Felix Sutter, Risk Assurance Partner bei PwC Schweiz.
Europa Forum Luzern: China gehört zu den wichtigsten Wachstumsländern. Welche Branchen profitieren besonders von diesem Wachstum?
Felix Sutter: Als Wachstumsmärkte mit dem grössten Potenzial in China selbst sehen wir den Lebensmittelbereich, das Gesundheitswesen, private Ausbildungen, elektronische Dienstleistungen und E-Commerce sowie umweltfreundliche Technologien. Daneben gibt es noch weitere Branchenzweige mit grossem Wachstumspotenzial.
Das Freihandelsabkommen mit China bringt für Schweizer Exporteure Zolleinsparungen und Marktvorteile. Können Sie diese Vorteile quantifizieren?
Wir gehen davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft in einigen Jahren CHF 200 – 300 Mio. an Zollabgaben in China einsparen kann, wenn die grösseren Tarifreduktionen aufgrund der Übergangsfristen greifen. Dieser Betrag hängt jedoch auch davon ab, wie gut das Freihandelsabkommen genutzt wird.
„Unternehmen sollten jeweils für ihre Produkte den Zollabbau für China analysieren, da in sämtlichen Kategorien grosse Unterschiede bestehen“ Felix Sutter, Risk Assurance Partner bei PwC Schweiz
Nicht alle profitieren im selben Ausmass vom Freihandelsabkommen mit China. Wo sehen Sie noch Ungleichgewichte? Was bedeutet das für Schweizer Exporteure, welche Branchen sind besonders davon betroffen?
Sensible Warengruppen, die keine Reduktion auf den Zollabgaben erfahren oder der Abbau über einen längeren Zeitraum vorgesehen ist, z.B. gewisse Holzwaren, verschiedene Spinnstoffe oder individuelle Maschinen und Apparate, profitieren weniger. Das grösste Einsparpotenzial sehen wir in den Bereichen Uhren, Arzneiwaren sowie Bijouterie und Juwelierwaren. Ein Unternehmen sollte jeweils für seine eigenen Produkte den Zollabbau analysieren, da in sämtlichen Kategorien grosse Unterschiede bestehen können.
Welche Instrumente stehen KMUs zur Verfügung, um sich bei einem Markteintritt in China rechtlich, kulturell und letztlich auch finanziell nicht aufs Glatteis zu begeben?
Wichtig sind eine gute Vorbereitung, eine Auslegeordnung und eine Risikoanalyse. Dabei sollten die KMUs die verfügbaren Ressourcen bezüglich kulturellem Verständnis, Zeithorizont und finanziellem Budget berücksichtigen. Mit diesem Vorgehen können sie Schwächen und Risiken frühzeitig identifizieren und gezielt angehen. Verschiedene Verbände, Organisationen und Handelskammern stellen KMUs Informationen zur Verfügung und können den Markteintritt in China begleiten.
China strebt noch weitere Freihandelsabkommen an. Welche Auswirkungen hat dies für die Schweizer Exporteure?
Schweizer Exporteure geniessen derzeit Vorteile aufgrund des Freihandelsabkommens mit China, die Unternehmen in anderen Ländern ohne Freihandelsabkommen nicht haben. Falls China weitere Freihandelsabkommen abschliesst, kann dies von Vorteil sein, da die Schweizer Exporteure damit weitere Märkte via trilateralen Nutzen erschliessen können. Ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union, würden diese Vorteile teilweise eliminieren. Ein solches Abkommen ist aber zurzeit nicht absehbar. Es ist aber dabei weiter zu berücksichtigen, dass alle zwei Jahre die Schweiz und China das Freihandelsabkommen auf seine Aktualität überprüfen und demnach nachgebessert werden kann.
Wem raten Sie gänzlich von Geschäften in China ab?
Dies muss jedes Unternehmen individuell entscheiden. Branchen, bei denen der Zoll nur sehr langsam über 10+ Jahre abgebaut wird, kulturelle Unterschiede beim Geschäftserfolg hohen Einfluss haben sowie das geistige Eigentum nur mit hohen Kosten neu erstellt werden kann, sollten besonders vorsichtig sein.
Wo sehen Sie die grössten Stolpersteine von Unternehmen im Asia-Business?
Eine fehlende Strategie für asiatische Märkte, fehlendes kulturelles Verständnis oder mangelnder Zugang zu solchem, fehlende Verfügbarkeit von Managementkapazität vor Ort in Asien, fehlende Flexibilität bezüglich der Zeitschiene gehören zu den Stolpersteinen.
«Falls China weitere Freihandelsabkommen abschliesst, kann dies von Vorteil sein, da die Schweizer Exporteure damit weitere Märkte via trilateralen Nutzen erschliessen können.»
Generieren die Freihandelsabkommen auch Nachteile für Schweizer KMU?
Vereinzelt können Konkurrenzsituationen auch für Schweizer KMU auftreten, wenn Produkte zollvergünstigt in die Schweiz importiert werden können. Die jeweiligen Verhandlungsdelegationen versuchen aber, diese Nachteile in Grenzen zu halten. Bei Importen von Industriegütern aus vielen der aktuellen und möglichen Verhandlungspartner bestehen bereits Zollvergünstigungen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems. Deshalb wären die finanziellen Auswirkungen bei der Einfuhr in die Schweiz auch unter einem Freihandelsabkommen reduziert.
Der Gesprächspartner Felix Sutter ist Risk Assurance Partner bei PwC Schweiz, verantwortlich für die Betreuung von Kunden bei der Formulierung und Umsetzung von Strategien im asiatischen Raum. Er verfügt über 37 Jahre Berufserfahrung mit Schwerpunkten in der Finanzbranche und im Bereich Life Science. Felix Sutter gibt am Europa Forum Luzern vom 10./11. November aktuelle Hintergrundinformationen und Praxistipps für erfolgreiche Exportaktivitäten weiter.
27. internat. Europa Forum Luzern 10./11. November 2014, KKL Luzern Offene globale Märkte
- Export-Workshop 1: „Erfolgreich geschäften in China“,
- Export-Workshop 2: „Exportieren – Liquidität sichern, Zahlungsausfälle vermeiden“ Montag, 10. November 2014, 15.00 bis 17.30 Uhr inkl. Apéro, CHF 130.00 pro Workshop (Die Workshops werden parallel durchgeführt)
- Öffentliche Veranstaltung: Montag, 10. November 2014, 18.15 Uhr bis 20.15 (Eintritt frei – Anmeldung erforderlich)
- Networking-Dinner: Montag, 10. November 2014 ab 20.15 Uhr / CHF 125.-
- Symposium: Dienstag, 11. November 2014, 9 Uhr bis 17.20 Uhr Eintritt CHF 460.- / 130.- (Studenten) Weitere Infos und Anmeldung: www.europa-forum-luzern.ch