Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut
Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut. (Foto: Barry Callebaut)
Von Christa W. Spoerle
Moneycab: Herr Steinemann, wie zufrieden sind Sie mit dem Halbjahresabschluss 2013/14?
Jürgen Steinemann: Sie sehen mich sehr zufrieden. Wir konnten unsere Profitabilität signifikant verbessern und auch unsere Verkaufsmenge steigern.
Ohne die Übernahme von Petra hätte sich Volumenwachstum abgeschwächt. Was sind die Hauptgründe?
Ohne das übernommene Kakaogeschäft sind wir genau so schnell gewachsen wie der globale Schokoladenmarkt, über 3%. Aber es ist richtig, unser Wachstum hat sich im ersten Semester etwas abgeschwächt. Dies haben wir bewusst so gesteuert. Insgesamt standen die Produktmargen mehr im Vordergrund. In Westeuropa waren wir vorsichtig mit unserem Wachstum, weil unsere Kapazitäten gerade erweitert werden. Im Segment Global Cocoa haben wir Volumen zur besseren Kapazitätsauslastung in die neu übernommene Kakaofabrik in Hamburg verschoben. Damit tauchen diese Volumen in den Zahlen des akquirierten Kakaogeschäfts von Petra Foods auf.
Wann rechnen Sie damit, die Kakaosparte von Petra Foods vollständig integriert zu haben und alle Synergien zu erreichen?
Wir befinden uns bei der Integration der Kakaosparte von Petra Foods voll auf Kurs. Die neue Organisation hat ihre Arbeit ab dem ersten Tag nach Abschluss der Transaktion aufgenommen. Die erworbenen sieben Fabriken und das Logistiknetzwerk sind integriert. Die meisten Aufgaben wurden mittlerweile in das operative Geschäft überführt. Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende dieses Geschäftsjahres die Integration bis auf einige grössere Projekte, wie beispielsweise die vollständige IT Implementierung, verdaut haben sollten. Wir sind bei den Synergien auf Kurs: Erste Synergien wurden erzielt. Weitere kommen bis Ende dieses Geschäftsjahres noch dazu. Die insgesamt angekündigten Synergien von CHF 30 bis 35 Mio. werden wir per Fiskaljahr 2015/16 erreichen.
«Wir haben bewusst das Wachstum gesteuert. Insgesamt standen die Produktmargen mehr im Vordergrund.»
Jürgen Steinemann, CEO Barry Callebaut
Mit der vollständigen Übernahme des afrikanischen Kakao-Bohnen-Lieferanten Biolands wollen Sie eine Führungsposition im Bereich nachhaltiger Kakao einnehmen. Was sind ihre Ziele in der Verarbeitung von nachhaltigem Kakao?
Vor rund drei Jahren haben wir unserer Strategie eine vierte Säule hinzugefügt: Nachhaltiger Kakao. Ohne Kakao nachhaltig verfügbar zu haben, können wir nicht sicherstellen, dass wir auch weiterhin wachsen können, sowohl im Schokoladenbereich als auch mit Kakaoprodukten. Kakao liegt also im Kern unseres Unternehmens. Mit unserer Cocoa Horizons-Initiative haben wir im März 2012 das ehrgeizigste und weitreichendste Nachhaltigkeitsprogramm in der Geschichte von Barry Callebaut gestartet. In dieses Bild passt auch die Übernahme von Biolands: Biolands arbeitet direkt mit 70‘000 Kakaobauern zusammen, und fokussiert auf nachhaltigen, biologisch angebauten Kakao. Mit diesem Geschäftmodell ist Biolands eines der grossen Unternehmen in Afrika.
Wo werden Ihre Investitionsschwerpunkte in den kommenden Jahren liegen?
Wir haben in jüngster Vergangenheit viel in die Erweiterung unseres globalen Fabriknetzwerkes investiert. Wir haben beispielsweise im letzten Jahr neue Fabriken in Japan, Indonesien und der Türkei gebaut. Derzeit sind wir in der Endphase beim Bau unserer neuen Schokoladenfabrik in Chile. Mittlerweile haben wir weltweit ein Netz von über 50 Fabriken, wovon 20 Fabriken in Schwellenländern. Wir sind damit sehr gut gerüstet, um die Marktchancen in diesen Ländern zu ergreifen. In den kommenden Jahren werden wir uns vermehrt auf die Erweiterung unserer bestehenden Fabriken konzentrieren, weniger auf Neubauten.
Können Sie sich vorstellen, dass Asien/Afrika einmal als grösste Absatzregion auftauchen?
Derzeit sind Westeuropa und Nordamerika klar die grössten Schokoladenmärkte – sie machen etwas mehr als die Hälfte des globalen Gesamtmarktes aus. Die jährlichen Zuwachsraten sind hier jedoch eher bescheiden. Demgegenüber wachsen die asiatischen Märkte in weitaus grösseren Schritten, einhergehend mit der wachsenden Kaufkraft in diesen Regionen. Prognosen gehen davon aus, dass Schokoladen- und Kakaoprodukte in Asien in den nächsten vier Jahren zwischen 5 und 8% wachsen. Da liegt also noch sehr viel Potential. In Afrika dürfte es nicht so schnell vorangehen. Insgesamt sind wir im ersten Halbjahr in den neuen Märkten um 18% gewachsen, sind also nicht schlecht unterwegs.
