Leonie Bode, Mitgründerin von AYUN, im Interview

Leonie Bode, Mitgründerin von AYUN, im Interview
Dr. med. Leonie Bode, Mitgründerin von AYUN (Bild: AYUN)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Frau Bode, Sie sind als Ärztin Mitgründerin des Startups AYUN, das im Juli in Zürich die erste Tagesklinik für Langlebigkeit eröffnet hat. Was braucht es ausser guten Genen, einer gesunden Ernährung, genügend Erholung und einem guten sozialen Umfeld noch, um möglichst gesund zu altern und was davon gibt es nur bei AYUN?

Leonie Bode: Sie haben bereits die wichtigsten Punkte genannt, die unerlässlich sind für mehr Lebensqualität bis ins hohe Alter. Darüber hinaus darf es aber natürlich auch nicht an Bewegung und sportlicher Betätigung fehlen. Aber wer sagt Ihnen, welche Ernährung für Sie richtig ist, wo ihr individuelles Risiko liegt und wie Sie mögliche genetische Risiken ausgleichen können? Das macht AYUN.

«Jeder kann seine Gesundheit aktiv beeinflussen, der Einfluss unserer Gene beträgt gemäss aktueller Studien maximal 20%, den Rest haben wir selbst in der Hand.» Dr. med. Leonie Bode, Mitgründerin von AYUN

Wir analysieren unsere Kunden umfassend, bringen die Ergebnisse zusammen und leiten auf jeden einzelnen individuell zugeschnittene Massnahmen ab. Anschliessend setzen wir die abgeleiteten Massnahmen und Empfehlungen dann gemeinsam mit unseren Kunden zusammen und in enger Begleitung um. Dazu haben wir eine Vielzahl von Möglichkeiten direkt vor Ort. Jeder kann seine Gesundheit aktiv beeinflussen, der Einfluss unserer Gene beträgt gemäss aktueller Studien maximal 20%, den Rest haben wir selbst in der Hand.

Ihr Ziel ist es, Langlebigkeit als Teil der Gesundheitsvorsorge einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen. Die exklusiv für Mitglieder von AYUN zu Preisen von 5’500 CHF oder 8’900 CHF pro Jahr (beide Pakete sind aktuell ausverkauft) verfügbaren Angebote scheinen aber eher die Finanzelite im Zentrum von Zürich als Zielpublikum im Fokus zu haben. Wie soll so die breite Bevölkerung Zugang zu Langlebigkeit bekommen?

Das Angebot von AYUN  ist bereits jetzt sehr kompetitiv, verglichen mit ähnlichen Longevity Angeboten. Die Pakete, die Sie ansprechen, waren sogenannte Pre-Launch Angebote, die exklusive Zugänge beinhalteten. In der Zwischenzeit haben wir unser Angebot weiter ausgebaut und bieten verschiedene und individuell wählbare Pakete an.

Bisher sind holistische Diagnostiken und Behandlungen im Longevity Bereich weder breit verfügbar und schon gar nicht erschwinglich. Die wenigen vergleichbaren Angebote starten mit Preisen im deutlich fünf- bis sechsstelligen Bereich.

«Unsere Vision ist langfristig angelegt. Wir streben einen Systemwechsel an, in welchem wir im Gesundheitsbereich von einem reaktiven Ansatz (also der Behandlung von Krankheiten) in ein präventives Regime (also der Vorbeugung von Krankheiten) übergehen.»

Mit AYUN schaffen wir einen Markt, den es so noch nicht gibt und können dies zu einem Preispunkt tun, den sich zwar noch nicht die gesamte Bevölkerung, aber schon ein viel grösserer Teil davon leisten kann, als das bisher der Fall ist.

Unsere Vision ist langfristig angelegt. Wir streben einen Systemwechsel an, in welchem wir im Gesundheitsbereich von einem reaktiven Ansatz (also der Behandlung von Krankheiten) in ein präventives Regime (also der Vorbeugung von Krankheiten) übergehen. Heute werden im Gesundheitswesen in der Schweiz nur 3% der Ausgaben für Prävention investiert. Wenn man sich vor Augen führt, dass mindestens 50% aller chronischen Krankheiten jedoch verhindert oder relevant verzögert werden könnten, erscheinen die 3% nicht verhältnismässig.

Wir übernehmen hierbei eine Vorreiterrolle und sind überzeugt, dass wir es schaffen werden, das Angebot in Zukunft durch eigene Kraft und in Zusammenarbeit mit Partnern so gestalten zu können, dass es letztlich für fast alle zugänglich sein wird.

Die meisten Menschen können sich innovative Behandlungsmethoden nur leisten, wenn sie durch die Krankenkassen mitfinanziert werden. Die unterliegen zunehmend Sparbemühungen und stehen in der Pflicht, nur Methoden zu unterstützen, die nachweislich wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Wie sieht Ihre Strategie aus, die Angebote von AYUN “krankenkassentauglich” zu machen?  

