Schweiz ist zwar vergleichsweise gering, hält sich aber hartnäckig. In Europa schwächelt die Wirtschaft. Was raten Sie Sparern und Anlegern?
Die Teuerung bewegt sich zwar zurück, doch die Bremseffekte der global restriktiv agierenden Notenbanken erreichen zunehmen die Realwirtschaft. Die stark exportorientierte Schweiz wird sich der konjunkturellen Abschwächung somit nicht entziehen können. In diesem genannten Umfeld, welches einige Unsicherheiten mit sich bringt, halten wir anlagepolitisch an unserem Fokus auf Qualität und Diversifikation fest. Die attraktiven Zinsaussichten in der Schweiz haben uns dazu bewogen, den Anteil an soliden Anleihen in Schweizer Franken zu Lasten der Liquidität zu erhöhen. Bei Aktien halten wir eine neutrale Quote für angemessen. Bei stärkeren Rücksetzern würden wir tendenziell zusätzliche Käufe in Betracht ziehen.
«Die attraktiven Zinsaussichten in der Schweiz haben uns dazu bewogen, den Anteil an soliden Anleihen in Schweizer Franken zu Lasten der Liquidität zu erhöhen.»
In den ersten sechs Monaten verzeichnete Valiant einen Neugeldzufluss von fast 600 Mio Franken. Hat Valiant da auch von Abflüssen bei der Credit Suisse profitiert?
Wichtig ist mir zu betonen, dass solche Ereignisse für unsere Branche und den Finanzplatz Schweiz sehr bedauerlich sind. Die Schweizer Banken sind solide aufgestellt und machen einen sehr guten Job. Sie unterliegen strengen Regulierungen und der Finanzplatz Schweiz ist stabil. Bewegungen bei den Kundengeldern sind normal und auch Valiant konnte insgesamt einen guten Zufluss an Neugeldern sowohl bei den Privat- als auch den Geschäftskunden verzeichnen. Wir schreiben diese Entwicklung primär unserem attraktiven Angebot zu, wie beispielsweise auch dem vorhin erwähnten Sparkonto Plus. Beim Zufluss handelt es sich um Kundengelder von anderen Banken, darunter auch die CS.
Die Kundenausleihungen sind in den ersten sechs Monaten um 2 Prozent gestiegen. Welchen Anteil schreiben Sie der geografischen Expansion zu?
Die im Rahmen der geografischen Expansion neu eröffneten Standorte tragen wesentlich zu diesem Erfolg bei. Seit 2017 sind 50 Prozent des Wachstums der Kundenausleihungen auf die neuen Standorte zurückzuführen, die im Zuge der Expansionsstrategie eröffnet wurden.
Anfang Dezember folgt eine weitere Filiale in Muttenz. Ist die geografische Expansion dann abgeschlossen?
Die geografische Expansion dieser Strategieperiode wird mit der Eröffnung der Geschäftsstelle in Muttenz etwas früher als geplant abgeschlossen sein. Die Expansion an sich geht jedoch weiter. Es gilt die restlichen geplanten Stellen zu besetzen. So bauen wir unsere Beratungskompetenz in den Bereichen Unternehmenskunden und Vermögensberatung weiter aus und schaffen bis Ende 2024 rund 40 Vollzeitstellen.
Hatte oder hat Valiant keine Probleme, genügend Spezialistinnen und Spezialisten für die Filialen zu finden?
Der Fachkräftemangel macht sich auch auf dem Finanzplatz bemerkbar. Wir treten dem entgegen, indem wir uns als attraktive Arbeitgeberin positionieren, denn zufriedene Mitarbeitende sind ein wichtiger Erfolgsfaktor. So haben wir beispielsweise ab 2023 den Ferienanspruch für alle Mitarbeitenden um zwei Tage erhöht und gewähren zwei Wochen mehr Mutterschaftsurlaub. Damit danken wir unseren Mitarbeitenden für ihr Engagement für Valiant und fördern unsere unverwechselbare Unternehmenskultur.
«In der Tat zeigt die hohe Weiterbeschäftigungsquote von über 80 % in diesem Jahr, dass sich unsere Investition in die Grundbildung auszahlt.»
Valiant bildet jährlich rund 35 Mitarbeitende in drei Berufsbildern aus. Ist das auch ein Mittel, dem Fachkräftemangel beizukommen?
Uns ist wichtig, dass wir jungen Menschen einen spannenden und erfolgreichen Berufseinstieg ermöglichen. In der Tat zeigt die hohe Weiterbeschäftigungsquote von über 80 % in diesem Jahr, dass sich unsere Investition in die Grundbildung auszahlt. Um unser Engagement in der Grundbildung weiter zu stärken und – wie Sie erwähnt haben – dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, bieten wir ab Sommer 2024 eine neue Berufslehre im Bereich der Digitalisierung an: die/den Entwickler/in digitales Business EFZ.
Neben der persönlichen Beratung hat Valiant in den letzten Jahren auch stark in die Digitalisierung investiert. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich hier im Moment?
Die Kundenbedürfnisse haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Wir möchten die Kundschaft entscheiden lassen, wie sie mit uns in Kontakt treten. Es gibt Themen wie Vorsorge, Anlageberatung oder die Finanzierung, die persönliche und vertiefte Gespräche erfordern. Einfache Bankgeschäfte lassen sich schneller digital erledigen. So bauen wir laufend unser digitales Angebot aus wie beispielsweise mit der neuen App, der Möglichkeit mit unseren Kundenberatenden online zu kommunizieren oder Termine zu vereinbaren.
Herr Burgener, wir bedanken uns für das Interview.