Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Margraf, KLARA ist angetreten, um als digitaler Assistent vor allem KMU und Private beim Bürokram (Buchhaltung, Löhne, Auftragswesen, Kundenverwaltung) zu entlasten. Wie weit sind Sie bei der Umsetzung, wie ist die Akzeptanz im Markt für KLARA?
Jens Margraf: Vor KLARA gab es ja schon eine Menge anderer Systeme, die sich auf die Fahne geschrieben hatten, Themen wie Buchhaltung und Lohnwesen zu vereinfachen. Dabei geht es meistens um moderne Cloud-Technologien und ein benutzerfreundliches Erscheinungsbild.
«Wir setzen stark auf die Automatisierung durch künstliche Intelligenz. So können wir bereits heute über 85 Prozent aller Rechnungs- und Belegverbuchungen komplett automatisieren.» Jens Margraf, Leiter Kundenmanagement KLARA Business AG
KLARA geht hier einen Schritt weiter. Erstens schufen wir KLARA von Anfang an als ein offenes Ecosystem. Zweitens setzten wir stark auf die Automatisierung durch künstliche Intelligenz. So können wir bereits heute über 85 Prozent aller Rechnungs- und Belegverbuchungen komplett automatisieren. Dabei geht’s nicht nur um die automatische Verbuchung, sondern auch um die fristgerechte Bezahlung hin zum integrierten Abgleich mit den Bankkonten.
Die Digitalisierung hat in einigen Bereichen durch die Coronakrise einen massiven Schub erhalten. Wie hat sich die Krise auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Wie viele andere Unternehmen waren wir am Anfang verunsichert. Wir konnten aber feststellen, dass eine Vielzahl unserer potentiellen Kunden gerade die Phase des Lockdowns dafür nutzte, ums sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. So entstanden in dieser unwirklichen Phase neue Produktangebote wie unsere Online Shop Lösung oder die Online Terminbuchung. Ausserdem lancierten wir für unsere KMU-Kunden die Solidaritätskampagne Covida.ch sowie zum Thema Digitalisierung unser «KLARA hilft» Angebot. Mit diesen Massnahmen sind wir weiter auf Wachstumskurs geblieben und haben vor allem sehr viel positive Marktresonanz bekommen.
Trotz Videokonferenz, virtuellen Meetings ist das Neukundengeschäft oft abhängig von persönlichen Treffen. Wie gestalten Sie das Neukundengschäft in Zukunft, wenn das Coronavirus noch aktiv ist und es keine Impfung gibt?
Die Strategie von KLARA baut von Anfang klar auf dem online Vertrieb auf. Ein klassischer Face-to-Face Vertriebsansatz wäre einerseits nicht skalierbar und mit unserem Preismodell nicht rentabel. Einen Grossteil unserer Kunden gewinnen wir durch unserer Online Marktansprache und durch einen steigenden Anteil an Weiterempfehlungen durch Kunden und Partner.
«Mit unseren Massnahmen sind wir weiter auf Wachstumskurs geblieben und haben vor allem sehr viel positive Marktresonanz bekommen.»
Natürlich waren wir in der Vergangenheit auch auf Messen oder Startup-Anlässen präsent, um unsere Produkte greifbar zu machen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass dies in absehbarer Zeit wieder möglich sein wird und wir die regionale Nähe, die KLARA auch verspricht, auch wieder vor Ort beweisen können.
Nebst dem kostenlosen Kernangebot gibt es bei KLARA zahlreiche kostenpflichtige Zusatzleistungen (Kasse, Projektmanagement, Online Shop, Terminbuchungen). Welchen Anteil an den Gesamteinnahmen erzielen Sie mit den kostenpflichtigen Komponenten, wie sieht das Wachstum in diesem Bereich aus?
Aktuell ist es in der Tat so, dass unsere Haupteinnahmen aus dem klassischen Software-as-a-Service Geschäft kommen und unser kostenloses Kernangebot wie Lohn, Buchhaltung und CRM mitfinanzieren.
Daneben sind wir aber daran, auf Basis entsprechender Unternehmensdaten neue transaktionsbasierte Services bereitzustellen wie zum Beispiel KLARA pay oder um auf das Privatkundensegment einzugehen, unsere Pay-per-Use-Versicherung «KLARA Home Relax» in Zusammenarbeit mit der Mobiliar. Mittel- bis langfristig gehen wir davon aus, dass dieser Bereich das Umsatzpotential im Bereich unserer Addon Services deutlich übersteigt.
