Jens Breu, CEO SFS, im Interview

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Breu, zum Jahresende hat SFS die deutsche Hoffmann-Gruppe übernommen. Was erhoffen Sie sich von diesem Zukauf über die Internationalisierung hinaus?

Jens Breu: Die Bündelung der Kräfte markiert einen Meilenstein und schafft für beide Unternehmen bedeutende Entwicklungsmöglichkeiten. Das grösste Potenzial sehen wir in den erwähnten geographischen Wachstumsperspektiven sowie durch umfangreiches Cross-Selling. Weitere bedeutende Wertschöpfungspotenziale liegen in der Nutzung der ausgeprägten digitalen Kompetenzen von Hoffmann, etwa bei E-Business-Lösungen. Der gemeinsame Einkauf und Zugang zu Logistic City, einem der europaweit leistungsfähigsten Logistikzentren für Qualitätswerkzeuge, stellen weitere Vorteile dar.

Mit einer Milliarde Umsatz ist Hoffmann ein grosser Brocken. Es wird bis zu 1,6 Millionen neue SFS-Aktien geben, um das zu stemmen. Die Börse hat überraschenderweise mit einem Freudensprung reagiert.

Die beiden Unternehmen verbindet eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit sowie hohe Übereinstimmung hinsichtlich Leistungsversprechen und Werthaltung. Wie die SFS Group positioniert und differenziert sich Hoffmann durch ein ausgeprägtes Value Engineering sowie als führender Systempartner für Verbrauchswerkzeuge und Erstausrüstung für Kunden hauptsächlich aus der industriellen Fertigung. Mit hohem Fokus werden die Gesamtkosten der Kunden durch einfache und effiziente Beschaffungs- und Produktionsprozesse nachhaltig reduziert. Beide Firmen sind in ihren angestammten Bereichen als führende Anbieter positioniert und ergänzen sich ideal. Der erzielte Gewinn pro Aktie wird sich ab dem Vollzugsdatum deutlich erhöhen. Die Chancen und Möglichkeiten, welche sich beiden Unternehmen eröffnen, liegen auf der Hand. Die Börse hat dies schnell realisiert.

«Die Hoffmann-Gruppe und SFS sind in ihren angestammten Bereichen als führende Anbieter positioniert und ergänzen sich ideal.»
Jens Breu, CEO SFS

Wieso haben Sie Contorion, die eCommerce Tochter der Hoffmann SE, nicht mit übernommen?

Contorion verfolgt ein anderes Geschäftsmodell. Das Portfolio ist hauptsächlich auf KMUs und Privatkunden aus der Bauindustrie ausgerichtet. Die Differenzierung im Wettbewerb geschieht über Preispositionierung sowie einfache und direkte Online-Bestellprozesse. Das für uns wichtige Element der Beratung sowie die Möglichkeit gemeinsam Verbesserungen und neue Entwicklungen mit dem Kunden anzustossen, hat uns dabei gefehlt.

Hat denn in den letzten zwei Jahren die Bedeutung der elektronischen Kanäle bei SFS zugenommen?

Die digitale Revolution ist einer der wichtigsten Megatrends für SFS. Bereits vor der COVID-19-Pandemie nutzte SFS die Möglichkeiten der voranschreitenden Digitalisierung von Produkten und Prozessen zur stetigen Verbesserung und Effizienzsteigerung in vielen Geschäftsbereichen, inklusive eCommerce Lösungen und in der Kommunikation. Elektronische Absatzkanäle waren während der Pandemie speziell für das Segment Distribution & Logistics sehr wichtig, als der Zugang zu Abholstandorten zeitweise nur eingeschränkt möglich war.

Wie sieht es bei Ihnen bei den Rohstoffpreisen aus?

Vom Anstieg der Rohmaterialpreise wurden auch wir nicht verschont. Dank des insgesamt hohen eigenen Wertschöpfungsanteils sind Rohmaterialkosten für SFS jedoch nicht der dominante Kostenfaktor in der Produktion. Die frühzeitig voraussehbare Preisentwicklung erlaubte unseren Segmenten zudem, sich auf die Situation einzustellen. Aufgrund der insgesamt robust aufgestellten Lieferketten, guter Materialverfügbarkeit und dank umsichtigem Kosten- und Preismanagement gelang es, die Verwerfungen in den Lieferketten gut zu meistern.

