Hans-Ulrich Bigler, Nationalratskandidat, Präsident Nuklearforum Schweiz, im Interview

Hans-Ulrich Bigler, Direktor sgv (Bild: FDP)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Bigler, Sie waren von 2015 – 2019 schon einmal Nationalrat der FDP und treten bei den Nationalratswahlen jetzt auf der Liste 22 der SVP (“KMU / Unternehmer”) nochmals an. Weshalb und welche Wahlchancen rechnen Sie sich aus?

Hans-Ulrich Bigler: Als liberaler und bürgerlicher Ansprechpartner setze ich mich seit vielen Jahren engagiert und mit vollem Einsatz für eine wettbewerbsfähige KMU-Wirtschaft ein. Zudem habe ich nebst dem sgv mehr als ein Jahrzehnt als Verwaltungsratspräsident eine Schulungsunternehmung auf der strategischen Ebene geführt. Die SVP spricht dabei nicht bloss von und über KMU, sondern sie unterstützt sie auch ganz konkret in den politischen Entscheidungen. Deshalb habe ich hier meine neue politische Heimat gefunden und bin überzeugt, die Partei mit meinem Know-how wirkungsvoll unterstützen zu können.

Viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier fallen nach einer Nichtwiederwahl in ein Loch, da plötzlich Aufmerksamkeit und Perspektiven fehlen. Wie sah das bei Ihnen aus?

Zum einen habe ich in meiner beruflichen Karriere viele Ämter bekleidet und auch wieder abgegeben. So war auch das NR-Mandat für mich ein Amt – oder ein Auftrag – aber nicht mein Leben. Zum anderen brach kurz danach bekanntlich die Covid-Krise aus. Das Parlament hat sich damals fluchtartig aus der Session verabschiedet. Stattdessen waren die Sozialpartner massiv gefordert. Der sgv hat mit seinem Lobbying an vorderster Front ganz massgeblich an Lösungen mitgearbeitet, das Covid-Gesetz KMU-freundlich mitgeprägt und erfolgreich für die rasche Aufhebung des Lockdowns gekämpft.

«Die SVP spricht nicht bloss von und über KMU, sondern sie unterstützt sie auch ganz konkret in den politischen Entscheidungen. Deshalb habe ich hier meine neue politische Heimat gefunden.» Hans-Ulrich Bigler, Nationalratskandidat, Präsident Nuklearforum Schweiz

Einen grossen Teil Ihrer Karriere haben Sie bei Verbänden gemacht, von 2008 bis 2023 beim Schweizerischen Gewerbeverband sgv, aus dem Sie als Direktor gemäss NZZ eine sehr schlagkräftige Kampagnenorganisation geformt haben. Wie gestaltet sich Ihr Wahlkampf ohne eine solche starke berufliche Plattform?

Den Support der Wirtschaftsverbände geniesse ich auch weiterhin, da meine politischen Positionen klar bekannt sind. Zudem profitiere ich von meinem hohen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit. Ich werde auf der Strasse laufend von fremden Personen auf meinen spürbaren Einsatz zu Gunsten der KMU angesprochen und positiv unterstützt.

Was wollen Sie, wenn Sie gewählt werden, diesmal anders machen, zu welchen Themen wollen Sie Akzente setzen?

Ich werde mein Engagement zu Gunsten starker KMU unverändert weiterführen. Im Vordergrund steht unverändert der Kampf gegen unnötige Regulierungen. Aber auch der Fachkräftemangel steht im Fokus. Lösungen liegen hier nicht einfach nur in einer unkritischen und vorbehaltlosen Haltung gegenüber der Personenfreizügigkeit. Vielmehr müssen die Lösungen in der Schweiz u.a. mit einer verstärkten Berufsbildungspolitik gefunden werden.

Sie sind Präsident des Nuklearforums Schweiz. Die aktuelle Energiestrategie bedeutet, dass die bestehenden AKW so lange wie möglich am Netz gehalten werden müssen, um den steigenden Energiebedarf und die durch die neuen Erneuerbaren (Solar, Wind) entstehende Winterlücke nicht mit Gas- und Ölkraftwerken und dem damit steigenden CO2-Ausstoss decken zu müssen. Wie verändert das die Perspektiven des Nuklearforums?

