Von Robert Wildi
Moneycab.com: Herr Steiner, ein schneereicher Winter 2017/18 neigt sich langsam dem Ende zu. Wie haben sich die klimatischen Bedingungen auf die Logiernächte in Pontresina ausgewirkt?
Jan Steiner: Dank dem frühen und schneereichen Wintereinbruch sind die Logiernächte-Zahlen von November 2017 bis Januar 2018 sehr erfreulich ausgefallen. Im Vergleich zum selben Zeitraum letzten Jahres verzeichneten wir 2018 ein Logiernächte-Plus von rund 1.3 Prozent. Schlussendlich machen wir die Abrechnung jedoch erst nach Ostern. Nun hoffen wir auf schöne und warme Ostertage.
«Dank dem frühen und schneereichen Wintereinbruch sind die Logiernächte-Zahlen von November 2017 bis Januar 2018 sehr erfreulich ausgefallen.» Jan Steiner, Tourismusdirektor von Pontresina
Pontresina ist bekannt als Destination mit sehr vielen Schweizer Gästen. Welchen Einfluss hatte der stärkere Euro auf die Anzahl ausländischer Gäste?
Ich denke, dass der stärkere Euro sicherlich positive Auswirkungen für uns hat. Dies sieht man beispielsweise daran, dass im Zeitraum November bis Januar 22 Prozent mehr französische und 11 Prozent mehr italienische Gäste als im Vorjahr ihre Ferien in Pontresina verbracht haben. Zum markanten Anstieg der italienischen Gäste muss man noch erwähnen, dass das italienisch geführte Hotel Schloss Family & Spa mit einem neuen Betreiber wiedereröffnet werden konnte, nachdem es im Frühjahr 2016 schliessen musste.
Am vergangenen Wochenende erlebte das Engadin mit dem 50. Skimarathon einen der saisonalen Höhepunkte. Könnte es für Pontresina sogar ein Rekordwinter werden?
Für eine konkrete Aussage ist es noch zu früh. Aber ich bin zuversichtlich, dass es ein erfolgreicher Winter werden wird. Sicherlich auch dank dem ausgebuchten Engadin Skimarathon mit 14‘200 Teilnehmern.
«Pontresina setzt auch weiterhin gezielt auf Langlauf. Dies ist im Winter klar die Kernkompetenz in Pontresina.»
Pontresina hat keinen direkten Anschluss an ein grosses Skigebiet, gilt dafür als Langlaufparadies. Hat sich der in den letzten Jahren beobachtete Langlauf-Boom akzentuiert in diesem Winter?
Ja, Pontresina setzt auch weiterhin gezielt auf Langlauf. Dies ist im Winter klar die Kernkompetenz in Pontresina. Weiter ist sicherlich auch unsere starke Hotellerie ein wichtiges Aushängeschild. Die nahe gelegenen Skigebiete Diavolezza/Lagalb und Corviglia dürfen jedoch nicht vergessen gehen. Denn auch das Skifahren ist für unser Dorf essenziell.
Was unterscheidet Pontresina von anderen alpinen Ferienorten?
Pontresina verfügt über eine starke Beherbergungs-Infrastruktur. Vom hochklassigen Campingplatz über das Fünfsterne-Hotel bis zu den beliebten Ferienwohnungen ist in Pontresina alles zu einem guten Preis/Leistung-Verhältnis zu finden.
Während sich an anderen Orten Hoteliers oft spinnefeind sind, scheint in Pontresina ein entspannts Klima zu herrschen.
Ja, das kann ich bestätigen. Der Austausch unter den Hoteliers funktioniert sehr gut und wird auch stetig gepflegt. Manchmal streiten sie zusammen, gehen aber anschliessend trotzdem gemeinsam ein Bier trinken (lacht). Dies sicherlich auch, weil die Hoteliers über die eigenen „Hotel“-Grenzen hinaus denken und die Zusammenarbeit suchen und schätzen.
Mitte Februar hatten Sie mit Pontresina zur besten Sendezeit am Samstagabend einen grossen Auftritt im Schweizer Fernsehen. Welchen Werbewert hatte dieser Auftritt?
