Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
payoff im Gespräch mit John R. Taylor, Gründer und CEO von FX Concepts LLC, dem weltgrössten und ältesten Währungs-Hedge Fonds, über volatile Kurse, die Schweiz und den Franken sowie zu lukrativen Devisengeschäften.
payoff: Herr Taylor, Währungen sind eine der spannendsten Anlageklassen – vorausgesetzt, man setzte auf die richtige Seite. Wie laufen Ihre Geschäfte?
John R. Taylor: Es ist in der Tat spannend, dem Devisenhandel zuzusehen, aber es ist natürlich viel einfacher, ein Zuschauer als ein echter Teilnehmer zu sein. Insbesondere seit Ende 2010, als die Welt in die Intensivstation eingeliefert wurde. Wir waren einer der schlechtesten Performer im Jahr 2011 und sind einer der besten im Jahr 2012.
Das klingt sehr volatil…
Das Problem ist, dass der Devisenmarkt mittlerweile im Fokus der Notenbanken und Regierungen steht. Diese müssen den Markt ständig kontrollieren, um die Weltwirtschaft stabil zu halten. Beginnt heute ein Top-Währungspaar entsprechenden Druck bzw. einen Trend aufzubauen, springen die Notenbanken zur Hilfe und korrigieren die Szenerie zu ihren Gunsten, indem sie Geld in den Markt pumpen oder es erschweren, die eine oder andere FX-Position zu halten. Das macht es volatil.
Welche Kursbewegung überrascht Sie aktuell am meisten?
Am verblüffendsten fand ich auf einer Year-to-Year-Sicht die Bewegung im Euro.
«Obama wird die Wahl verlieren, der US-Dollar gewinnen.»
John R. Taylor, Gründer und CEO von FX Concepts LLC
Haben Sie Ihr erstes Geld auch im Devisenhandel verdient?
Mein erstes Geld habe ich als Teenager verdient, indem ich Kurse zum Thema «Europäische Integration, zurück nach 1964» in Lugano gegeben habe.
Sie waren damals für ein Jahr in der Schweiz. Was halten Sie von Europa? Wird der Euro eine bessere Währung sein ohne Griechenland?
Ich liebe Europa. Ich verbrachte viel Zeit bei meinem Grossvater, als ich im Tessin studierte. Ich mag diesen Teil der Schweiz und auch Italien. Meine Sicht auf Europa ist, dass der Euro eine gute Langzeit-Spekulation sein könnte, wenn zwei Dinge eintreten: Erstens muss es sich vom südlichen Teil lossagen – interpretieren Sie es, wie Sie wollen –, und zweitens muss es sich sehr schnell in ein vereinigtes Europa entwickeln, einschliesslich zentraler Institutionen, mit Brüssel als Hauptstadt.
Eine sehr radikale Forderung…
Glauben Sie mir: Die Visionäre, welche den Euro eingeführt haben, ahnten schon im Vorfeld, dass die Währung scheitern würde, wenn es nicht auf eine Machtzentralisierung hinausläuft. 1992 war das aber noch ein Tabuthema und die Souveränität der Mitgliedsstaaten unantastbar. Heute sieht das Meinungsbild anders aus. Entweder Europa startet die Machtzentralisierung und auch eine Fiskalunion – oder das ganze Projekt Euro geht baden. Die USA hatten Alexander Hamilton in einer sehr ähnlichen «Do-or-Die-Situation». Mir scheint, in Europa braucht es jetzt auch jemanden für einen solchen Job.
«Europa muss sich vom Süden lossagen.»
Was sagen Sie zur Aktion der SNB und der Euro-Kursgrenze bei 1.20?
Das war für mich ein überraschendes Kurzfristevent. Die Entscheidung war derart ungewöhnlich, aber gleichzeit sehr wichtig, und in punkto Überraschungsmoment gut gemacht. Ich fand die Operation brillant umgesetzt und für einige Jahre tragbar. Letztendlich scheint es bislang auch eine relativ sichere Strategie zu sein, vorausgesetzt, die Euromilliarden der SNB werden clever angelegt.
Wird die Schweizer Nationalbank Herr der Lage bleiben und den CHF schwach halten können?
Das sollte kein Problem sein. Der einzige Punkt könnte die interne Inflation sein, aber ich glaube, diese wird mindestens ein Jahr oder hoffentlich mehr weg sein. Auf einen Bruch der EUR 1,20-Marke würde ich aktuell nicht setzen. Mir scheint es zurzeit etwas wie beim Zweiten Weltkrieg: Die Schweizer sind umschlossen und sie müssen etwas tun, um zu überleben, aber wir wissen nicht, wie das Rennen letztlich ausgeht.
