Johann Kaufmann, CEO Outdoor Switzerland AG, im Interview
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von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Kaufmann, «lass dich inspirieren, begeistern und erlebe unvergessliche Momente in unserer einzigartigen Outdoor-Abenteuerwelt», heisst auf der Website von Outdoor Switzerland. Muss man selbst auch ein Abenteurer sein, um ein Unternehmen in diesem Segment zu leiten?
Johann Kaufmann: Für mich ist es essenziell, dass man selbst lebt, was man verkauft. Die Outdoorbranche ist eine Nische. Um eine Unternehmung strategisch und operativ zu lenken, muss man die Kernkompetenzen verstehen. Durch das ich vor allem im Sommer immer noch als Bergführer mit Gästen auf den Bergen der Alpen unterwegs bin, behalte ich das Gespür für die Front. Das ist mir sehr wichtig.
Zum Auftakt der letztjährigen Generalversammlung haben Sie zusammen mit anderen Verwaltungsräten einen Fallschirmsprung gewagt. Was planen Sie für die diesjährige Generalversammlung?
Das war tatsächlich ein spektakulärer Eintritt in unsere GV 2024, das werden wir wohl nicht jedes Jahr toppen können. Auch hier leben wir unsere DNA. Wir sind eine Outdoorfirma, warum sollten wir unsere GV in einem langweiligen Saal abhalten? Das passt nicht zu uns. Seit 2021 halten wir unsere GV draussen ab. Wir wollen, dass unsere Aktionäre sowohl beim Verwaltungsrat wie auch bei uns operativ die Begeisterung für den Outdoorsport spüren.
«Wir sind eine Outdoorfirma, warum sollten wir unsere GV in einem langweiligen Saal abhalten? Das passt nicht zu uns.»
Johann Kaufmann, CEO Outdoor Switzerland AG
Nach der Übernahme von Skydive Switzerland 2023 haben Sie zum 1. Januar 2025 mit dem Seilpark Rigi erstmals ein Unternehmen von ausserhalb des Berner Oberlandes akquiriert. Wie kam es dazu?
Der Seilpark Rigi hat eine Nachfolgeregelung gesucht und ist auf uns zugekommen. Nach einem ersten Treffen haben wir sehr schnell gemerkt, dass die Chemie beidseitig stimmt. Im November 2024 durften wir den Kauf abschliessen. Wir investieren rund eine Viertel Million in ein neues Sicherungssystem und freuen uns auf die Eröffnung Anfangs April 2025. Strategisch war der Schritt bei uns im Verwaltungsrat schon länger ein Thema. Neu wird für uns die dezentrale Organisation sein. Wir haben aber ein super Team vor Ort und freuen uns sehr auf die Herausforderung.
Lassen sich Synergien mit dem Seilpark in Interlaken, dem Indoor Seilpark in Grindelwald und dem Seilpark Rigi realisieren?
Auf alle Fälle. Mit den drei Seilparks können wir Synergien aus den operativen Bereichen Bau, Unterhalt und Ausbildung bündeln. Das Halten von Mitarbeiter-Knowhow ist für mich eine wichtige Effizienzfrage, welche wir ausbauen müssen. Halten können wir solches Fachwissen dann, wenn wir für unsere Mitarbeitenden attraktive Ganzjahresstellen anbieten können. Dabei hilft uns das Volumen von mehreren Seilparks.
«Das Halten von Mitarbeiter-Knowhow ist für mich eine wichtige Effizienzfrage, welche wir ausbauen müssen.»
Haben Sie weitere Opportunitäten im Blick – im Oberland oder darüber hinaus?
Natürlich haben wir viele Ideen und Visionen, aber wir müssen hier auch realistisch bleiben. Im 2025 sind unsere operativen Rucksäcke mit der Integration vom Seilpark Rigi sowie dem Bau, Umzug und Implementation der neuen Base gepackt. Ich bin aber überzeugt, dass das nächste Projekt kommen wird, egal ob im Berner Oberland oder darüber hinaus.
Im Juni ziehen Sie in die neue «Outdoor Base» in Wilderswil um. Was wird diese Basis dem Unternehmen ermöglichen und den Kunden bieten?
