Francesco Miotti, CEO Investapedia

Francesco Miotti, CEO Investapedia.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Miotti, wie steht es um das fachliche Wissen des durchschnittlichen Anlegers und wie viel haben die Anleger an der Börse im letzten Jahr verloren?

Francesco Miotti: Leider ist das fachliche Wissen in der erwerbstätigen Bevölkerung sehr gering ausgeprägt. Zum Einen liegt es sicherlich an unserem Bildungssystem, dessen Lehrpläne eine grundlegende Vermittlung der elementaren Zusammenhänge im Umgang mit Geld und des Finanzmarktes nicht vorsieht und zum Anderen werden Finanzthemen oftmals zu kompliziert an die Menschen herangetragen. Mit dem richtigen Informationszugang kann es richtig Freude machen, sich mit Geld und Finanzthemen im Allgemeinen auseinander zu setzen, es muss eben nur einfach sein.

«Der Schaden durch qualitative Mängel der Beratung sowie gänzlich falscher Beratung lässt sich offenbar auf ca. 17 Mrd. EUR beziffern.» Francesco Miotti, CEO Investapedia

Was den zweiten Teil der Frage betrifft, so haben die Aktienmärkte im zurückliegenden Jahr einen positiven Trend gehabt. Es wäre jedoch falsch, eine so kurzfristige Betrachtung anzusetzen und von einer andauernden Aufwärtsentwicklung auszugehen. Oftmals investieren Menschen mit falschen Vorstellungen in Aktien oder anderen an den Börsen gehandelten Titeln. Jeder möchte gerne schnell viel Rendite für sein Erspartes erzielen, dabei werden nur allzu oft die Risiken ausser acht gelassen. Wir denken, dass es grundsätzlich sinnvoller ist, Verluste zu vermeiden und mit den Kunden über realistische Szenarien zu sprechen.

Sie wollen mit Ihrem Unternehmen Investapedia vor allem das Wissen der Anleger verbessern, bevor Sie ihnen zu Produkten raten. Gibt es wissenschaftliche Untersuchungen die belegen, dass besser informierte Anleger auch eine höhere Rendite erzielen?

Es geht weniger um die Rendite als vielmehr um die optimale Disposition der vorhandenen finanziellen Mittel. In dem Zusammenhang geht darum Einsparpotenzial sichtbar zu machen, potenzielle Risiken zu kennen, sich vor deren Auswirkungen zu schützen und einen validen Plan für die Erreichung finanzieller Ziele zu erarbeiten.

«Die rasche Vermehrung des Geldes ist und wird immer eine Illusion bleiben.»

In der Tat gibt es eine in Deutschland durchgeführte Untersuchung, welche wissenschaftlichen Charakter hat. Prof. Dr. Andreas Oehler, Leiter der Forschungsstelle «Verbraucherfinanzen & Verbraucherbildung» an der Universität Bamberg, hat ermittelt, dass sich der Schaden durch qualitative Mängel der Beratung sowie gänzlich falscher Beratung offenbar auf ca. 17 Mrd. EUR beziffern lässt. Eine erschreckende Zahl, welche sicherlich vergleichsweise auch auf die Schweiz zutrifft. Verbraucher sind im Umgang mit Finanzthemen überfordert und vertrauen zu sehr auf den Rat der Berater von einzelnen Produktanbietern. Dabei bleibt eine ganzheitliche Betrachtung sowie der Vergleich unter verschiedenen Anbietern auf der Strecke. Auch führen einseitige Medienberichte zu Verunsicherungen bei Verbrauchern in dessen Folge womöglich Entscheidungen mit Verlustfolgen getroffen werden. Unsere Meinung ist hier sehr klar: eine zumindest in den Grundzügen ausgeprägte Finanzbildung kann vor Verlusten schützen und leistet einen Beitrag zu mehr Wohlstand und finanzieller Freiheit.

Auch bestens informierte Bankenprofis schaffen es meistens nicht, eine höhere Performance als die Indices zu erzielen. Wäre es nicht das Einfachste für den Durchschnittsanleger, auf indexbasierte Produkte zu setzen?

