von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Zimmer, Sie sind seit Jahresbeginn im Amt und dürfen eine sehr positive Halbjahresbilanz ziehen. Haben Sie sich Ihren Einstieg in etwa so vorgestellt?
Knut Zimmer: Gesetzte Ziele zu erreichen ist für mich immer eine Freude. Mein Team hat hervorragend gearbeitet, das zeigen wir auch mit dem diesjährigen Halbjahresergebnis.
Umsatz, EBIT und Gewinn legten allesamt zweistellig zu, das Wachstum ist sowohl regional wie auch in den einzelnen Segmenten breit abgestützt. Was würden Sie aus dem positiven Zahlenkranz hervorheben, was hat Sie besonders gefreut?
Die vollständige Erholung unseres Feinschneidpressengeschäfts. Dies beweist einmal mehr, dass die duale Strategie Technologie und Teilegeschäft von Feintool funktioniert und beide Segmente ähnlich erfolgreich operieren.
Welches waren die grössten Wachstumstreiber?
Einerseits ein gut intakter Automobilmarkt und andererseits befinden sich viele Kundenverträge, die in den letzten Jahren gewonnen werden konnten, nun in allen Regionen in der Hochlaufphase. Weiter haben sich viele unserer Gesellschaften operativ weiter verbessern können.
Sie bleiben positiv, Feintool hat den Ausblick für das Gesamtjahr angehoben. Wo sehen Sie derzeit die grössten Risiken im geopolitischen Umfeld, die Feintool einen Strich durch die Rechnung machen könnten? Bei der Handelspolitik der US-Regierung?
Das politische Umfeld ist immer schwierig zu beurteilen, die Auswirkungen auf Grund von Handelserschwernissen (Zölle) etc. sind kaum abschätzbar. Zudem sehen wir, dass einige Hersteller bei den Erfordernissen des neuen Abgasmessverfahrens (WLTP) zusätzliche Zeit benötigen und daher in der Produktion am einen oder anderen Ort im zweiten Halbjahr mit Verzögerungen zu rechnen ist.
«Feintool unterstützt seit einigen Jahren mit Serienbauteilen den Allrad-Boom.»
Knut Zimmer, CEO Feintool
Die boomende Automobilbranche spielt Feintool in die Hände. Welchen Anteil hat der Automobilsektor an Ihren Absätzen?
Zur Zeit – vor der Akquisition der Stanz- und Lasertechnik Jessen – ist Feintool über 90% im Automobilsektor tätig.
Fast die Hälfte aller in der Schweiz in Verkehr gesetzten Personenwagen verfügen über einen Allradantrieb. Kann Feintool auch vom Allrad-Boom profitierten?
Feintool unterstützt seit einigen Jahren mit Serienbauteilen den Allrad-Boom. Erfreulich ist, dass wir nun auch im US-Markt und in China neue Aufträge in Serie bringen, was unsere globale Aktivität in den relevanten Märkten unterstreicht.
Feintool liefert für die Bereiche Chassis, Seating und Interieur und Antriebstechnik. Noch spielen die klassischen Verbrennungsmotoren die Hauptrolle, aber Elektromobilität ist auch für Feintool ein grosses Thema. Wie fordernd ist die notwendige Offenheit gegenüber verschiedenen Technologien?
Feintool hat langjährige Erfahrung in der Feinschneidtechnologie und treibt diese auch voran. Vor einigen Jahren haben wir als weiteres technologisches Standbein die Umformtechnologie in unser Portefeuille aufgenommen und – wie das Feinschneiden – global ausgebaut.
Mit dem Stanzen von Elektroblechen für E-Motoren (Statoren, Rotoren) nehmen wir eine weitere Technologie in unser Leistungsangebot auf. Auch diese Technologie werden wir in der kommenden Zeit global ausrollen. Wir sind offen für verschiedene Technologien, die in unsere Strategie passen.
In diese Richtung ziehlt auch die Übernahme der Firma Stanz- und Lasertechnik Jessen. Wie sehen hier Ihre Pläne aus?
Die Elektrifizierung unserer Gesellschaft schreitet voran und auch im Auto nimmt die Anzahl elektrischer Hilfsmotoren laufend zu. In Premiumsegment der Pkw befinden sich heute schon bis zu 100 Elektromotoren. In diesem Bereich ist die Stanz- und Lasertechnik schon jetzt sehr erfolgreich. Dieses Gebiet dürfte um die zehn Prozent pro Jahr wachsen. Zusammen mit Feintool kann die Stanz- und Lasertechnik Jessen auch den Markt der Antriebsmotoren angehen und global ausbauen. Hier streben wir einen erheblichen Marktanteil an. Allerdings ist aus heutiger Sicht die Marktentwicklung schwierig abschätzbar, was dies in Zahlen ausgedrückt bedeuten wird. Meine Erwartungen sind positiv!
«Mit dem Stanzen von Elektroblechen für E-Motoren nehmen wir eine weitere Technologie in unser Leistungsangebot auf.»
Am interessantesten wäre für Feintool eigentlich, wenn sich Hybridmotoren durchsetzen würden…
Sicherlich, hat doch jedes Hybridfahrzeug einen Verbrennungs- und einen Elektromotor sowie verschiedene Verbindungsteile. Die Kombination eines konventionellen Antriebes mit einem Elektroantrieb in einem Fahrzeug bietet uns sehr interessante Möglichkeiten.
China ist im Bereich Elektromobilität weiter fortgeschritten als der Westen. Richten Sie Ihr Augenmerk entsprechend verstärkt nach China?
Letztlich zeigt uns der Markt, wo die Entwicklungen geschehen. Dass für die Elektrifizierung China eine wichtige Rolle spielt, ist daher wohl unbestritten. Wir sind aber auch offen aufgestellt, den nordamerikanischen Markt mit E-Motoren-Komponenten zu beliefern.
In immer mehr Bereichen kommen Elektromotoren zum Einsatz. Wo erhoffen Sie sich längerfristig neue Marktfelder?
Industrieanwendungen sehen wir bereits heute mit interessanten nachhaltigen Wachstumspotenzial. Die E-Mobilität ist ein Megatrend der Automobilindustrie. Diese steht erst am Anfang seiner Entwicklung. Den Trend wollen wir mit unserem Know-How und Produkten unterstützen und für uns zu einem bedeutenden Anteil in der Feintool-Gruppe ausbauen.
Herr Zimmer, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Knut Zimmer, Deutscher Staatsbürger (Jg 1963)
CEO der Feintool-Gruppe und Leiter Segment System Parts Leiter Business Unit System Parts Europe
Ausbildung:
Betriebswirt (VWA), Stuttgart
Industriekaufmann
Beruflicher Hintergrund:
1983–1997 Müller-Weingarten AG: Leiter Controlling
1997–1999 Nord. Maschinenbau GmbH u. Co. KG: Kaufmännischer Leiter
1999 EuroPower Energy GmbH / EON: Kaufmännischer Leiter
2000–2012 Herzing + Schroth GmbH u. Co. KG: Geschäftsführer
2012–2017 Feintool System Parts Obertshausen GmbH: Leiter Business Unit System Parts Forming Europe
Seit 1. August 2017: Leiter Business Unit System Parts Europe
Seit 1. Januar 2018: CEO der Feintool-Gruppe sowie Leiter Segment System Parts