Klaus Künzli, Präsident GastroSuisse

Klaus Künzli

Klaus Künzli, Präsident GastroSuisse. (Foto: GastroSuisse)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Künzli, das Schweizer Gastgewerbe hat im vergangenen Jahr trotz eines Konjunkturaufschwungs einen weiteren Umsatzrückgang von 2,6 % hinnehmen müssen. Worauf führen Sie diesen zurück?

Klaus Künzli: Das Gastgewerbe ist eine Branche, die der konjunkturellen Entwicklung stets verzögert folgt. Der Boden des Rückgangs scheint tatsächlich erreicht zu sein, doch fehlt der Nachweis, dass ein nachhaltiger Anstieg bevorsteht. Die Branche arbeitet hart und kämpft. Insbesondere die traditionelle Gastronomie steht unter Druck, wohingegen die Systemgastronomie und die Systemhotellerie vergleichsweise zulegen können.

Es fällt auf, dass zwar die Gästezahlen steigen, aber die durchschnittliche Konsumation kleiner wird. Wo sparen die Leute am meisten?

Die Lebensgewohnheiten der heutigen Gesellschaft haben sich geändert. Gegessen und getrunken wird immer und überall. Angebote gibt es fast an jeder Ecke: vom Kiosk über den Detailhandel bis hin zum Coiffeur mit integriertem Café oder zur Papeterie mit Kaffee-Lounge. Es entstehen immer mehr Mischformen von Detailhandel und Gastgewerbe. Gourmet-Supermärkte machen Furore. Dadurch verschärft sich der Wettbewerb weiter. Bildhaft gesprochen: der Kuchen, der verteilt werden kann, ist immer noch gleich gross, doch die einzelnen Stücke werden immer kleiner.

Was wird von den Konsumenten am häufigsten nachgefragt?

Gemäss dem „nationalen Speisezettel“ assen Herr und Frau Schweizer im vergangenen Jahr am liebsten Fleischgerichte mit den dazugehörigen Beilagen, wenn sie auswärts essen gingen. Mehr als die Hälfte der Essensfälle wurden über Mittag registriert. Knapp ein Viertel fiel während der Abendstunden an.

«Der Kuchen, der verteilt werden kann, ist immer noch gleich gross, doch die einzelnen Stücke werden immer kleiner.»
Klaus Künzli, Präsident GastroSuisse

Welche Trends sind in der Gastronomie aktuell festzustellen?

In der Gesellschaft und in den Medien macht das Thema der vegetarischen und gar der veganen Küche Schlagzeile. Gemessen am Gesamtkonsum, sind diese Trends mengenmässig noch nicht sehr bedeutend. Es ist jedoch eine Entwicklung, die es ernst zu nehmen gilt. Je nach Ausrichtung, Konzept und Zielgruppe kann das eine interessante Nische bedeuten.

Für die Hotellerie sind online platzierte Bewertungen auf entsprechenden Portalen sehr wichtig geworden. Gilt das auch für die Gastronomie?

Mit dem Internet ist alles schneller und transparenter geworden. Meinungen werden sofort kundgetan und global ausgetauscht. Zu einem starken Trend in der Gastronomie hat sich das Fotografieren und „Posten“ von Gerichten entwickelt.

Seit Jahren ist vom «Beizensterben» die Rede, welches sich vor allem auf dem Lande akzentuiert. Wann sehen Sie ein Ende dieser Strukturbereinigung?

Ob wir heute eine Entwicklung durchmachen, wie es früher andere Branchen erlebt haben, kann ich nicht mit Gewissheit bestätigen. In der Tat haben aber viele Betriebe vor allem auf dem Lande mit Nachfolgeproblemen zu kämpfen. Doch letztlich entscheidet der Markt darüber, wie viele und welche Betriebe erfolgreich fortbestehen können.

«Wir müssen viel politische Kraft aufwenden, um einen verheerenden Schaden der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative zu verhindern.»

GastroSuisse ist derzeit auf dem politischen Parkett stark gefordert, u.a. im Nachgang zur Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative. Kaum eine Branche ist so sehr auf ausländisches Personal angewiesen wie das Gastgewerbe. Was sind für Sie gangbare Wege bei der MEI-Umsetzung?

Wir müssen viel politische Kraft aufwenden, um einen verheerenden Schaden der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative zu verhindern. Mit einem Ausländeranteil von 44 Prozent ist das Gastgewerbe traditionell sehr stark auf ausländische Mitarbeitende angewiesen. Deshalb fordern wir mit Nachdruck: ausreichend grosse Kontingente, kein Bürokratie-Monster und keine Benachteiligung gegenüber wertschöpfungsstarken Branchen.

