Kai Ren, Gründer und Managing Partner creditworld AG, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Ren, mit creditworld bieten Sie KMU eine Kredit-Plattform. Vor etwas über fünf Jahren gestartet hat creditworld mittlerweile über 100 Millionen Franken Kredite mittels peer-to-peer-lending vermittelt. Was bedeutet das Überschreiten dieser Schwelle?
Kai Ren: Diese Schwelle ist für uns ein wichtiger Meilenstein, weil dies zeigt, dass unser Geschäftsmodell funktioniert und die Kunden auf der Darlehensnehmer- wie auch der Darlehensgeberseite vertrauen. Gleichzeitig ist es ein kleiner Schritt auf dem Weg, die Schweizer KMUs mit Finanzierungslösungen zu begleiten und Investoren Zugang zu einer attraktiven Anlageklasse mit einer Rendite von über 4% zu verschaffen.
In welche Ihrer Lösungen sind die Mittel hauptsächlich geflossen?
Grösstenteils in Anlagevehikel, welche Investoren einen diversifizierten und depotfähigen Zugang zu diesen KMU Finanzierungen geben und Direktplatzierungen mit professionellen Investoren.
Angefragt wurden in dieser Zeit Kredite von insgesamt über 3 Milliarden Franken. Die Konversionsrate liegt also tief. Wie läuft Ihre Kreditprüfung ab?
Die Kreditprüfung ist das Herzstück unseres Unternehmens. Wir sind der Meinung, dass jedes Kreditprojekt persönlich begleitet und geprüft werden muss, damit eine seriöse Risikobeurteilung möglich ist. Zusätzlich arbeiten wir mit unserem Partner Euler Hermes – einem Teil der Allianz-Gruppe – zusammen, welche ebenfalls für jeden Darlehensnehmer eine Beurteilung abgibt, und somit für die Investoren eine zusätzliche Sicherheit für die risikogerechte Evaluation der Kredite darstellt.
«Wir sind der Meinung, dass jedes Kreditprojekt persönlich begleitet und geprüft werden muss, damit eine seriöse Risikobeurteilung möglich ist.»
Kai Ren, Gründer und Managing Partner creditworld
Und Kreditausfälle gab es keine?
Wir hatten bisher eine Finanzierung, welche ausgefallen ist. Glücklicherweise konnten wir dank der Besicherung 100% des Nennwerts inklusive Zinsen sicherstellen.
Gibt es so etwas wie eine optimale Grösse für einen Crowdlendig-Kredit?
Aufgrund unseres massgeschneiderten und persönlichen Ansatzes liegt die optimale Finanzierungsgrösse für uns über CHF 500’000. Dies hängt insbesondere mit den Bedürfnissen von unseren professionellen und institutionellen Investoren zusammen, für welche der Kapitalerhalt oberste Priorität hat.
Und wie hoch war der durchschnittlich von creditworld vermittelte Finanzierungsbetrag?
Wir bewegen uns dort bei knapp einer Million.
Keine Kreditausfälle und eine Bruttorendite von 4,45 Prozent – rennen Ihnen die Investoren die Türe ein?
«Wir erwarten, dass das Investoreninteresse in diesem Jahr stark zurückkommt.»
Leider kam uns hier die Corona-Pandemie in den Weg, welche Investoren temporär etwas zurückhaltend hat werden lassen. Wir konnten aber im 2020 aufzeigen, dass unser Kreditprüfungsprozess nachhaltig ist und wir keine Ausfälle verzeichnen mussten. Wir erwarten, dass das Investoreninteresse in diesem Jahr stark zurückkommt, zumal die Negativzins-Problematik im Schweizer Franken kurzfristig kaum wegfällt. Zusätzlich sind unsere Produkte ESG-konform gestaltet, was für professionelle Investoren einen immer höheren Stellenwert hat.
Die Corona-Pandemie hat viele KMU in existenzielle Not gebracht. Haben sich die Anfragen im vergangenen Jahr gehäuft oder hat Creditworld die Notfallmassnahmen des Bundes mit der Vergabe von Bürgschaften und A-fonds-perdu-Beiträgen zu spüren bekommen?
Wir haben gespürt, dass es etwas weniger Anfragen gab. Allerdings liegt unser Fokus auf Wachstums-, Investitions- und Übernahmefinanzierungen. Somit ist dies ein etwas anderer Bereich als die Liquiditätsüberbrückungs-Finanzierungen, welcher der Staat zur Verfügung gestellt hat. Zudem bewegten sich diese zumeist in für uns zu tiefen Volumenbereichen.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung nach den nun neu beschlossenen Finanzhilfen?
Wir glauben, dass diese wichtig für die gesamte Volkswirtschaft sind. Die Schweiz ist ein typisches KMU-Land mit mehr als 99.9% aller Unternehmen, welche in diese Kategorie fallen. Somit ist die Sicherstellung des Überlebens der gesamten KMU-Landschaft für unser ganzes Land wichtig.
Inwiefern hat Covid die Abläufe bei creditworld verändert, da persönliche Treffen kaum möglich sind? Oder läuft der Prozess ohnehin mehrheitlich online/virtuell?
Wir haben vermehrt die digitalen Möglichkeiten unserer Zeit genutzt, um sowohl Kunden als auch Mitarbeiter zu schützen. Schon vor der Pandemie hatten wir die Möglichkeit, den gesamten Prozess ohne persönliche Kontakte abzuwickeln. Dies hat sich nun etwas verstärkt.
«Wir glauben, dass es für die Schweizer Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung ist, die KMUs mit dem nötigen Kapital für Wachstum zu versorgen.»
Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Crowdlending-Marktes in der Schweiz generell?
Wir glauben, dass es für die Schweizer Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung ist, die KMUs mit dem nötigen Kapital für Wachstum zu versorgen. Gleichzeitig bietet die Branche für jegliche Art von Investoren eine interessante Möglichkeit im Schweizer Franken und mit einem Produkt, welches verständlich ist, eine attraktive Rendite zu generieren. Weil dies für alle Parteien eine Win-Win-Situation darstellt, glauben wir, dass die gesamte Branche eine spannende Zukunft vor sich hat.
Herr Ren, wir bedanken uns für das Interview.