Fernando Lehner, CEO BVZ Holding AG
Fernando Lehner, CEO BVZ Holding AG. (BVZ)
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Lehner, neue Kunden wie Brasilianer oder Russen sollen in Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen. Deren Währungen leiden aber an Schwindsucht. Wird das Tourismusangebot für manche internationale Klientel nicht unerschwinglich?
Fernando Lehner: Der Wechselkurs spielt im Tourismus eine wichtige Rolle, das Beispiel Japan aus dem Jahr 2014 zeigt dies deutlich. Aus Sicht der BVZ Holding sind aber Brasilien und Russland keine Fokusmärkte. Trotz der Thematik des Wechselkurses stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis der BVZ Holding-Produkte auch im internationalen Vergleich nach wie vor. Das Skigebiet von Zermatt gilt als eines der besten der Welt; die Gornergrat Bahn, die Matterhorn Gotthard Bahn und der Glacier Express sind USPs des Ferienlandes Schweiz.
Oben auf dem Gornergrat habe Sie schon eine der schönsten Naturpanoramen der Schweiz. Was will die BVZ Holding zusammen mit der Bürgergemeinde Zermatt hinzusetzen?
Das Projekt der Gornergrat Experience AG, welches sich mit der längerfristigen Entwicklung des Gornergrats befasst, hat zum Ziel, den Gornergrat in allen vier Jahreszeiten und auch bei Schlechtwetter mit neuen Angeboten noch attraktiver zu gestalten. Diese Produktentwicklung wird als Schlüssel für weiteres Wachstum der Gornergrat Bahn und als Antwort auf die erhöhte Attraktivität der Gipfelerlebnisse der Mitbewerber angesehen.
Die Sommersaison war ja ein Flop. Wie können Sie dieses Geschäft „wetterdicht“ machen?
Im Sommer 2014 mussten wir wetterbedingt leichte Einbussen in Kauf nehmen – von einem Flopp kann aber nicht gesprochen werden – dafür hatten wir aber einen hervorragenden Herbst, welcher die Einbussen im Sommer grösstenteils kompensiert hat. Am Gornergrat werden auch aus diesem Grund in den kommenden Jahren Investitionen in «Allwetter Produkte» getätigt. Andererseits ist der Glacier Express kaum vom Wetter abhängig, denn ausser beim Schweizer Markt wird die Reise schon Wochen oder Monate zuvor gebucht.
«Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum von 4000 Reisenden pro Jahr was 2 % pro Jahr entspricht.»
Fernando Lehner, CEO BVZ Holding AG
Gäbe es nicht Möglichkeiten den Gornergrat noch besser mit den anderen Zermatter Skigebieten zu verknüpfen?
Der Gornergrat liegt im Zentrum der Skiarena Zermatt und ist sehr gut mit den übrigen Gebieten verbunden, sei dies über die verschiedenen Pistenverbindungen sowie auch über die Transportanlagen Gant–Hohtälli, Gifthittli/Riffelberg und Furi–Riffelberg. Zudem liegt die Station der Gornergrat Bahn beim Bahnhof Zermatt und der Gornergrat ist im 24-Minuten-Takt erreichbar; die Reise dauert 33 Minuten.
Für Familien ist Zermatt sehr teuer. Was ist da an Vergünstigungen in der Pipeline?
Bestimmt ist es in Zermatt nicht billig, aber gerade für ausländische Gäste bietet iz.B.um Beispiel Swiss Travel System sehr attraktive Familienrabatte an. Kinder unter 16 Jahren reisen mit der Swiss Family Card kostenlos, und in Zermatt fahren Kinder bis 9 Jahre gratis Ski.
Mit welchen Umsatzsteigerungen rechnen Sie in den nächsten Jahren beim Glacier Express und wie wollen Sie diese erreichen?
Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum von 4000 Reisenden pro Jahr was 2 % pro Jahr entspricht. Um dies zu erreichen, wird der Fokus auf die Märkte im asiatischen Raum, den Ausbau des Schweizer Marktes und die Stabilisierung des Marktes Deutschland gelegt.
«Bei der Sanierung des Furkatunnels handelt es sich um ein Infrastrukturprojekt welches über die Leistungsvereinbarung mit dem Bund und den Kantonen Uri, Graubünden und Wallis finanziert wird.»
Die Sanierungskosten von rund 200 Millionen Franken für den Furkatunnel sind ein grosser Brocken. Muss da die BVZ Holding mit einspringen?
Bei der Sanierung des Furkatunnels handelt es sich um ein Infrastrukturprojekt welches über die Leistungsvereinbarung mit dem Bund und den Kantonen Uri, Graubünden und Wallis finanziert wird. Ab 2016 läuft die Finanzierung gemäss FABI über den Bund. Die BVZ Holding AG hält keine Beteiligung an der Matterhorn Gotthard Infrastruktur AG, Eigentümer sind die drei Kantone Uri, Graubünden und Wallis und der Bund.
Die BVZ Holding will das Immobiliengeschäft als weiteres Standbein ausbauen, um die Abhängigkeit vom Tourismusgeschäft zu mindern. Steht Ihnen da nicht gerade im Wallis die Zweitwohnungsinitiative im Weg oder werden Sie sich auf Erstvermietungen und Gewerbeimmobilien beschränken?