Im heutigen Betrieb haben wir zwei Pain Points, welche wir unbedingt lösen müssen. Einerseits platzen wir in den Büros aus allen Nähten. Wir haben an drei verschiedenen Standorten Mitarbeitende und ebenso viele Materiallager. Uns fehlt schlichtweg der Platz und das ist ineffizient. Andererseits ist unsere Infrastruktur für die Gäste im sanitären Bereich absolut nicht mehr zeitgemäss. Dies ist für mich vielleicht der wichtigste Punkt für den Umzug in die neue Base, denn nur dank unseren Kunden dürfen wir unseren Traumjob ausüben. Mit dem Wachstum der letzten Jahre müssen wir diese Investition in die Substanz wagen.
Outdoor Switzerland bietet eine grosse Auswahl an Outdoor-Aktivitäten, von Gipfeltouren und Gletscherwanderungen über Jetboat und Canyoning bis zur Skischule und Gleitschirmfliegen. Welche Bereiche liefen im Jahr 2024 besonders gut?
Grundsätzlich sind wir fast in allen Bereichen mit dem Geschäftsgang zufrieden. Herausfordernd ist der Eventbereich. Unsere Region ist sehr gut gebucht und es ist nicht einfach, Unterkunftsverfügbarkeiten für Gruppen kurz- und mittelfristig zu finden. Hier müssen wir umdenken. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass im 2024 vor allem der Soft Adventurebereich wie die Gletscherschlucht und das Jetboat besonders gut liefen. Diese Aktivitäten sind etwas weniger wetterabhängig.
Naturgemäss ist der Geschäftserfolg von Outdoor Switzerland auch vom Wetter abhängig. Schnee, Regen, Nebel – inwieweit hat Ihnen das Wetter 2024 in die Karten gespielt – oder eben nicht?
Wir sind im Outdoorbereich tätig, das Wetter wird immer Einfluss auf den Geschäftsgang haben. Für mich ist es wichtig, dass wir objektiv damit umgehen und das Wetter nicht für jeden Umsatzeinbruch als Urheber dient. 2024 hatten wir im Frühsommer an elf Wochenenden nacheinander schlechtes Wetter. Oft konnten wir wegen zu viel Wasser keine Canyoning Touren anbieten. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf das Ergebnis.
«Wir sind im Outdoorbereich tätig, das Wetter wird immer Einfluss auf den Geschäftsgang haben. Für mich ist es wichtig, dass wir objektiv damit umgehen und das Wetter nicht für jeden Umsatzeinbruch als Urheber dient. «
Lässt sich eine vorläufige Gesamtbilanz für das Jahr 2024 ziehen?
Grundsätzlich bin ich in «Symbiose» mit den Wetterherausforderungen im 2024 zufrieden mit dem Geschäftsgang. Dank unserer Diversifizierung durften wir Umbuchungen auf andere, weniger wetterabhängige Bereiche feststellen. Damit konnten wir die Umsatzeinbrüche etwas abfangen.
Outdoor-Sportler erleben das sich verändernde Klima hautnah mit. Welche Herausforderungen stellen sich durch schmelzende Gletscher, höhere Temperaturen oder tauenden Permafrost bei den von Ihnen angebotenen Aktivitäten?
Wetter und Klima haben Einfluss auf spezifische Aktivitäten, welche wir anbieten. Primär spreche ich da den Bergsport an. Die Unterschiede der Gletscher im Vergleich zu den 80er Jahren, als ich die ersten Bergtouren erleben durfte, sind markant. Wir können dies nicht ändern und passen Angebote und Routenwahl laufend an. Möglichkeiten gibt es immer. Auch im Schneesport müssen wir uns damit befassen, dass die Winter weniger schneereich sein werden. Dabei stelle ich fest, dass die Bergbahnen der Jungfrau Region ihre Hausaufgaben gemacht haben. Dank einer hervorragenden Infrastruktur sind wir für die Zukunft gut gewappnet.
Sie richten sich auch direkt an Influencer. Welche Bedeutung haben diese heute für den Erfolg der einzelnen Aktivitäten?
Influencer haben nach wie vor eine grosse Bedeutung, sie präsentieren eigenständig, was wir leben und verkaufen. Ich glaube aber, dass der Zenit der Influencer erreicht ist. Reichweite bedeutet nicht mehr nur das höchste Ziel im Onlinemarketing. Viel wichtiger ist es, dass wir authentisch sind und unsere Outdoor-Leidenschaft fokussiert an unsere Zielgruppen weitertragen. Damit bauen wir unsere Community auf, welche wir in die Natur begleiten. 2025 überarbeiten wir unsere Website komplett, damit wir in diesen Themen näher zum Gast kommen.