Frank Beeck, CEO Charles Vögele. (Foto: Charles Vögele)
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Beeck, Charles Vögele hat im 1. Halbjahr erneut einen Umsatzrückgang hinnehmen müssen und verbleibt tief in den roten Zahlen. Einzig der Free Cash Flow verbesserte sich auf 11 Mio. Franken nach -60 Mio. Franken in der Vorjahresperiode. Welche Faktoren haben das Geschäft in H1 geprägt?
Frank Beeck: Die Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr 2012 war nach wie vor geprägt durch eine verhaltene Konsumentenstimmung, ausserordentlich schlechten Rahmenbedingungen (Wetter, Osterverschiebung) im April und dem anhaltend starken Franken. In der Schweiz litten wir zusätzlich unter der Verunsicherung der Kunden durch die unklare Positionierung der letzten Jahre. Zu Gunsten des Free Cash Flows sowie bereinigter Sommerware haben wir uns im Mai entschieden, den Sommerschlussverkauf vorzuziehen und somit die Profitabilität aktuell in den Hintergrund zu rücken, um die Erreichung unsere Ziele, konform mit unserem 3-Jahresplan, sicherzustellen.
Frankenstärke und Einkaufstourismus werden das Geschäft auch in der 2. Jahreshälfte belasten. Welche Erwartungen sind mit dem 2. Semester verbunden, welche Faktoren dürften sich positiv auswirken?
Das Ziel für das Geschäftsjahr 2012 ist einen ausgeglichenen Free Cash Flow zu erreichen. Wir sind auf gutem Weg und zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird. So haben wir Charles Vögele wieder klar positioniert und die Prozesse sowie die Organisation auf unseren Zielkunden – 40 Jahre plus – ausgerichtet. Die Logistik ist stabilisiert und wir arbeiten mit Hochdruck an den neuen Kollektionen. Charles Vögele ist im Begriff, seinen Kundinnen und Kunden wieder eine modische Heimat, kombiniert mit einer kompetenten Beratung in einem angenehmen Ambiente und mit einem noch besseren Preis-/Leistungsverhältnis zu bieten. Dies werden wir in den kommenden Monaten wieder verstärkt kommunizieren. Der Kunde muss wissen, dass bei Charles Vögele heute und auch in Zukunft der Kunde, das Produkt und die Mitarbeitenden im Fokus stehen. Dies ist etwas verloren gegangen. Die ersten Erfolge dieser Umstellungen werden im zweiten Halbjahr sichtbar. So ist in der Schweiz für das zweite Halbjahr eine neue Imagekampagne geplant – diese sollte sich im Heimatmarkt positiv auswirken.
«Für 2014 streben wir ein positives Konzernergebnis an, basierend unter anderem wieder auf einem gesunden Wachstum. Ein Händler, der mittelfristig nicht wächst, hat langfristig keine Zukunft.»
Frank Beeck, CEO Charles Vögele
Nächstes Jahr wollen Sie wieder eine schwarze Null schreiben und 2014 soll wieder ein positives Ergebnis erreicht werden. Analysten sind skeptisch, dass dieses Vorhaben gelingt. Was stärkt Ihre Zuversicht, das Ziel zu erreichen?
Unser Plan ist klar: Wir wollen dieses Jahr mit einem ausgeglichenen Free Cash Flow abschliessen und ohne Risiken durch Warenbestände, die nicht mehr ins Konzept passen, ins nächste Jahr starten. Mit der neuen Kollektion 2013 wird dann auch die Einmarkenstrategie erstmals vollständig umgesetzt sein. Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden wieder durch unsere Leistung überzeugen und durch neue und noch attraktivere Produkte deren Vertrauen zurückgewinnen. Natürlich müssen wir all diese Veränderungen unseren Kunden kommunizieren. Dies wird eine der grösseren Herausforderungen werden, wobei ich sehr zuversichtlich bin, dass uns das gelingen wird. Durch die klare Positionierung kennen wir die Bedürfnisse unserer Kunden sehr genau und wissen, was er von uns erwartet und wie er angesprochen werden möchte. Für 2014 streben wir ein positives Konzernergebnis an, basierend unter anderem wieder auf einem gesunden Wachstum. Ein Händler, der mittelfristig nicht wächst, hat langfristig keine Zukunft.
Filialschliessungen oder ein Personalabbau sind nicht vorgesehen?
