Felix Kunz, CEO Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG, im Interview

Felix Kunz, CEO Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG, im Interview
Felix Kunz, CEO Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG. (Foto: SIPBB)

Von Peter Stöferle

Moneycab: Herr Kunz, wer trifft sich im Switzerland Innovation Park Biel/Bienne?

Felix Kunz: Nationale und internationale Forscher, Startup-Gründer, CEO’s und CTO’s von KMU, Grössen aus Politik und Wirtschaft. Am 20.11.2017 – einen Tag vor dem ersten Digitaltag Schweiz – durften wir z.B. Herrn Bundesrat Johann Schneider-Ammann und Herrn Regierungsrat Christoph Ammann bei uns begrüssen. Der Wunsch der Besucher war es, konkrete Umsetzungen von Industrie 4.0 Projekten zu sehen. Diese Erwartungen konnten wir in der Swiss Smart Factory erfüllen.

In welchen Bereichen wird am SIP BB schwerpunktmässig geforscht?

Wir forschen in den Bereichen Healthtech/Medtech, Advanced Manufacturing Technologies (industrieller 3D-Druck), Industrie 4.0 und Energie & Mobilität.

«Eines unserer Forschungsprojekte im Bereich Industrie 4.0 heisst «Smart Tools». Ziel ist, dass Werkzeuge miteinander kommunizieren.»
Felix Kunz, CEO Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG

Dürfen wir Sie um Beispiele aktueller Forschungsprojekte bitten?

Eines unserer Forschungsprojekte im Bereich Industrie 4.0 heisst «Smart Tools». Ziel ist, dass Werkzeuge miteinander kommunizieren. Die Vision ist, dass ein Werkzeug mitteilt, wenn es ersetzt werden soll.

Im Medtech konnten wir zusammen mit dem Startup Vibwife eine Mobilisierungsmatratze entwickeln, welche die Geburtszeit verkürzt. Vibwife haben wir bei der Entwicklung des Prototypen unterstützt, haben Forschungspartner vermittelt und konnten mit Coaching und Pitchtraining helfen.

Ein weiteres, spannendes Medtech-Projekt ist ein Brustscanner zur Früherkennung von Brustkrebs. Dieser Scanner liefert bei dichtem Gewebe ein zuverlässigeres Resultat als die bestehenden Lösungen. Das Startup heisst Sonoview.

Wer trägt den Innovationspark und wer sind dessen Partner?

SIP BB ist einer von fünf Standorten des nationalen Projektes Switzerland Innovation. SIP BB ist als Aktiengesellschaft organisiert. Über 90% der Aktionäre sind aus dem privaten Sektor.

In diesem Jahr hat im SIP BB die Swiss Smart Factory als erste Schweizer Forschungs- und Demonstrationsfabrik zum Thema Industrie 4.0 und Internet of Things ihren Betrieb aufgenommen. Welche Projekte und Angebote stehen dabei im Fokus?

In der Swiss Smart Factory forschen wir in den Themenbereichen: Smart Sensors & Actuators, Smart Networking & Automation, Augmented Reality & Virtual Reality, Big Data, Cobotics und Workplace of the Future.

Nebst der Swiss Smart Factory unterhält der SIP BB drei weitere Zentren, in welchen Ihre Expertise und das Wissen Ihrer Forschungspartner kombiniert werden. Können Sie uns diese kurz vorstellen?

Swiss Advanced Manufacturing Center (SAMC): Im SAMC forschen wir im Bereich additive Fertigung (3D Druck in Metall). Wir entwickeln Konzepte, um zukünftige Fertigungsverfahren zu entwickeln. In Zukunft können wir diese im eigenen High-Power-Laser-Labor prüfen und weiterentwickeln.

Swiss Battery Technology Center (SBTC): Das SBTC arbeitet mit namhaften Schweizer Forschungspartnern, wie beispielsweise der ETH, EMPA, PSI, CSEM und Berner Fachhochschule (BFH) zusammen. Neuste Technologien werden dabei in marktreife Batterien umgesetzt.

Swiss Medtech Center (SMC): Das SMC konzentriert sich auf Entwicklung und angewandte Forschung im Rahmen innovativer interdisziplinärer Projekte aus dem Bereich Medizin- und Gesundheitstechnik. Darüber hinaus unterstützen wir Unternehmen und Startups bei der Umsetzung ihrer innovativen Idee und helfen geeignete Forschungspartner zu finden und Forschungsgelder zu beschaffen.

«Vieles ist für die Digitalisierung bereits vorhanden. Die Fertigungswirtschaft weiss oft nicht, wie sie sich ans Thema heranwagen soll.»

Als Teil des nationalen Projektes Switzerland Innovation wird der SIP BB in Zusammenarbeit mit Switzerland Global Enterprise auch international vermarktet. In welchen Regionen und welches sind die Ziele?