Wie schon zuvor zum Ausdruck gebracht, geht es in erster Linie weniger um die «Jagd» nach der besten Rendite, sondern vielmehr um die Priorisierung von finanziellen Entscheidungen. Des Weiteren geht es hier um die Risikofähigkeit und Risikobereitschaft des Kunden. Auch uns ist nicht entgangen, dass es nur wenigen Managern gelingt, den Index zu schlagen. Unserer Meinung nach ist die Indexorientierung kein ausreichender Massstab. Bin ich als Anlagemanager gut, wenn der Index -15% erzielt hat und ich nur -12%? Nein, der Kunde hat einen Verlust von 12% erzielt und genau das gilt es zu vermeiden! Wie? Indem wir uns an Strategien ausrichten, welche das Marktgeschehen anders ausbalancieren, als es bis anhin der Fall war.

In Boomphasen glauben Anleger immer wieder, sie könnten ihr Geld arbeiten und so zu Reichtum gelangen, mit dem Resultat, dass die meisten unter dem Strich Geld verlieren. Welche realistischen Ziele sehen Sie für durchschnittliche Anleger, wieso sollte jemand ohne (über)flüssigen Reichtum sich überhaupt mit dem Thema “Anlagen” beschäftigen?

Es entspricht auch unserer Erfahrung, dass Anleger zu stark emotional getrieben sind und der Wunsch nach der raschen Vermehrung des Geldes sehr stark ausgeprägt ist. Das ist und wird immer eine Illusion bleiben. Das Thema Anlagen ist auf ein für den Kunden verständliches Mass zu reduzieren, die Menschen sollten die grundlegenden Zusammenhänge von Risiko, Rendite und Verfügbarkeit kennen, ohne dabei zum Experten zu avancieren.

«Wir sollten aufhören die Dinge immer nur kurzfristig zu betrachten. Der Umgang mit Geld ist ein lebensbegleitendes Thema.»

In den meisten Fällen lassen sich Renditeunterschiede bei vergleichbaren Zielsetzungen und Risikoprofilen erzielen. Wir denken, dass sich niemand Verschwendung leisten kann, so auch nicht einen Renditeunterschied von 0,5% über einen langen Zeitraum. Wir sollten aufhören die Dinge immer nur kurzfristig zu betrachten. Der Umgang mit Geld ist ein lebensbegleitendes Thema. Im Verlauf eines Erwerbslebens werden durchschnittliche erwerbstätige Menschen rund 3 Mio. CHF für Ihren Lebensunterhalt, für Miete, den Sozialabgaben, Steuern, Versicherungen und anderen Kosten aufbringen. Auf dem Weg durch das Leben Einsparungen und mehr Rendite für sein Erspartes zu erzielen macht einige zehntausend Franken Unterschied aus. Ein guter Grund, sich mit dem „Anlegen“ von Geld auseinander zu setzen!

In Ihrer Begriffswelt steht das Finanz-Coaching im Mittelpunkt. Wie grenzt sich das ab von der Finanzberatung, die von Banken oft anstelle des eigentlichen Produkte-Verkaufs verwendet wird?

Eine Finanzberatung ist immer nur eine Momentaufnahme, das Leben ist jedoch nicht statisch, alles ist einer Dynamik ausgesetzt und damit ständigen Veränderungen. Gerne möchte ich es anhand einer Analogie verdeutlichen: wenn jemand beabsichtigt unbekanntes Gelände (z.B. in einem Gebirge) zu durchwandern, so kann man dem Wanderer sicher eine optimale Beratung angedeihen lassen, was er mitnehmen sollte, ihn mit allgemeinen Ratschlägen ausstatten etc. Was diese Beratung jedoch nicht im Stande ist zu tun, ist die Befähigung, wie der Wanderer sich bei einer veränderten Wetterlage oder anderen Abweichungen von der „Norm“ zu verhalten hat. Genau das ist es, was wir mit dem Aspekt des Finanz Coaching ermöglichen wollen.

«Wir machen den Zugang zu unserer Dienstleistung nicht von der Höhe eines Vermögens abhängig.»

Unsere Kunden sollen eine Befähigung erhalten qualifiziertere Entscheidungen treffen zu können, Zusammenhänge erkennen, kritische Fragen stellen können und so mehr mit ihrem Geld erreichen.