Zunächst plädiere ich für Technologie-Offenheit, das heisst, alle Technologien werden benötigt. In der Stromversorgung haben wir ein Problem mit der Versorgungssicherheit. Die längere Laufzeit der KKW kann hier einen Lösungsbeitrag liefern. Nebenbei bemerkt hat der Weltklimarat ebenso festgestellt, dass die nukleare Energie Teil der Lösung in der Klimapolitik ist.

«Zunächst plädiere ich für Technologie-Offenheit, das heisst, alle Technologien werden benötigt. In der Stromversorgung haben wir ein Problem mit der Versorgungssicherheit.»

Neue Technologien, insbesondere Small Modular Reactors, stehen vor der Marktreife. Auch wenn es sich um eine langfristige Option handelt, müssen die notwendigen Schritte heute eingeleitet werden. Das Nuklearforum wird diesen Prozess auch weiterhin mit facts and figures begleiten.  

Maurice Bourquin, der ehemalige Rektor der Uni Genf und Ex-Präsident des Cern-Rats, entwickelt mit dem Startup Transmutex einen Thorium-Reaktor, der auch bestehende Atomrückstände verwerten soll und fordert dazu eine Lockerung des AKW-Verbots. Welche Chance geben Sie dem politischen Ansinnen und dem technischen Ansatz?

Soweit ich das als Laie beurteilen kann, ist der technische Ansatz der Transmutex interessant und es lohnt sich meines Erachtens, diesen in die politischen Überlegungen miteinzubeziehen.

Gegen die Senkung des Umwandlungssatzes in der BVG-Reform haben die SP und die Gewerkschaften das Referendum ergriffen. Wie beurteilen Sie als Stiftungsratsmitglied des Sicherheitsfonds BVG und der Auffangeinrichtung BVG den Zustand der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, wo sind die grössten Baustellen, welche Lösungen zeichnen sich ab zur Behebung der Probleme?

Es ist unbestritten, dass der Umwandlungssatz angesichts der veränderten Finanzmärkte und der längeren Lebenserwartung gesenkt werden muss, damit die Renten finanziert werden können. Persönlich bin ich allerdings der Meinung, dass die vom Parlament beschlossene Vorlage vor allem für die Tieflohnbranchen, das heisst, in erster Linie für einen Teil der KMU, nicht tragbar ist.

Nach Ihrem altersbedingten Ausscheiden aus dem sgv im Juli dieses Jahres wurde die Ernennung von Henrique Schneider nach Plagiatsvorwürfen wieder rückgängig gemacht und bis heute wurde kein neuer Direktor gewählt. Wie sehr schadet es dem Verband, in dieser politisch turbulenten Zeit keine nach aussen starke Führung zu haben und wäre eine temporäre Wiederaufnahme Ihrer Funktion beim svg für Sie eine Option?

Für den Schweizerischen Gewerbeverband ist das momentane Führungsvakuum sicher nicht von Vorteil. Meines Wissens soll aber ein neuer Nachfolger Ende Oktober gewählt werden.

«Der notwendige Service Public der SRG kann auch mit weniger Geld finanziert werden, ohne dass ein Qualitätsverlust festzustellen sein wird. Zudem muss die sachfremde Doppelbesteuerung der Unternehmungen eliminiert werden.»

In Ihrer Zeit beim sgv und als Nationalrat haben Sie immer wieder die Gebühren-Finanzierung der SRG durch Unternehmen kritisiert und Sie sind Co-Präsident der SVP-Initiative “200 Franken sind genug”. 2018 wurde die “No-Billag”-Initiative in allen Kantonen und mit einem Nein-Anteil von fast 71.6 % klar verworfen. Wieso glauben Sie, dass die Bevölkerung dieser Initiative mehr abgewinnen kann?  

Die Bevölkerung erkennt immer mehr, dass sich die SRG argumentativ in einer Wagenburg verbarrikadiert hat und phantasielos den Landeszusammenhalt beschwört. Nur schon angesichts der Tatsache, wonach 20’000 Tessiner die Initiative unterschrieben haben, glaubt eine Mehrheit wohl kaum mehr daran. Anders gesagt, der notwendige Service Public der SRG kann auch mit weniger Geld finanziert werden, ohne dass ein Qualitätsverlust festzustellen sein wird. Zudem muss die sachfremde Doppelbesteuerung der Unternehmungen eliminiert werden.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Für unser Land möchte ich mich auf einen Wunsch beschränken: Zusammenhalt in der Vielfalt. Angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten hoffe ich, dass Friedenslösungen gefunden werden können.


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