Josef Fehr, CEO Liechtensteinische Landesbank AG.
Von Radovan Milanovic
Moneycab: Welche Konsequenzen hat die Liechtensteinische Landesbank nach den Problemen mit deutschen Steuersündern gezogen?
Josef Fehr: Wir haben bereits im Jahre 2004 unsere auf drei Säulen basierende Wachstumsstrategie definiert: Festigung der Position im Heimmarkt Liechtenstein, Ausbau der Aktivitäten in der Schweiz und Erschliessung neuer Märkte. Seitdem arbeiten wir kontinuierlich an der Umsetzung dieser Strategie.
«In der Schweiz haben wir die Wachstumsinitiative der Bank Linth lanciert, in deren Rahmen auch markant in das Private Banking investiert wird.» Josef Fehr, CEO Liechtensteinische Landesbank AG
Spüren Sie auch jetzt noch Auswirkungen dieser Krise?
Im 2010 verzeichneten alle Geschäftsbereiche der LLB-Gruppe wieder solide Netto-Neugeld-Zuflüsse und belegen damit den Erfolg der Investitionen in die Marktpräsenz.
Im Nachgang der Probleme mit deutschen Steuerbehörden begründet die Liechtensteinische Finanzmarktaufsichtsbehörde, die FMA, den Aufbau einer starken nationalen Aufsicht des Finanzmarktes, als „künftig wichtigen Standortfaktor“ Liechtensteins. Doch wie sieht Ihre Bank als Direktbetroffener diese Aufblähung des Kontrollapparates?
Die Vergangenheit hat gezeigt: Auf Krisen folgen immer stärkere Regulierungen. Gerade durch die Finanzkrise hat die Aufsicht weltweit einen höheren Stellenwert erhalten. In Europa ist beispielsweise eine zentrale Finanzmarktaufsicht geschaffen worden, die seit Januar operativ ist und weitgehende Kompetenzen hat. Das kann man gut finden oder schlecht, es ist ein Fakt. Wichtig ist, dass wir in Liechtenstein klug damit umgehen.
Die FMA Liechtenstein hat im vergangenen Jahr unter ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Lauber verschiedene Korrekturen vorgenommen und sowohl beim Personal- als auch beim Sachaufwand Einsparungen vorgenommen. Ist dieses personell verstärkte Kontrollorgan nicht im Spannungsfeld Ihrer Bankaktivitäten?
Um im internationalen Wettbewerb der Finanzplätze bestehen zu können, braucht es ein Miteinander. Dies ist allen Akteuren bewusst. Wenn es um essentielle Entscheide geht, versuchen die Finanzinstitute und die Behörden gemeinsam Lösungen zu finden, um sie sinnvoll für den liechtensteinischen Finanzplatz umzusetzen.
«Das Eigenkapital belief sich per 30. Juni 2010 auf CHF 1.6 Mia. Die Tier 1 Ratio betrug 13.6 Prozent. Mit diesem Wert liegen wir um 70 Prozent über den geltenden gesetzlichen Anforderungen.»
Prüfen Sie allenfalls die Verlagerung Ihrer Hauptaktivitäten weg von Liechtenstein zu Ihren Standorten Hongkong und Abu Dhabi, beziehungsweise Dubai oder findet diese bereits statt?
Unser Heimmarkt Liechtenstein ist ein Pfeiler in unserer Wachstumsstrategie. Aufgrund seiner Grösse und unserer Marktführerschaft ist das Potenzial aber begrenzt. Wachstumschancen sehen wir vor allem in der Schweiz, in Österreich sowie in Osteuropa und dem Nahen und Mittleren Osten. In der Schweiz haben wir die Wachstumsinitiative der Bank Linth lanciert, in deren Rahmen auch markant in das Private Banking investiert wird. Die LLB (Österreich) entwickelt sich seit ihrem Marktstart im Dezember 2009 sehr erfreulich. Zur verstärkten Bearbeitung Osteuropas und des Nahen und Mittleren Ostens haben wir unsere Beratungsteams in Vaduz, Zürich und Wien sowie in den Vereinigten Arabischen Emiraten planmässig aufgestockt. Die Trendwende beim Netto-Neugeld, gerade auch im Geschäftsfeld Markt International, unterstreicht den Erfolg dieser Massnahmen.
Basel III, also die Richtlinien zur Erhöhung des Kapitalisierungsbedarfs der Finanzinstitute, dürfte sich bei den meisten Instituten als weitere Hürde im Hinblick auf die Verbesserung der Rentabilität erweisen. Auch in Ihrem Falle?
