Jürg Kallay, CEO Swissprivate AG, im Interview

Jürg Kallay, CEO Swissprivate AG (Bild: Swissprivate)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Dr. Kallay, Sie haben Swissprivate 2003 gegründet. Wie positioniert sich Swissprivate als Nischen-Anbieterin im Vergleich zu traditionellen Privatbanken, Family Offices und Grossbanken?

Jürg Kallay: Im Wesentlichen dadurch, dass wir keine sogenannte Vermögensverwaltung anbieten, sondern eine Gesamtvermögensberatung. Wir glauben nicht, dass wir auf allen Gebieten zwingend die Besten sind, aber wir sind sicher, dass wir einen Mehrwert für den Kunden schaffen können, wenn wir gemeinsam die für ihn passende Anlagestrategie erarbeiten.

«Grundsätzlich ist die Regulierung ein Hemmschuh für den Finanzplatz. Weniger wäre hier sicherlich mehr. Für uns hingegen spielt sie keine zentrale Rolle, weil wir ja keine bewilligungspflichtige Vermögensverwaltung anbieten.» Jürg Kallay, CEO Swissprivate AG

Die Umsetzung machen dann Dritte, die wir bei Bedarf gemeinsam evaluieren. Wir überwachen anschliessend diese Prozesse. Der Vorteil: Wir sind damit komplett unabhängig in Bezug auf Produkte, Verkaufsdruck der Banken und allenfalls weiteres Ungemach, welches der Kunde bei Banken gar nicht erst sieht.

Welche Vorteile bietet Ihr Geschäftsmodell gegenüber einem klassischen Family-Office?

Das klassische Family Office hat in der Regel nur einen Kunden. Wir betreuen mehrere Kunden, so dass wir Skaleneffekte nutzen können. Zudem sehen wir auch innerhalb unserer Kundenstruktur Synergien. Als Beispiel: eine Anlagelösung, die sich bereits gut bewährt hat, kann bei mehreren Kunden eingesetzt werden. Dies dann auch zu einem tieferen Preis, weil die Menge grösser ist.

Wie gehen Sie mit der zunehmenden Regulierung im Finanzsektor um, wie wirkt sich diese auf Ihre Dienstleistungen aus?

Grundsätzlich ist die Regulierung ein Hemmschuh für den Finanzplatz. Weniger wäre hier sicherlich mehr. Für uns hingegen spielt sie keine zentrale Rolle, weil wir ja keine bewilligungspflichtige Vermögensverwaltung anbieten. Das machen unsere Partner, und die halten selbstverständlich alle Regularien ein. Wir hingegen sind im sogenannten Beraterregister zertifiziert.

Vermögende Kunden erwarten zunehmend digitale Lösungen für Portfolioübersichten und Transaktionen, Fintechs setzen auf Roboadvising, digitale Prozesse und Künstliche Intelligenz. Inwiefern hat die Digitalisierung Ihre Arbeitsweise bei Swissprivate verändert, wie wird sich die Digitalisierung auf das Private Banking der Zukunft auswirken?

Ich sehe das anders und auch unsere Kunden sehen das differenziert. Die Zukunft wird bei grösseren Vermögen immer mehr dem zwischenmenschlichen Austausch gehören. Natürlich verfügen wir über alle hilfreichen digitalen Werkzeuge, bis hin zur Konsolidierungssoftware, aber letztendlich will der Mensch mit einem Menschen reden. Gerade bei der aufkommenden KI ist man ja nie sicher, ob alles, was so gut tönt, auch wirklich stimmt. Unsere Kunden bezahlen uns letztlich für unser Fachwissen und unsere Erfahrung und setzen deshalb ihr Vertrauen in uns.

Welche Herausforderungen ergeben sich für unabhängige Vermögensverwalter wie Swissprivate in der “Competition” mit Grossbanken?

Wir stehen hier nicht in einer «Competition». Grossbanken sind für uns keine Konkurrenten, sondern Partner!

«Die Zukunft wird bei grösseren Vermögen immer mehr dem zwischenmenschlichen Austausch gehören.»

Wie gewährleisten Sie die Unabhängigkeit Ihrer Beratung, insbesondere im Hinblick auf die Auswahl von Finanzprodukten. Bekommen Sie Vermittlungsgebühren?

