Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Brugger, nach Erreichen der reglementarisch festgelegten Altersgrenze sind Sie am 18. Mai anlässlich der GV aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden. In welcher Rolle werden Sie die künftige Entwicklung von Precious Woods begleiten?
Ernst A. Brugger: Ich bleibe mit Überzeugung Aktionär und werde weiterhin meine Kenntnisse und mein Netzwerk auf Anfrage zur Verfügung stellen. Verwaltungsrat und Management haben zudem entschieden, die Gründung einer Stiftung für innovative Projekte in den Bereichen Biodiversität und soziokulturelle Entwicklung in natürlichen Tropenwäldern zu realisieren. Ich werde mich als Gründungspräsident pro bono stark engagieren.
«Heute kann Precious Woods mit weniger Kosten mehr produzieren und vermarkten, besitzt Kapazitätsreserven und kann das Wachstum steigern.» Ernst A. Brugger, ehem. VR-Präsident Precious Woods
Sie haben sowohl die Höhepunkte mit der Euphorie an der Börse als auch das Beinahe-Aus und die Dekotierung miterlebt. Wo steht Precious Woods heute?
Die übertriebene Euphorie brach mit dem Börsencrash 2008 dramatisch ab. Die Existenz der Firma war gefährdet. Nur dank grossem Engagement aller Beteiligter und nicht zuletzt der grösseren und vielen kleineren Aktionäre war der Turnaround möglich. Heute kann Precious Woods mit weniger Kosten mehr produzieren und vermarkten, besitzt Kapazitätsreserven und kann das Wachstum steigern. Die finanzielle Lage hat sich trotz noch zu hoher Nettoverschuldung stabilisiert. Und das Management unter Leitung von Markus Brütsch ist sehr professionell und stabil.
In den letzten beiden Jahren konnten die Umsätze gesteigert und die Verluste eingedämmt werden. Wann erwarten Sie wieder einen Gewinn?
Wir haben an der Generalversammlung (und mit der Pressemitteilung vom 24.4.2017) angekündigt, im Geschäftsjahr 2017 ein positives Nettoresultat auszuweisen.
Die letzte Kapitalerhöhung zeigte, dass die Aktionäre zwar willens sind, die Strategie von Precious Woods mitzutragen, der Bruttoerlös von 4.3 Millionen CHF entsprach aber nicht Ihren Erwartungen, diese lag eher in der Region von 10 Millionen CHF. Was bedeutet das für die künftigen Pläne von Precious Woods?
In der Tat haben wir unser Ziel nur zur Hälfte erreicht. An der letzten GV liessen wir uns deshalb wiederum genehmigtes und bedingtes Kapital genehmigen, um neuen strategischen Investoren einen Einstieg zu ermöglichen. Sollte dies wider Erwarten nicht zustande kommen, sind wir heute in der Lage, mit dieser Nettoverschuldung umzugehen und diese kontinuierlich über den Cash-Flow zu senken.
Der Schuldensenkung auf ca. 25 Millionen CHF kommt Precious Woods in kleinen Schritten näher (aktuell liegt die Verschuldung bei 30 Millionen). Welche Massnahmen sollen die Zielerreichung garantieren?
Wie oben dargestellt durch zusätzliches Kapital oder schrittweise durch den positiven Cash-Flow.
«Wir sind heute in der Lage, mit der Nettoverschuldung umzugehen und diese kontinuierlich über den Cash-Flow zu senken.»
Im letzten Jahr stand Precious Woods kurz vor einer strategisch bedeutenden Übernahme eines Konkurrenten in Afrika. Was ist daraus geworden, gibt es alternative Szenarien, um das gewünschte Wachstum zu erreichen?
Wir führten letztes Jahr eine Due Diligence als Grundlage für eine potentielle Übernahme durch. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung haben sich danach entschieden, diese mögliche Akquisition nicht weiterzuverfolgen. Precious Woods ist bereit, weitere interessante Akquisitionsmöglichkeiten zu prüfen, ist aber nicht aktiv auf der Suche. Kürzlich wurden uns zwei mögliche Übernahmen zugetragen, wir befinden uns aber noch nicht in einer Due Diligence.
Brasiliens politische Turbulenzen, aktuell rund um den Präsidenten Temer, wirken sich negativ auf die Wirtschaft und die Währung aus. Wie gehen Sie mit den schwierigen Rahmenbedingungen um, wie kann sich Precious Woods gegen Verluste absichern?
Aus Brasilien (wie auch aus Gabun) exportieren wir 95% unserer Produkte und diese fakturieren wir zu 90% in Euro und 10% in USD. Die Währung belastet uns insofern, als die Kosten in Brasilien anfallen und je nach Wechselkurs die Marge schwankt. Die Inflation haben wir ebenfalls zu bewältigen. Hier realisieren wir ein Programm, um die Produktivität kontinuierlich zu erhöhen und diese Zusatzkosten aufzufangen. Schwierig ist in Brasilien auch das korrumpierte Umfeld: Wir verfolgen seit jeher eine „zero-tolerance-policy“ mit grosser positiver Wirkung auf unsere Effizienz und Reputation.
Wie sehen die Aussichten aus im Kerngeschäft der nachhaltigen Produktion von Tropenholz in Brasilien und Gabun, mit welchem Wachstum rechnen Sie hier?
Unser Wachstumspotential liegt bei erhöhten Mengen (durch Erwerb zusätzlicher Konzessionen), jedoch auch in der Verlängerung der Wertschöpfungskette. In Brasilien investierten wir bereits in eine Verdoppelung der Trocknungskapazitäten und planen ein weiteres Projekt für Fingerjointing, was eine Veredelung des Restholzes bedeutet. In Gabun werden wir dieses Jahr die Trocknungskapazitäten erhöhen und danach in Planierung und Profilierung investieren, Produktionsschritte, die wir bereits in Brasilien ausführen.
