von Sandra Willmeroth
Moneycab.com: Herr Steffens, vor zwei Jahren haben Sie das Geschäft der arbdn neu aufgestellt. Was hat sich seither geändert?
Karsten-Dirk Steffens: Wir haben vor zwei Jahren damit begonnen, den Bereich der Vermögensverwalter zu adressieren. Ein Bereich der Distribution, der äusserst service-orientiert, nachhaltig und breitgefächert ist. Und ein Bereich, bei dem sich die Initialaufwendungen durchaus lohnen im Hinblick auf die breite Diversifikation an Investments pro Kunde und Produkt. Hierbei entsteht ein recht resilientes Segment der verwalteten Vermögen, die uns Stabilität und Skaleneffekte mit ausserordentlichen Wachstumschancen bescheren. Wir haben mit unserem Produktportfolio vor allem im Bereich der Thematischen Aktienfonds eine gute Ausrichtung für dieses Segment, und ich bin optimistisch, diesen Bereich mit meinem Team noch weiter ausbauen zu können.
Wie hat sich das einstige, als reine Distribution betriebene Geschäft verändert, mit welchen Massnahmen tragen Sie dem Rechnung?
Die Art und Weise der Distribution hat sich stark geändert. Vor drei, vier Jahren konnte man im Wholesale-Geschäft mehrheitlich noch gewissermassen «noch von der Stange» verkaufen. Mittlerweile hat sich die Distribution im Wholesale wesentlich «reinstitutionalisiert». Es braucht heutzutage viel mehr Beratung und Analyse, denn viele Kunden verlangen individuelle Lösungen, sodass man Produkte nicht einfach über einen ISIN verkauft. Daher ist es auch wichtig, das Portfoliomanagement rechtzeitig einbinden und zugänglich machen zu können. Oftmals sind wir zuallererst „Sparring Partner“ für potenzielle Kunden, bevor wir zum Investment Manager werden. Insbesondere dann, wenn individuelle Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt oder gar miteinander entwickelt werden müssen. Man muss sich heute viel stärker darauf konzentrieren, wo wirklich der «Added Value», der Mehrwert oder die Synergie für den Kunden liegt. Die Zeiten des «One Stop Shops» sind sicherlich vorbei.
«Es braucht heutzutage viel mehr Beratung und Analyse, denn viele Kunden verlangen individuelle Lösungen, sodass man Produkte nicht einfach über einen ISIN verkauft.»
Karsten-Dirk Steffens, CEO und Country Head von abrdn Investments Switzerland
Mit 8.5 Mrd. Asset under Management zählt abrdn in der Schweiz zwar zu den grössten ausländischen Anbietern, aber nicht zu den grössten Schweizer Playern. Wie behaupten Sie sich gegen die Konkurrenz?
Der Konkurrenzkampf und das Verdrängungsgeschäft insbesondere in den Bereichen wie Gebühren und Marktanteilen, sind sicherlich an einem kritischen «Peak» angekommen. Auch wenn jedes Jahr immer wieder neue externe Asset Manager versuchen, auf dem Finanzplatz Schweiz Fuss zu fassen. Für uns gilt jetzt, sich zu fokussieren und dafür Sorge zu tragen, dass der Markt als Ganzes sowie unsere Kunden im Einzelnen die Stärken und den Wettbewerbs-Vorsprung von abrdn als Solution Provider verstehen und anerkennen. Das schafft Klarheit und damit die Freiheit, sich in seinem spezialisierten Segment etablieren zu können.
Wie macht sich die Zusammenarbeit mit Conser bezahlt?
ESG-Investitionen werden immer genauer unter die Lupe genommen, denn oft wird befürchtet, dass es sich um Greenwashing handelt. Indem wir uns auf die unabhängige Überprüfung durch Conser abstützen, bieten wir unseren Kunden ein Höchstmass an Transparenz bei unseren nachhaltigen Anlagestrategien. Für die ESG-Analysten und Portfoliomanager von abrdn ist diese aussagekräftige Zweitmeinung ein wichtiges Instrument für das Risikomanagement und bietet somit einen echten Mehrwert.
Conser bezeichnet sich als «ESG-Verifier». Wie genau werden die Investments geprüft?
Conser hat den ESG Consensus entwickelt, ein proprietäres ESG-Verifizierungstool, das auf einem qualifizierten Marktkonsens basiert. Dieses Tool bietet eine unabhängige Bewertung der ESG-Qualität und -Auswirkungen aller Investitionen in einem Portfolio. Die Analyse hebt die Nachhaltigkeitsstärken der Fonds hervor, kann aber auch potenzielle Unstimmigkeiten mit den erklärten ESG-Zielen aufzeigen.
«Auch wenn regulatorisch trotz ersten Ansätzen noch keine wirklich harten Grenzen bzw. Restriktionen gesetzt sind, verspüren institutionelle Investoren bereits einen stärkeren Druck oder inneren Willen, die Thematik des nachhaltigen Investierens zur Corporate Governance zu addieren.»