Bereits jetzt verzeichnen wir ein grosses Interesse von Seiten der Krankenkassen an unserem Longevity Check, aber auch an den Treatments. Ein Teil unserer Leistungen ist sogar bereits im Katalog der Zusatzversicherungen enthalten.

Mittel- und langfristig birgt eine gut umgesetzte, personalisierte Prävention ein enormes Sparpotential für Versicherungen. Wir sind bemüht, in diesem Zusammenhang eng mit den Krankenkassen zu arbeiten und stehen dazu in regem Austausch.

Allerdings sind wir realistisch. Entsprechend dem Sprichwort “Rom wurde nicht an einem Tag gebaut”, wissen auch wir, dass der oben angesprochene Systemwechsel nicht über Nacht geschehen wird. Das Umdenken im Gesundheitssystem wird einige Zeit brauchen, insbesondere auch was präventive Leistungen in der Grundversicherung angeht. Wir freuen uns sehr darüber, in diesem wichtigen Bereich eine tragende Rolle spielen zu dürfen.

Behandlungsmethoden wie hyperbare Sauerstoffkammern und Kältekapseln (Kryokammern), Diagnoseverfahren wie DNA-Analysen und Nahrungsergänzungsmittel werden vor allem im Spitzensport oder in exklusiven Kliniken eingesetzt. Wie gut müssen Behandlungs- und Diagnosemethoden wissenschaftlich erforscht sein, bevor sie bei AYUN zum Einsatz kommen, in welchen Bereichen möchten Sie bewusst zu den Pionierinnen gehören?

AYUN möchte eine Pionierrolle für die breite Bevölkerung einnehmen. Wir haben sehr viel Zeit und Ressourcen investiert, um die Evidenz der verfügbaren Methoden zu evaluieren. Daraus hat sich die Zusammenstellung unseres wissenschaftlich unterlegten Programms ergeben, das wir gemeinsam mit Wissenschaftlern wie etwa vom Karolinska Institut und der Uni Basel entwickelt haben. Alle unsere Methoden haben einen soliden wissenschaftlichen Hintergrund, das heisst, es gibt für alle Methoden mindestens eine mittlere bis starke Evidenz, dass sie einen Einfluss auf die langfristige Gesundheit hat. Damit können wir mit voller Überzeugung sagen, dass wir für unsere Kunden einen echten gesundheitlichen Mehrwert bieten. Ganz experimentelle Methoden, bei denen die Wirkung oder auch Risiken zu unklar sind, offerieren wir nicht. Die Sicherheit unserer Kunden steht an erster Stelle.

«Alle unsere Methoden haben einen soliden wissenschaftlichen Hintergrund, das heisst, es gibt für alle Methoden mindestens eine mittlere bis starke Evidenz, dass sie einen Einfluss auf die langfristige Gesundheit hat.»

Die Schweiz dürfte mit ihrem grossen Bevölkerungsanteil an wohlhabenden Personen zwar ein guter Testmarkt sein, die grossen Wachstumsmöglichkeiten sind aber eher im Ausland zu finden. Wie sehen Ihre Pläne für das nationale und internationale Wachstum aus?

Das steigende Bewusstsein für die Bedeutung der Gesundheit sowie die damit einhergehende steigende Zahlungsbereitschaft sind Trends, die wir global wahrnehmen. Die Schweiz stellt für uns nicht nur aus Marktsicht, sondern auch aus medizinischer Sicht (Spitzenforschung, hoher Standard im Gesundheitswesen) das ideale Zuhause dar.

Darüber hinaus verzeichnen wir grosses Interesse aus den Finanzmetropolen sowie der arabischen Welt und Asien. Wir sind bereits in sehr konkreten Diskussionen für die weitere Expansion. Sobald diese spruchreif ist, werden wir darüber kommunizieren.

Longevity soll vor allem die Anzahl der gesunden Lebensjahre erhöhen. Gibt es schon wissenschaftliche Untersuchungen, welchen Einfluss die von Ihnen angebotenen Methoden auf ein gesundes Altern haben, da ja viele der aktuell bekannten überdurchschnittlich alten Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel in Okinawa, Ikaria oder Sardinien, dies kaum mit High-Tech erreicht haben?

Die erwähnten Bevölkerungsgruppen teilen bestimmte Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse, die für gesundes Altern entscheidend sind, wie etwa eine nährstoffreiche Ernährung, körperliche Aktivität, soziale Eingebundenheit und gutes Stressmanagement. Unser Leben im urbanen Umfeld sieht jedoch anders aus – sowohl was die Ernährung und die Nährstoffdichte unserer Lebensmittel betrifft, als auch die körperliche Aktivität und sicherlich unser Stresslevel. Diese äusseren Faktoren in unserer Lebenswelt können wir nicht vollständig ändern.

Unser Ziel ist es, die Lücke zu füllen und das Beste aus beiden Welten zu nutzen, um die Anzahl der gesunden Lebensjahre auch unter den hier vorliegenden Gewohnheiten und Umwelteinflüssen zu maximieren. Durch personalisierte Medizin, einschliesslich physiologischer, Blut- und genetischer/epigenetischer Tests, ist es uns heute möglich, spezifische Risikofaktoren zu identifizieren und darauf basierend massgeschneiderte Interventionen zu entwickeln. Die Analysen und daraus abgeleiteten Empfehlungen sind wissenschaftlich fundiert und zielen darauf ab, gezielt an bestimmten Stellschrauben unserer Lebensgewohnheiten zu drehen und diese Effekte kontinuierlich zu messen.

