Jürg Mühlethaler, COO Centrum Bank
Jürg Mühlethaler, COO Centrum Bank (Foto: Centrum Bank)
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Mühlethaler, seit 14 Jahren sind Sie bei der Centrum Bank tätig. Vor rund einem Jahr haben Sie die Funktion als Chief Operating Officer übernommen. Was waren bis anhin die wichtigsten Meilensteine für Sie bei der Centrum Bank?
Jürg Mühlethaler: Für mich war der starke Fokus auf die Kunden ein zentrales Erlebnis. Unsere Prozesse und Handlungen wurden mit der Einführung einer von B-Source optimierten Avaloq-Plattform weiterentwickelt. Ich bin stolz mit motivierten und interessierten Mitarbeitenden für eine Bank zu arbeiten, welche dem Namen „Centrum“ Bank auch im Sinne der Kundenbetreuung gerecht wird. Die kurzen Entscheidungswege in einer Bank mit unserer Grösse sind in der heutigen Welt von Veränderungen sicherlich von bedeutendem Vorteil. Auch das klare Kommitment des Hauptaktionärs, den Veränderungsprozess zu unterstützen, hat mich motiviert und bestärkt.
«Die stets steigenden regulatorischen Anforderungen erhöhen den Aufwand für IT und Administration beträchtlich.» Jürg Mühlethaler, COO Centrum Bank
Bezüglich Ihres Bankensystems haben Sie einen grundlegenden Wechsel vollzogen vom eigenen Betrieb zu einem umfassenden Outsourcing-Modell der Technologie und der Backoffice Prozesse. Was war der Beweggrund für den Wechsel?
Wir befinden uns in herausfordernden Zeiten, welche durch den stetigen Wandel im globalen Finanzumfeld geprägt werden. Nichts tun kann sich heutzutage kaum mehr jemand leisten, da dies faktisch einem Rückschritt gleich kommt. Ich bin deshalb der Ansicht, dass die Centrum Bank hinsichtlich des Outsourcings einen weitsichtigen und auch nachhaltigen Entscheid getroffen hat.
Eine erstklassige IT-Systemunterstützung, sowie schlanke Abwicklungsprozesse sind eine Grundvoraussetzung, den Kunden auch in Zukunft einen hochstehenden und professionellen Service bieten zu können. Die stets steigenden regulatorischen Anforderungen erhöhen den Aufwand für IT und Administration beträchtlich. Das schwierige wirtschaftliche Umfeld macht gleichzeitig Kosteneinsparungen notwendig. In einem umfangreichen Vorprojekt hat die Centrum Bank die Möglichkeit eines Outsourcings analysiert. Das Projektteam mit Vertretern aus verschiedenen Fachbereichen der Bank kam zum Schluss, dass eine Kooperation mit dem Unternehmen B-Source in Bioggio die optimale Lösung ist.
Konnte durch die Auslagerung ganzer Prozessbereiche und des gesamten Bankensystems eine signifikante Reduktion der Kosten erreicht werden? Und wie sieht Ihre Planung für die nächste Zukunft aus?
Durch die im Oktober 2012 erfolgte Einführung der Avaloq-Bankensoftware und einer Verschlankung der Abwicklungsprozesse ist die Centrum Bank in technischer Hinsicht für die Zukunft gut gerüstet. Die Kosten im Bereich IT und Backoffice konnten gesenkt werden. Unser Hauptaugenmerk für die Zukunft liegt in der langfristigen Steigerung der Ertragskraft. Dabei ist unser oberstes Ziel eine nachhaltige zufriedene Kundenbeziehung.
Nachdem die strategische Entscheidung zugunsten eines Outsourcing-Modelles gefallen war, starteten Sie ein Vorprojekt für eine vertiefte Abklärung. Was war das Ziel dieses Vorprojektes?
In einem umfangreichen Vorprojekt hat die Centrum Bank die Möglichkeiten eines Outsourcings analysiert. Ziel dieses Vorprojekts war, die Centrum Bank für den immer härter werdenden internationalen Wettbewerb optimal zu positionieren. Wir wollen durch das Anbieten von qualitativ hochstehenden Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum eigentlichen „Trusted Advisor“ für unsere Kunden werden.
Im Oktober 2011 fällten Sie die Entscheidung, als neue Bankenplattform das Avaloq Banken System einzuführen und dies im Outsourcing-Modell mit der B-Source AG. Was waren die wichtigsten Argumente zugunsten dieser Variante?
Diese Kooperation stellt sicher, dass die Kundenbetreuer auch in Zukunft mit einem System arbeiten können, das in allen Belangen „state-of-the-art“ ist. Länderspezifische regulatorische Anforderungen können so jederzeit auf effiziente Weise umgesetzt werden.
«Die Kosten im Bereich IT und Backoffice konnten gesenkt werden.»
Avaloq betont immer wieder den Wert der “Community”. Wie waren Ihre Erfahrungen im Austausch mit anderen Avaloq Kunden, konnten Sie einen echten Nutzen erkennen?
Wir schätzen den stufengerechten Austausch mit Vertretern in der Community sehr und es freut uns, dass dies von B-Source unterstützt wird.
Wie haben Sie die Projektorganisation gestaltet, wie viele Personen der Bank selbst und wie viele externe Experten waren in welchen Rollen vertreten?