«Die jährliche Abholzung in den Tropen erreicht trotz Fortschritten immer noch die Flächengrösse der Schweiz aufgrund von Gewinnung von Agrarflächen und auch wegen illegalem Holzschlag.»
Bei der Gründung 1990 nahm Precious Woods eine Pionierrolle ein und setzte als eines der ersten Unternehmen auf das Thema Nachhaltigkeit. Inwieweit hat sich die Hoffnung, dass die Konsumenten dem Trend zum Durchbruch verhelfen erfüllt, wo besteht noch Nachholbedarf?
Der Konsument ist sich der grossen Bedeutung der tropischen Regenwälder für Biodiversität und Klima grundsätzlich bewusst. Wir sehen jedoch zusätzlichen Informationsbedarf zur positiven Wirkung der nachhaltigen Forstwirtschaft in den Tropen. Die jährliche Abholzung in den Tropen erreicht trotz Fortschritten immer noch die Flächengrösse der Schweiz aufgrund von Gewinnung von Agrarflächen und auch wegen illegalem Holzschlag. Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmen, die in den Tropen Forstwirtschaft betreiben, nur die Legalität, jedoch nicht die Nachhaltigkeit gewährleisten. Hier müssen wir zusammen mit FSC, WWF, Universitäten und den Medien intensiver an der Aufklärung arbeiten.
Wenn Sie morgen mit unlimitierten Mittel ein Unternehmen gründen könnten, was würde dieses herstellen, welches Problem würden Sie lösen wollen?
Mich beunruhigt zutiefst, dass die grossen Probleme unserer Welt nicht viel konsequenter mit marktwirtschaftlichen und innovativen Konzepten und Engagements angegangen werden. Wir überlassen die Lösungen weitgehend staatlichen Institutionen.
Ich würde deshalb mit den weltweit besten Fachleuten ein „Impact Investing Institute“ in der Schweiz aufbauen, welches über bestes Know-how und rund 1 Mrd. USD Anfangskapital zur Beurteilung, Realisierung und Wirkungskontrolle von nachhaltigen Investitionen verfügt. Erreichbares Ziel wäre eine Rendite für Investoren über dem langfristigen Durchschnitt von Pensionskassen.
Eine erste deutlich positive Wirkung ist zu erzielen in Bildung, Kreditzugang und Eigentumsrechte für ärmere Bevölkerungsschichten, die so eigenständig eine höhere Lebensqualität erreichen können. Viele Konfliktpotentiale in zahlreichen Regionen würden abgebaut.
Eine zweite Wirkung würde das Institut mit grösseren Projekten zum Schutze von Biodiversität und ihrer genetischen Vielfalt sowie von Klima und Wassersystemen insbesondere in Tropenregionen erreichen. Das Institut würde die positiven Erfahrungen von erfolgreichen Mikrofinanz und Impact Investoren (zum Beispiel von BlueOrchard) stärken und in eine weltweit umfassende Marktdynamik zugunsten einer nachhaltigeren Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt weiterentwickeln.
Zum Schluss des Interview haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Ich bin gesund – und möchte es gerne bleiben! Und: ich möchte gerne mit dem Mehr an freier Zeit sorgsam umgehen.
Schade, dass Sie nicht mehr Wünsche offerieren!
Der Gesprächspartner:
Ernst A. Brugger ist Gründer und Verwaltungsratspräsident der BHP – Brugger und Partner AG, eine auf Strategieentwicklung und wirtschaftliche Nachhaltigkeitsfragen spezialisierte Beratungsfirma mit Sitz in Zürich. Als Verwaltungsrat ist er in folgenden, dem Nachhaltigkeitsprinzip verpflichteten Unternehmen tätig: als Präsident von Lausanne Hospitality Consulting, Sanu Future Learning AG und Vizepräsident (und Co-Gründer) von BlueOrchard Finance SA (Mikrofinanz), sowie als Verwaltungsratsmitglied weiterer Unternehmungen wie Energie 360°. In 2017 ist er als Präsident von Precious Woods Holding und SV Group AG altershalber zurückgetreten.
Zum Unternehmen:
Precious Woods ist eines der weltweit grösseren Unternehmen in der nachhaltigen Bewirtschaftung von tropischen Regenwäldern und nimmt dabei in vielen Bereichen eine Pionierrolle ein. Im unternehmerischen Fokus stehen die Herstellung und der Verkauf von FSC-zertifizierten Halbfertigprodukten aus Tropenhölzern. Durch eine 40% Beteiligung an einem Biomasse Kraftwerk in Brasilien verkauft Precious Woods zusätzlich Emissionszertifikate aus der Verwertung der Holzabfälle aus der Produktion. Ziel aller Aktivitäten ist ein hoher Kundennutzen, während gleichzeitig die Abholzung der Tropenwälder verhindert wird. Der wirtschaftliche Erfolg ist wiederum die Voraussetzung für die sozialen und ökologisch nachhaltigen Aktivitäten zum langfristigen Erhalt der Tropenwälder. Die Precious Woods Gruppe mit Hauptsitz in der Schweiz beschäftigte im Jahr 2014 in Brasilien, Gabun, den Niederlanden und der Schweiz durchschnittlich 1200 Mitarbeitende. Die Aktien der Precious Woods Holding AG wurden seit dem 18.03.2002 bis 09.08.2013 an der SIX Swiss Exchange in Zürich kotiert. Seit dem 12. August 2013 werden die Aktien über die OTC- ZKB-Plattform gehandelt.
Kurs bei der ZKB-Nebenbörse eKMU-X