Was ist Ihr ganz persönliches Euro-Szenario?
Nach meiner These bekommen wir einen «Deutschen Euro». Der Franken würde dann parallel allerdings auch wieder stärker werden. Wenn die Krise aber länger anhält und der Euro aufgrund der heutigen Staaten-Konstellation weiter schwächer wird, wird die Schweiz am Ende ein Problem haben und wird gezwungen, auszusteigen. Die SNB sässe dann auf einem dicken Verlust ihrer Euro-Investments.
Abgesehen vom Euro, welche Währungen könnten in der nächsten Zeit eine gute Investition sein?
Auf kurze Sicht gesehen sind es der Dollar und der Yen, da sie in Rezessionen immer an Stärke zulegen. Dieses Mal ist der US-Notenbankchef Bernanke aber weniger gut in der Lage, die Stärke des Dollars schnell zu kehren und den Dollar nach unten zu drücken. 2009 ist ihm das noch gelungen. Mit einer republikanischen Regierung im nächsten Jahr – Obama kann in einer Rezession keine Wahl gewinnen – wird der Dollar noch stärker werden.
Mit Blick auf FX Concepts: Wie muss man sich die Handelsstrategie vorstellen? Befindet sich alles in automatisierter Computerhand?
Wir sind auf Modelle angewiesen, um die signifikanten Anlageentscheidungen treffen zu können. Aber unsere persönlichen, menschlichen Erfahrungen sind auch von Relevanz. Wir sind aber kein reiner Hedge-Fund, sondern auch ein klassischer Devisen-Händler. Man kann auch sagen, ein Problemlöser im Devisenmarkt und im internationalen Finanzsektor.
Wer sind Ihre Kunden?
Fast ausschliesslich Institutionelle, aber wir sind auf verschiedenen Plattformen zu finden.
«Mit einer republikanischen Regierung wird der Dollar noch stärker werden.»
Was ist Ihre Meinung über die jüngsten regulatorischen Veränderungen?
Die regulatorischen Änderungen sind noch nicht das Problem, aber die europäischen Staats- und Regierungschefs suchen nach einem Schuldigen und das regulatorische Klima könnte sehr schwer werden. Der freie Kapitalfluss wird behindert und die globale Wachstumsrate muss dadurch Rückschläge hinnehmen. Wir werden schon seit jeher von allen Aufsichtsbehörden, wie der SEC oder FSA, überwacht, insofern gibt es für uns bislang noch keine relevanten Änderungen.
In der Zwischenzeit haben Sie ein Büro in Pfäffikon eröffnet. Gibt es Expansionspläne?
Wir starten da bewusst sehr langsam. Das Schweizer Büro dient in erster Linie als lokaler Anker, falls unsere Kunden von der Schweiz aus bedient werden möchten.
Was war zurückblickend Ihre beste Investition?
Als ich im Juli 2002 Argentinische Peso gekauft habe und etwa sechs Monate behalten habe – der Gewinn lag bei fast 100%. Beste kurzfristige Transaktion war der Verkauf von Dollar und der Kauf von Schweizer Franken am 26. Februar 1985 bei etwa 2,9240, um den neuen Campus des Franklin College in Sorengo zu kaufen.
Wie lautet Ihr persönlicher Anlagegrundsatz?
In Anlehnung an Bernard Baruch: «Kaufen, wenn die Strassen mit Blut volllaufen, aber vorher sicherstellen, dass es wirklich trocken ist.»
Der Gesprächspartner:
John Taylor ist Chairman, CEO und Gründer von FX Concepts LLC in New York City. Er ist seit 40 Jahren im Devisengeschäft tätig und sein Unternehmen verwaltet inzwischen USD 9 Milliarden. Vor seinem Start mit FX Concepts war er bei der Citibank im Devisenbereich in leitender Funktion tätig. Sein eigentlicher Karrierebeginn fand 1972 bei der Chemical Bank statt. Dort gründete er den Geschäftsbereich «Foreign Exchange Advisory Service». Als einer der ersten Trader modellierte John Taylor computergestütze Handelsmodelle. Die aktuellen Algorythmen starten in ihrer Historie mit Devisenbewegungen seit dem Jahr 1970. Taylor hat familienbedingt eine enge Bindung an die Schweiz, so verbrachte er Teile des Studiums u.a. im Tessin.