Guido Stäger, CEO Schweizer Zucker AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Stäger, mit dem Rüsselkäfer hat sich in diesem Jahr ein Zuckerrüben-Schädling breit gemacht. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden in Grenzen gehalten werden kann?
Guido Stäger: Erste Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen nicht ganz so gravierend sind, wie ursprünglich befürchtet. Wenige Parzellen hatten einen hundertprozentigen Ausfall. Die meisten konnten zumindest teilweise gerettet werden. Mehr Sorgen macht mir die Zukunft. Den Rüsselkäfer müssen wir schon nächstes Jahr in den Griff kriegen. Da aber der Einsatz von Pflanzenschutzmittel immer mehr eingeschränkt wird, stehen wir hier vor grossen Herausforderungen.
Rüben an eher trockenen Hanglagen scheinen den Larven von «Lixus juncii» am besten zu schmecken. Ist das untere Seeland weniger betroffen?
Betroffen war die Westschweiz und dies vor allem wegen der Trockenheit. Der Rüsselkäfer hat nicht gerne nass, und so waren dieses Jahr vor allem die Gebiete in der Waadt, aber auch am ganzen Jura-Südfuss betroffen.
«Erste Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen des Rüsselkäfers nicht ganz so gravierend sind, wie ursprünglich befürchtet.»
Guido Stäger, CEO Schweizer Zucker AG
Wie werden die Rüben von diesen Schädlingen befreit, gerade im Hinblick auf das Endprodukt?
Der Befall der Rüben mit dem Rüsselkäfer ist per se nicht das Problem, die Insekten fliegen weg. Hingegen bilden die Löcher, die der Rüsselkäfer in die Rübe bohrt, ideale Eingangspforten für Pilze. Die Rübe verfault dann wegen dem Pilzbefall und weniger wegen dem Rüssler.
Die Rüsselkäferplage ist nicht die einzige Gefahr für die Rübe. Vor drei Jahren hatten wir die «viröse Vergilbung». Ist also der Rübenanbau riskant für den Bauern?
Riskant ist wahrscheinlich das falsche Wort. Rein vom finanziellen Aspekt, fussend auf den Rübenpreisen und den politischen Rahmenbedingungen ist der Rübenanbau lukrativ. Auch wenn es zu Ertragsminderungen wegen Krankheiten kommt. Anbautechnisch aber bestehen grosse Herausforderungen. Neben Krankheiten und Schädlingen entscheidet öfter auch das Wetter und das Klima über ein erfolgreiches Gesamtresultat.
Andererseits ist die schwere Rübe ja ein agrartechnisch sehr interessantes Produkt. Einige Bauern haben regelrecht Freude dran, scheint es mir.
Ja, die Rübe als Ackerfrucht ist auch aus agrartechnischen Gründen sehr attraktiv. So wurzelt sie tief, was den Boden lockert, produziert auf einer vergleichbaren Fläche mehr Sauerstoff als Wald und liefert zudem einen grossen Beitrag an die Landesversorgung mit vielen verschiedenen Lebensmitteln.
«Die Rübe als Ackerfrucht ist auch aus agrartechnischen Gründen sehr attraktiv. Sie wurzelt tief, was den Boden lockert und produziert auf einer vergleichbaren Fläche mehr Sauerstoff als der Wald.»
Es gibt ja auch eine Menge Förderbeiträge, wenn sie beispielsweise Fungizide, Herbizide oder Insektizide weglassen. Ist der Anbau ein Subventionsgeschäft?
Wie jede andere Ackerkultur erhält auch der Anbau von Zuckerrüben staatliche finanzielle Unterstützung. Dass ökologischere Anbauweisen verstärkt unterstützt werden, hat einen von der Gesellschaft gewünschten Lenkungscharakter. Wir alle wollen möglichst nachhaltig produzierte Lebensmittel konsumieren. Wir in der Zuckerfabrik haben dazu schon viele verschiedene Massnahmen ergriffen. Energetisch helfen uns zwei Holzkraftwerke in Aarberg und Frauenfeld von den fossilen Brennstoffen schrittweise wegzukommen. Es ist somit richtig, dass auch der Anbausektor das Seinige dazu beiträgt.
Der Rübenpreis ist in den letzten zwei Jahren um 20 Prozent gestiegen. Wie sind die mittelfristigen Aussichten?
Das ist ein Blick in die Kristallkugel. Der Rübenpreis hängt von sehr vielen Faktoren ab, womit sich heute keine Tendenz voraussagen lässt. Primär beeinflusst der Zuckerpreis auf dem Weltmarkt auch die Preise in der EU und damit auch in der Schweiz. Politische Rahmenbedingungen und andere Markteinflüsse werden dann bei der Bestimmung der Rübenpreise auch noch beigezogen. Wir hoffen aber, dass wir den Rübenpflanzerinnen und -Pflanzern auch künftig einen attraktiven Preis zahlen können. Langfristig wird der Preis von Lebensmitteln aber überall von den effektiven Kosten für Anbau, Verarbeitung und Transport bestimmt, und diese Preise sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Lokale und effiziente Produktion könnte an Attraktivität gewinnen.
Ist das Preisgefälle zwischen Biozucker und einfachem Zucker über die Jahre konstant?
Das ist nur in groben Zügen den Fall. Die Preisbildung ist immer auch eine Frage des Angebotes und der Nachfrage. In der EU ist eher ein Überangebot an Biozucker vorhanden, und die teureren Bioprodukte werden weniger nachgefragt. In der Schweiz haben wir aber noch zu wenig Bio-Zucker aus Schweizer Anbau. Wir könnten mehr verkaufen. Die Preise sind deshalb etwas besser, aber der Markt ist klein und die Nachfrage recht preissensitiv.
Ich nehme an Koscherer oder der Halal-Zucker machen jeweils weniger als ein Promille ihres Absatzes aus?
Ja, ist im Verhältnis zur Gesamtmenge marginal, wird aber dennoch immer wieder nachgefragt.
«Energetisch helfen uns zwei Holzkraftwerke in Aarberg und Frauenfeld von den fossilen Brennstoffen schrittweise wegzukommen.»
Die Trocknung der verschiedenen Produkte vom Zucker für uns Menschen bis zum Futterschnitzel für Kühe, Schweine und Pferde kostet sicher eine Menge Strom. Wieviel macht das im Moment pro Jahr?
Sowohl der Zuckerprozess (Eindampfung und Kristallisation, A.d.R.), als auch die Trocknung der Futterschnitzel sind sehr energieintensiv, sowohl beim Stromverbrauch als auch beim Bedarf an Prozesswärme. Es ist unser erklärtes Ziel, hier einerseits effizienter zu werden und andererseits die fossilen Energieträger durch erneuerbare Quellen wie etwa Holz zu ersetzen. Wir suchen immer wieder nach innovativen Lösungen. So tätigen wir just im Jahr 2024 im Werk Frauenfeld eine Investition im zweistelligen Millionenbereich und installieren einen Niedertemperaturtrockner, mit dem wir dank eingesetzter Abwärme massiv an Energie einsparen werden.