Können Sie aus der Praxis bestätigen, dass bei den institutionellen Investoren der Wunsch nach klima- und sozialkonformen Investitionsmöglichkeiten wächst?
Definitiv. Insbesondere die schweizerischen Pensionskassen sind hier federführend und definieren den Status Quo, auch wenn dieser vom Ansatz her, wie Nachhaltigkeit definiert wird, sich von Kasse zu Kasse stark unterscheiden kann. Auch wenn regulatorisch trotz ersten Ansätzen noch keine wirklich harten Grenzen bzw. Restriktionen gesetzt sind, verspüren institutionelle Investoren bereits einen stärkeren Druck oder inneren Willen, die Thematik des nachhaltigen Investierens zur Corporate Governance zu addieren.
Vor allem das Vermögen der institutionellen Investoren ist in der Schweiz heiss begehrt, aber birgt auch Klumpenrisiken. Wie wirken sie dem entgegen?
Die Pensionskassengelder in der Schweiz sind in der Tat von verschiedensten Asset Managern heiss umworben, da es sich immer noch um den zweitgrössten institutionellen Markt in Europa handelt. So zumindest auf dem Papier, auch wenn die tatsächlich zu adressierenden Assets tiefer sind. Klumpenrisiken sehe ich eigentlich nur im Bereich der passiven Anlagen, die vor allem in den letzten Jahren rechten Zuspruch verzeichnen konnten. Diese Bewegung ist von zwei Faktoren getrieben: zum einen Performance und zum Zweiten die Gebühren. In Assetklassen-Bausteinen wie globale Aktien, US-Aktien und globale Bonds besteht berechtigterweise eine grössere Nachfrage für passive Strukturen, weil da auch aktive Manager nachweislich den geringsten Mehrwert gebracht haben. Grundsätzlich haben passive Strukturen absolut ihre Daseinsberechtigung und machen in jeder Portfoliokonstruktion strategisch sowie taktisch Sinn.
Unsere Stärken sind sicherlich dort, wo wir nicht mit passiven Strukturen in Konkurrenz stehen. Dies sind Segmente, wo aktives Engagement mit den Unternehmen und die lokale Präsenz vor Ort sich auszahlen wie zum Beispiel Emerging Markets Equity, Emerging Markets Bonds oder Hochzinsanleihen. Dies sind alles Segmente, in denen aktives Management bis jetzt nachweislich einen Mehrwert gebracht hat und auch in Zukunft solide Erträge erzielen wird.
«Unsere Stärken sind dort, wo aktives Engagement mit den Unternehmen und die lokale Präsenz vor Ort sich auszahlen wie zum Beispiel Emerging Markets Equity, Emerging Markets Bonds oder Hochzinsanleihen.»
Die Übernahme der CS durch die UBS hat die tektonischen Platten im Markt verschoben. Profitieren kleinere Player wie abrdn davon?
Eigentlich nicht wirklich und wahrscheinlich wird es bei dieser gewaltigen Transition letztlich auch mehr Verlierer als Gewinner geben. Die CS war vor allem hier in der Schweiz ein strategischer Partner von abrdn und man kann nur hoffen, dass durch diese Repositionierung inskünftig auch wieder neue Opportunitäten entstehen. Wir sind innerhalb der globalen Banken breit aufgestellt und manchmal bewegt es sich auch etwas einfacher und schneller, wenn man etwas kleiner ist.
Welche Auswirkungen hat der Konsolidierungsprozess unter den unabhängigen Vermögensverwaltern für ihr Geschäft?
Da wir wie erwähnt erst vor zwei Jahren begonnen haben, dieses Segment für uns zu erschliessen und aufzubauen, haben wir quasi die Konsolidierung mitbegleitet und während unseren ersten Schritten live miterlebt. Das schafft Nähe und Vertrauen, auf das wir nun aufbauen können. Wir konnten bereits erste gute Erfolge erzielen, Kooperationen knüpfen und uns entsprechend strategisch positionieren.
Welche mittelfristigen Ziele haben Sie für das Schweiz Geschäft von abrdn?
Unser Ziel ist es ganz klar weiter zu wachsen, Marktanteile zu gewinnen, abrdns lokales Profil zu stärken und unsere heimische Kundenstruktur weiter zu vergrössern und auszubauen. Insbesondere wird hier der Fokus auf dem institutionellen Marktsegment liegen, da wir strategisch wie auch taktisch aus unserer Expertisen-DNA heraus mit guten aktiv gemanagten Lösungen tatkräftig und nachhaltig unterstützen können. Und ebenso freue ich mich auf unsere nächsten «Schritte» im Segment der Vermögensverwalter, die hoffentlich dereinst zu «Fortschritten» werden.