Die grösste Zeitersparnis für KMU dürfte darin liegen, Transaktionen und Geschäftsvorfälle nur einmal zu erfassen und dann in der Buchhaltung, dem e-Banking etc. nahtlos überall zu Verfügung zu haben. Wie weit ist hier KLARA schon mit der Anbindung an Bankensysteme und welche Bedeutung wird hier die Open Finance-Initiative haben?
Als Fintech im Schweizer Markt übernehmen wir in vielerlei Hinsicht die Vorreiterrolle. So waren wir die erste cloudbasierte Lohnlösung, die swissdec-zertifiziert wurde. Im Bereich der Bankenanbindung konnten wir aktiv die Open-Banking-Initiative mitprägen und auf dem von Six bereitgestellen B.link Standard die Credit Suisse als erste teilnehmende Bank anbinden.
Dies ermöglicht dem KMU den vollautomatisierten Bankabgleich, was mit einer beträchtlichen Zeitersparnis einhergeht und Fintechs wie KLARA ermöglicht, weitere Finanzinstitute nahtlos einzubinden. So werden in den nächsten Wochen und Monaten einige weitere KMU-nahe Banken folgen.
KLARA kann als digital Assistent schon heute viel mehr als nur Buchhaltung. Welche neuen Funktionen sind in Entwicklung?
Inzwischen sind wir deutlich über die Buchhaltung hinausgewachsen. Natürlich gewinnen wir immer noch eine Vielzahl unserer Kunden durch unseren KI-basierten Buchhaltungsansatz. Zunehmend aber auch durch andere Services wie etwa unser intelligentes Kassensystem, die getätigten Umsätze direkt in der Buchhaltung verbucht.
«Wir haben im Rahmen der Coronakrise einen smarten Online Shop realisiert, der in diesen Tagen durch die Online Payment Funktion KLARA pay ergänzt wird.»
Ein weiteres Beispiel ist unsere Projekt- und Zeitabrechnung, über die ein Dienstleister seine Projekte und Aufträge planen, rapportieren, direkt verrechnen und verbuchen kann. Daneben haben wir im Rahmen der Coronakrise einen smarten Online Shop realisiert, der in diesen Tagen durch die Online Payment Funktion KLARA pay ergänzt wird. Grundsätzlich bauen wir den Bereich der Online Funktionen schrittweise weiter aus, um dem KMU wirklich die Möglichkeit zu bieten, auch Online sein Geschäft zu betreiben. So folgt die Google Shopping Integration, eine auf Knopfdruck realisierbare KMU Webseite und weitere spannende Services rund um den Bezahlprozess eines KMU.
Bei einem Wechsel zu einem neuen System ist die Übernahme der bestehenden Daten das wahrscheinlich grösste Hindernis. Welche Unterstützung bietet KLARA hier?
Der Start mit KLARA hängt einerseits vom Reifegrad des Unternehmens ab und andererseits vom Angebot, mit dem das KMU starten möchte. Bei etablierten Unternehmen, die ihre Buchhaltung bereits auf einem anderen System oder über einen Treuhänder geführt haben, ist die Hürde entsprechend gross.
Bei anderen Themen wie die Kundenverwaltung oder der Start mit der KLARA Projektabrechnung ist die Hürde bedeutend kleiner. Um hier Hilfestellung zu bieten, stellt KLARA innerhalb der Applikation entsprechend Import-Funktionalitäten zur Verfügung. Zusätzlich bieten wir den Einrichtungsservice an und helfen so dem KMU, die Migration möglichst nahtlos vorzunehmen.
KLARA soll Unternehmen und Privatpersonen von administrativen Aufgaben entlasten und ihnen Zeit einsparen. Gibt es Erfahrungswerte, wie viel Zeit konkret eingespart werden kann?
Im Privatumfeld ist dies aktuell noch einfacher zu berechnen, da es zumeist im Schnitt um die Verwaltung einer Person geht, die im Haushalt angestellt ist. Hier kann man sagen, dass dies pro Monat gute 30 Minuten sind. Im KMU Umfeld kommt neben der angesprochenen Zeitersparnis vor allem auch eine deutliche Kostenersparnis dazu. Hochgerechnet auf das Jahr ergibt sich hier im Schnitt eine Ersparnis von knapp 2’000 Franken.
Welches sind die wichtigsten Projekte bei KLARA für das aktuelle und das kommende Jahr?
Allzu viel kann und möchte ich hier noch nicht verraten. Im KMU-Kontext arbeiten wir konsequent am Ausbau und der Integration weiterer Partner und Dienste. Daneben haben wir im Privatkundensegment eine sehr weitreichende Vision. Dies werden wir schrittweise auch mit den angesprochenen Open Banking Standards weiter ausbauen, ganz im Sinne «KLARA macht dein Büro einfach». Oder künftig: «KLARA macht dein Leben einfach».