«Ein gesetzlicher Mindestlohn ist wegen der geringen Rentabilität vieler Betriebe für das Gastgewerbe wirtschaftlich nicht verkraftbar.»

Für die Gastronomie kaum weniger bedeutend ist die am 18. Mai anstehende Abstimmung über die Mindestlöhne. Welche Folgen für die Branche befürchten Sie bei einem Ja zu einem garantierten Stundenlohn von 22 Franken?

Ein gesetzlicher Mindestlohn ist wegen der geringen Rentabilität vieler Betriebe für das Gastgewerbe wirtschaftlich nicht verkraftbar. Unser Geschäft ist ein Mensch-zu-Mensch-Business. Stellen können nicht ausgelagert und Arbeitsabläufe nur bedingt rationalisiert werden. Es ist zu befürchten, dass Betriebe, die heute schon knapp dran sind, schliessen müssten – mit einem Arbeitsplatzverlust für die Schweizer Wirtschaft und höherer Arbeitslosigkeit. Zudem wirken die Forderungen der Gewerkschaften wie ein Schuss in den Rücken unserer Branche, die über einen bewährten, sehr guten Landes-Gesamtarbeitsvertrag verfügt. Die Initianten der Mindestlohninitiative richten einen gehörigen Schaden an der schweizerischen Sozialpartnerschaft an!

Aber Sie sind einverstanden, dass in einem zwar reichen, aber auch teuren Land wie der Schweiz ein Lohn von weniger als 22 Franken kaum reicht, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, und das Anliegen der Initianten insofern nicht so weltfremd ist?

Bei dieser Argumentation müsste manch ein Gastro-Unternehmer für einen eigenen Mindestlohn kämpfen! Zahlreiche Betriebsinhaber verdienen heute nämlich nicht mehr als ihre Angestellten, oft sogar weniger. Wir können die Löhne bezahlen, welche unsere Rentabilität erlaubt. Mehr liegt nicht drin. Sonst muss der Betrieb schliessen, mit entsprechenden Folgeschäden.

Das dritte grosse politische Thema für GastroSuisse ist die Mehrwertsteuer. Möglicherweise noch in diesem Jahr entscheidet das Stimmvolk über Ihre Mehrwertsteuer-Initiative. Bundesrat wie auch National- und Ständerat lehnen das Begehren ab. Wie wollen Sie die Stimmbürger überzeugen?

Auf politischer Ebene fiel die ablehnende Empfehlung teils sehr knapp aus. Unser Anliegen fand im Grundsatz viel Sympathie, die Politik schreckte vor der Umsetzung zurück. Unsere Chancen auf Erfolg beim Volk sind gut. Wir haben die besseren Argumente auf unserer Seite. Die mehrwertsteuerliche Diskriminierung des Gastgewerbes ist eine Tatsache. Täglich zahlen unsere rund 2,5 Millionen Gäste zu viel Mehrwertsteuer. Das muss korrigiert werden. Wir werden den Abstimmungskampf, professionell begleitet, mit voller Kraft und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln führen.

Am 12. Juni beginnt die Fussball-WM in Brasilien. Nützen solche Grossevents der Gastronomie mehr oder schaden sie ihr eher?

Unsere Vorfreude auf die Fussball-WM ist diesmal besonders gross. Nach einem langjährigen Rechtsstreit haben wir einen einzigartigen Sieg über die gewichtigen Fussballverbände errungen. Public Viewings können weiterhin zu sehr vorteilhaften Bedingungen durchgeführt werden – zur Freude der Wirte und unserer Gäste!

Sie treten im Juni, ein Jahr vor Ablauf Ihrer letzten Amtszeit, als GastroSuisse-Präsident zurück. Welche persönliche Bilanz ziehen Sie nach 12 Jahren im Amt?

Darauf trete ich gerne im Juni näher ein. Ich freue mich auf Ihre Teilnahme an unserer Delegiertenversammlung am 17. Juni in Flims.

Herr Künzli, besten Dank für das Interview.

Stationen von Klaus Künzli:
Kochlehre, anschliessend Hotelfachschule Belvoirpark, Berufserfahrung an verschiedenen Stationen, während 28 Jahren Pächter des Restaurant Bären in Ostermundigen, 12 Jahre Präsident GastroSuisse (seit 2002) , Bernischer Grosser Rat 2002 – 2010, Verwaltungsrat Kursaal Bern. Klaus Künzli gibt das Präsidium GastroSuisse auf Ende Juni 2014 ab.

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