Lars van der Haegen, CEO der Belimo Gruppe, im Interview

Lars van der Haegen

Belimo-CEO Lars van der Haegen. (Foto: Belimo)

Lars van der Haegen, CEO der Belimo Gruppe. (Foto: Belimo)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Mit intelligenten Lüftungsklappen und Ventilen lässt sich immens viel Energie sparen. Auf wieviel Prozent schätzen Ihre Ingenieure die durchschnittliche Ersparnis?

Lars van der Haegen: Die Leistungsaufnahme unserer Antriebe ist zwischen 50 und 95 Prozent kleiner, einerseits gegenüber Komponenten, die man in bestehenden Anlagen vorfindet, andererseits gegenüber Mitbewerbern. Beispielsweise beträgt die Leistungsaufnahme unseres neuen Belimo ZoneTightTM Sortiments nur 0.9 Watt pro Antrieb gegenüber Mitbewerbern, die um 6 Watt liegen. Aber noch wichtiger sind unsere Lösungen wie das Belimo EnergyValveTM, welches einerseits den Energieverbrauch misst und gleichzeitig den Wasserdurchfluss optimiert. Dadurch macht man Pumpen, Wärme- oder Kälteerzeuger wesentlich effizienter. Mit dieser Lösung betragen die Einsparungen für die gesamte Heizungs- und Lüftungsanlage bis zu 30 Prozent.

Die Abschottung von Brandabschnitten gegen die Ausbreitung von Feuer und Rauch über geregelte Lüftungskanäle ist ein Beispiel, wie Belimo-Technik sogar Leben retten kann. Wie wird denn so etwas getestet – etwa im Rauchlabor?

Unsere Brandschutz- oder Entrauchungsantriebe verkaufen wir an Klappenhersteller. Diese testen die gesamte Einheit, sprich Antrieb und Klappe, in einem Brandlabor. Brandschutzklappen werden auf einem speziellen Ofen getestet. Die Testverfahren sind nach verschiedenen Europäischen oder Amerikanischen Normen definiert.

Pro Jahr stellt Belimo über 5 Millionen Antriebe her. Knapp 7 Prozent des Umsatzes fliessen in Forschung und Entwicklung. Wie viele Patente beantragen Sie pro Jahr?

Durchschnittlich etwa 10 pro Jahr. Wir patentieren hauptsächlich, weil wir uns das sogenannte «freedom to operate» sichern wollen. Wenn man nicht patentiert, riskiert man, dass ein anderer Jahre später plötzlich eine Lösung anmeldet, welche schon lange im Verkauf ist. Das Patentwesen wird immer unübersichtlicher und die Kosten für Technologieunternehmen steigen kontinuierlich. Schlussendlich bezahlt das der Konsument. Die Grundidee des Patentierens wäre ja die Förderung der Investitionen von Innovationen dank Minimierung des Risikos.

«Wir beantragen durchschnittlich zehn Patente pro Jahr.»
 Lars van der Haegen, CEO der Belimo Gruppe.

Wie baut man ein luftblasendichtes Ventil?

Mit dem Regelkugelhahn haben wir weltweit den Markt revolutioniert. Dabei nutzen wir den Vorteil der Kugelhahn-Bauweise, welche eben dichtschliessend ist. Normale Kugelhahnen haben aber den Nachteil, dass diese nicht zum Regeln eingesetzt werden können, weil sie nur auf-zu machen. Genau gleich, wie manche Wasserhähne, die durch minimale Öffnung schon einen Wasserfall auslösen. Dank einer patentierten Regelblende öffnet der Belimo-Regelkugelhahn kontinuierlich, kann aber weiterhin absolut dicht schliessen und so Energieverluste vermeiden.

Seit dem Börsengang vor zwei Jahrzehnten hat sich die Belimo-Aktie mehr als verzehnfacht. Ist die extreme Spezialisierung, wie Sie Ihr Unternehmen ja seit vierzig Jahren vorexerziert, der Königsweg für Schweizer Unternehmen?

Es ist sicher eine Strategie, die vielen Unternehmen helfen kann. Dabei sucht man erst nach einem Problem im Markt. Dann fokussiert man sich auf die Lösung dessen, bis man Marktführer in einer Nische wird. Durch die Freiheiten, die wir heute haben, tendieren Menschen und Organisationen zur Verzettelung. Die Konzentration auf eine Sache ist nicht einfach, da man oft «nein» sagen muss.

87 Prozent Ihrer Produktionskosten macht die Beschaffung aus. Was geht bei den Rohstoffen dabei mehr ins Geld. Plastik oder Metall?

Der grösste Anteil machen elektronische Bauteile und Motortechnologie aus, gefolgt von Metall und erst am Schluss der Kunststoff.