«Unser Ziel ist es, die Lücke zu füllen und das Beste aus beiden Welten zu nutzen, um die Anzahl der gesunden Lebensjahre auch unter den hier vorliegenden Gewohnheiten und Umwelteinflüssen zu maximieren.»

Ergänzend dazu bieten wir wissenschaftlich fundierte High-Tech Behandlungen an, die die Zellfunktionen verbessern, Entzündungen im Körper reduzieren und die Mitochondrienfunktion optimieren können, was letztendlich erwiesenermassen zu einer besseren Gesundheit im Alter führen kann. Beispiele dafür sind die hyperbare Sauerstofftherapie, die nachweislich die metabolische Gesundheit verbessert und auch gezeigt hat, dass sie den Alterungsprozess verlangsamen kann. Oder die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie, die die Energiegewinnung in den Zellen steigern und die Zellerneuerung fördern kann.

Viele unserer Behandlungen werden bereits seit längerer Zeit im Spitzensport angewandt – mit sehr guten Ergebnissen. Während traditionelle Lebensweisen in langlebigen Gemeinschaften bewährte Strategien für gesundes Altern bieten, ermöglichen moderne Technologien, diese Erkenntnisse gezielt zu ergänzen und auch in städtischen, stressreichen Umgebungen die gesunde Lebensspanne zu maximieren.

Welche nächsten Innovationen zeichnen sich ab, die das Thema Langlebigkeit grundlegend prägen werden in den kommenden Jahren?

Das Verständnis von genetischen und epigenetischen Risikokonstellationen nimmt kontinuierlich zu. In naher Zukunft könnte es möglich werden, gezielt in die Aktivität unserer Gene einzugreifen, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. So wird beispielsweise aktuell an der Weiterentwicklung von CRISPR-Technologien geforscht, um auch schädliche epigenetische Veränderungen gezielt korrigieren zu können.

Darüber hinaus wird schon seit langer Zeit in die Stammzellforschung grosse Hoffnung gesetzt. Auch dort läuft die Forschung auf Hochtouren mit teils vielversprechenden Erkenntnissen und Entwicklungen. Auch durch den Einbezug von künstlicher Intelligenz können mittlerweile enorme Datenmengen in einer kurzen Zeit analysiert werden, was bisher in einem solchen Ausmass nicht möglich war. Dadurch kann die gezielte Entwicklung von personalisierten Behandlungsstrategien enorm vorangetrieben werden.

Mit Maximon (Gründer Marc Bernegger und Dr. Tobias Reichmuth) haben Sie erfahrene Investoren und Mitgründer. Ab wann, mit wie vielen Mitgliedern wollen Sie mit Ayun die Gewinnschwelle erreichen, wie soll das geplante Wachstum finanziert werden?

Genau, Marc und Tobias sind absolute Visionäre und treibende Kräfte unserer Mission, allen Menschen ein längeres, gesünderes Leben zu ermöglichen. Wir sind stolz darauf, mit Maximon nicht nur einen finanzkräftigen, sondern auch inhaltlich und unternehmerisch sehr starken Investor an unserer Seite zu wissen. Über Finanzzahlen und Mitgliederzahlen sprechen wir nicht.

Mit welchen Behandlungsmethoden oder speziellen Angeboten möchten Sie die Palette von Ayun als nächstes erweitern?

Wir arbeiten derzeit an der Verfeinerung unseres Follow-up- und Re-Test-Konzepts, damit wir eine enge Begleitung unserer Kunden und damit einhergehend eine gute Adhärenz an unsere Empfehlungen gewährleisten können. Zudem sind wir gerade daran, verschiedene neue Behandlungsmethoden zu evaluieren. Aktuell ist es aber zu früh, um da schon konkret Auskunft geben zu können. Unsere Evaluationsprozesse nehmen eine gewisse Zeit in Anspruch, da wir diese wie erwähnt unter Einbezug diverser und einer Vielzahl an wissenschaftlichen Studien erarbeiten.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Mein erster Wunsch wäre die vermehrte Integration von vielschichtigen Gesundheitsdaten und KI-Technologien zur frühzeitigen Erkennung von Gesundheitsrisiken und zur verbesserten Entwicklung personalisierter Präventionsstrategien. Dies würde nicht nur die Effektivität der Prävention erhöhen, sondern auch eine proaktive Herangehensweise an die Gesundheitsversorgung ermöglichen, bevor Krankheiten überhaupt entstehen. Dies trägt ebenfalls zur Senkung der Gesundheitskosten bei, was sicher wünschenswert ist.

Der zweite Wunsch wäre ein vermehrtes Fokussieren des Gesundheitssystems auf Prävention, um Zivilisationserkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen.


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