Franz-Xaver Simmen, CEO Andermatt Swiss Alps, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Simmen, Sie sind in Realp unweit von Andermatt aufgewachsen und haben die Entwicklung des Bergdorfs aus nächster Nähe mitverfolgen können. Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Gedanken, als Sie von den Ferienresort-Plänen von Samih Sawiris gehört haben?
Franz-Xaver Simmen: Ja klar, ich habe damals Sawiris und Orascom im Internet recherchiert und bin kurz darauf nach El Gouna in die Ferien gefahren. Als ich das gesehen hatte, war für mich klar, das kann was werden! Dass ich die Entwicklung in der Region dann aber später aktiv mitgestalten würde, daran dachte ich damals jedoch nicht.
Heute, gut 12 Jahre später und nach bisherigen Investitionen von rund 900 Millionen Franken – was denken Sie heute, wenn Sie über Andermatt blicken?
Zwölf Jahre sind eine kurze Zeit. Und trotzdem haben wir enorm viel erreicht. Wir haben viel gebaut. Seit bald fünf Jahren ist das The Chedi Andermatt geöffnet, für viele das beste Hotel in den Alpen. Wir haben im Feriendorf Andermatt Reuss sieben Apartmenthäuser erstellt und über zwei Drittel der Wohnungen verkauft. Wir eröffnen im Herbst das Radisson Blu sowie die Gotthard Residences mit Schwimmbad und Wellness. Und im Dezember findet das erste Konzert im Konzertsaal mit 500 Plätzen statt. Im nächsten Winter eröffnete die Skigebietsverbindung zwischen Andermatt und Sedrun in der modernisierten SkiArena Andermatt-Sedrun. Seit 2016 ist der einmalig-schöne Golfplatz Andermatt bespielbar. Er wurde gerade um zweiten Mal zum Golfplatz des Jahres gewählt.
Uns geht es manchmal zu langsam. Aber wenn ich das alles aufgezählt sehe, dürfen wir auf das Erreichte stolz sein. Und nicht zuletzt: Der Wandel von Andermatt zu einer angesagten touristischen Destination war auch eine grosse Herausforderung.
Kommen wir auf die Entwicklung im vergangenen Jahr zu sprechen, in dem insgesamt 172 Millionen Franken investiert wurden. Welches waren die wichtigsten Projekte im Feriendorf Andermatt Reuss, die abgeschlossen werden konnten?
Im Feriendorf Andermatt Reuss konnten wir drei neue Apartmenthäuser einweihen und das Parking eröffnen. Das grösste Bauvolumen wurde in der SkiArena Andermatt-Sedrun bewältigt, wo für die Skigebietsverbindung Andermatt-Sedrun drei neue Bahnen sowie die dazugehörenden Stationen, Pisten und Beschneiungsanlagen erstellt wurden. Damit verfügt die Destination Andermatt nun über ein modernes und komfortables Skigebiet.
«Uns geht es manchmal zu langsam. Aber wenn ich das alles aufgezählt sehe, dürfen wir auf das Erreichte stolz sein.»
Franz-Xaver Simmen, CEO Andermatt Swiss Alps
Ende letzten Jahres waren wie Sie erwähnt haben zwei Drittel aller Wohnungen in den fertiggestellten und bezogenen Apartmenthäusern verkauft. 2017 konnten Immobilien im Umfang von 55 Mio Franken verkauft werden. Welche Immobilienprojekte stehen im laufenden Jahr vor der Vollendung?
Im laufenden Jahr stehen die Übergabe der Wohnungen im Apartmenthaus Alpenrose an die Eigentümer sowie der Baustart für die Häuser Fuchs und Eisvogel an. Im Herbst 2018 können das Hotel Radisson Blu Andermatt mit 180 Zimmern sowie die Gotthard Residences mit 90 Wohnungen sowie Hallenbad und Wellness eröffnet werden. Zudem planen wir bereits das nächste Hotel, das Vier Stern Familienhotel, mit dem wir demnächst beginnen werden.
Insgesamt sind 42 Mehrfamilienhäuser genehmigt. Wie sieht der Realisierungs-Zeitplan aus?
Wir stehen nicht unter Druck, wir bauen entsprechend der Nachfrage. Aber wir stellen fest, dass diese nun eindeutig angezogen hat. Das hängt damit zusammen, dass wir nicht mehr ein Projekt haben, sondern sehr viel realisiert ist. Die Gäste sehen, wie sich Andermatt schon gewandelt hat und was hier alles geht.
Das Deluxe-Hotel «The Chedi Andermatt» erzielte 2017 eine Ganzjahresauslastung von 54 Prozent, also deutlich mehr als im Vorjahr (39 %). Der Umsatz konnte um 17,4 % gesteigert werden. Wird das vielfach ausgezeichnete Hotel auch künftig 11 Monate im Jahr geöffnet sein?
Wir haben immer gesagt, dass wir keine Saisonhotels wollen. Es wird aber wohl immer ein kurzes Zeitfenster für gewisse Arbeiten benötigen, während dem das Hotel geschlossen ist. Aber elf Monate Öffnung ist das Mindestziel.
Wie sieht es mit der Gästestruktur des Hotels aus?
66 Prozent der Gäste stammen aus der Schweiz, je 6 Prozent aus Grossbritannien und Deutschland sowie je 11 Prozent aus dem restlichen Europa und dem Rest der Welt. Erfreulich ist, dass von den Schweizer Gästen gegen ein Drittel aus der französischsprachigen Schweiz kommen.
«Das neue Preissystem führte zu einem rasanten Umsatzwachstum im Online-Verkauf. Dieser hat sich gegenüber dem Vorjahr versiebenfacht.»
