Keith Kelsall, Client Portfolio Manager Aviva Investors
Herr Kelsall, immer wieder ist zu hören, dass nun ein perfekter Zeitpunkt sei, um in Wandelanleihen zu investieren. Ist das noch immer der Fall und wenn ja, warum?
Keith Kelsall: Ja, der Markt für Wandelanleihen ist immer noch sehr attraktiv. Denn bei einer Wandelanleihe handelt es sich um ein Instrument, das aus einer Obligation mit allen Charakteristiken der Stabilität besteht, und eine Option auf eine Aktie enthält, mit welcher der Anleger am Aufwärtspotenzial der Aktie profitieren kann. Zudem schützt der Anleihencharakter gegen Rückschläge am Markt.
Aber damit beschreiben Sie doch einfach das Instrument als solches…
Lassen Sie es mich anders formulieren: Wann ist kein guter Zeitpunkt, um in Wandelanleihen zu investieren? Immer wenn der Aktienmarkt einen starken Aufwärtstrend zeigt, wie etwa zwischen 1997 und 1999. Damals lohnte sich es sich, in Aktien zu investieren und nicht in Wandelanleihen, da der Trend so stark war. Im Jahr 2000 hat dieser Trend jedoch dramatisch und abrupt geendet. Da sich die Anleger aber nicht ganz vom Aktienmarkt abwenden wollten, sind viele auf Wandelanleihen ausgewichen.
«Wann ist kein guter Zeitpunkt, um in Wandelanleihen zu investieren? Immer wenn der Aktienmarkt einen starken Aufwärtstrend zeigt, wie etwa zwischen 1997 und 1999.»
Keith Kelsall, Client Portfolio Manager Aviva Investors
Warum sind Wandelanleihen denn nicht populärer?
Es handelt sich hier um einen Nischenmarkt mit einer Marktkapitalisierung von lediglich 500 Mrd Dollar. Sowohl der Aktien- als auch der Obligationenmarkt sind um ein Vielfaches grösser. Auf einer statistischen Basis ist die Performance von Wandelanleihen zwar besser als der Mix von Aktien und Obligationen, aber in Realität würde kein Anleger 100% in Wandelanleihen investieren. Das bestechende Argument für Wandelanleihen ist jedoch die risikoadjustierte Rendite. Ein Wandelanleiheninvestor erhält weder die besten absoluten Renditen, noch geht er das tiefste Risiko ein. Die höchsten prognostizierten Renditen über die nächsten fünf Jahre sind wohl mit Schwellenländeraktien zu erreichen. Ein solches Investment ist aber mit sehr hohen Risiken verbunden. Auf der anderen Seite bietet ein Cash-Investment zwar die tiefsten Risiken, aber auch kaum Renditen. Auf einer risikoadjustierten Basis besticht hingegen eine Investition in Wandelanleihen.
Es gibt verschiedene Strategien für die Investition in Wandelanleihen. Welchen Ansatz verfolgen Sie – einen eher aggressiven, aktienlastigen oder defensiven, auf Sicherheit bedachten?
Seitdem wir vor zwölf Jahren angefangen haben, in Wandelanleihen zu investieren, verfolgen wir mit unserem Global Convertibles Fund den gleichen Ansatz, nämlich die Investition im ausgewogenen, hybriden Bereich mit einem Delta zwischen 30 und 70. In diesem Bereich betreiben wir ein aktives Stockpicking. Seit 3 ½ Jahren führen wir zudem einen Wandelanleihen-Fonds mit einem Absolute Return Ansatz. Dessen Ziel ist es, durch zusätzlichen Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten in jedem Marktumfeld positive Renditen zu erzielen.
Welche regionalen Märkte erachten Sie als besonders attraktiv? In der Vergangenheit stand ja vor allem der amerikanische Markt mit dem grössten Emissionsvolumen im Vordergrund.
Vor allem Asien ex Japan ist momentan beliebt. Aber grundsätzlich sind die Emissionen in den letzten Jahren eher zurückgegangen. Grund dafür sind die extrem tiefen Zinssätze für Obligationen. Die hohen Volumen für Europa in diesem Jahr zeigen ein etwas verzerrtes Bild und lassen sich vor allem mit zwei grossen Emissionen von Adidas und Siemens begründen. Grundsätzlich werden Wandelanleihen vor allem von Wachstumsunternehmen emittiert – etwa aus dem Pharmasektor. Von diesen Wachstumsfirmen gibt es viele in Asien und wir haben denn auch momentan ein leichtes Übergewicht in dieser Region.
Gibt es Sektoren, die Sie bevorzugen?
Wir positionieren uns nicht aktiv in den verschiedenen Sektoren. Derzeit haben wir ein Übergewicht im Bereich Pharma, Gesundheit und Bergbau. Dies ist aber das Resultat der Titelauswahl und nicht der Sektorpositionierung.
«Hinter jedem Titel steckt eine spezifische Geschichte.»
Können Sie einige konkrete Beispiele von Wandelanleihen geben, in die Sie investieren?
Hinter jedem Titel steckt eine spezifische Geschichte. Speziell erwähnen würde ich Vertex, ein US-Pharmaunternehmen mit einem Medikament geben Fibrose, oder Salix Pharma, deren Aktie sich im vergangenen Monat sehr positiv entwickelt hat. Adidas ist ebenfalls erwähnenswert. Wir suchen üblicherweise nach liquiden Wandelanleihen im hybriden Bereich. Da drei unserer Analysten früher im Aktienbereich gearbeitet haben, sind für uns die Fundamentaldaten sehr wichtig. Daher verfolgen wir einen sehr fundamentalen Analyseansatz.
Können Sie uns diesen etwas näher erklären?
Zuerst filtern wir jene Wertpapiere heraus, die sich nicht im hybriden Bereich befinden oder deren Volumen zu klein, sprich unter USD 200 Mio. sind. Dieser erste Screen ist eine eher quantitative Angelegenheit. Danach richtet sich aber unser ganzes Augenmerk auf die fundamentale Analyse, bestehend aus der Kredit- und der Aktienanalyse. Dieser starke Fokus auf Fundamentaldaten ist sicher einer der Unterscheidungsfaktoren gegenüber unseren Mitbewerbern.
Wenn Sie einen Kunden beraten müssten, in welche Subkategorie von Anleihen er investieren soll; was würden Sie ihm raten? Würden Sie ihm eine Anlage in Wandelanleihen vorschlagen?
Dies Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da das „richtige“ Exposure sehr vom Risikoprofil des Kunden abhängt. Ich empfehle aber grundsätzlich, zwischen 5 Prozent und 10 Prozent in Wandelanleihen zu halten.