Fritz Mumenthaler, CEO Ascom. (Foto: Ascom)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Mumenthaler, das Berner Traditionsunternehmen Ascom hat an der gestrigen Generalversammlung der Verlegung des rechtlichen Domizils nach Baar zugestimmt. Blutet da nicht dem ein oder anderen Aktionär das Herz?
Fritz Mumenthaler: Der Umzug nach Baar steht für die Wandlung der Ascom zu einer modernen High-Tech-Firma mit zwei global tätigen Divisionen. Als börsenkotiertes Unternehmen suchten wir für unser schlankes Head Office einen definitiven Standort in einer modernen und attraktiven Umgebung. Zudem haben wir seit der Veräusserung der Division Security Communication in Bern keine Mitarbeiter mehr.
Sie kennen Zug von Ihrer Zeit bei Landis und Gyr. Die Konzernzentrale von Ascom ist nun schon eine Weile hier. War neben der effektiven Verwaltung auch die Nähe zum grossen Zürcher Flughafen Grund für den Umzug?
Ja, die gute Verkehrsanbindung des neuen Geschäftssitzes war sicher einer der ausschlaggebenden Punkte, der zum Umzug nach Baar führte. Ebenso wichtig waren die optimalen und modernen Büroräumlichkeiten in einer wirtschaftsfreundlichen Umgebung.
«Der Umzug nach Baar steht für die Wandlung der Ascom zu einer modernen High-Tech-Firma mit zwei global tätigen Divisionen.»
Fritz Mumenthaler, CEO Ascom
Noch macht Ascom drei Viertel seines Umsatzes in Europa. Auf wie viel könnte der Rest der Welt auf Ende des Jahrzehnts zu stehen kommen?
Ascom erzielte im Jahr 2013 69% ihres Umsatzes in Europa, 22% in Amerika und 9% im Rest der Welt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, sowohl in den Wachstumsmärkten wie auch in den traditionellen Märkten in Europa und Nordamerika, weiter zu wachsen. Nach heutigem Ermessen wird unser Geschäft in den USA und den Emerging Markets schneller fortschreiten als in Europa.
«…deshalb werden wir unseren Fokus noch stärker auf den asiatischen Markt ausrichten.»
Warum macht Asien nur spärliche 3 Prozent des Ascom-Umsatzes aus?
Der Umsatzanteil von 3% bezieht sich auf Südostasien. Unter Einschluss des Nahen Ostens erreichen wir einen deutlich höheren Anteil. Asien ist für beide Divisionen ein Wachstumsmarkt. Deshalb werden wir unseren Fokus noch stärker auf den asiatischen Markt ausrichten. Mit der Akquisition von Integrated Wireless in Australien haben wir bereits einen weiteren Schritt getan und unser Standbein im asiatisch-pazifischen Raum ausgebaut.
Was werden Sie tun, um dort noch besser Fuss zu fassen?
Ascom ist mit den Niederlassungen in Dubai und Kuala Lumpur gut positioniert, neu sind wir nun auch in Australien und Neuseeland mit 60 Mitarbeitenden präsent. Wir wollen in diesen vielversprechenden Märkten sowohl organisch wie anorganisch weiter wachsen.
Nach dem erfolgreichen Turnaround der Division Network Testing gehört Ascom zu den Börsenlieblingen. Bald laufen viele Sperrfristen für Mitarbeiteroptionen aus. Bis zu drei Prozent der Aktien könnten bald von den Mitarbeitern und dem Management gehalten werden. Ist das nach dem marktschonenden Ausstieg der Zürcher Kantonalbank eine Art neuer Ankerinvestor?
Nach dem Ausstieg der Zürcher Kantonalbank hat Ascom vier Aktionäre mit mehr als drei Prozent: UBS Fund Management, Lombard Odier Asset Management, BlackRock und Bank Julius Bär. Die Mitarbeiterbeteiligung liegt heute klar unter einem Prozent, auch wenn wir diese mit einem Share Matching Plan fördern möchten.
«Wir wollen die Mitarbeiterbeteiligung mit einem Share Matching Plan fördern.»
Der Technologiekonzern Ascom erhielt vor einiger Zeit die Genehmigung für die Aufnahme in den Beschaffungskatalog der spanischen Regierung. In der Division Wireless Solutions erhalten Sie generell viele Aufträge von Regierungsstellen. Wie verlässlich sind da Ihre Geschäftspartner in Zeiten der hohen Staatsschulden?