Wir befinden uns aktuell auf einem sehr tiefen Kostenniveau. Die Reduzierung der Komplexität im Unternehmen und der Ausbau der strategischen Beschaffung von Nichhandelsgütern erlaubt es uns, noch kosteneffizienter zu sein. Weitere Potenziale sehen wir eher in der Optimierung der Logistik und der nachhaltigen Optimierung des Filialnetzes und nicht bei einem Personalabbau. Wir optimieren unser Filialnetz kontinuierlich, dies ist Teil unseres Geschäfts was auch Schliessungen und Eröffnungen beinhaltet.
Sie sind vor knapp einem Jahr angetreten, das Unternehmen neu auszurichten resp. wieder auf die Bedürfnisse der angestammten Kunden zu fokussieren. Das ist ein beschwerlicher Weg, andererseits ist eine baldige Trendwende unabdingbar. Wie stellen Sie sich dieser Herausforderung?
Wir haben einen klaren Plan und an dem halten wir fest. Wir sehen wie erwähnt auch bereits erste Erfolge der eingeleiteten Massnahmen. Ein Turnaround braucht Zeit und ein Management, das die Ruhe und Kraft besitzt, auch Seitwärtsbewegungen zu akzeptieren. Die externen Einflussfaktoren sind in unserem Geschäft schwer oder gar nicht steuerbar. Wir haben ein starkes Team, welches sehr motiviert ist und die Neuausrichtung von Charles Vögele vorantreibt. Meine Vision für Charles Vögele ist, das Unternehmen für unsere Zielkunden zur ersten Adresse für Bekleidung und als Organisation zu einem Benchmark in der Branche und unserem Segment zu machen. Das Know-how und die Leidenschaft dafür sind da.
«Ein Turnaround braucht Zeit und ein Management, das die Ruhe und Kraft besitzt, auch Seitwärtsbewegungen zu akzeptieren.»
Die Stammkundschaft im Alter von 40 Jahren plus soll wieder erkennen, wofür Charles Vögele steht. Wie sieht die klare Positionierung aus?
Wir fokussieren uns auf unsere Zielgruppe Frauen und Männer im Alter von 40 Jahren plus. Mit einem aktuellen Sortiment und kompetenter Beratung bieten wir einen unkomplizierten Zugang zu modischer Kleidung. Charles Vögele spricht Kunden an, die mitten im Leben stehen, gut gekleidet sein wollen und Wert auf ein hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis legen. Wir bieten ein klassisches sowie modernes Sortiment in einer guten Qualität. Durch Auswertungen des Einkaufsverhaltens unserer Kunden kennen wir deren Bedürfnisse sehr genau. Zudem holen wir uns direkt von unseren Mitarbeitern in den Filialen Anregungen, die wieder in die Kollektion einfliessen. So stellen wir sicher, dass wir auch zukünftig unserem Leistungsversprechen gerecht werden. Dem Kunden zuhören – dies ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Strategie.
Wie unterscheidet sich das Sortiment von der Konkurrenz, wie wird es sich künftig präsentieren?
Wir wollen bei der Modernität, der Passform und der Qualität den Markenanspruch eines Gerry Weber oder BRAX erreichen, aber auf unserer Preisstufe. Kindermode ist eine unserer Kernkompetenzen, bei welcher die gleichen Regeln gelten. Hier haben wir auf den Markt reagiert und die Preise gesenkt, um noch wettbewerbsfähiger zu sein.
Und in welchem Preissegment soll sich das Sortiment bewegen?
Wir werden unsere Eckpreislagen nicht verändern und bieten Kunden, für die auch Qualität wichtig ist und der Preis nicht der alleinige Entscheidungsfaktor, aktuelle tragbare Mode. Unser Kunde soll unser Geschäft immer im Wissen verlassen, dass er für sein Geld einen Mehrwert erhalten hat. Charles Vögele war auch in den erfolgreichen Zeiten nie ein Billiganbieter, auch wenn die Preise immer sehr attraktiv waren. Insofern besinnen wir uns hier auf unsere traditionellen Werte. Die Handschrift der hochwertigen Linie Nadia Nardi, die im mittleren Preissegment angesiedelt war und die aufgegeben wurde, wird in der Produktaussage in der kommenden Saison wieder vorhanden sein. Durch unsere sehr erfolgreichen Fremdmarken sehen wir, welches Potenzial Charles Vögele noch hat.
