von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Füssenich, in den Sommermonaten machten Schweizer coronabedingt vermehrt Urlaub im Inland. Wiederholt sich jetzt dasselbe Muster?
Frédéric Füssenich: Das ist momentan die grosse Frage. Inwiefern ist es möglich, im Sommer wieder frei zu reisen? Dies hängt sicher direkt mit der Impfquote und daraus abgeleitet wie viele Impfdosen zur Verfügung stehen. Oberste Priorität hat aus meiner Sicht bereits jetzt eine europäische oder globale Lösung für einen anerkannten Impfpass. Momentan bin ich skeptisch, dass diese Herausforderungen bis im Sommer gelöst werden. Wenn das Wetter passt dürfen wir zuversichtlich für den Sommer sein.
Wie sehr ärgert Sie die Planungsunsicherheit durch die immer wieder wechselnden Massnahmen des Bundesrats?
Die Liste ist lang, aber ich bin Betriebswirt und kein Epidemiologe. Der Bundesrat hat die politische Legitimität, Entscheidungen zu treffen und tut dies nach bestem Wissen und Gewissen. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Kein Verständnis habe ich, dass wir nicht mehr Impfstoff zur Verfügung haben. Andere Länder waren besser vorbereitet und sind schneller in der Umsetzung. Da wurden die Prioritäten falsch gesetzt, und jeder Monat, den wir verlieren, zerstört Existenzen.
«Wir hatten einen grossartigen Winter mit Schnee von Dezember bis April und haben 20% mehr Jahresabos verkauft.»
Frédéric Füssenich, CEO Rigi Bahnen AG
Kann man schon ein Fazit zur Wintersaison abgegeben?
Wir hatten einen grossartigen Winter mit Schnee von Dezember bis April und haben 20% mehr Jahresabos verkauft. Ähnlich wie im Rest der Schweiz Alpen war die geschlossene Gastronomie allerdings eine schwere Hypothek, und wir verzeichnen rund ein Viertel weniger Umsatz.
Durch die zahlreichen Kooperationen ist die Rigi der Hausberg der Zentralschweiz. Wie viele Einwohner haben zurzeit ein Jahresabonnement gelöst?
Mit 400 Franken inklusive Ski und Schlitteln bieten wir einen ausgesprochen fairen Preis an. 4000 Jahresabo-Besitzer nutzen momentan dieses Angebot. Man darf aber auch nicht die 15 Prozent GA-Gäste vergessen, welche regelmässig auf die Königin der Berge reisen.
Die Rigi ist sozusagen auch ein Zürcher Hausberg. Wissen Sie, wie viel Ihrer Kunden aus der Grossstadt kommen?
Circa ein Drittel unserer Gäste kommen aus dem Raum Zürich, Tendenz steigend. Die Rigi erlebt momentan eine Art Renaissance. Besonders die junge urbane Bevölkerung entdeckt die Liebe zur Natur und zum Wandern. Mitunter noch mit dem falschen Schuhwerk, aber auch das ändert sich langsam.
«Circa ein Drittel unserer Gäste kommen aus dem Raum Zürich, Tendenz steigend.»
Fahrten für Frühaufsteher und Nachtfahrten runden das Tagesangebot ab. Wieviel Frequenzanteil haben diese?
Die Fahrten sind primär für die Anwohner auf der Rigi und machen rund 1.5% der Totalfrequenzen aus. Hier gibt es noch Potential. Besonders die Sonnenuntergänge Richtung Vierwaldstättersee sind ein grossartiges Erlebnis.
Es gibt die Rigi gleich dreimal (als Rigi-Kulm, Rigi-Hochflue und Rigi-Scheidegg). Wie können die beiden Letzteren noch besser ins umfangreiche Gesamtkonzept eingebunden werden?