Die Krisenbewältigung wird von den Zentral- und Staatsbanken mit Geld zum Nulltarif für Finanzinstitute und dem Aufkauf gefährdeter Staatsanleihen gestützt. Parallel dazu steigen die Arbeitslosenzahlen vor allem bei den Jugendlichen massiv an und das frei verfügbare Vermögen der Durchschnittsverdiener sinkt. Wo sehen Sie in einem solchen Umfeld Erfolgschancen für Finanz-Coaching?

Natürlich können auch wir uns hier in der Schweiz nicht gegen die Auswirkungen einer Eurokrise und/oder der Finanzpolitik der EZB oder FED abschotten. Mit der aktuellen Arbeitslosenquote von 2,9% stehen wir im internationalen Vergleich top dar, was nicht heissen soll, dass auch einmal andere Zeiten auf uns zukommen können. Insbesondere in angespannten Zeiten sehen wir einen grossen Bedarf für unser Finanz Coaching. Befähigung im Umgang mit Geld hat immer Hochkonjunktur, weil es im Naturell des Menschen liegt, mehr im Leben erreichen zu wollen. Es kommt in erster Linie darauf an, wie Finanzwissen vermittelt wird und ob es uns gelingt, dass die Menschen Freude an unserem Finanz Coaching haben.

Ihre Kunden wollen Sie dabei unterstützen, ein Leben in Wohlstand und finanzieller Freiheit zu führen. Welche Voraussetzungen und welches Vermögen muss man mitbringen, um Kunde bei Investapedia zu werden?

Das ist ja das Schöne, wir machen den Zugang zu unserer Dienstleistung nicht von der Höhe eines Vermögens abhängig. Unser Finanz Coaching steht jedem erwerbstätigen Menschen in der Schweiz zur Verfügung, welcher über ein disponierbares Einkommen verfügt. Eine Einschränkung gibt es jedoch, wir machen keine Schuldenberatung. Hingegen führt unser Finanz Coaching dazu, dass eine Verschuldung vermieden werden kann.

«Wir plädieren eindeutig dafür, dass die Grundlagen im Umgang mit Geld zum Bestandteil des Lehrplans an allgemeinbildenden Schulen gehört.»

Ein wichtiger Punkt in der Beratung ist die Unabhängigkeit. Wie wird diese bei Investapedia gewährleistet und wie finanzieren Sie Ihre Leistungen?

Wir arbeiten mit einer Vielzahl etablierter Gesellschaften am Finanzplatz Schweiz zusammen und orientieren uns bei der Produktauswahl an den Bedürfnissen sowie Erfordernissen unserer Kunden. Da keine wirtschaftliche Verflechtung mit Anbietern besteht und auch keine eigenen Produkte angeboten werden, stehen die Kundeninteressen immer im Vordergrund.

Sofern wir in der Lage sind finanzielle Vorteile aufzuzeigen, führt dies in der Regel dazu, dass unsere Kunden den Nutzen für sich in Anspruch nehmen möchten. In diesem Fall erfolgt eine Vermittlung an den jeweiligen Leistungsanbieter. Im Gegenzug erhalten wir von der jeweiligen Gesellschaft eine entsprechende Vergütung. Somit können wir die Beratung für unsere Kunden völlig unverbindlich und kostenfrei anbieten.

Während in der Ausbildung von Sprachen über Mathematik bis zu den gestalterischen Fächern viel vermittelt wird, ist der Umgang mit Geld praktisch nie ein Thema. Eine Lücke oder etwas, das sich jeder eh besser nebenbei aneignet?

Leider ist es so, dass der Lehrplan die Vermittlung von Finanzwissen auslässt. Aus unserer Sicht ist dies eine absolute Lücke im klassischen Bildungssystem. Wir plädieren eindeutig dafür, dass die Grundlagen im Umgang mit Geld zum Bestandteil des Lehrplans an allgemeinbildenden Schulen gehört!