Dies ist korrekt. In Zusammenarbeit mit S-GE vermarkten wir das nationale Projekt «Switzerland Innovation» in den Pilotmärkten China, USA und UK. Switzerland Innovation wird dabei als ein Park mit fünf Standorten vermarktet. Ziel ist es, internationale Forschungsinvestitionen in die Schweiz zu bringen.

Vor kurzem ist in Biel das grösste Schweizer FABALB eröffnet worden. Zur Einweihung konnte dieses gleich mit einem Guinness-Weltrekord aufwarten: dem längsten Zug mit 3D-gedruckten Modelleisenbahnwagen. Welche besonderen Herausforderungen galt es dabei zu meistern?

Die Zugwaggons haben wir selbst konstruiert. Dem Weltrekord gingen unzählige Konstruktions-, Test- und Berechnungsstunden voraus. Einen hochpräzis konstruierten Waggon auszudrucken dauert rund 15 Stunden. Wir hatten ein Rennen gegen die Zeit. Glücklicherweise gingen wir als Sieger davon.

Die Herstellung einer 3D-gedruckten Zugskompositionen war ein origineller Aufhänger zur Eröffnung, aber im Zentrum Ihrer Tätigkeiten stehen nicht nur solche Weltrekorde. Welches ist der Hauptzweck des FABLAB?

Im FABLAB können Startups, Studenten und Tüftler ihre Ideen prüfen und weiterentwickeln. Mit 3D-Druckern können Prototypen erstellt werden. Neben 3D-Druckern, Lasercutter und Elektroniklabor bieten wir v.a. auch Know-how an. Unser eigenes Wissen geben wir in Workshops weiter.

«Im besten Fall bringt Industrie 4.0 die Produktion zurück in die Schweiz.»

Das FABLAB versteht sich als offene Werkstatt. Was ist damit gemeint?

Das FABLAB steht allen Interessierten offen. Mit einem bewusst tief gehaltenen Mitgliederbeitrag hat auch Privatpersonen Zugang zu einer Werkstatt, die stets mit den neusten Maschinen ausgerüstet ist. Während sich das Angebot des SIP BB v.a. an die Industrie richtet, soll das FABLAB allen kreativen Köpfen einen Raum bieten.

Gerade der grösste Schweizer Industriekanton Bern steht in Sachen Digitalisierung vor riesigen Herausforderungen. Wo befindet sich die hiesige Fertigungswirtschaft auf dem Weg zur Industrie 4.0?

Vieles ist für die Digitalisierung bereits vorhanden. Die Fertigungswirtschaft weiss oft nicht, wie sie sich ans Thema heranwagen soll. Mit der Swiss Smart Factory bieten wir eine Test- und Demonstrationsfabrik zum Thema Industrie 4.0. Wir setzen Projekte konkret um und können diese auch zeigen. Das Interesse von Industrie und Medien ist riesig. Dies beweist uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wichtig ist nicht nur über das Thema zu sprechen, sondern Lösungen umzusetzen und zugänglich zu machen.

Die fortschreitende Digitalisierung ist eine Tatsache. Offen sind aber die Folgen – nicht zuletzt auch für den Arbeitsmarkt. Die einen befürchten soziale Verwerfungen, andere sehen darin vor allem Chancen. Wie lautet Ihre Meinung?

Wir sehen Chancen. Im besten Fall bringt Industrie 4.0 die Produktion zurück in die Schweiz.

Herr Kunz, wir danken Ihnen für dieses Interview.

Zur Person
Felix Kunz gilt als erfolgreicher «Serial Entrepreneur». Bisher hat er 15 Unternehmen gegründet u.a.die Digital-Logic AG. Er nimmt verschiedene Verwaltungsratsmandate wahr. Er ist CEO, Verwaltungsrat und Mitgründer der Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG. Weitere Mandate sind u.a.: Stiftungspräsident Stiftung Museum ENTER, Stiftungsrat STI, Stiftungsrat W.A. De Vigier, Verwaltungsratspräsident der Quickline AG, Verwaltungspräsident und Mitgründer der HFTM AG,
Der diplomierte Elektroingenieur war 18 Jahre lang CEO und VR-Präsident der Digital-Logic AG. Felix Kunz ist verheiratet und Vater von 4 Kindern.

Über Switzerland Innovation Park Biel/Bienne
Switzerland Innovation Park Biel/Bienne (SIP BB) betreibt eine Plattform für anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung in der Industrietechnologie. Als Gemeinschaftsunternehmen von privaten Firmen und öffentlichen Institutionen bietet der SIP BB Raum, Technologie und Services für Innovationsteams und Unternehmen.

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