Klaus Stahlmann, CEO Sulzer

Klaus Stahlmann, CEO Sulzer

Klaus Stahlmann, CEO Sulzer. (Foto: Sulzer)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Stahlmann, die Finanzgemeinde hatte vom ersten Quartal etwas mehr erwartet. Der Bestelleingang ging ein klein wenig zurück, knapp unter die Milliardengrenze. Wird 2013 für die Investitionsgüterbranche wieder einmal ein sogenanntes Übergangsjahr?

Klaus Stahlmann: Der Rückgang des Bestellungseingangs im ersten Quartal sollte nicht überbewertet werden – bei einigen Geschäften war das Vorjahresquartal ausserordentlich hoch und dementsprechend konnte man auch damit rechnen, dass man nicht ganz an den damaligen Bestellungseingang herankommen würde. Für das ganze Jahr rechnen wir, bei gleichbleibenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, weiterhin mit einem Anstieg des Bestellungseingangs.

Sulzer verdient mittlerweile viel Geld mit Servicedienstleistungen, da ja ihre Maschinen, allen voran Pumpen, überall auf der Welt stehen. Wird das Service-Geschäft bei Sulzer über die Divisionen hinweg in den nächsten Jahren am stärksten wachsen?

Die Stärkung des Servicegeschäfts ist eine unserer vier strategischen Prioritäten. Grundsätzlich streben wir einen höheren Anteil des Servicegeschäfts an. Heute machen Services rund 40 Prozent unseres Umsatzes aus – in den nächsten Jahren wollen wir das um einige Prozentpunkte steigern. Die Wartung, Reparatur und auch die Modernisierung von Sulzer-Produkten ist ein wichtiger Teil davon. Mit Sulzer Turbo Services sind wir aber auch einer der führenden unabhängigen Serviceanbieter: diese Divisionen ist erfolgreich im Servicegeschäft für Turbinen, Kompressoren, Elektromotoren und Generatoren anderer Hersteller tätig.

«Grundsätzlich streben wir einen höheren Anteil des Servicegeschäfts an.»
Klaus Stahlmann, CEO Sulzer

Schwächeln tut der Sektor Energiegewinnung weltweit. Hier herrscht politische Unsicherheit, was zur Investitionszurückhaltung beiträgt. Könnte Sulzer nicht ähnlich wie eine Siemens oder General Electric bei der Finanzierung mitmischen? Oder sind Sie dazu zu klein?

Nein, das ist für uns keine Option, wir konzentrieren uns lieber auf unsere eigentlichen, technischen Kompetenzen. Die Energiegewinnung ist einer unserer Hauptmärkte mit unseren Pumpen und unserem Turbinenservice.

Der Wassermarkt hat sich gegenüber dem Vorjahresquartal abgeschwächt. Ich denke, das wird nur sehr vorrübergehender Natur sein, nicht wahr?

Der Bereich Wasser ist eindeutig ein attraktiver Markt mit ausgezeichneten langfristigen Wachstumsaussichten. Global werden sowohl der Frischwasserbedarf wie auch die zu behandelnden Abwassermengen mit Bevölkerungswachstum, Wirtschaftsentwicklung, Urbanisierung und sich entwickelndem Umweltschutz signifikant zunehmen. Das ist eine riesige Chance für unser Pumpengeschäft.

Cash pumpt sich Sulzer ja fleissig in die Firmenkasse. Nach den gelungenen Übernahmen und Integrationen, Dowding&Mills in 2010 sowie Cardo Flow Solutions in 2011, könnte bald wieder eine grosse Übernahme fällig sein: Auch wenn Sie sicherlich keine Division ausschliessen, welche Division könnte vorrangig verstärkt werden?

Wir arbeiten ständig an kleineren und grösseren Akquisitionsprojekten, aber die Hürden sind hoch und nur die besten werden realisiert, und dazu muss das Geschäft dann immer auch für die Verkäuferseite stimmen. Wir schränken uns nicht auf eine Division ein, Potential gibt es auf breiter Basis. Klar ist aber, dass ein enger Bezug zu unseren bestehenden Geschäften und zu unseren Hauptmärkten gegeben sein muss.

«Global werden sowohl der Frischwasserbedarf wie auch die zu behandelnden Abwassermengen mit Bevölkerungswachstum, Wirtschaftsentwicklung, Urbanisierung und sich entwickelndem Umweltschutz signifikant zunehmen.»

Die Werkstoff- und Oberflächentechnologien der Sulzer-Division Metco schafft für Kunden eine sehr hohe Wertschöpfung. Haben Sie dort die meiste Preissetzungsmacht?

Alle unsere Divisionen haben in ihren Märkten führende Positionen inne, und dies basiert immer auf einer bedeutenden Wertschaffung für die Kunden. Unser Pumpengeschäft zum Beispiel stellt die stärksten Pumpen für die Olförderung her.

Am Standort Barchfeld in Thüringen wird Sulzer die Produktionskapazität für keramische Werkstoffe vervielfachen. Was wird wohl in den nächsten Jahren bei dieser Werkstoffklasse die spannendste Entwicklung sein?

Das ist ein typisches Beispiel für unsere Fähigkeit, für neu entstehende Kundenbedürfnisse neuartige Lösungen zu entwickeln. Die Nachfrage nach keramischen Werkstoffen und Beschichtungslösungen von Sulzer Metco wird durch Märkte wie Halbleiter und Brennstoffzellen geprägt. Mit den stetig wachsenden Investitionen in Treibstoffe aus alternativen Quellen und dem sich entwickelnden Markt für Brennstoffzellen steigt auch die Nachfrage für keramische Werkstoffe.