«Dank des insgesamt hohen eigenen Wertschöpfungsanteils sind Rohmaterialkosten für SFS nicht der dominante Kostenfaktor in der Produktion.»

Rechnen Sie in diesem Halbjahr mit Versorgungsengpässen und weiteren Preissteigerungen beim Stahl oder wird sich langsam alles bis zum Jahresende hin normalisieren?

Eine exakte Prognose ist schwierig abzugeben, da diese Entwicklungen von verschiedenen Faktoren abhängen. Bei unveränderten makroökonomischen und politischen Bedingungen wie aktuell gehen wir davon aus, dass sich die globale Materialverfügbarkeit im Verlauf des Jahres schrittweise stabilisieren wird. Bei den Materialpreisentwicklungen erwarten wir daher auch eine Beruhigung.

Führten die stark steigenden Metallpreise zu einem höheren Wachstum der Spritzgusstechnik?

In unseren Anwendungen sicherlich nicht, da Spritzguss-Komponenten bereits aus rein mechanischen und physikalischen Gründen Stahlkomponenten nicht substituieren können.

SFS ist Technologieführer in Kaltmassivumformung. Hat 2021 da technologisch etwas Neues gebracht?

Die Kaltmassivumformung ist eine seit Jahrzehnten etablierte und bewährte Technologie. Durch kleine Optimierungsschritte entlang des gesamten Entwicklungs- und Fertigungsprozesses einer Komponente, beginnend beim Komponenten- und Werkzeugdesign über die Werkzeugfertigung bis zu den Prozessparametern der Pressen, können die Grenzen des Machbaren ausgelotet und immer wieder verschoben werden. Grosse Technologiesprünge sind jedoch nicht mehr zu erwarten.

Mit Sunil SFS intec haben Sie ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen der Sunil Dyfas Corporation (Korea) und der SFS intec Holding AG (Schweiz). Es ist fast ausschliesslich in China aktiv, mit Präzisionsumformteilen und Befestigern für die Automotive-Industrie. Ist dort die Lage stabil?

In China wird in Bezug auf die COVID-19-Pandemie eine Null-Toleranz Strategie gefahren. Bei Bekanntwerden von Infektionsherden können sehr schnell ganze Gebiete oder Städte in den Lockdown geschickt werden. Die Ansteckungsraten sind daher sehr niedrig, dafür besteht eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Stabilität regionaler Lieferketten.

Die meisten Sourcing-Manager rechnen mit anhaltendem Stress in den Lieferketten, vor allen Dingen für die Automobilindustrie. Sehen Sie das genauso?

Bei unveränderten makroökonomischen und politischen Bedingungen wie aktuell gehen wir davon aus, dass sich die globale Materialverfügbarkeit und Transportkapazitäten im Verlauf des Jahres schrittweise stabilisieren werden. Eine vollständige Erholung wird aber nicht vor 2023 zu erwarten sein.

«Eine vollständige Erholung der Lieferketten wird nicht vor 2023 zu erwarten sein.»

SFS hat sich über die Jahre immer mehr zu einem Entwicklungspartner für seine Kunden entwickelt. Wird dieses Geschäftsmodell immer hochmargiger?

Zusammen mit unseren Kunden entwickeln und liefern wir massgeschneiderte Lösungen für unterschiedlichste Branchen und Märkte, die nachhaltig Mehrwert bieten. Dies ist unser Leistungsversprechen. Die unterschiedliche Positionierung der einzelnen Segmente sowie die Auslastung der Produktionskapazitäten sind wichtige Treiber der Ertragskraft. Während die Positionierung der drei Segmente beständig ist, kann sich deren Gewichtung und damit das Margenniveau innerhalb der SFS Gruppe je nach Kapazitätsauslastung und der Entwicklung der Endmärkte selbst verschieben.

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