Die Zweitwohnungsinitiative betrifft nicht nur das Wallis, sondern die ganze Schweiz. Bei den Immobilienprojekten strebt die BVZ Holding AG jedoch Erstvermietung und Gewerbeimmobilien an den sehr interessanten Standorten Zermatt, Visp, Brig und Andermatt an. Ende 2012 wurde beispielsweise das Wohn- und Geschäftshaus Brückenweg in Visp eröffnet. Die Nachfrage nach den Geschäfts- und Wohnflächen war sehr gross. Insgesamt hat sich das Immobilienportfolio sehr stark erweitert und wird als Standbein für die BVZ Gruppe zunehmend wichtiger.
An der Matterhorn Terminal Täsch AG und der Zermatt Bergbahnen AG besitzt die BVZ Holding nur Minderheitsbeteiligungen. Böte sich im jetzigen Umfeld keine Erhöhung an?
Die BVZ Holding AG besitzt eine Beteiligung von 34% an der Matterhorn Terminal Täsch AG sowie von 22% an den Zermatt Bergbahnen. Unter den Grossaktionären bestehen in diesen Gesellschaften Aktionärsbindungsverträge, Beteiligungserhöhungen sind aktuell nicht vorgesehen.
Fast die Hälfte Ihres Umsatzes machen Sie im Regionalverkehr. Um wieviel kann das Passagieraufkommen dank des neuen Rollmaterials noch wachsen?
Das Passagieraufkommen kann in den nächsten Jahren definitiv noch weiter wachsen. Der eben eingeführt Halbstundentakt zwischen Fiesch und Zermatt ist für die Kunden sehr attraktiv und bringt Mehrverkehr. Zudem werden verschiedene Massnahmen, wie die Intensivierung der Vermarktung, Produktinnovationen und die engere Einbindung der Destinationen entlang der Strecke, neue Anreize für die Gäste schaffen.
«Das Passagieraufkommen kann in den nächsten Jahren definitiv noch weiter wachsen.»
Auf vielen Anlagen stossen Sie dennoch oft an Kapazitätsgrenzen. Ist für die nächsten Jahre eine technische Basisinnovation zu erwarten, welche die Probleme löst?
Mit der Einführung des Halbstundentaktes werden wir einen grossen Schritt hin zur Lösung unseres «Luxusproblems» Kapazitätsengpässe machen. Somit können wir heute genügend Kapazitäten und modernes Rollmaterial anbieten. Lediglich an einigen wenigen Wochenenden kann es immer noch zu Engpässen kommen.
Im Güterverkehr blieben die Erträge gering. Wie liessen sie sich steigern?
Mit dem neuen Betreibermodell, das die Matterhorn Gotthard Bahn in Zusammenarbeit mit Alpin Cargo per 1. Oktober 2011 eingeführt hat, konnte ein neues innovatives Zusammenarbeitsmodell erfolgreich umgesetzt werden. Jeder Partner setzt dabei auf seine Stärken: Die MGBahn konzentriert sich nur noch auf die bahnnahen Leistungen und Alpin Cargo (eine Tochtergesellschaft von Planzer) übernimmt die Vermarktung, den Umschlag und die gesamte Logistik. Mit dem herausgearbeiteten Kollaborationsmodell konnte für beide Partner eine Win-Win-Situation geschaffen werden. Die Abnahme, die im Güterverkehr in den letzten Jahren verzeichnet wurde, kann vor allem auf den Abschluss der NEAT-Baustelle bei Sedrun zurückgeführt werden. Auf der Linie Visp–Zermatt wird der Güterverkehr, auch gerade dank dem neuen Güterterminal Bockbart in Visp, immer wichtiger.
Zur Person:
Fernando Lehner (1960), Eidg. Dipl. Maschineningenieur HTL, steht der BVZ Holding AG und der Matterhorn Gotthard Bahn seit 2012 vor. Davor leitete er während rund neun Jahren den Bereich Rollmaterial und Traktion und schloss berufsbegleitend am Malik Management Zentrum St. Gallen das Zusatzstudium zum „Malik MZSG Master of Management“ ab. Vor seiner Tätigkeit bei der Matterhorn Gotthard Bahn und der BVZ Holding AG hatte er während 17 Jahren diverse Funktionen bei der Lonza AG inne, zuletzt führte er die Abteilung Instandhaltung und Engineering Services im Geschäftsbereich Organic Fine Chemicals.
Zum Unternehmen:
Die Geschichte der BVZ Holding AG beginnt mit der Eröffnung der Visp-Zermatt-Bahn im Jahr 1891. 1962 erfolgte die Namensänderung der Visp-Zermatt-Bahn in Brig-Visp-Zermatt-Bahn, daher die heutige Abkürzung BVZ. 1999 wandelt sich das Unternehmen in eine Holding – der Ausgangspunkt für weiteres Wachstum. Heute ist die BVZ Holding keine reine Bahngesellschaft mehr, sondern ein touristisches Unternehmen mit rund 600 Mitarbeitenden, das in Kooperation mit öffentlichen und privaten Partnern komplette Dienstleistungen rund um die Themen Mobilität und Erlebnis anbietet. Die Hauptmarken der Unternehmung sind die Matterhorn Gotthard Bahn, die Gornergrat Bahn und der Glacier Express.