Alain Badoux, VP Alps & CEE ServiceNow, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Herr Badoux, ServiceNow ist weltweit beim Umsatz in den letzten Quartalen im Jahresvergleich jeweils zwischen 35% bis 40% gewachsen. Wie sieht die Situation in der Schweiz aus und welches sind für Sie die speziellen Herausforderungen eines solch rasanten Wachstums?
Alain Badoux: Es freut uns natürlich, dass wir auch in der Schweiz hohe Wachstumszahlen haben und dies schon seit vielen Jahren. Der Kundenerfolg steht im Zentrum und wir bekommen von unseren Kunden sehr gute Rückmeldungen.
«Die Schweiz ist ein Early-Adopter-Markt für alle unsere ServiceNow-Lösungen.»
Alain Badoux, VP Alps & CEE ServiceNow
Die Schweiz ist ein Early-Adopter-Markt für alle unsere ServiceNow-Lösungen. Unternehmen sehen uns schon lange nicht mehr nur als ITSM-Tool, sondern als Enterprise-Anbieter. Ausserdem haben wir viele starke Partner in unserem grossen Partner-Ökosystem, mit denen wir unseren Kunden gemeinsam exzellente Services bieten. Zudem sehen wir in der Schweiz eine sehr hohe Akzeptanz von Cloud-Technologien.
Auffallend beim Wachstum ist die stark zunehmende Zahl von Grosskunden, welche pro Jahr mehr als eine Million USD mit ServiceNow-Leistungen umsetzen. Wie sieht Ihr Zielpublikum in der Schweiz, einem an sich typischen KMU-Markt, aus?
Wir haben in der Schweiz zufriedene Kunden in allen Segmenten, d.h. wir dürfen über zwei Drittel der Firmen im SMI (Swiss Market Index) zu unseren Kunden zählen. Gleichzeitig haben wir zum Beispiel auch Kunden, die im Technologie-Services-Bereich tätig sind, mit einigen Hundert Mitarbeitern. Die Schweiz ist bekannt für die Finanz- und Pharmaindustrie und aus diesen Bereichen haben wir bereits viele Kunden. Zu unserer Zielgruppe gehören jedoch Unternehmen aus allen Branchen. Es gibt in der Schweiz nicht diese klassischen KMUs, aber viele internationale Unternehmen, die unsere Kunden sind. Sie haben schon sehr früh die Möglichkeiten der Cloud erkannt, was sich auch in der Adoption von ServiceNow-Lösungen zeigt, egal in welcher Branche.
Aktuell sprechen alle von der Digitalisierung und digitalen Transformation. Wie adressieren Sie das Thema bei den Kunden?
Wir verändern die Arbeitswelt, indem wir die Prozesse in Unternehmen transformieren. Das ermöglichen wir mit unserer «ServiceNow Now Platform». Dank unserer digitalen Workflows können Routinearbeiten, die häufig noch umständlich und manuell durchgeführt werden, schnell, einfach und produktiv erledigt werden. Dadurch können sich Mitarbeiter auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren. Mitarbeitern und Kunden wird eine bessere Erfahrung ermöglicht. Das kommt letztendlich auch dem Geschäft zugute.
Forrester positioniert ServiceNow in der aktuellen Ausgabe des renommierten Anbietervergleichs für Enterprise Service Management als einen Technologieführer. Was bedeutet das konkret für Ihre Kunden, wie können diese sich mit Hilfe Ihrer Plattform von den Konkurrenten abheben?
Das Ergebnis der Forrester Wave™ zeigt klar auf, dass ServiceNow als Plattform nebst dem von Ihnen angesprochenen Bereich «IT Service Management» auch viele weitere Bereiche ausserhalb der IT abdeckt.
«Wir nutzen Künstliche Intelligenz, um repetitive Aufgaben, die keinen Mehrwert bieten, zu automatisieren.»
Unsere Plattform ist konzipiert für die unternehmensweite Verwaltung, Steuerung, Automatisierung und Orchestrierung von Arbeitsabläufen. Wir bieten eine gemeinsame Plattform, um sämtliche Services in einem Unternehmen abzubilden – von HR über Finance und IT bis hin zu Beschaffung und Facility Management. Dabei nutzen wir Künstliche Intelligenz, um repetitive Aufgaben, die keinen Mehrwert bieten, zu automatisieren.
