Kaspar E. A. Wenger, CEO Holcim (Schweiz) AG

Kaspar Wenger

Kaspar E. A. Wenger, CEO Holcim (Schweiz) AG. (Foto: Holcim)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Wenger, Kalkstein und Mergel gehören zu den wenigen Rohstoffen, die in der Schweiz ausreichend vorhanden sind. Ist die Zukunft daher „grau“?

Kaspar Wenger: Wir wollen auf jeden Fall auch in Zukunft Zement in der Schweiz produzieren. Denn das ist ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvoll. Ausserdem lassen sich dank Zement vielfältigste und innovativste Betonbauten – auch farbige – herstellen.

Der Marktanteil am Zement beträgt für Holcim in der Schweiz rund 50 Prozent. Fürchten Sie da nicht einmal Ärger mit der Wettbewerbskommission zu bekommen?

Holcim bekennt sich zum freien Wettbewerb und verpflichtet sich, die Regeln und Vorschriften des Wettbewerbsrechts in allen Bereichen und unabhängig ihres Marktanteils einzuhalten. Um dies zu gewährleisten, hat Holcim einschlägige Compliance-Richtlinien und spezifische Schulungsprogramme entwickelt. Deren Durchführung und Einhaltung werden regelmässig und systematisch überprüft. Ein hoher Marktanteil steht überdies im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht, das – neben anderem – nicht eine marktbeherrschende Stellung an sich, sondern deren Missbrauch untersagt.

Im Moment läuft die Baukonjunktur in der Schweiz ja noch mehr als rund. Ausserdem stehen im Kraftwerkbau und in weiteren Infrastrukturprojekten Arbeiten an. Nichtsdestotrotz: Wie sieht Ihr Plan B für eine Abkühlung aus?

Unser Kerngeschäft Zement, Kies und Beton war schon immer starken konjunkturellen Schwankungen ausgesetzt und wird dies auch weiterhin sein. Deshalb verbessern wir laufend unsere Prozesse in Produktion und Logistik. Wir investieren in die Erforschung innovativer und nachhaltiger Baustoffe, wir stellen mit unseren Labors die Qualität sicher, und wir überdenken und erneuern unsere Produktpalette laufend. Dadurch sichern wir direkt und indirekt Arbeitsplätze. Darüber hinaus erbringen wir für die Gesellschaft wichtige Leistungen bei der Verwertung von Reststoffen als alternative Roh- und Brennstoffe bei der Zementproduktion. Wir kennen die Bedürfnisse unserer Kunden. Als ganzheitliche Anbieterin von Systemlösungen für Bauen mit Beton produzieren und liefern wir nicht nur Baustoffe, sondern eine umfassende Dienstleistung. Ein nachhaltiger, innovativer und auf die Kundenbedürfnisse ausgerichteter Service ist unsere Strategie.

«Wir investieren in die Erforschung innovativer und nachhaltiger Baustoffe, wir stellen mit unseren Labors die Qualität sicher, und wir überdenken und erneuern unsere Produktpalette laufend.»
Kaspar E. A. Wenger, CEO Holcim (Schweiz) AG

Im Ausland sind die Endkundenpreise für Stromkonsumenten kräftig gestiegen, auch wenn die Handelspreise gesunken sind. Die Zementherstellung ist energieintensiv. Auch in der Schweiz rechnet man in Zukunft mit deutlich höheren Elektrizitätspreisen. Zwar profitiert Ihre Branche von Stromvergünstigungen, aber was würde denn eine Erhöhung der Strompreise um 5 Rappen bei Holcim Schweiz unterm Strich ausmachen?

Unser Verbrauch an elektrischer Energie ist seit Jahren konstant bei etwa 250 GWh pro Jahr. Ein Anstieg von 5 Rappen pro KWh hätte für uns entsprechende Mehrkosten  zur Folge.

Gibt es vielleicht Pläne, ähnlich wie die SBB eigene Kraftwerke zu nutzen?

Wir produzieren schon jetzt selber Strom, in einigen Zementwerken. Die Holcim betreibt in Dotternhausen in der Nähe von Rottweil ein Werk, das über ein eigenes Kraftwerk verfügt und damit etwas mehr Strom produziert, als es selber verbraucht. Dies ist möglich, weil dort ein ölhaltiger Schiefer vorkommt, der aufgrund seiner Zusammensetzung als Rohstoff für den Zement und als Energieträger eingesetzt werden kann. In einem ehemaligen Klinkermahlwerk in Fusine im Veltlin, hat  Holcim ein eigenes Biomassekraftwerk mit einer Leistung von 5 MW errichtet. Das unbehandelte Holz stammt aus lokalen Sägereien mit sehr kurzen Transportwegen. Das Kraftwerk maximiert die lokale Wertschöpfung und schützt Holcim durch den Stromverkauf vor Strompreisschwankungen. Ausserdem liefert Holcim aus Siggenthal und Eclépens Fernwärme für industrielle, gewerbliche, öffentliche und private Wärmeverbraucher und maximiert damit die eigene Energieeffizienz laufend.