Wir gehen davon aus, dass die verabschiedeten Änderungen der Kapitalausstattung nach Basel III auf die Liechtensteinische Landesbank keine grossen Auswirkungen haben werden. Die LLB-Gruppe verfügt traditionell über eine solide Eigenkapitalausstattung. Das Eigenkapital belief sich per 30. Juni 2010 auf CHF 1.6 Mia. Die Tier 1 Ratio betrug 13.6 Prozent. Mit diesem Wert liegen wir um 70 Prozent über den geltenden gesetzlichen Anforderungen. Selbstverständlich verfolgen und analysieren wir die laufenden Entwicklungen aufmerksam und werden uns entsprechend positionieren.
Verhindert die Weissgeld Strategie Liechtensteins nicht das Wachstum liechtensteinischer Banken? Hat diese nicht den Wettbewerbsvorteil der liechtensteinischen Finanzindustrie zur schweizerischen eingebüsst?
Die neue Strategie der Regierung, die vom Bankenverband stets mitgetragen wurde, bewährt sich zunehmend und zeigt, dass Stabilität und Rechtssicherheit keine leeren Versprechungen sind.
Aber nicht nur in Liechtenstein, sondern auch in der Schweiz haben sich die Rahmenbedingungen für das internationale Private Banking wesentlich beruhigt. Mit dieser Stabilität hat auch die Nachfrage deutliche Impulse erfahren. Darüber hinaus hat die Verunsicherung der Kunden in Folge der Euroschwäche oder der internationalen wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen das Interesse an traditionellem Schweizer und Liechtensteiner Private Banking wieder spürbar zunehmen lassen.
Welche konkreten Auswirkungen hat die Einführung dieser Vorwärtsstrategie auf Ihre Geschäfte?
Wir werden weiter an der Umsetzung unserer Wachstumsstrategie arbeiten. Im internationalen Geschäft stehen die Erhöhung der Ressourcen, die Vertiefung des Know-hows und die Ausweitung des Dienstleistungsangebots im Cross Border Banking im Vordergrund.
Ist der Gewinneinbruch der LLB von 36,5% im ersten Halbjahr 2010, trotz Neugeldzufluss von CHF 1,5 Milliarden, auch unter diesem Geschichtspunkt zu sehen?
Nein. Das anhaltend tiefe Zinsniveau, die instabilen Finanzmärkte und die direkte Verbuchung des Finanzergebnisses über die Erfolgsrechnung wirkten sich negativ auf das Konzernergebnis aus.
«Die Bank Linth will sich in den nächsten acht bis zehn Jahren im Raum Zürich / Ostschweiz als eine der führenden Universalbanken für Privat- und Firmenkunden sowie für Private-Banking-Kunden etablieren.»
Soeben hat die LLB Herrn Felix Ehrat zur Zuwahl in den VR der Bank vorgeschlagen. Herr Ehrat ist bei mehreren Börseneinführungen von Schweizer Gesellschaften im In- und Ausland involviert und an zahlreichen nationalen und grenzüberschreitenden Transaktionen beteiligt gewesen. Kann somit davon ausgegangen werden, dass sich die LLB vermehrt auch Richtung Schweiz positioniert?
Wir freuen uns über die Nominierung von Dr. Felix R. Ehrat. Mit seinen profunden juristischen Kenntnissen im Finanzbereich und seiner langjährigen Erfahrung als Verwaltungsrat in verschiedenen Gesellschaften in- und ausserhalb des Finanzdienstleistungsbereichs wird er das Kompetenz-Portfolio des Verwaltungsrats ideal ergänzen. Das Potenzial des Schweizer Marktes schätzen wir hoch ein. Dieser bildet für die LLB-Gruppe den «zweiten» Heimmarkt. Die Mehrheitsbeteiligung an der Bank Linth LLB AG im Jahre 2007 stellte in diesem Kontext einen Meilenstein dar. Einen weiteren Meilenstein bildet die Wachstumsinitiative der Bank Linth.
Ist die Eröffnung der Filiale in Erlenbach zur Abdeckung von Kunden an der Goldküste ab 2011 ein Schritt in diese Richtung?
Ja. Im April 2010 hat die Bank Linth langfristige Wachstumspläne vorgestellt: Mindestens sechs Geschäftsstellen sollen dabei eröffnet werden. Zwei neue Standorte, Erlenbach und Winterthur werden bereits in diesem Jahr eröffnet.
