Jean-Pierre Pfenninger, CEO Hyposcout, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Pfenninger, Sie waren viele Jahre als Investmentbanker tätig, unter anderem dreizehn Jahre bei der Bank Julius Bär. Heute sagen Sie in Anlehnung an Bill Gates bekanntes Zitat: «Finance is necessary, banks are not.» Woher dieser Wandel?
Jean-Pierre Pfenninger: Die Digitalisierung hat uns ganz neue Wege eröffnet, wie Kundengeschäfte oder Prozesse abgewickelt werden können. Gerade im Finanzbereich hat dies grosse Auswirkungen, denn diese Branche funktionierte noch bis vor Kurzem nach sehr traditionellen Mustern. Die Banken haben diese Entwicklung zwar mitbekommen, sind aber zu träge, um darauf rechtzeitig und mit der nötigen Flexibilität reagieren zu können. Bill Gates hat diese anstehenden Veränderungen bereits in den 1990ern vorausgesagt, als viele noch nichts von der Digitalisierung verstanden. Ich finde die Umstellung auf die digitale Welt sehr spannend, darum bin ich in diesen Sektor gewechselt.
Welches sind denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Auswirkungen der Digitalisierung auf die Branche?
Die Prozesse bei Banken haben sich über Jahrzehnte entwickelt und wurden oftmals nie erneuert oder hinterfragt. Mit der Digitalisierung werden nun Prozesse optimiert und transparent, die früher hinter verschlossenen Türen stattfanden. Damit wächst auch das Verständnis der Leute für die Abwicklung dieser Prozesse – und die Erwartungen an Effizienz und Transparenz steigen. Die Digitalisierung wird sich in der Branche so bemerkbar machen, dass jene, die nicht oder zu langsam darauf reagieren, längerfristig nicht überleben können. Die Branche wird transparenter, schneller und flexibler.
«Die Digitalisierung wird sich in der Branche so bemerkbar machen, dass jene, die nicht oder zu langsam darauf reagieren, längerfristig nicht überleben können.»
Jean-Pierre Pfenninger, CEO Hyposcout
Hyposcout ist ein Kreditvermittler, der auf einer Online-Peer-to-Peer-Plattform Kapitalnehmer direkt mit Investoren zusammenbringt. Würden Sie uns das Konzept Peer-to-Peer-Lending näher erklären?
Online-Peer-to-Peer-Lending bedeutet, dass ein Geldgeber und ein Geldnehmer direkt und online mit-einander in Verbindung gebracht werden. Die Bank als Vermittlerin fällt somit weg. Der Kreditvertrag wird dann bilateral unter den Parteien abgeschlossen – die Konditionen stellt der Geldgeber. Dank diesem vereinfachten Prozess fallen Gebühren wesentlich tiefer aus, als bei der Bank. Davon profitieren sowohl Geldnehmer wie auch Investor. Anders als bei sonstigen Peer-to-Peer-Plattformen, können sich unsere Investoren über ein Grundpfand absichern können. Das heisst, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers, ist der Investor wesentlich besser abgesichert, als beim Investment in einen Blankokredit.
Sie führen im Bereich von Zweithypotheken und Nachgangshypotheken Investoren und Kapitalnehmer zusammen. Welche Dienstleistungen übernimmt Hyposcout dabei?
Hyposcout ist eine Online-Plattform auf der Kreditsuchende und Investoren ihren gewünschten Kredit bzw. ihr gewünschtes Investment ankündigen können. Hyposcout sucht dann nach möglichen Matches und bringt die Parteien miteinander in Kontakt. Die Kunden werden durch den ganzen Abwicklungsprozess begleitet, wobei Hyposcout keine Beraterfunktion einnimmt. Die detaillierten Konditionen werden schliesslich direkt von den beiden Parteien ausgemacht.
Welche Philosophie verfolgen Sie?
Wir agieren transparent und wollen attraktive Konditionen anbieten – den Geldgebern und Geldnehmern. Diese sollen sich bei uns gut aufgehoben fühlen. Darum legen wir viel Wert darauf, dass unsere Kunden während des ganzen Prozesses von unseren Experten begleitet werden.
Wie verfahren Sie bei der Kreditprüfung?
Wir haben ein Team von erfahrenen Kreditprüfern im Haus. Für die Prüfung von Kreditanträgen und Investorenangeboten stehen uns die gleichen Software-Tools wie sie auch von den Banken verwendet werden, zur Verfügung.
Welches sind die Vorteile des Systems für die Investoren einerseits, für die Kapitalnehmer andererseits?
Die Investoren profitieren von der Grundpfandsicherheit für die Hyposcout steht. Anders als beim Investment in einen Blankokredit hat der Investor eine Absicherung. Sollte der Kreditnehmer zahlungsunfähig werden, rückt er dank dem Eintrag im Grundbuch in den 1. oder 2. Rang der Kreditoren.
Die Kapitalnehmer profitieren von einer einfachen Abwicklung des Kreditantrags und verschlankten Prozessen – beides wirkt sich auf die Konditionen aus.
«Wir erhalten viele Anfragen von Leuten, deren Tragbarkeit zwischen 3 und 5% liegt.»
Wie beurteilen Sie die aktuell laufenden Diskussionen bezüglich der Tragbarkeitskriterien bei der Hypothekenvergabe?
Wir sind gleicher Meinung wie die Raiffeisenbank: Die Tragbarkeitsvorschrift von 5% ist sehr hoch. Diese Überregulierung verunmöglicht es vielen Leuten eine Hypothek aufzunehmen oder zu verlängern, obschon die ihnen verfügbaren Mittel ausreichen würden – auch wenn der Zinssatz steigen würde. Kann ein Kreditnehmer eine Tragbarkeit von 4.8% aufweisen, so ist das immer noch ein gut abgesichertes Investment. Wir erhalten viele Anfragen von Leuten, deren Tragbarkeit zwischen 3 und 5% liegt.
Sie sind mit Hyposcout 2016 gestartet. Worauf haben Sie in den ersten Monaten die Schwerpunkte gelegt?
Wir konzentrieren uns im Moment auf den nationalen Roll-Out. Es stehen vor allem Marketingmassnahmen, Kommunikations- und Aufbauarbeit im Zentrum.
Was würden Sie zum aktuellen Zeitpunkt als grösste Herausforderung für Hyposcout bezeichnen?
Die Herausforderung ist es, unsere Wachstumsziele zu erreichen und zu managen. Wir wollen schnell wachsen und uns breit etablieren, das heisst, eine Vielzahl von Kreditgebern und Kreditnehmern aufbauen. Denn so werden die Verknüpfungsoptionen grösser und das Angebot breiter.
Wie gross ist das Entwicklungspotenzial von Hyposcout?
Das Entwicklungspotential ist auf jeden Fall da, denn die digitalen Möglichkeiten nehmen stetig zu. Fast täglich kommen neue Applikationen und digitale Produkte auf den Markt. Die Schweizer Finanzbranche ist verglichen mit anderen Ländern und Wirtschaftszweigen noch sehr wenig digitalisiert. Hier gibt es viel Potenzial sich weiterzuentwickeln.
Herr Pfenninger, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Jean-Pierre Pfenninger (50) ist seit 2016 CEO von Hyposcout. Der erfahrene Investmentbanker war unter anderem dreizehn Jahre bei der Bank Julius Bär im Bereich Trading, Advisory und Relationship Management tätig. Mit Hyposcout will Pfenninger Investoren sichere digitale Investment-Möglichkeiten anbieten und den Kreditnehmern den Kreditantragsprozess vereinfachen.