Keines Falls ist der Umgang mit Geld ein Thema, welches sich mal eben so nebenbei aneignen lässt. Es sollte nicht dem Zufall überlassen sein, wie erfolgreich Menschen mit Ihrem Geld wirtschaften können, sondern die Folge einer erlangten Qualifikation. Schlussendlich kommt es unserer Gesamten Wirtschaft hier in der Schweiz zu Gute.

In welcher Altersgruppe sehen Sie den grössten Bedarf an finanzieller Beratung?

Grundsätzlich erkennen wir, dass es in jeder Altersgruppe ab der Erwerbstätigkeit einen grossen Bedarf an unabhängiger Finanzberatung und Finanz Coaching gibt. Jedoch können insbesondere in den ersten Erwerbsjahren wichtige Grundlagen für eine optimale Finanzsituation im Leben geschaffen werden. Somit ist es uns ein wichtiges Anliegen, insbesondere jüngeren Erwerbstätigen Menschen das Thema Finanzen auf interessante Weise näher zu bringen und Ihnen zu qualifiziertem Finanzwissen zu verhelfen.

Wenn Sie zwischen zwei Stichworten wählen müssen, welches ist Ihre Wahl?

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünschen frei, wie sehen diese aus?

Mit dem ersten Wunsch würde ich mir wünschen, dass ich wunschlos glücklich bin und keine Wünsche offen habe. Dies beinhaltet in erster Linie die Gesundheit meiner Familie, meiner Freunde und das fulminante Team von Investapedia. An dieser Stelle möchte ich mich genau bei diesen Personen herzlichst für die tolle Unterstützung bedanken und wünsche mir mit meinem zweiten Wunsch eine qualitativ hochwertige Expansion des Unternehmens.

Der Gesprächspartner:
Francesco Renato Miotti, CEO Investapedia, geb. 1983
2000 – 2003 Kaufmännische Ausbildung mit Fähigkeitsausweis
2003 – Okt 2011: Managerposition mit 35 Mitarbeiter und Fachausbildner im Bereich Hypotheken und Immobilien bei AWD – Allgemeiner Wirtschaftsdienst AG

2000 – 2003 Kaufmännische Grundausbildung
2003 – 2004 Interne Finanzberaterausbildung AWD
2004 – 2006 Teamleiterausbildung TLA
2006 – 2008 Vertiefungsausbildungen: Altersvorsorge, Einkommenssicherung, Sach- und Vermögensversicherung, Kapitalanlagen, Haus und Wohnen, Gesundheitsvorsorge, Finanzberatung, Ehe- und Erbrecht, Steuern und Bestandesentwicklung.
2008 – 2010 Dipl. Finanzberater IAF mit Diplom
2010 – 2011 Managementakademie für Führungskräfte
November 2011 Gründung Investapedia GmbH

Das Unternehmen:
Die Investapedia GmbH wurde im Oktober 2011 mit Hauptsitz in Pfäffikon SZ gegründet. Die dargebotene Dienstleistung des Finanz-Coaching hat sich aus den Erfahrungen von hunderten Kundenberatungen ergeben. Aus unserer Sicht ist die unabhängige Finanzplanung eine Mindestvoraussetzung, um eine bedarfsgerechte Finanzberatung von Privatkunden sicher zu stellen. Nur wenn keine Eigeninteressen im Spiel sind, können Kundenbedürfnisse optimal berücksichtigt werden. Unsere Feststellung ist jedoch, dass eine Finanzberatung allein nicht ausreicht, mittel bis langfristige Ziele zuverlässig zu erreichen. Zu viele Dinge ändern sich in immer kürzeren Abständen. Wenn es um das Wirtschaften mit dem eigenen Geld geht, ist Eigenverantwortung unerlässlich. Diese kann jedoch nur gelebt werden, wenn entsprechendes Finanzwissen vorhanden ist. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, einen wirksamen Beitrag zur Ausprägung von Finanzwissen in unserer Gesellschaft zu leisten. Mit dem Ansatz unseres Finanz-Coaching wollen wir das gesteckte Ziel erreichen und sicherstellen, dass unsere Kunden mehr Wohlstand und finanzielle Freiheit für sich erleben. Somit ist der Erfolg unserer Kunden auch die Grundlage unseres Erfolges. 

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