Das Gesundheitswesen ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich organisiert. Unsere Produkte und Lösungen fördern die Effizienz und erzielen damit auch Einsparungen, was ökonomisch Sinn macht. Grundsätzlich verhelfen der demografische Trend hin zu einer höheren Lebenserwartung und die damit einhergehende Modernisierung der Infrastruktur im Gesundheitssektor sowie der Wunsch nach grösserer Effizienz und mehr Sicherheit in den entsprechenden Einrichtungen dem Geschäft von Wireless Solutions zu Stabilität.
Warum gingen bei Network Testing im Gegensatz zu Wireless Solutions im 2013 die Investitionen in Forschung und Entwicklung zurück?
Die Ausgaben von Network Testing für Forschung und Entwicklung haben wir letztes Jahr um rund CHF 7 Mio gesenkt, da die Forschung und Entwicklung innerhalb der Division besser konzentriert und die Anzahl Plattformen reduziert wurden. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung entsprechen auch bei Network Testing dem Industriestandard.
In den nächsten Jahren müssen die Mobilfunkfirmen fleissig weiter in den Netzausbau investieren. Wird also Network Testing seinen Umsatz besonders kräftig steigern können?
Network Testing konnte sich als zuverlässiger Partner der Telekommunikationskonzerne positionieren und begleitet diese durch den ganzen Zyklus eines Mobilfunknetzes: Planung und Aufbau sowie Betrieb und Optimierung. Aufgrund der stark steigenden Nachfrage nach mobilem Breitband stehen die Telekommunikationskonzerne vor grossen Herausforderungen. Deshalb vertrauen sie auf die Unterstützung unserer Spezialisten. Neue Technologien werden der Division ebenfalls neue Geschäftsimpulse verleihen.
«Aufgrund der stark zugenommen Nachfrage nach mobilem Breitband stehen die Telekommunikationskonzerne vor grossen Herausforderungen.»
Wieviel Umsatzanteil haben eigentlich in beiden Divisionen Ihre OEM-Kunden?
Das OEM-Geschäft ist insbesondere für die Division Wireless Solutions bedeutend, wo es einen Umsatzanteil von 12% erreicht. Wireless Solutions ist – zusammen mit Siemens Gigaset – der weltweit grösste Hersteller von drahtlosen Enterprise-Telefongeräten.
Nach dem starken freien Cashflow in 2013 ist Ascom quasi schuldenfrei. Warum planen Sie für die nächsten zwei Jahre nur bestenfalls kleinere Akquisitionen?
Ascom hat die klare Absicht, in den kommenden Jahren auch über Zukäufe zu wachsen. Dabei stehen Unternehmen im Vordergrund, die uns dabei unterstützen, neue Märkte zu erschliessen oder unsere Stellung in bestehenden Märkten auszubauen. Wir konzentrieren uns dabei auf Objekte im unteren und mittleren Millionenbereich, da diese nach unserer Erfahrung vom jeweiligen Management auch gut integriert werden können.
Wie lange kann Ascom eigentlich noch von millionenschweren Verlustvorträgen profitieren?
Leider fallen die Gewinne nicht in erster Linie in denjenigen Ländern an, wo die grossen Verlustvorträge bestehen. Deshalb können wir sie nur bedingt verwenden. Wir werden aber auch in den nächsten Jahren versuchen, die bestehenden Verlustvorträge zu nutzen.
Zur Person:
Der studierte Ökonom Fritz Mumenthaler hat einen Abschluss in Business Administration am renommierten INSEAD. Von 1985-1988 arbeitete er bei der Credit Suisse als Manager Human Resources. Weitere Stationen waren Swissphone Telecommunications sowie Landis & Gyr respektive Siemens Building Technologies. Seit April 2011 führt der ehemalige Divisionsleiter die gesamte Ascom.
Zum Unternehmen:
Ascom ist ein globaler Lösungsanbieter mit umfassendem Technologie-Know-how in Mission-Critical Wireless Communication. Das Unternehmen fokussiert sich auf die Bereiche Wireless Solutions (ein internationaler Marktführer für hochstehende, kundenspezifische On-site-Kommunikationslösungen und Workflow-Optimierung) und Network Testing (ein weltweiter Marktführer im Testing, Monitoring, Post-Processing sowie für Leistungsoptimierungen von Mobilfunknetzen). Die Ascom-Gruppe mit Sitz in der Schweiz ist mit Niederlassungen in 17 Ländern und Geschäftsaktivitäten in über 130 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit rund 1‘600 Mitarbeitende. Die Ascom Namenaktien (Symbol ASCN) sind an der SIX Swiss Exchange in Zürich kotiert.