Für die Skigebietsverbindung Andermatt-Sedrun wurden drei neue Bahnen sowie die dazugehörenden Stationen, Pisten und Beschneiungsanlagen erstellt. Wie sind Sie mit der Wintersaison zufrieden?
Die SkiArena Andermatt-Sedrun verzeichnete eine meteorologisch anspruchsvolle Saison, aber einen insgesamt positiven Winter. Die Zahl der Skierdays (Erstzutritte) konnte in der Periode vom 1. Oktober 2017 bis 31. März 2018 um 4,2 Prozent gesteigert werden; der Gesamtumsatz nahm um 6,8 Prozent zu. Der viele Schnee war zwar positiv, an den Wochenenden war leider oft schlechtes Wetter und die Winterstürme haben den Betrieb auch überdurchschnittlich gestört.
Dem Preiskampf in den Skigebieten kann sich Andermatt nicht entziehen, mit dem mit Ticketcorner entwickelten dynamischen Preismodell haben Sie es sogar weiter angeheizt. Welche Erfahrungen haben Sie in der zurückliegenden Saison gemacht?
Das neue Preissystem führte zu einem rasanten Umsatzwachstum im Online-Verkauf. Dieser hat sich gegenüber dem Vorjahr versiebenfacht, die Skigäste buchen ihr Skiticket für die SkiArena im Durchschnitt bereits 12 Tage im Voraus. Da immer häufiger auch Mehrtageskarten online gebucht werden, liegt der Durchschnittsertrag für die Bergbahn gegenüber dem letzten Skiwinter um 40 % höher.
Mit Transportunternehmen bringen Sie Skifahrer aus Zürich, dem Aargau und der Innerschweiz ins Skigebiet. Hat sich das Angebot bewährt?
Das Busangebot hat sich grundsätzlich bewährt. Wie erwartet braucht es aber eine gewisse Anlaufzeit zur Etablierung. Es hat sich gezeigt, dass die Nachfrage aus dem Raum Aarau/Baden/Lenzburg grösser ist als aus den Räumen Zürich und Zug/Luzern.
Als letzte Etappe zur vollständigen Verbindung der Skigebiete Andermatt und Sedrun wird im Sommer die Gondelbahn Oberalppass-Schneehüenerstock. Wo wird im gemeinsamen Skigebiet die Kapazitätsgrenze liegen?
Wir haben mit den neuen Bahnen eine enorme Kapazität und der Engpass wird wohl eher beim öffentlichen Zubringer (Bahn und Bus) liegen und weniger bei den Bergbahnen. Zudem wird mit einer neuen Bahn auch das Skigebiet in Disentis mit Sedrun verbunden, auch das erhöht die Kapazität nochmals enorm.
Andermatt Swiss Alps befindet sich weiter in der mit hohen Kosten verbundenen Aufbauphase. Das Geschäftsjahr 2017 wurde mit einem budgetierten Defizit von knapp 30 Mio Franken abgeschlossen. Wie sieht es für 2018 aus?
Wir gehen davon aus, dass wir 2018 eine ausgeglichene Rechnung präsentieren können und das obwohl wir auch 2018 einiges investieren in die neuen Hotels und Bergbahnen.
Zur Person:
Seit Juni 2015 führt Franz-Xaver Simmen die Andermatt Swiss Alps AG, die Entwicklungs- und Baufirma des Tourismusprojektes in Andermatt. Zudem ist er Delegierter des Verwaltungsrates der Andermatt-Sedrun Sport AG (SkiArena Andermatt-Sedrun), welche die neue Skiverbindung von Andermatt nach Sedrun realisiert und damit das Skigebiet erweitert und modernisiert.
Franz-Xaver Simmen hatte zuvor Führungspositionen bei verschiedenen Unternehmen inne, darunter bei der AS Aufzüge AG und der Schindler Aufzüge AG. An der Universität St. Gallen absolvierte er ein Executive MBA in General Management mit der Master-Thesis «Schindler Service Strategy 2025». Zudem bildete er sich am International Institute for Management Development Lausanne weiter. An der Fachhochschule Biel schloss der gelernte Zimmermann das Studium als Bauingenieur ab. In seiner Freizeit widmet er sich seiner Familie und dem Sport. Er fährt Ski, Langlauf, Mountainbike und spielt Golf.
Seit 2015 CEO, Andermatt Swiss Alps AG, Andermatt
2013-2014 Member of the Board, Schindler Aufzüge AG, Ebikon
2010-2013 Geschäftsführer, AS Aufzüge, Wettswil
2009-2010 Executive MBA in General Management Universität St. Gallen
1997-2000 Bauingenieur Fachhochschule Biel
Andermatt Swiss Alps
Die Andermatt Swiss Alps AG ist eine nicht kotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Altdorf (UR). 49 % der Aktien werden von der Orascom Development Holding AG gehalten, 51 % direkt und indirekt von Samih O. Sawiris, der damit (direkt und indirekt) 86.6 % der Andermatt Swiss Alps AG kontrolliert.
Mit dem innovativen und nachhaltigen Feriendorf Andermatt Reuss wird das traditionelle Schweizer Bergdorf Andermatt zur attraktiven Ganzjahresdestination. Im Endausbau umfasst das Projekt rund 500 Apartments in 42 Gebäuden, 28 Chalets, Kongresseinrichtungen sowie ein Hallenbad und einen 18-Loch-Golfplatz.
Hinzu kommen sechs Hotels im 4- und 5-Sterne-Bereich, darunter auch das bereits eröffnete
5-Sterne-Deluxe-Hotel The Chedi Andermatt. Zudem werden die Skigebiete Andermatt und Sedrun zur attraktiven SkiArena Andermatt-Sedrun zusammengeführt.