Auch das Customer Service Management eines Unternehmens kann nahtlos in die Now Platform integriert werden. Der Service-Management-Ansatz ermöglicht es uns, die Ursachen von Kundenproblemen zu adressieren und den Customer Service direkt mit anderen Unternehmensbereichen zu verbinden.
Mit ServiceNow haben Kunden also die Möglichkeit, Workflows im gesamten Unternehmen über eine einzige integrierte Plattform zu vereinfachen und so für Mitarbeiter und Kunden ein besseres, einfacheres und intuitiveres Nutzererlebnis zu schaffen. Wir sehen eindeutig, dass die Schweiz ein Early-Adopter-Markt ist, wenn es um unsere Lösungen geht.
Aktuell unverzichtbare Technologien scheinen Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) zu sein. Wie kommen die bei ServiceNow zum Einsatz?
Die Automatisierung der IT-Prozesse ist wichtig, um hervorragende Erfahrungen für Mitarbeiter und Kunden zu bieten, aber natürlich auch für die Früherkennung von Problemen und Systemausfällen. Werden die IT-Prozesse auf einer einzigen Plattform harmonisiert und zusammengeführt, können neue Technologien wie KI und ML effizient verwendet werden und Unternehmen können vorausschauend agieren. Daher haben Automatisierung, KI und ML eine grosse Bedeutung für uns.
Aus juristischen und Compliance-Gründen wird es immer wichtiger, wo Daten gehalten und verarbeitet werden. Wo befinden sich die Rechenzentren von ServiceNow für die Schweizer Kunden?
Schon seit längerem bietet ServiceNow seinen Kunden zwei gespiegelte Rechenzentren in der Schweiz an, nebst denen im EU-Raum. Zusammen mit unserer Multi-Instance-Cloud-Architektur ergibt dies für den Kunden ein hohes Mass an Sicherheit und gleichzeitig Verlässlichkeit. Daneben bietet auch Swisscom eine lokale Cloud mit ServiceNow an, die spezifischeren Regulatorien genügt. Indem sich unsere Rechenzentren im Inland befinden, sind wir sehr gut aufgestellt und vielen unserer Konkurrenten klar voraus.
«Schon seit längerem bietet ServiceNow seinen Kunden zwei gespiegelte Rechenzentren in der Schweiz an, nebst denen im EU-Raum.»
Es fällt auf, dass die letzten Übernahmen von ServiceNow Unternehmen im Sprachbereich waren (Friendly Data, Parlo). Welche Anwendungen werden von den Übernahmen zuerst profitieren?
Wir konzentrieren uns darauf, Spracherkennung, aber auch künstliche Intelligenz bzw. Machine Learning gezielt einzusetzen, um bessere Workflows und eine bessere User Experience zu ermöglichen. Aus diesem Grund sind Machine Learning und andere neue Technologien integraler Bestandteil unserer Plattform und Lösungen. Spracherkennung in Zusammenhang mit einem Virtual Agent (Chat Bot) ermöglicht eine weitere Verbesserung der Endanwender-Experience, insbesondere auch der Kunden-Experience im Kunden-Service.
«Durch unsere letzte Übernahme, Appsee, bieten wir nun noch bessere Erfahrungen am Arbeitsplatz im Mobile-Bereich.»
Durch all diese Technologien erhalten Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Zeit und Energie statt für Routineaufgaben für sinnvollere und gewinnbringende Tätigkeiten einzusetzen. Durch unsere letzte Übernahme, Appsee, bieten wir nun noch bessere Erfahrungen am Arbeitsplatz im Mobile-Bereich. Das war auch ein Schwerpunkt in unserem letzten Update, dem Madrid-Release. Denn immer mehr Arbeit wird heute ortsunabhängig auf mobilen Geräten erledigt. Mit Appsee verbessern wir Benutzeranalysen weiter, um noch bessere Anwendererfahrungen Out-of-the-Box anzubieten.
Während ServiceNow die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Chatbots oder Robo-Advisors in seiner Plattform schon anbietet, ist die Realität, zumindest in der Schweiz noch die, dass auch bei grossen Dienstleistern ausserhalb der offiziellen Arbeitszeit kaum Unterstützung erhältlich ist. Wie weit klaffen hier die technischen Möglichkeiten und die Geschäftsrealität auseinander, wo werden die Möglichkeiten schon optimal ausgenutzt?