Nein, wir bekommen von niemandem sogenannte Kickbacks. In unseren Verträgen steht ausdrücklich, dass dies dem Kunden gemeldet werden müsste. Wir werden von unseren Klienten direkt bezahlt. Somit bleiben wir in unserer Partner- und Produktauswahl zu 100% unabhängig.

Welche Rolle spielen ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Ihrer Anlagestrategie?

Es gibt Kunden, die eine Integration dieser Kriterien explizit wünschen. Dort setzen wir das auch um. Es ist also ausschliesslich eine Kundenentscheidung. Aber es gibt dazu keine generelle Richtlinie, denn am Ende wollen alle auch Profit erwirtschaften. Wobei heutzutage ja allen klar ist, dass wer sich als Firma nicht um seine Stakeholders im weitesten Sinne kümmert, schnell weg vom Fenster ist.

Wie hat sich das Risikomanagement für vermögende Privatkunden in den letzten Jahren verändert?

Das Einzige, was mir nach über 30 Jahren Branchenerfahrung auffällt, ist die enorme Informationsflut, die täglich auf uns einprasselt. Jede Nachricht könnte sozusagen potenziellen Sprengstoff enthalten. Dass dies nicht gerade zur Beruhigung des Menschen und zur Entschleunigung beiträgt, liegt auf der Hand. Ansonsten aber sind unsere Kunden sehr langfristig orientierte Investoren, die weniger auf kurzfristige Marktverwerfungen reagieren.

Welche Innovationen sehen Sie als besonders vielversprechend für die Zukunft des Wealth Managements?

Die technischen Aspekte werden alle zunehmend automatisiert: Aktienanalyse, Anlagevorschläge, Benchmark-Vergleiche etc. Das sind per se noch keine Innovationen, aber im Arbeitsalltag wird sich dadurch noch viel ändern.

«Das Einzige, was mir nach über 30 Jahren Branchenerfahrung auffällt, ist die enorme Informationsflut, die täglich auf uns einprasselt. Jede Nachricht könnte sozusagen potenziellen Sprengstoff enthalten.»

Was aber gleichbleiben wird und muss, ist das echte Interesse am Kunden. Und das geht heute bei den grösseren Instituten leider immer mehr verloren.

Wie gehen Sie mit dem Generationenwechsel bei Ihren Kunden um, insbesondere in Bezug auf unterschiedliche Erwartungen an digitale Dienstleistungen, Impact Investing und den Renditeerwartungen?

Zum Glück haben wir bei uns zwei jüngere Mitarbeiter zwischen 30 und 40 Jahren, welche die nächste Generation besser verstehen als ich. Aber wir haben gemerkt, dass ein Mix aus «alt und neu» der beste Weg ist, um der nächsten Generation den grösstmöglichen Nutzen zu stiften. Gerade im Hinblick auf Krypto hat uns der Einfluss der jüngeren Generation sehr gut getan!

Die Diskretion, ein Kernwert des Private Bankings, muss im digitalen Raum neu definiert werden (Cybersecurity, Data Ownership, Data Privacy). Welche Massnahmen ergreifen Sie, um die Cybersicherheit und den Datenschutz Ihrer Kunden zu gewährleisten?

Wir sind diesbezüglich sehr entspannt, weil wir mit einem sehr bekannten, zuverlässigen System und einem sehr erfahrenen, seriösen Berater zusammenarbeiten. Die absolute Sicherheit gibt es natürlich nicht, aber die hat ohnehin niemand. Im Übrigen stellen wir sicher, dass die Diskretion im Alltag sehr genau beachtet und eingehalten wird. Ich bin überzeugt, dass da viel mehr gesündigt wird als auf der technischen Ebene. Man muss nur im Restaurant zum nächsten Tisch hinüber hören oder im Flugzeug in die nächste Reihe. Da werden Daten quasi öffentlich geteilt.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Mein grösster Wunsch wäre eine politisch eigenständige Schweiz mit einer gesunden, aber nicht übertriebenen Regulierung, wo sich alle Marktteilnehmer gut entfalten könnten. Ich bin immer noch überzeugt, dass die Schweiz für Privatkunden der weltweit beste Platz ist, um ihr Vermögen auf allen Ebenen professionell betreuen zu lassen.

Der zweite Wunsch wäre, dass die allgegenwärtige Neidkultur ein Ende findet. Man sollte Vermögende nicht immer an den Pranger stellen. Denn die Allermeisten sind hoch anständige Leute, die mehr für die Allgemeinheit tun, als man denkt.


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