Die Konkurrenz ist in den verschiedenen Märkten unterschiedlich, der Geschmack der Kundschaft erst recht. Was bedeutet dies für die Sortimentsgestaltung?
Wir haben den typischen Charles Vögele Kunden in jedem Land analysiert um auch auf lokale Unterschiede eingehen zu können. Hier unterscheiden wir uns nicht von den vertikalen Anbietern. Das überarbeitete Flächen-Konzept ist modular aufbaubar und kann so flexibel an die Grösse der Verkaufsfläche sowie auf regionale Bedürfnisse angepasst werden. Dies, ohne dass neue grosse Investitionen notwendig sind. Fremdmarken helfen, regionalen Unterschieden gerecht zu werden; sowohl in der Modigkeit wie auch im Preislagenaufbau. In der Schweiz bieten wir in vielen Flagshipstores schon in dieser Herbst-/Wintersaison Marken wie zum Beispiel Lebek, Gelco, Seidensticker, Tom Tailor und neuerdings auch Steilmann zur Abrundung unseres eigenen Sortiments an. Diese für alle Seiten zufriedenstellenden Zusammenarbeiten werden wir noch ausbauen und dem Kunden stärker kommunizieren.
Wie wollen Sie die neuen Werte und ein positives Image kommunizieren?
Wir haben gerade in der Schweiz für das zweite Halbjahr eine neue Imagekampagne geplant. Wie die im Detail aussieht, möchte ich noch nicht verraten. Wir freuen uns aber sehr, einen Ansatz gefunden zu haben, der unsere Werte vermittelt. Diese Kampagne ist dann auch ausbaubar. Zudem sind die Modeblätter ein hervorragendes Medium unsere Werte über das Produkt zu kommunizieren.
«Heute stehen bei uns der Kunde, das Produkt und die Mitarbeitenden im Zentrum und keine Testimonials.»
Wie werden die Kunden eine veränderte Ansprache in den Läden erleben?
Eine ganz wichtige und wesentliche Veränderung war die Rückbesinnung auf Stammabteilungen. Der Kunde wird in Zukunft wieder sein Lieblingsstück in einer kompetenten Darstellung in unserer Filiale finden. So kann er sich schnell und unkompliziert einen Überblick über das gesamte Warenangebot verschaffen. Diese Vereinfachung ist in erster Linie durch die Einmarkenstrategie möglich, welche die Verwirrung durch das Shop-in-Shop Konzept aufhebt. Selbstverständlich werden wir unsere Kundinnen und Kunden in den sogenannten Coordinates-Abteilungen inspirieren, in dem wir Kombinationsmöglichkeiten und komplette Outfits präsentieren. So bieten wir eine klare Produkt- und Modekompetenz.
Nach den Cruz-Schwestern erneuert Vögele auch den Vertrag mit Til Schweiger nicht mehr. Die Zeit der Prominenten bei Vögele ist also endgültig vorbei?
Die Testimonials haben zur Entstaubung unseres Images beigetragen. Man hat wieder über Charles Vögele gesprochen. Unser Zielkunde hat aber auch geglaubt, dass wir nur noch ein junges Publikum ansprechen. Und die neuen Kundinnen und Kunden hatten andere Erwartungen an unser Sortiment. Dies ändern wir jetzt. Heute stehen bei uns der Kunde, das Produkt und die Mitarbeitenden im Zentrum und keine Testimonials.
Welche Investitionen sind mit der Neupositionierung verbunden?
Die Neupositionierung ist nicht mit zusätzlichen Investitionen verbunden.
Herr Beeck, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Frank Beeck – CEO
1967, seit 13. September 2011 Chief Executive Officer (CEO), Deutscher, Diplom-Kaufmann und Master of Finance, von Juli 2010 bis September 2011 Chief Sales Officer (CSO) bei Charles Vögele. Von 2006 bis 2010 als Geschäftsführer bei Mango für sieben Länder in Mitteleuropa verantwortlich. Vor dieser Zeit führte er zwei Jahre als General Manager Europe das Wholesale- und Retailgeschäft bei der Koton Textile Group. Von 1993 bis 2003 war er in verschiedenen leitenden Funktionen bei Windsor, Eduard Kettner sowie Peek & Cloppenburg tätig.