Die grösste Herausforderung im Technologieumfeld besteht generell immer darin, mit der Innovation und dem Tempo der technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Chatbots werden sich in Zukunft rasant weiterentwickeln. Wir richten unseren Fokus darauf, die Technologie effektiv einzusetzen, um schnelle Lösungen für alltägliche und zweckmässige Bedürfnisse unserer Kunden bereitzustellen und die Arbeitswelt durch eine neue Qualität der Nutzererfahrung zu verbessern.
Wir haben auch bereits Kunden, die diese Technologien erfolgreich einsetzen. Aber es ist tatsächlich so, dass Unternehmen sich häufig schwer tun mit den ersten Schritten. Ein Grund dafür ist, dass sie zu viel auf einmal realisieren wollen, statt sich zunächst auf die einfachen und schnell realisierbaren Anwendungsfälle zu konzentrieren.
Die Digitalisierung verändert auch die Berufsbilder und die Anforderungen der Unternehmen an ihre Mitarbeitenden. Gegenüber früheren Veränderungsprozessen sind jetzt erstmal auch hochqualifiziert Berufe wie diejenigen der Ärzte, Juristen, oder Programmierer betroffen. Wo sehen Sie, vor allem auch in der Schweiz, neue Chancen, was muss die Wirtschaft unternehmen, damit unter dem Strich die Auswirkungen der Digitalisierung positiv ausfallen?
Der technische Fortschritt verändert die Arbeit nachhaltig. Wie in jeder Phase tiefgreifender Transformation werden einige Berufsbilder, die wir heute kennen, verschwinden, weil neue Technologien diese Tätigkeiten übernehmen – sei es bei der Automatisierung von Routineaufgaben oder beim Thema fahrerlose Mobilität.
Es entstehen aber auch neue Jobs, die wir uns heute vielleicht noch gar nicht vorstellen können. Diese Entwicklung war und ist charakteristisch für jede Phase des technologiegetriebenen Wandels und jedes Berufsbild verändert sich zumindest partiell durch den Einfluss neuer Technologien. Und darin liegt die Herausforderung: Wie können wir Menschen dabei unterstützen, den technologischen Wandel mitzugehen? Hierzu gehört, dass Mitarbeiter den Umgang mit Technologien neu lernen müssen – besonders beim Thema künstliche Intelligenz. Jeder Mitarbeiter benötigt ein Kernrepertoire an digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen. Digital Native ist im 21. Jahrhundert eine Grundvoraussetzung – das gilt für die Schweiz und auch weltweit.
«Jeder Mitarbeiter benötigt ein Kernrepertoire an digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen.»
Nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch unser Alltag ist geprägt von der Schnelligkeit des technologischen Wandels. Zuhause interagieren wir per Sprache mit künstlicher Intelligenz, was vor Kurzem noch unvorstellbar war. Die Technologie macht unser Leben leichter und wir möchten nicht mehr darauf verzichten – das heisst, wir passen uns an und lernen. Ähnliche Veränderungen begegnen uns auch am Arbeitsplatz und das in immer schnellerem Tempo. Um diesen Wandel erfolgreich zu meistern, braucht es ein breitangelegtes öffentliches und privates Engagement.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Lassen Sie mich ein wenig anders antworten und dabei unseren CEO John Donahoe zitieren. Sein Albtraum ist, dass er in fünf Jahren aufwacht und feststellt, dass Cloud Service nur ein weiterer Technologie-Hype war, der Kunden keinen Mehrwert geliefert hat. Sein Traum hingegen ist es, dass er in fünf Jahren aufwacht und Cloud-Service-Plattformen sich durchgesetzt haben. ServiceNow ist dann eine der wenigen verbliebenen Plattformen, die Kunden breit einsetzen und dadurch einen echten Mehrwert generieren.
Ein weiterer Wunsch ist es, dass lokale Unternehmen und der öffentliche Sektor die Chancen erkennen, die die Cloud-Technologie bereithält. Dabei können sie auch von den internationalen Unternehmen aus der Privatwirtschaft lernen. Für diese ist Cloud kein Diskussionspunkt mehr, sondern ein Must-Have. Cloud bedeutet Wachstum und Weiterentwicklung – und wir können Unternehmen dabei helfen.
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