Im zweiten Halbjahr hat der europäische Markt besonders geschwächelt. Wird sich diese Zweiteilung der Weltmärkte, hier das lahme Europa, dort das boomende Asien/Amerika akzentuieren?

Wir vermuten, dass sich der europäische Markt dieses Jahr etwas erholt. Mittlerweilen sind wir für ein mittelgrosses Schweizer Unternehmen geografisch sehr gut diversifiziert, heute mit einem Umsatzanteil von nur 3% in der Schweiz. Die Prognosen für die amerikanische Bauwirtschaft sind für 2016 und 2017 positiv. Das Wachstum in China hat sich abgeschwächt, was die Wirtschaft in Asien beeinflusst. Wir sehen jedoch noch viel Potential für die Entwicklung dieser Märkte.

«Wir vermuten, dass sich der europäische Markt dieses Jahr etwas erholt.»

Belimo hat in letzter Zeit sehr stark in seine Produktionsstätten in den USA investiert. Macht Sie die konjunkturelle Hängepartie dort nicht nervös?

Wir haben die Entscheidung für den Neubau 2011 gefällt, zu dieser Zeit war die wirtschaftliche Krise noch sehr stark spürbar. Als man dann die negativen Wirtschaftsnachrichten hörte, machte mich das schon manchmal nervös. In diesen Zeiten muss man mutig sein und an die Zukunft glauben. 2014 haben wir den Neubau in Betrieb genommen – ohne diese erweiterten Kapazitäten hätten wir das Rekordjahr 2015 in Amerika nur schwer abwickeln können.

Wieso ist Belimo als Schweizer Unternehmen so stark von den Russlandsanktionen betroffen?

Einerseits haben wir gute Marktanteile in Russland, andererseits war der Markteinbruch letztes Jahr sehr stark – entsprechend fällt das ins Gewicht.

In Lokalwährungen schaffte Belimo trotz Frankenstärke im zweiten Halbjahr ein Gesamtwachstum von 3,6 Prozent. War dies hauptsächlich auf Neuprodukte zurückzuführen?

Ja, diese sind sehr wichtig. Einerseits erweitern wir dadurch unser Sortiment, andererseits bieten wir innovative Lösungen an, wie das vorher erwähnte Energieventil. Dieses kostet etwa viermal mehr im Vergleich zu einem konventionellen Ventil. Dank dem Mehrwert für den Kunden vervierfacht sich der Umsatz für diese Applikation.

«Wir investieren im Moment mehr in die Entwicklung von Regelventilen als in die von Luftklappenantrieben.»

Welcher Bereich entwickelt denn zurzeit bei Ihnen die grösste Dynamik – Luft oder Wasser?

Wir sind erst 1999 ins Wassergeschäft eingestiegen. Deshalb investieren wir im Moment mehr in die Entwicklung von Regelventilen als in die von Luftklappenantrieben. Trotzdem haben wir aber sehr interessante Luftlösungen in der Pipeline. Beispielsweise entwickeln wir im Moment einen intelligenten Luftklappenantrieb für Zonenlösungen in Asien. Dieser wird 2017 in den Markt eingeführt. Es handelt sich dabei um das erste Entwicklungsprojekt, welches wir vollumfänglich für den asiatischen Markt entwickeln.

Zur Person:
Lars van der Haegen ist seit Juli 2015 CEO der Belimo Gruppe. Zuvor war er bei Belimo schon in diversen Funktionen wirkend, von 2000 bis 2002 als Leiter Produktmanagement Luftvolumenstromregelung Europa, von 2003 bis 2006 Leiter Produktmanagement und Marketing bei Belimo Amerika in Danbury, CT (USA) und anschliessend von 2007 bis 2010 Geschäftsführer von Belimo in Zanica (Italien). Vor seinem Wechsel in die neue Position war er seit November 2010 als Leiter Amerika und Mitglied der Konzernleitung tätig und hat neben dieser Funktion berufsbegleitend an der Columbia Business School in New York und an der London Business School ein MBA-Studium abgeschlossen.

Zum Unternehmen:
Belimo ist weltweit führender Anbieter für moderne elektrische Antriebs- und Ventillösungen in der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK). Die Gruppe erzielte 2015 einen Umsatz von CHF 493 Millionen und beschäftigt rund 1470 Mitarbeitende. Die Aktien der BELIMO Holding AG werden seit 1995 an der SIX Swiss Exchange gehandelt (BEAN). Seit 1975 ist Belimo auf dem Markt und seit 2005 gewährt Belimo auf seine Produkte eine auf 5 Jahre verlängerte Garantie.

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