Jürgen Steinemann CEO Barry Callebaut
Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut. (Bild: Barry Callebaut)
Von Christa W. Spoerle
Moneycab: Herr Steinemann, wie zufrieden sind Sie mit dem Halbjahresabschluss?
Jürgen Steinemann: Ich bin sehr zufrieden. Barry Callebaut hat in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2012/13 mit +7.8% erneut ein starkes Volumenwachstum erzielt. Wir sind stolz darauf, dass wir das Wachstum des globalen Schokoladenmarktes einmal mehr um ein Vielfaches übertreffen konnten. Damit haben wir erneut bewiesen, dass wir eines der am schnellsten wachsenden globalen Unternehmen in der Nahrungsmittelbranche sind. Wir sind ein Team, das überaus „sportlich“ unterwegs ist, und das viel Freude am Gewinnen hat. ( schmunzelt! )
Was würden Sie als wichtigste Faktoren nennen?
Unser Wachstum war überaus breit abgestützt. Alle unsere Regionen und Produktgruppen haben dazu beigetragen. Die Wachstumstreiber waren unsere Kernaktivitäten: das Outsourcing-Geschäft sowie die langfristigen, strategischen Partnerschaften, der Geschäftsbereich Gourmet und die Schwellenmärkte.
«Wir sind auf gutem Wege unser Ziel einer Umsatzverdoppelung bis 2020 zu erreichen.»
Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut
Nach der Trennung vom Konsumgeschäft, was sind Ihre nächsten Kernziele?
Am 12. Dezember haben wir angekündigt, die Kakaosparte von Petra Foods zu übernehmen. Diese überaus komplementäre Akquisition, die perfekt auch zu unserer Strategie passt, wird entscheidend dazu beitragen, das künftige Wachstum unseres Schokoladengeschäfts möglich zu machen. Mit der Transaktion erhöhen wir unsere Präsenz in den Schwellenländern um 65%. Darüber hinaus können wir mit Petra’s Rohstoffaktivitäten in Asien unsere Beschaffung weiter diversifizieren. Ebenso werden unsere langfristigen Partnerschaften mit den grossen Kunden profitieren: Die Akquisition hilft uns, diese weiter ausbauen, weil diese Kunden nicht nur Schokolade, sondern gleichzeitig auch Kakaoprodukte bei uns einkaufen.
Zusammen mit Kollegen aus der Geschäftsleitung habe ich bereits alle Fabriken und Standorte unserer 1‘700 neuen Kolleginnen und Kollegen auf 3 Kontinenten besucht. Wir alle sind sehr enthusiastisch zurückgekehrt, haben wir doch nun die einzigartige Chance, eines der grössten Kakao- und Schokoladenunternehmen der Welt zu bauen. Das ist schlichtweg toll, und verleiht mir – ja uns allen bei Barry Callebaut – einen enormen Motivationsschub!
Zurzeit arbeiten wir auf den Abschluss der Transaktion hin. Im Januar haben wir mit der Ausarbeitung eines Plans für die Integration des neuen Unternehmens begonnen. Die Integration wird dann auch ab dem 1. Tag nach dem Abschluss der Transaktion – geplant für Sommer 2013 – mit allen Kräften umgesetzt. Kaufen kann „jeder“. Der Wert einer Akquisition liegt in der Integration.
Den Umsatz von BC bis 2020 zu verdoppeln, lautete 2010 (Umsatz 4,5 Mrd CHF) mal als Ziel, wird das noch als realistisch angesehen?
Wir sind auf einem guten Weg. Neben dem Wachstum, das wir bis jetzt ganz gut hinbekommen haben, stehen wir jedoch auch vor der Herausforderung, die Organisation auf die künftige Grössenordnung vorzubereiten. Wir investieren daher in Prozesse und Strukturen sowie auch in unsere Mitarbeitenden. Dies auch mal zu Lasten des kurzfristigen Profit, so wie im Moment.
«Wir haben jedoch immer Augen und Ohren offen und ergreifen Chancen, wenn sie sich ergeben. Ich denke dabei besonders an unser Gourmet Geschäft.»
Nach dem Erwerb der Kakaosparte von Petra Foods für 950 Mio USD, ist Ihr Akquisitionshunger vorerst gestillt?
Wir werden in diesem Jahr einen Fokus auf die erfolgreiche Integration der Kakaosparte von Petra Foods, unsere skandinavische Akquisition ASM Foods sowie auf die Implementation der Outsourcing-Verträge legen. Wir haben jedoch immer Augen und Ohren offen und ergreifen Chancen, wenn sie sich ergeben. Ich denke dabei besonders an unser Gourmet Geschäft.
Wie hoch werden Ihre Investitionen in den kommenden Jahren ausfallen?
Für das laufende Finanzjahr bewegen sich unsere Kapitalausgaben (CAPEX) um die CHF 200 Mio. Das ist enorm, denn wie schon vorher betont: Geld ausgeben ist keine Kunst! Die Umsetzung jedoch schafft den Wert. Zusätzlich bauen wir zur Zeit auch noch 4 Fabriken, in Indonesien, Japan, der Türkei und Chile. Das muss innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens und Budgets erfolgen. Danach sollten die Ausgaben wieder auf das langfristige Niveau von rund CHF 140-150 Millionen zurückgehen.
Wie entwickelt sich die Nachfrage in Asien? Ist der niedrigere Pro-Kopf-Konsum von Schokolade Zeichen anderen Geschmacks und Konsumverhaltens?