Aus touristischer Sicht macht es Sinn, zu unterscheiden ob ein Gast das erste Mal oder das n-mal auf die Rigi reist. Der Erstbesucher erwartet ein durchgängiges hochwertiges Erlebnis mit entsprechendem Komfort. Dieser Gast will auf den Gipfel – Rigi Kulm. Hier möchten wir im Herbst das Wegnetz sanieren und die Besucherlenkung verbessern. Zusätzlich wird der Gast auch relevante Informationen über die Geschichte, Flora und Fauna und die Alpwirtschaft via QR Codes per Audio erhalten. Der wiederkehrende Gast will weniger geführt werden. Besonders das Wilde und die unberührte Natur auf der Rigi muss nicht weiter inszeniert werden. Das macht die Rigi so besonders, es ein riesiges Gipfelerlebnis mit unvergleichbarer Aussicht auf die Seen und die Berge.
Auch für Wanderer mit Kinderwagen bietet die Rigi bequeme Spazierwege, ganz ohne Hindernisse. Wie sieht es für die Rollstuhlfahrer aus?
Im Zuge des Gleichstellungsgesetz investieren wir in den nächsten Jahren viel Geld für ein barrierefreies Reisen. Besonders der Weg von Kaltbad bis Rigi First bietet gute Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer.
Die Rund- und Abfahrten für Mountainbike sind legendär. Sind neben den bestehenden Trails noch weitere geplant oder Varianten?
Besonders E-Mountainbikes sind gross im Trend. Hier müssen wir in Zukunft noch unsere Hausaufgaben machen. Grundsätzlich sind E-Bikes für eine Bergbahn kein gutes Geschäft, sie kaufen kein Ticket. Mittel bis langfristig müssen wir hier aber handeln und ein entsprechendes Angebot schaffen. Es gilt an den populären Wanderwegen die Biker und Wanderer zu trennen. Die Biker sind für die Gastronomie eine interessante Zielgruppe. Hier werden wir im kommenden Sommer unsere Gastro-Angebote entsprechend fit machen.
«Grundsätzlich sind E-Bikes für eine Bergbahn kein gutes Geschäft, sie kaufen kein Ticket. Mittel bis langfristig müssen wir hier aber handeln und ein entsprechendes Angebot schaffen.»
Die erste Bergbahn Europas wird jetzt 150 Jahre alt. Vom 21. Bis 24. Mai 2021 soll das Jubiläumswochenende stattfinden. Haben Sie schon einen Plan B?
Der Plan A ist auch schon der Plan B. Es gibt ein dezentrales Fest über den ganzen Berg. Von Ländler über Blues bis zur klassischen Musik werden Konzerte angeboten. Kleinkünstler, Artisten und Clowns machen verschiedene Aufführungen und ein attraktives Kinderprogramm rundet das Programm ab. Kulinarisch bieten die Gastrobetriebe verschiedene regionale Spezialtäten an. Highlight ist natürlich eine Dampfparade am 22.04, und das ganze Wochenende wird die legendäre LOK7, Baujahr 1873, im Einsatz sein. Für jeden ist etwas dabei und absolut coronakonform.
Welche Vorteile wird das neue Rollmaterial bringen?
Grundsätzlich natürlich mehr Komfort. Momentan ist unser «modernstes» Rollmaterial aus den 80iger Jahren. Die 6-Zugkompositionen der Firma Stadler Rail sind Rigi-Like-Unikate und innen wie aussen wirklich etwas Besonderes. Betrieblich können wir viel effizienter Reisen und bei entsprechender Nachfrage über die Sommermonate einen Halbstundentakt anbieten. Das neue Rollmaterial wird primär in Vitznau zu Einsatz kommen. Goldau wird dadurch aber nicht an Attraktivität verlieren, da wir dort vermehrt mit den historischen Fahrzeugen fahren werden.
Wie geht es nach dem Investitionsstopp weiter mit der Erneuerung der Gondelbahn Weggis – Rigi Kaltbad?
Ziel ist es unseren Gästen einen Mehrwert zu bieten, aber die Investition muss in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis sein. Wir sind in der Planung, und der Verwaltungsrat wird im Herbst einen Typenentscheid fällen. Parallel sind wir im Gespräch mit dem Bundesamt für Verkehr, um eine Konzessionsverlängerung für die bestehende Bahn zu erhalten. Bis wir die neue Bahn bauen, werden zwischen zwei bis vier Jahre vergehen.
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