Das Projekt bestand aus einem Steering Committee, externen und internen Projektleitern, einem Business Core Team und Mitarbeitenden von B-Source. Das gesamte Projektteam hat hervorragende Arbeit geleistet. Nur durch das grosse Engagement aller Beteiligten war eine erfolgreiche Umsetzung dieses Projektes möglich.
Projekte mit hoher Komplexität und von strategischer Bedeutung bergen zahlreiche Risiken technischer, sozialer oder kommunikativer Natur. Welches waren für Sie die wichtigsten kritischen Hürden in diesem Projekt?
Während des Projektes gab es natürlich immer wieder Hürden, die es zu bewältigen galt. Ein Business Process Outsourcing hat Auswirkungen auf Strukturen und Prozesse. Gerade bei Mitarbeitenden im Backoffice oder in der IT kamen Unsicherheiten beziehungsweise Widerstände auf. Wir haben einen entsprechenden Massnahmen- und Sozialplan erstellt. Ein weiteres Risiko war die sehr knappe Zeit für die Umsetzung dieses Projektes. Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche mit grossem Engagement den Projektplan in der vorgegebenen Zeit erfolgreich umgesetzt haben.
Etwas weniger als ein Jahr nach dem Start folgte am 1. Oktober 2012 der Switch auf die neue Plattform. Wie verlief die Umstellung und die erste Phase des Betriebes?
Die Umstellung verlief gut. Gemäss unserer externen Revision wurde im Vergleich mit anderen Banken mit ähnlichen Projekten bereits in den ersten Wochen nach der Systemumstellung ein sehr gutes Ergebnis erreicht.
«Unsere Lösung sieht so aus, dass nur Daten in der Schweiz verarbeitet werden, welche keinerlei Rückschlüsse auf die Kundenidentität zulassen.»
Welche Erwartungen, die Sie zu Beginn des Projektes hatten, haben sich erfüllt, wo besteht noch Nachholbedarf?
Unser oberstes Projektziel war die Einführung eines stabilen und ausbaufähigen Systems. Das System lässt noch viele Feinjustierungen zu, welche die Prozessabläufe verbessern können.
Sie haben nebst dem Hauptsitz in Vaduz noch eine Niederlassung in Zürich. Welche Auswirkungen haben hier unterschiedliche Datenschutz- und Rechtsvorschriften auf das System?
Bei der Centrum Bank in Vaduz mussten wir eine Lösung finden, bei welcher sowohl das liechtensteinische Datenschutzrecht als auch das liechtensteinische Bankgeheimnis gewahrt und sichergestellt bleibt. Unsere Lösung sieht so aus, dass nur Daten in der Schweiz verarbeitet werden, welche keinerlei Rückschlüsse auf die Kundenidentität zulassen. Dies bedeutet aber auch, dass gewisse Prozesse immer noch im Fürstentum Liechtenstein erbracht werden müssen.
Konnte das Gesamtbudget für das Projekt eingehalten werden und mit wieviel jährlichen Einsparungen rechnen Sie bei der neuen Plattform?
Das Gesamtbudget konnte eingehalten werden. Die Einsparungen werden sich mit zunehmendem Know-how-Aufbau/Transfer weiter auszahlen. Viel wichtiger ist jedoch, dass ein potenzieller Volumenanstieg ohne grössere Kostensprünge bewerkstelligt werden kann. Somit sind wir bereit für die Zukunft.
Was sind für Sie die wichtigsten Lektionen aus dem Projekt, was lief gut, was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Die Prozesse mussten im Vorfeld klar auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden. Zudem musste in der Datenmigration entschieden werden, welche Daten historisch resp. auf den Stichtag gebraucht werden. Bei einer unterjährigen Einführung musste der Datenmigration eine grosse Achtsamkeit beigemessen werden.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Ich wünsche mir, auch in Zukunft auf engagierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen zu können. Zudem wünsche ich mir etwas mehr Zeit, um meine Hobbys zu pflegen.
Der Gesprächspartner:
Jürg Mühlethaler, Chief Operating Officer der Centrum Bank AG
- Diverse leitende Positionen bei der Zürcher Kantonalbank, 1988-1999
- Dozent an der Universität Liechtenstein für den Lehrgang «Derivate für Einsteiger», seit 2008
- Dozent für die Fachschule für Bankwirtschaft (FSB) in Zürich für die Lehrgänge «Einstieg Backoffice Mitarbeiter» und «Clearing Settlement für Informatiker», seit 2005
- Seit 1999 in diversen leitenden Positionen bei der Centrum Bank
- Seit 2012 Chief Operating Officer bei der Centrum Bank
Kurzportrait Centrum Bank AG:
Die 1993 gegründete Centrum Bank AG konzentriert sich als unabhängige liechtensteinische Privatbank auf die Kernkompetenzen Vermögensverwaltung, Anlageberatung sowie auf die ganzheitliche Beratung in Finanzfragen für nationale und internationale Kunden. Die viertgrösste Liechtensteiner Bank befindet sich im Alleineigentum der Marxer Stiftung für Bankwerte. Mitglieder der Familie Marxer sind bereits in dritter Generation in der Unternehmensgruppe tätig. Mit der Centrum Bank (Schweiz) AG, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, ist die Bank seit 2009 auch in Zürich vertreten. Ebenso zur Centrum Bank Gruppe gehört die Belvédère Asset Management AG in Zürich. Die Assets under Management der Centrum Bank Gruppe belaufen sich auf 8.1 Milliarden Franken (Zahlen vom 30.6.2013).