Mit der SBB hat Holcim Verträge zum Transport ihrer Rohstoffe auf der Schiene. Als einer der drei wichtigsten Cargo-Bahnkunden dürften sie wohl in den nächsten Jahren von recht stabilen Preisen profitieren, oder doch nicht?

Die Trassenpreise verteuern sich wahrscheinlich weiter, etwa wegen dem immer höheren Ausbaustandard beispielsweise bei den Sicherheitseinrichtungen. Auch der Bahnstrom wird wohl teurer werden. Dazu kommt die allgemein starke Auslastung des Netzes durch den Personenverkehr, der gegenüber dem Güterverkehr bevorzugt wird. Allgemein rechnen wir deshalb eher mit steigenden Preisen im Güterverkehr mit der Bahn.

Ihre Zement- und Betonfachleute entwickeln auf Wunsch massgeschneiderte Zemente und Betonrezepturen. Welche Neuigkeiten haben Sie zu vermelden?

Der Trend zu massgeschneiderten Zementen aus der Mischanlage in Siggenthal hält an, insbesondere für die Vorfabrikation. So können Betonrezepturen für sehr spezifische Anwendungen, zum Beispiel hochfeste Betone, entwickelt und hergestellt werden.

«Holcim hat einen intensiven Erfahrungsaustausch mit der ETH Zürich und der EPFL Lausanne, mit verschiedenen Fachhochschulen, sowie der EMPA Dübendorf.»

An den Universitäten wird sehr viel über Zement geforscht. Wie sieht da die Zusammenarbeit mit Holcim aus? Sie vergeben ja unter anderem die Holcim-Awards. Gibt es auch einen regen Austausch zwischen ihren Forschern und Entwicklern und der Akademie?

Holcim hat einen intensiven Erfahrungsaustausch mit der ETH Zürich und der EPFL Lausanne, mit verschiedenen Fachhochschulen, sowie der EMPA Dübendorf. Gemeinsame Projekte werden durch Holcim und über die Cemsuisse, dem Verband der Schweizerischen Cementindustrie, durchgeführt. Die Holcim-Awards werden von der Holcim Foundation, der konzerneigenen Stiftung für nachhaltiges Bauen, vergeben. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums hat Holcim das Engagement erweitert und eine Vollprofessur für nachhaltiges Bauen an der ETH Zürich ermöglicht.

Was war denn Ihrer persönlichen Meinung nach der grösste technologische Quantensprung in den letzten drei Jahren?

Im Zement-Bereich war es die Einführung unserer CO2-reduzierten Zemente Optimo für den Hochbau und Robusto für den Tiefbau als neue Massenzemente. Im Bereich Beton sind es die Ultrahochleistungsbetone für die Instandsetzung von Brücken und anderen hochbelasteten Flächen, die wir von der Hochschulforschung zu am Markt akzeptierten Produkten entwickelt haben.

Genauso wichtig wie sogenannte „Quantensprünge“ ist aber die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Produktionsprozesse, etwa mit dem Einsatz alternativer Roh- und Brennstoffe.

Wie läuft denn Ihre neue Betonzentrale in Martigny?

Der Raum Martigny boomt, und wir sind sehr zufrieden mit der Leistung unserer neuesten Betonzentrale. Besonders freut es uns, hier in Zukunft auch Recyclingbeton anbieten zu können, was einem grossen Bedürfnis des Marktes entspricht.

Wie weit ist man in der Branche beim lichtleitenden Beton?

Lichtleitender Beton oder transluzenter Beton hat nach wie vor ein Nischendasein. In einigen Bereichen, etwa im Innenbereich, wird er aber als Blickfang eingesetzt.

Zum Unternehmen
Die Holcim (Schweiz) AG ist eine Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Baustoffkonzerns Holcim Ltd. Als grösste inländische Zementproduzentin hält die Holcim Schweiz auch in den Bereichen Transportbeton sowie Kies, Sand und Schotter bedeutende Marktanteile – mit jährlich 2,6 Millionen Tonnen Zement aus den drei Werken Eclépens, Siggenthal und Untervaz. Rund 20 Kiesgruben und Steinbrüche liefern jährlich gut 7 Millionen Tonnen Kies, Sand und Schotter. Etwa 40 Betonwerke produzieren etwa 2 Millionen Kubikmeter Beton pro Jahr.

Zur Person
Kaspar E. A. Wenger startete seine Karriere 1994 bei Holcim. Nach einer Einführungsphase in der Tochtergesellschaft in Neuseeland eröffnete er die Holcim Vertretung in China, welche er vor Ort während drei Jahren führte. Von 1998 bis 2000 war er Assistent von Urs Bieri, damals Mitglied der Konzernleitung mit Verantwortung für Fernost. Im Jahr 2000 wurde ihm die Leitung der Marketing- und Verkaufsorganisation der Holcim Schweiz übertragen, 2004 wurde er zum Länderleiter Schweiz und im Sommer 2012 zum Area Manager Zentraleuropa ernannt. Kaspar Wenger ist verheiratet und Vater von drei Kindern. In seiner Freizeit spielt er Tennis, fährt gerne Ski, liebt klassische Musik und engagiert sich in der Politik.

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