Ähnliche Zusammenhänge gibt es auch in ganz anderen Bereichen. So liegen neue Ölquellen immer tiefer im Meer, weshalb man nach Alternativen zu den Förderplattformen sucht. Wir haben erfolgreich Unterwasserpumpen entwickelt und getestet, die direkt auf dem Meeresgrund installiert werden können, um das Öl aus dem Untergrund zu fördern.

Arbeiten Sie eigentlich mit den in der Schweiz ja reichlich vorhandenen Kompetenzzentren für Materialwissenschaften zusammen?

Es gibt eine Vielfalt an Kooperationen mit Universitäten und Forschungsinstituten auf verschiedenen Gebieten. Einer der Schwerpunkte ist die Materialwirtschaft, wo Sulzer unter anderem im Centre for Materials Science and Technology (CCMX) der ETH Lausanne beteiligt und Partner des CSEM, dem Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik, ist.

In den nächsten Jahren wollen Sie die Betriebsmarge um ein paar Prozente steigern. Prozessoptimierung steht im Vordergrund. Was wird der dickste Meilenstein sein?

Eine unserer vier strategischen Prioritäten sind kontinuierliche operative Verbesserungen. Darin ist auch mitenthalten, das man auf diesem Gebiet nicht einfach grosse Sprünge vorwärts macht, sondern ständig auf ganz breiter Basis an der operativen Leistung arbeiten muss. So wenden wir die Instrumente des Lean Management systematisch an unseren weltweit 170 Standorten an und investieren viel Zeit in entsprechende Schulungen der Mitarbeitenden vor Ort. Wir haben eine weltweite Initiative zur Unfallprävention, die das Verhalten jedes einzelnen Mitarbeitenden beeinflussen soll. Und wir arbeiten systematisch mit Werken rund um die Welt an einem besseren Management des Umlaufvermögens, um nur drei Beispiele zu nennen.

«Eine unserer vier strategischen Prioritäten sind kontinuierliche operative Verbesserungen.»

Sie kommen von MAN, ähnlich wie Sulzer ein nationaler Traditionskonzern. Welches ist der grösste Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz in der Geschäftskultur?

Von innen betrachtet sind sowohl MAN wie auch Sulzer seit Jahrzehnten global ausgerichtete Unternehmen, mit weltweiter Präsenz, internationalem Management und einer internationalen Belegschaft. Der Unterschied Deutschland – Schweiz fällt da nicht wirklich ins Gewicht.

Sulzer wird ebenso wie ihr Branchenkollege  OC Oerlikon von der Beteiligungsgesellschaft Renova dominiert, die vom russischen Financier Viktor Vekselberg kontrolliert wird. Haben Sie den grossen Investor mittlerweile persönlich getroffen?

Herr Vekselberg ist mit rund 32 Prozent unser grösster Aktionär – Sulzer ist aber weiterhin ein selbstständiges Unternehmen. Ich habe Herrn Vekselberg kurz getroffen, seine Interessen werden aber durch die beiden Renova-Vertreter im Verwaltungsrat wahrgenommen. Mit ihnen haben wir eine sehr sachliche, engagierte und produktive Zusammenarbeit, um Sulzer im Interesse aller Aktionärinnen und Aktionäre voranzubringen.

In letzter Zeit gingen einige Konzernleitungsmitglieder. Was steckt dahinter?

Solche Wechsel sind nichts Aussergewöhnliches. Eine Mischung von langjährigen Führungskräften und branchenerfahrenen Externen ist sehr produktiv. Das hat sich auch in der neuen Konstellation in der Konzernleitung wieder gezeigt.

Zur Person:
Der Deutsche Klaus Stahlmann war vor seiner Ernennung zum Sulzer-CEO im Februar 2012 CEO von MAN Diesel und Turbo von 2010 bis 2011. In dieser Funktion war er für die erfolgreiche Integration von MAN Turbo und MAN Diesel in eine Division verantwortlich. Von 2007 bis 2009 war er CEO von MAN Turbo und führte dabei erfolgreich eine marktorientierte Struktur ein und globalisierte das Produktionsnetzwerk. Vor dem Eintritt in MAN war er Leiter der Europäischen Geschäftseinheit Wälzlagertechnologien (Bearing) der japanischen NSK und CEO des Pumpenherstellers Allweiler. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Funktionen bei Krupp Fördertechnik. Klaus Stahlmann verfügt über umfassende Auslandserfahrung. Er ist in Kolumbien, Bolivien und Paraguay aufgewachsen, war mehrere Jahre in Südafrika tätig und hat auch breite Geschäftserfahrung in Asien gesammelt. Er studierte Elektrotechnik und Betriebswirtschaft an der Technischen Universität Darmstadt und ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. 

Zum Unternehmen: 
Die Schweizer Traditionsfirma Sulzer wurde 1834 in Winterthur gegründet und ist heute global an über 170 Standorten im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Oberflächentechnik tätig. Die Divisionen nehmen weltweit eine Spitzenposition in ihren Kundensegmenten ein. Dazu gehören unter anderem die Branchen Öl und Gas, Kohlenwasserstoff verarbeitende Industrie, Energieerzeugung, Wasser, Automobil und Luftfahrt.   

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