Eine Werbeminute um diese Uhrzeit kostet ca. 20‘000 Schweizer Franken. Dies als theoretische Angabe. Was tatsächlich vorliegt und öffentlich ist, sind die Quoten. Die Sendung aus Pontresina erreichte einen Marktanteil von 29.5 Prozent. Dies entspricht einem Durchschnitt von 477’000 ZuschauerInnen (+3 / overnight). Gemessen an der Anzahl erreichter Personen war Pontresina somit die Sendung, welche seit der Umstellung auf die Jahreszeiten-Feste von den meisten Menschen gesehen wurde. Hinzu kommen die Videostarts auf «Play SRF» sowie die Kontakte auf Facebook. Alleine der Opening-Schellenursli-Film wurde auf der SRF-Facebook-Seite über 33’000 mal aufgerufen.
Wie ist Pontresina zu diesem Auftritt gekommen?
SRF wählt die Orte unabhängig aus. Pontresina war zusammen mit einer anderen Engadiner Gemeinde in der engeren Auswahl. Die Gemeinden selber haben darauf keinen direkten Einfluss.
Gibt es schon Reaktionen zum SRF-Auftritt?
Ja, sehr sogar. Die Resonanz ist von allen Seiten durchaus positiv ausgefallen. Ich habe viele persönliche Feedbacks erhalten, die mich sehr gefreut haben.
Was weniger bekannt ist: Pontresina möchte sich nicht nur als Ferienort, sondern auch als Kongress- und Seminardestination positionieren. Mit welchem Erfolg?
Das Kongress- und Kulturzentrum Pontresina hat sich regional sehr gut positioniert. International mithalten zu können, ist jedoch schwieriger. Die Konkurrenz in den Städten ist sehr gross. Ebenfalls macht die Compliance-Geschichte zu schaffen.
Ist man als Bergort im Wettbewerb um Kongresstouristen nicht chancenlos gegenüber den Städten und Ballungszentren in Flughafennähe?
Klar kämpfen wir im Vergleich zu den Städten und Ballungszentren mit Herausforderungen wie der noch herrschenden saisonalen Abhängigkeit, der Anfahrtslänge vom Unterland, sowie den Compliance-Regelungen, welche für Urlaubsdestinationen gelten. Hinzu kommt die rasch wachsende Konkurrenz: Kleinkongresszentren und Hotels mit Seminarräumen schiessen fast schon wie Pilze aus dem Boden. Dafür haben wir den Vorteil, dass wir hier im Engadin mit unserer grandiosen Natur und dem vielfältigen Sportangebot ein einzigartiges Angebot an Rahmenprogrammen bieten können, was gerade bei mehrtägigen Veranstaltungen sehr geschätzt wird. Zudem befinden sich fast alle unserer Hotels in unmittelbarer Gehdistanz zum Kongresszentrum.
Wie wichtig ist der touristische Sommer in Pontresina anteilsmässig?
Wenn man die Logiernächte-Zahlen anschaut, zeigt sich, wie ausgewogen die Verteilung Sommer (2017 waren es beispielsweise 240’039 Logiernächte) und Winter (in der Wintersaison 2017/18 waren es 201’479 Logiernächte) in Pontresina ist. Dies freut uns natürlich ausserordentlich.
«Das Kongress- und Kulturzentrum Pontresina hat sich regional sehr gut positioniert. International mithalten zu können, ist jedoch schwieriger.»
Was hat Pontresina den Sommergästen zu bieten und welche zeitnahen Investitionen stehen an, um das Sommer- und Winterangebot weiter zu verbessern?
Im Sommer setzt Pontresina die Schwerpunkte auf Alpinismus, Wandern und Biken. Anlässlich der traditionellen «Camerata» finden zudem jährlich 99 kostenlose klassische Konzerte im Taiswald – mitten in der Natur – statt. Zu den zeitnahen neuen Projekten gehören die «Pontresina Flaniermeile» (an zwei Abenden pro Woche soll die Hauptstrasse vom Verkehr befreit und verschiedene Attraktionen angeboten werden), der persönliche Gästeberater «Pontresina Scout» sowie die Neuinszenierung der Schlucht «Ova da Bernina».
Der Gesprächspartner
Jan Steiner absolvierte eine klassische Tourismus- und Managementausbildung. Seit 2009 leitet er die Geschicke von Pontresina Tourismus und des Kongress- und Kulturzentrums Pontresina. Er engagiert sich zudem bei Swiss Snowsports in der Skilehrerausbildung, als Vorstandsmitglied beim Verband Schweizer Tourismusmanager (VSTM) sowie in der Engadiner Lokalpolitik.