Sind weitere Akquisitionen ein Thema, wenn ja in welchen Bereichen?
Zunächst einmal konzentrieren wir uns auf die vollständige, erfolgreiche Integration der akquirierten Kakaosparte von Petra Foods. Daneben wollen wir weitere Akquisitionen im Gourmet-Bereich machen.
«Die angekündigten Synergien von 30-35 Mio CHF durch die Übernahme der Kakaosparte von Petra Foods werden wir im Fiskaljahr 2015/16 erreichen».
Sie sind ja so etwas wie ein ghost producer im Schokoladenbereich, zumindest aus der Sicht des Konsumenten. Können Sie trotzdem Trends setzen oder werden die Ihnen mehrheitlich von den Grosskunden vorgegeben?
Was meinen sie mit „ghost producer“? Wir fühlen uns in der Rolle eine B2B-Unternehmens sehr wohl. Wie Sie wissen, ist Innovation ein Pfeiler unserer Wachstumsstrategie. Dabei erachten wir es als unsere Aufgabe, die Trends von morgen aufzuspüren und in Produktinnovationen umzusetzen, die wir unseren Kunden dann vorstellen. Wir entwickeln neue Produkte oft auch gemeinsam mit unseren Kunden.
Würden Sie nicht manchmal gerne Werbung für ihre Produkte machen?
Nein, das überlassen wir gerne unseren Kunden. Die können das viel besser als wir.
Verraten Sie uns denn Ihre wichtigsten Kunden?
Wie Sie wissen, haben wir mit einigen der grossen Nahrungsmittel- und Schokoladenhersteller in den letzten Jahren langfristige Outsourcingverträge und strategische Partnerschaften abgeschlossen. Wir sind stolz, uns in den Dienst führender Unternehmen wie Mondelez, Unilever, Hershey, Grupo Bimbo, Morinaga und anderen zu stellen.
«Der Trend zum Outsourcing ist ungebrochen.»
Sind denn neue Outsourcing-Deals in der Pipeline?
Der Trend hin zum Outsourcing ist ungebrochen. Die Gründe dafür sind unverändert: Unsere Kunden können ihr Geschäftsmodell vereinfachen. Statt in kapitalintensive Produktionsanlagen zu investieren, können sie sich auf die Vermarktung der Produkte konzentrieren. Wir sind zudem in vielen Fällen in der Lage, günstiger zu produzieren. Das ermöglicht unseren Kunden eine Verbesserung ihrer Margen. Zudem ist heute jeder Partnerschaftsvertrag mit einer gemeinsamen Innovationsabsicht verbunden wie auch Effizienzsteigerungen in der gemeinsamen Herstellkette.
Welche Bedeutung hat für Sie der Standort Schweiz, auch nach den jüngsten Abstimmungen?
Wir sind ein global tätiges Unternehmen mit mittlerweile über 9,000 Mitarbeitenden. Wir produzieren in 34 Ländern auf vier Kontinenten und beliefern unsere Kunden in über 100 Ländern. Trotz dieser globalen Ausrichtung: Die Schweiz ist unsere Heimat. Da sind wir zu Hause. Allerdings glaube ich persönlich als Gast in der Schweiz, dass die Schweizer mit den einzigartigen Vorteilen ihres Landes sorgfältig umgehen sollten. Ich finde es gefährlich, wenn eine über lange Zeit aufgebaute Position unbedacht aufs Spiel gesetzt wird oder Standortvorteile aus dem Moment heraus über Bord gekippt würden.
Zur Person:
Jürgen B. Steinemann, Jahrgang 1958, leitet seit August 2009 Barry Callebaut als CEO. Zuvor war er COO der Nutreco in Amsterdam und davor hatte er verschiedene leitende Funktionen bei der Unilever Tochter Loders Croklaan inne. Jürgen B. Steinemann schloss sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der European Business School in Wiesbaden (Deutschland), London und Paris 1985 ab. Er ist Deutscher Staatsangehöriger.
Zum Unternehmen:
Mit einem Jahresumsatz von etwa CHF 4.9 Milliarden für das Geschäftsjahr 2012/13 ist die in Zürich ansässige Barry Callebaut der weltweit grösste Hersteller von hochwertigen Schokoladen- und Kakaoprodukten – von der Beschaffung und Verarbeitung der Kakaobohnen bis zur Schokoladenherstellung, einschliesslich Füllungen, Dekorationen und Schokoladenmischungen. Barry Callebaut ist in über 30 Ländern präsent, unterhält über 50 Produktionsstandorte und beschäftigt eine Belegschaft von mehr als 9’000 Mitarbeitenden.