2007 haben Sie die Mehrheit Bank Linth übernommen. Wie hat sich diese Bank entwickelt? Inwieweit ist sie zur Konkurrenz der Raiffeisen- und Kantonalbanken geworden?
Die Bank Linth ist regional verankert und in den Regionen Sarganserland, Linthebene, Ausserschwyz und Zürichsee, das heisst von Liechtenstein bis Zürich, stark verankert und mit derzeit 23 Geschäftsstellen sehr präsent. Die Bank Linth will sich in den nächsten acht bis zehn Jahren im Raum Zürich / Ostschweiz als eine der führenden Universalbanken für Privat- und Firmenkunden sowie für Private-Banking-Kunden etablieren. Damit ist sie und wird sie eine starke Konkurrenz sein.
Über die LLB Schweiz bearbeiten Sie unter anderem den osteuropäischen und über die Liechtensteinische Landesbank Österreich den österreichischen und dann künftig von Österreich aus, den osteuropäischen Markt. Wie wappnen Sie sich vor den Risiken des Euro und den steigenden Schuldnerrisiken Osteuropas?
Wir verfolgen eine umsichtige Geschäftsstrategie und legen unseren Schwerpunkt in diesen Märkten auf das Private Banking sowie Wealth-Management-Services
Was sind die weiteren Zielsetzungen, Strategien und Visionen der LLB Gruppe?
Über den Jahreswechsel haben wir die Gesamtbanksoftware „Avaloq“ erfolgreich eingeführt. Bei diesem Mammutprojekt, dem grössten IT-Projekt in der Geschichte der LLB-Gruppe, lief alles nach Plan. Die Einführung der neuen Bankenapplikation ermöglicht uns, zentrale, gruppenweite Kompetenzen zusammenzufassen, um so mit den bestehenden Personalressourcen wachsende Transaktionsvolumina zu bewältigen. Wir wollen unsere Kostendisziplin beibehalten, unsere Ertragslage weiter steigern und kontinuierlich an der Umsetzung unserer Wachstumsstrategie arbeiten.
Am meisten freue ich mich aber auf das Jubiläumsjahr. Wir können im 2011 unseren 150. Geburtstag feiern. Wir wollen dieses tolle Ereignis nutzen, um Danke zu sagen: unseren Kunden, unseren Aktionären, unseren Mitarbeitenden und der liechtensteinischen Bevölkerung.
Der Gesprächspartner:
Josef Fehr erlangte 1981 das Lizentiat der Rechtswissenschaften an der Universität Fribourg 1981. 1984 promovierte 1984 in Recht und besuchten 1993 bis 1995 die Swiss Banking School.
Von 1986 bis 1992 arbeitete Fehr als Rechtskonsulent bei der Liechtensteinischen Landesbank AG. Von 1992 – 1998 stand der dem Handel vor und wirkte 1998 bis 2000 als Ressortleiter Privatkunden. 1992 wurde er zum Mitglied der Geschäftsleitung und in 2000 zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung bei der Liechtensteinischen Landesbank AG, Vaduz, ernannt.
Zur Zeit bekleidet Fehr folgende Ämter: Vorsitzender der Gruppen- und Geschäftsleitung der Liechtensteinischen Landesbank AG, Vaduz, Vorstandsmitglied des Liechtensteinischen Bankenverbandes und der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer. Zudem hält er Verwaltungsratsmandate bei Gruppengesellschaften der LLB: Als Mitglied bei der Liechtensteinischen Landesbank (Schweiz) AG, sowie als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates bei der Liechtensteinische Landesbank (Österreich) AG. Bei folgenden Gesellschaften ist er Mitglied des Verwaltungsrates: Bank Linth LLB AG, LLB Asset Management AG, LLB Treuhand AG, Jura Trust AG und swisspartners Investment Network AG.
Das Unternehmen:
Die Liechtensteinische Landesbank AG (LLB) ist das traditionsreichste Finanzinstitut im Fürstentum Liechtenstein. Mehrheitsaktionär ist das Land Liechtenstein. Die Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert (Symbol: LLB). Die LLB-Gruppe bietet ihren Kunden umfassende Dienstleistungen im Wealth Management an: als Universalbank, im Private Banking, Asset Management sowie bei Fund Services und Trust Services. Mit 1’068 Mitarbeitenden ist sie in Liechtenstein, in der Schweiz, in Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi und Dubai) präsent. Per 30. Juni 2010 verwaltete die LLB-Gruppe ein Kundenvermögen von CHF 49.6 Mia.