Der Konsum von Schokoladenprodukten in Asien ist im Durchschnitt und im Vergleich zu anderen Regionen noch sehr gering. Aber hier liegt eine Riesen Chance: Die Wachstumskurve zeigt stark nach oben. Wir sind in Asien schon heute mit 4 Fabriken präsent. Nun bereiten wir uns für den nächsten grossen Schritt vor: Mit der Akquisition der Kakaosparte von Petra Foods und mit dem Bau der zuvor erwähnten Fabriken. Das Potential ist riesig.
Aber auch in Osten Europas, dem Mittleren Osten und Afrika wollen wir weiter Gas geben: Wir haben erst vor zwei Wochen in unserem neuen regionalen Hauptsitz für EEMEA (Eastern Europe, Middle East, Africa) in Istanbul die nächsten Schritte besprochen.
Die Frage bei der Umsetzung aller Ideen ist am Ende auch: Wer nimmt sich nun dieses Themas an? Wer verbindet seine Karriere, „sein Hab‘ und Gut“ mit der erfolgreichen Umsetzung der Idee? Wenn es darauf keine klare Antwort gibt, gibt es auch kein Projekt! Aus diesem Grund treiben wir in den letzten Jahren unsere Management- und Talententwicklung intensiv voran. Denn wenn sie keine fähigen und motivierten Entrepreneurs im Köcher haben, die sich der Umsetzung solcher Ideen, „far away from home“ für uns annehmen, dann können wir unsere Chancen nicht wahrnehmen. Doch bis jetzt sieht es gut aus!
Was sind Ihre wichtigsten Produktneuheiten? Wie läuft das Geschäft mit der Süsspflanze Stevia statt Zucker? Gibt es da nicht Geschmacksprobleme? Wird Stevia anderen Süssstoffen den Rang ablaufen?
Wir lancieren laufend Neuheiten – meist in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Unsere letztes Jahr vorgestellte Stevia-Schokolade erfreut sich guter Nachfrage. Solche und andere Spezialprodukte wie beispielsweise eine nur mit Fruchtzucker gesüsste Schokolade stossen bei unseren Kunden und am Markt auf reges Interesse. Es gilt jedoch anzumerken, dass wir mit diesen Produkten nicht die ganz grossen Volumen generieren. Es sind dies eher Nischenprodukte, jedoch für uns sehr attraktive.
Am Kakaomarkt wird für einmal eine Angebotsschwemme erwartet und die Preise fallen. Freut Sie das?
„Angebotsschwemme“ finde ich ein viel zu grosses Wort, nachdem wir über Jahre Erntedefiziten gehabt haben. Die Puffervolumen sind immer noch sehr gering. Die Preise für Kakao sind in der Tat in den letzten Monaten zurückgegangen, respektive haben sich seitwärts bewegt. Ein niedriger Preis ist jedoch nicht unbedingt ein guter Preis. Denken Sie an die Bauern in der Elfenbeinküste: Wenn sie kein Geld verdienen, können sie nicht investieren und die Gefahr steigt, dass wir künftig weniger Kakao haben werden. Ganz zu schweigen von der Notwendigkeit für nachhaltigen Kakao.
«Wir wachsen in allen Regionen weit über dem jeweiligen Marktwachstum!»
Drückt die Konjunkturflaute auf den Schokoladenkonsum?
Derzeit spüren wir das lediglich in Regionen wie im südlichen Europa. Aber auch dort kann man wieder einmal sehen, das ein gutes Team, so wie wir es in Spanien haben, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, Erfolge verbuchen kann. Ansonsten sind wir gut unterwegs. Wir wachsen in allen Regionen weit über dem jeweiligen Marktwachstum! ( Klopft auf Holz! )
Sind weitere Outsourcing–Deals in der Pipeline, bei denen BC die Produktion für Dritte übernimmt? Oder kann man bald einmal fragen, für wen produzieren Sie nicht?
Wenn Sie unseren Leistungsausweis in Sachen Outsourcing- und Partnerschaftsvereinbarung in den letzten zwei, drei Jahren anschauen, dann sind wir „nicht unzufrieden“. Das Potential ist noch enorm. Die Gründe, die für ein Outsourcing oder das Eingehen von langfristigen, strategischen Partnerschaften sprechen, sind überzeugend. Ich bin im Moment sehr viel in der ganzen Welt zusammen mit meinen Kollegen in dieser Sache unterwegs. Mehr sage ich aber nicht dazu! ( schmunzelt! )
Herr Steinemann, essen Sie selbst Schokolade?
Was meinen Sie? (lacht!)
Ganz herzlichen Dank für Das Interview!
Zum Unternehmen
Mit einem Jahresumsatz von etwa CHF 4.8 Milliarden für das Geschäftsjahr 2011/12 ist die in Zürich ansässige Barry Callebaut der weltweit grösste Hersteller von hochwertigen Kakao- und Schokoladenprodukten – von der Kakaobohne bis zum fertigen Schokoladenprodukt. Barry Callebaut ist in 30 Ländern präsent, unterhält mehr als 45 Produktionsstandorte und beschäftigt eine Belegschaft von mehr als 6,000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Zur Person
Jürgen Steinemann, Jahrgang 1958, leitet seit August 2009 Barry Callebaut als CEO. Zuvor war er COO der Nutreco in Amsterdam und davor hatte er verschiedene leitende Funktionen unter anderem bei Unilever inne. Jürgen Steinemann schloss sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der European Business School in Wiesbaden (Deutschland), London und Paris 1985 ab. Er ist deutscher Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben ein grosser Fan der Schweiz.