Heinz Baumgartner, CEO Schweiter Technologies AG. (Foto: Schweiter)
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Baumgartner, Schweiter sass auf hohen Bargeldbeständen und hielt diesen Cash lange Jahre in Schweizer Franken. Sie sind jetzt sicherlich froh, zugewartet zu haben…
Die Aufwertung des Schweizer Frankens begünstigt Akquisitionen in Fremdwährung. Dass Schweiter mit den jüngsten Akquisitionen davon profitiert, ist mehr Zufall als Kalkül, da der Zeitpunkt einer Akquisition primär bestimmt ist durch Verfügbarkeit und Erfüllung der Akquisitionskriterien.
Die jetzt gekaufte Belgische Polycasa passt ja perfekt zu Ihrer Division 3A Composites. Könnten die Kartellbehörden noch etwas dagegen haben?
Wir gehen davon aus, dass von den Kartellbehörden keine Einwände kommen werden, da das Produktespektrum beider Unternehmungen weitgehend komplementär ist mit nur sehr geringen Überlappungen.
Polycasa hat fünf Produktionsanlagen in Europa. Auf wieviel Prozent erhöht sich dadurch Schweiters totale Auslandsproduktion im Verhältnis zum Inland?
Schweiter hat schon vor dieser Akquisition rund 90% des Umsatzes im Ausland produziert. Der Anteil erhöht sich mit der Akquisition nochmals um einige Prozent.
Was bedeutet der hohe Frankenkurs für die wenigen Schweizer Schweiter-Werkstätten wie beispielsweise den Schaumstoffspezialisten Airex in Altenrhein und Sins?
Grundsätzlich fallen aufgrund der lokalen Natur unserer Geschäfte an den meisten Standorten Umsätze und Kosten in der gleichen Währung an, was negative Wechselkurseinflüsse begrenzt. Die Schweizer Standorte sind allerdings einem erhöhten Wettbewerbs- bzw. Kostendruck ausgesetzt. Diese Situation ist aber nicht neu. Innovationskraft und qualitativ hochstehende Produkte und Service sind jetzt noch stärker gefordert.
«Der Trend geht in Richtung Smart Materials.»
Heinz Baumgartner, CEO Schweiter Technologies AG
Wohin gehen denn die materialwissenschaftlichen Trends, jenseits von immer leichter und stabiler?
Der Trend geht in Richtung Smart Materials (intelligente Materialien). Das sind Materialien, welche selbständig auf sich verändernde Umgebungsbedingungen reagieren. Beispiele sind sich unter Belastung oder unter Temperatur verfärbende oder verformende Materialien, Materialen mit Memory-Effekt oder auch die Veränderung der Transparenz von Materialien aufgrund von Sonneneinfall.
Mit dem Kauf eines weiteren Balsaholzproduzenten, PNG in Papua-Neuguinea, wollen Sie sicherlich das Sourcing dieses natürlichen Wunderholzes absichern, stimmts?
PNG verfügt über qualitativ sehr gutes Balsa. Zudem erreichen wir damit eine geographische Diversifikation und können den steigenden Bedarf nach Balsaholz absichern. Letzteres ist wichtig für uns, da wir zahlreiche Projekte für neue Anwendungen mit Balsa auch ausserhalb des Windsegmentes in der Pipeline haben. Unsere Fabrik in Ecuador bleibt aber der wichtigste Standort für Balsa. Wir haben dort letztes Jahr rund USD 15 Mio. in eine der modernsten Balsaholzverarbeitungs-Anlagen investiert.
Der Infrastrukturmarkt für Windenergie hat sich deutlich erholt. Wo sind geographisch jetzt die grössten Wachstumsaussichten in diesem Teilsegment?
Wir sehen auch über die nächsten Jahre das grösste Wachstum in China, wo dereinst rund die Hälfte aller Windkraftanlagen hergestellt werden wird.
«Insgesamt sind wir für das Europageschäft im 2015 zuversichtlich, auch wenn von der politischen Seite her einige Unwägbarkeiten bestehen.»
China scheint generell wirtschaftlich nicht mehr ganz soll toll zu laufen wie auch schon, oder?
Wir sind in China primär in den Bereichen Textilmaschinen, Architektur und Kernmaterialien tätig. Im Textilbereich war China die letzten 2-3 Jahre eher anspruchsvoll. In Architektur sind wir in der jüngsten Vergangenheit jedes Jahr im Schnitt zweistellig gewachsen. Bei Kernmaterialien für die Windindustrie hat sich das Volumen mittlerweile gut erholt, die Profitabilität ist allerdings noch nicht wieder auf den alten Niveaus.
Sie haben sich neulich recht zufrieden über das Europageschäft geäussert. Glauben Sie, dass 2015 die Weichen dort auf konjunkturellem Frühling stehen?
Insgesamt sind wir für das Europageschäft im 2015 zuversichtlich, auch wenn von der politischen Seite her einige Unwägbarkeiten bestehen. Die Entwicklung in Deutschland ist dabei zentral. Die südeuropäischen Länder haben sich im letzten Jahr achtbar geschlagen, bei allerdings immer noch eher verhaltenen Umsätzen.
«Wir halten das Pulver trocken und sind bei Gelegenheit bereit, es einzusetzen…»
Durch den Satisloh-Verkauf war seinerzeit die Bilanzsumme von Schweiter ordentlich geschrumpft. Steuern Sie jetzt bald einmal wieder die Umsatzmilliarde an?
Grösse per se ist kein Ziel. Wir streben langfristig profitables Wachstum an.
Sie haben immer noch Pulver in Form von harten Schweizer Franken…
Wir halten das Pulver trocken und sind bei Gelegenheit bereit, es einzusetzen…
Zwischen 3A Composites und SSM Textile Machines gibt es eine gewaltigen Grössenunterschied. Da böte sich doch ein Zukauf für das kleinere Textilmaschinengeschäft an?
Wir haben in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich kleinere Arrondierungen im Textilmaschinengeschäft vorgenommen, wenn sich die passende Gelegenheit ergeben hat. Einen grösseren Zukauf sehe ich eher nicht.
Zur Person:
Heinz O. Baumgartner, geboren 1963 und Vater zweier Töchter, hat an der HSG BWL studiert und dort 1992 auch promoviert. Er ging dann zur ABB nach Baden, wo er Country Controller für 30 ABB-Gesellschaften wurde, ehe er 1996 zu Schweiter nach Horgen an den Zürichsee wechselte. Bis zu seiner Ernennung zum CEO im Sommer 1998 war er Chief Financial Officer.
Zum Unternehmen:
Schweiter Technologies ist ein traditionsreiches Schweizer Unternehmen, welches sich auf hochwertigen Maschinenbau und den kürzlich akquirierten Geschäftsbereich Verbundwerkstoffe konzentriert. Die Gruppe umfasst zwei Divisionen: SSM Textilmaschinen, und 3A Composites. Im Bereich Textilmaschinen ist SSM der führende Hersteller für Maschinen zur Garnbearbeitung und Präzisionswicklungen mit besonderem Gewicht auf Feingarne und schnelle Prozesse. 3A Composites schliesslich ist Weltmarktführer in Kernmaterialien für Sandwichkonstruktionen insbesondere für Windenergieanlagen. Im Weiteren hält das Unternehmen führende Positionen in anderen Segmenten wie Verbundplatten für hochwertige Fassaden und Displayanwendungen.